Aufrechnung Absonderungsrecht

  • kurze Frage: wenn der IV aus Anfechtung gegen einen Gläubiger einen Rückgewähranspruch hat (143 InsO),
    kann dann der Gläubiger, der ein Absonderungsrecht bzw. einen Anspruch auf Auskehr des Erlöses
    behauptet, gegen diesen Anspruch aufrechnen ? - ich denke, dass die Aufrechnung nach § 96 InsO
    unzulässig sein müsste, denn der Anspruch des IV nach § 143 InsO gegen den Gläubiger (d.h. die Schuld
    des Gl.) ist erst nach IE entstanden - ist diese Ansicht so zutreffend, oder gilt aufgrund des
    Aussonderungsrechtes etwas anderes ?

  • Der Anspruch auf Auskehr von Absonderungserlösen entsteht doch auch erst nach Insolvenzeröffnung. Wieso soll denn die Aufrechnung unzulässig sein?

  • kurze Frage: wenn der IV aus Anfechtung gegen einen Gläubiger einen Rückgewähranspruch hat (143 InsO),
    kann dann der Gläubiger, der ein Absonderungsrecht bzw. einen Anspruch auf Auskehr des Erlöses
    behauptet, gegen diesen Anspruch aufrechnen ? - ich denke, dass die Aufrechnung nach § 96 InsO
    unzulässig sein müsste, denn der Anspruch des IV nach § 143 InsO gegen den Gläubiger (d.h. die Schuld
    des Gl.) ist erst nach IE entstanden - ist diese Ansicht so zutreffend, oder gilt aufgrund des
    Aussonderungsrechtes etwas anderes ?

    Sofern der Gläubiger ein Absonderungsrecht geltend macht, kann er das nur, sofern der ursprüngliche Grund der Forderung eine Warenlieferung war, die unter verlängertem Eigentumsvorbehalt stand. Da nach §144 InsO die urspüngliche Forderung wieder auflebt, lebt somit auch der Eigentumsvorbehalt wieder auf und ist somit vor IE entstanden.

    Fraglich wäre außerdem noch, ob eine Anfechtung überhaupt erfolgreich ist, sofern unter verlängertem Eigentumsvorbehalt geliefert wurde (OLG Stuttgart Urteil vom 15.7.2008, 10 U 147/07 sowie BGH IX ZR 63/10 vom 17.03.2011)

  • Moment Aufrechnung von Forderungen (die mit der Insolvenzanfechtung nix zu tun haben) gegen Ansprüche aus Insolvenzanfechtung ist nach § 96 InsO unzulässig. Der Anspruch entsteht erst mit Insolvenzeröffnung. Wenn die Anfechtung sich auf Ab- oder Aussonderungsrechte bezieht, dann liegt unter Umständen schon keine objektive Gläubigerbenachteiligung vor. Es gibt keine Ansprüche aus Insolvenzanfechtung.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Moment Aufrechnung von Forderungen (die mit der Insolvenzanfechtung nix zu tun haben) gegen Ansprüche aus Insolvenzanfechtung ist nach § 96 InsO unzulässig.


    So abstrakt scheint mir das nicht zuzutreffen. Natürlich kann dem Anfechtungsanspruch keine einfache Insolvenzforderung entgegengesetzt werden. Aber wenn der Anfechtungsgegner seinerseits einen Anspruch gegen die Masse hat, sei es eine Masseverbindlichkeit oder der Auskehranspruch aus Sonderrecht, woraus sollte sich denn da ein Aufrechnungsausschluß ergeben?

  • wenn der IV aus Anfechtung gegen einen Gläubiger einen Rückgewähranspruch hat (143 InsO), kann dann der Gläubiger, der ein Absonderungsrecht bzw. einen Anspruch auf Auskehr des Erlöses behauptet, gegen diesen Anspruch aufrechnen ?


    In welchem Zusammenhang stehen Anfechtungssachverhalt und Absonderungsrecht?

  • Moment Aufrechnung von Forderungen (die mit der Insolvenzanfechtung nix zu tun haben) gegen Ansprüche aus Insolvenzanfechtung ist nach § 96 InsO unzulässig.


    So abstrakt scheint mir das nicht zuzutreffen. Natürlich kann dem Anfechtungsanspruch keine einfache Insolvenzforderung entgegengesetzt werden. Aber wenn der Anfechtungsgegner seinerseits einen Anspruch gegen die Masse hat, sei es eine Masseverbindlichkeit oder der Auskehranspruch aus Sonderrecht, woraus sollte sich denn da ein Aufrechnungsausschluß ergeben?

    D'accord bei Masseverbindlichkeiten und Ansprüchen gegen die Masse gebe ich Dir Recht. Die Version hatte ich jetzt nicht vor mir. Dann sind aber die Grenzen der Masseunzulänglichkeit zu beachten.

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  • Dann sind aber die Grenzen der Masseunzulänglichkeit zu beachten.

    Schützt nicht eine Aufrechnungsmöglichkeit just vor dieser...?

    Das weiß man immer erst später (quatsch das war jetzt der Text der sms an eine Freundin :oops:).

    Wollte sagen: Bei Altmasseverbindlichkeiten meines Erachtens nicht.

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  • Bei Altmasseverbindlichkeiten meines Erachtens nicht.


    Hmmm, ich habe eine Aufrechnungsmöglichkeit, und dann erfolgt Anzeige der MUZ, und dadurch soll die vorher gegebene Aufrechnungsmöglichkeit entfallen? Wie das? Müßte da nicht § 94 entsprechend gelten?

  • Begründung (frei nach Bundesgerichtshof): Wäre die Aufrechnung zulässig, wäre die Verteilungsreihenfolge des Par. 209 InsO verletzt.

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  • Um mit den Worten von Henckel (Jaeger, InsO, 1. Aufl. 2008, § 143 Rn. 186) zu antworten:

    "Mit einem Masseschuldanspruch kann der Anfechtungsgegner ... grundsätzlich gegen den anfechtungsrechtlichen Wertersatzanspruch aufrechnen. (...) Zu erwägen ist nur, ob die Aufrechnung unwirksam ist, wenn der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit angezeigt hat (...). Da der Altmassegläubiger bei Masseunzulänglichkeit keine volle Befriedigung erhält, kann ihm die Aufrechnung nur gestattet werden, wenn für ihn vor der Anzeige der Masseunzulänglichkeit eine unangreifbare Aufrechnungslage entstanden war oder die Aufrechnungslage erst nach der Anzeige entstanden ist, der Gläubiger also Neumassegläubiger ist. Die Aufrechnung ist also ausgeschlossen, wenn der Gläubiger vor der Anzeige schon Massegläubiger war und erst nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit etwas zur Masse schuldig geworden ist. Das lässt sich auch mit einer analogen Anwendung der §§ 94ff. begründen. Die zur Zeit der Anzeige der Masseunzulänglichkeit bereits entstandene Aufrechnungslage kann aber ihrerseits anfechtbar sein, weil sie die übrigen Massegläubiger benachteiligt. Zu deren Schutz muss auch § 96 Nr 3 analog angewendet werden."

    Ebenso Kirchhof (MünchKomm-InsO, 2. Aufl. 2008, § 143 Rn. 11):

    "Die Aufrechnung gegenüber einem Anfechtungsanspruch [ist] nur mit Ansprüchen gegen die Insolvenzmasse selbst, nicht mit – sei es auch für sich unanfechtbar begründeten – Insolvenzforderungen zulässig (...). Nicht aufrechenbar sind u.a. Gegenansprüche nach § 144 Abs. 1. Steht dagegen dem Anfechtungsgegner eine Gegenforderung gegen die Insolvenzmasse als solche zu, ist die Aufrechnung bis zu den durch §§ 208 bis 210 gezogenen Grenzen gestattet."

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • man wird hier feinfühlig abschichten müssen, sonst geht das in die Hose:

    solange der Absonderungsanspruch bzw. dessen Surrogat noch nicht untergegangen ist (und somit zur Masseverbindlichkeit mutiert) ist dieser zu bedienen, eine MUZ steht dem nicht entgegen, da die Bodensatztheorie zu beachten ist (Turmdrehkranentscheidung des BGH, IX ZR 164/98). Solange wird man auch aufrechenen können.


    Fehlt es an der Unterscheidbarkeit, siehe oben, haben wir eine Masseverbindlichkeit. Ist diese vor MUZ begründet, dürfte es an der Aufrechenbarkeit fehlen, da einerseits die Tilgungsreihenfolge des § 209 InsO verletzt wird, siehe gegs und, für das Finanzamt, VII R 31/99 vom 1.08.2000 und VII R 10/06 vom 4.03.2008, schon deshalb, weil dem Verwalter einen verfassungsrechtlicher gebotener Vorrang in massearmen verfahren zusteht, BvG vom 30.03.1993, I BvR 1045/98.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Wenn der Absonderungsanspruch noch als solcher besteht, kann ich dann aufrechnen? Könnte es nicht an der Gleichartigkeit der Forderungen fehlen, überlegt Gegs.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • darüber könnte man dann nachdenken, wenn das Sicherungsgut noch nicht verwertet ist, bzw. keinen Wert hat, wie eine nicht belastbare Globalzession. Hat die Verwertung jedoch bereits stattgefunden, der Erlös ist von der Masse vereinnahmt, hat der Gläubiger einen Anspruch nach § 170 I. S. 2 InsO.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • vielen Dank für die Diskussion - da in meinem Fall keine Masseunzulänglichkeit angezeigt wurde,
    wäre die Aufrechnung also zulässig, weil § 94ff nicht für Aufrechnung durch Massegläubiger gilt

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