Räumungsschutzantrag - Kind und Krankheit

  • Hallo

    Im folgenden Fall hätte ich gerne ein paar Meinungen, eine Musterlösung wird es wohl nicht geben :) :

    Zwangsversteigerungsverfahren im Jahre 2011 angeordnet.
    Im Januar erfolgte der Zuschlag. Nunmehr soll in 2 Wochen die Zwangsräumung erfolgen. Hiergegen wendet sich der Schuldner und stellt einen Räumungsschutzantrag nach § 765 a ZPO.

    Begründung:
    - Frau hat vor 2 Monaten entbunden (nachgewiesen durch eine ärztliche Bescheinigung )
    - gesundheitliche Gefährdung beim Schuldner. Hierzu legt der Schuldner eine Bescheinigung von einem Facharzt für Psychiatrie vor, aus der sich ergibt, dass mit großer Wahrscheinlichkeit zu befürchten ist, dass die Kompensationsfähigkeit durch eine Zwangsräumung ohne Ersatzwohnung für ihn und seine Familie überfordert wird und langfristige Beeinträchtigungen der Gesundheit daraus resultieren könnten. Der Schuldner leidet an einer chronischen psychiatrischen Erkrankung.
    Der Schuldner befürchtet laut eigener Angabe, sich in stationäre Behandlung begeben zu müssen, wenn keine Ersatzwohnung gefunden wird und dennoch eine Zwangsräumung angesetzt wird. Der Schuldner nimmt starke Psychopharmaka ein.
    Demnächst wird mir noch eine Bescheinigung vom Arzt vorgelegt, aus der sich ergibt, welche gesundheitlichen Folgen konret entstehen werden.

    Nach Auffoderung wurde mir auch mitgeteilt, dass sich stetig um eine Ersatzwohnung gekümmert wurde, jedoch aufgrund einer abgegebenen eV und Insolvenz kein Mietvertrag zustande kommt. Die Gläubigerin hat zum Ende des Monats ihre alte Mietwohnung gekündigt und steht dann mit ihren Kindern „auf der Straße“. Die Räumung kam auch nicht plötzlich, da die Gläubigerin den Schuldner zuvor auf eine freiwillige Räumung hingewiesen hatte. Der Schuldner hatte Räumungsschutz bis Ende Juli beantragt, da eine Ersatzwohnung in Aussicht war. Aber auch dieser Mietvertrag kam aus den o.g. Gründen nicht zustande.

    Liebe Grüße

  • Nach Auffoderung wurde mir auch mitgeteilt, dass sich stetig um eine Ersatzwohnung gekümmert wurde, jedoch aufgrund einer abgegebenen eV und Insolvenz kein Mietvertrag zustande kommt.


    Sind Mutter und Kind gesund?
    Wird angemessen bescheidener Wohnraum gesucht? I
    st das Bemühen um Ersatzwohnraum (eigene Inserate, Maklerbeauftragung, Nennung besichtigter Wohnung, etc.) nachgewiesen?
    Wird laufende Nutzungsentschädigung gezahlt?

  • Nach Auffoderung wurde mir auch mitgeteilt, dass sich stetig um eine Ersatzwohnung gekümmert wurde, jedoch aufgrund einer abgegebenen eV und Insolvenz kein Mietvertrag zustande kommt.


    Sind Mutter und Kind gesund?
    Wird angemessen bescheidener Wohnraum gesucht? I
    st das Bemühen um Ersatzwohnraum (eigene Inserate, Maklerbeauftragung, Nennung besichtigter Wohnung, etc.) nachgewiesen?
    Wird laufende Nutzungsentschädigung gezahlt?



    -Mutter und Kind erfreuen sich bester Gesundheit und leben beim Schuldner.
    -Der Schuldner kümmert sich um angemessenen Wohnraum durch Einsicht in die Tageszeitung und online. Zugleich hatte er bei der Stadt nach Ersatzwohnraum nachgefragt, scheinbar ohne Erfolg.
    Der Schuldner bemüht sich um Nachweise für seine Eigenbemühungen, jedoch hat er vieles telefonsich gemacht.
    - Nach Angabe des Schuldners wird laufend Nutzungsentschädigung gezahlt, die Gläubigerin hat sich hierzu noch nicht anderweitig geäußert.

    edit: Nach Angabe der Gläubigerin verweigert der Schuldner die persönliche Kontaktaufnahme mit der Gläubigerin. Gem. ihrer Aussage "bewegt sich beim Schuldner nichts"

  • Insbesondere aufgrund der Situation der Gläubigerin, deren Schutzbedürfnis voll zu würdigen ist, würde ich den Antrag zurückweisen.

    Der Zuschlag erfolgte im Januar. Die Gläubigerin hat den Schuldner zur freiwilligen Räumung aufgefordert.

    Mehr kann man meines Erachtens nicht machen. Alles andere wäre in meinen Augen eine dauerhafte Verhinderung der Zwangsräumung.

    Die gesundheitlichen Probleme des Schuldners sowie seine familiäre Situation müssen in meinen Augen zurückstehen.

  • sehe ich auch so. Erforderlichenfalls muss der Schuldner eben in stationäre Behandlung. An der Situation (Eigentum UND Besitzrecht verloren) ändert sich ja nichts.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Insbesondere aufgrund der Situation der Gläubigerin, deren Schutzbedürfnis voll zu würdigen ist, würde ich den Antrag zurückweisen.

    Der Zuschlag erfolgte im Januar. Die Gläubigerin hat den Schuldner zur freiwilligen Räumung aufgefordert.

    Mehr kann man meines Erachtens nicht machen. Alles andere wäre in meinen Augen eine dauerhafte Verhinderung der Zwangsräumung.

    Die gesundheitlichen Probleme des Schuldners sowie seine familiäre Situation müssen in meinen Augen zurückstehen.

    Seh ich auch so, bisher steht hier nicht wirklich viel was "dafür" sprechen würde...
    - Frau und Kind gesund (Geburt auch schon länger als 8 Wochen her) -> also überhaupt kein Aufschubsgrund
    - Das ärztliche ist schwierig zu beurteilen, aber was hier steht lässt sich wohl mit "er fühlt sich überfordert" zusammenfassen -> auch nicht wirklich viel
    - keine neue Wohnung zu haben... allein auch kein Grund. Das Verfahren läuft ja ca. schon 2 Jahre? Selbst wenn es tatsächlich nirgends weit und breit eine Wohnung gibt, bedeutet das nicht das der Gläubiger ihn auf ewig drinn lassen muss.

  • -Der Schuldner kümmert sich um angemessenen Wohnraum durch Einsicht in die Tageszeitung und online. Zugleich hatte er bei der Stadt nach Ersatzwohnraum nachgefragt, scheinbar ohne Erfolg.
    Der Schuldner bemüht sich um Nachweise für seine Eigenbemühungen, jedoch hat er vieles telefonsich gemacht.


    Klingt alles etwas unrund. Schau Dir die Inserate etc. genau an, wer sich als Räumungsschuldner um eine Doppelhaushälfte als Ersatzwohnraum bemüht, legt kein angemssenes Bemühen an den Tag.
    Liegt ein Wohnberechtigungsschein vor? Warum weist die Stadt nicht wieder ein, wenn Wohnraum so knapp ist?

    Ansonsten bleibt das fachärztliche Attest abzuwarten

  • -Der Schuldner kümmert sich um angemessenen Wohnraum durch Einsicht in die Tageszeitung und online. Zugleich hatte er bei der Stadt nach Ersatzwohnraum nachgefragt, scheinbar ohne Erfolg.
    Der Schuldner bemüht sich um Nachweise für seine Eigenbemühungen, jedoch hat er vieles telefonsich gemacht.


    Klingt alles etwas unrund. Schau Dir die Inserate etc. genau an, wer sich als Räumungsschuldner um eine Doppelhaushälfte als Ersatzwohnraum bemüht, legt kein angemssenes Bemühen an den Tag.
    Liegt ein Wohnberechtigungsschein vor? Warum weist die Stadt nicht wieder ein, wenn Wohnraum so knapp ist?

    Ansonsten bleibt das fachärztliche Attest abzuwarten

    Ich warte noch immer auf die Nachweise und bin wirklich gespannt. Dem Schuldner habe ich geraten sich an die Stadt zu wenden, da diese nach meiner Kenntnis "Listen" führen mit freien Wohnungen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass keine Wohnung vorhanden ist, die für eine Familie geeignet ist. Vielleicht sucht der Schuldner nach seiner Traumwohnung? Das Fehlen einer Ersatzwohnugn ansich sehe ich nicht als Grund für die Gewährung von Räumungsschutz an, genug Zeit war da, Gläubigerinteressen überwiegen in diesem Punkt.
    Problem wäre für mich lediglich die Erkrankung und, da gebe ich dir Recht, dafür brauche ich die von mir angeforderte konkretere Bescheinigung. Aber auch in diesem Fall: Eine Gewährung von Räumungsschutz ins Ungewisse? Woher will ich wissen, ob er jemals eine neu Wohnung findet? Widerstebt mir.

  • Der Zeitraum 6 Wochen vor bis 8 Wochen nach der Entbindung ist überschritten. Das Attest weist auf keine lebensbedrohende Folgen hin. Ein neuer Mietvertrag muss von beiden Parteien unterzeichnet sein, liegt nicht vor. Die Interessen des Gläubigers müssen nicht zurück treten. Räumung .

  • Aber auch in diesem Fall: Eine Gewährung von Räumungsschutz ins Ungewisse? Woher will ich wissen, ob er jemals eine neu Wohnung findet? Widerstebt mir.


    Für eine dauerhafte Einstellung bietet § 765a ZPO keinen Raum. Je nach Attest muss man schauen, ob und wenn ja welche kausalen Risken vorliegen und wie damit umgegangen werden kann.

  • Ich warte noch immer auf die Nachweise und bin wirklich gespannt.

    Was trägt denn die Ersteherin überhaupt vor?

    In Räumungsschutzverfahren gibt es keine Amtsermittlung, das sollte man vielleicht im Auge behalten.

    Die Abwägung der mit den Schutzinteressen der Ersteherin erfolgt erst, wenn zuvor ganz besondere Umstände vorliegen, die eine Härte bedeuten, die nicht mit den guten Sitten vereinbar ist, § 765a I ZPO.

    Ich sehe bereits diese besonderen Umstände nicht, sodass die Einlassung der Ersteherin für mich nicht entscheidungsrelevant wäre.

    Bezüglich der Schwangerschaft (hier: jungen Elternschaft) habe ich in einem ähnlichen Fall sinngemäß entschieden: "Die Räumungsgefahr war den Schuldnern bereits vor Feststehen der Schwangerschaft bekannt. Vor dem Hintergrund der Fürsorge gegenüber dem ungeborenen Kind sind besonders hohe Anforderungen an die Eigenbemühungen der Eltern zu stellen. Diese sind gegenständlich nicht nachgewiesen worden. Die eingetretene Situation kann daher nicht dem Gläubiger entgegengehalten werden."

    Nach dem bisherigen Vortrag wäre mir auch die "abstrakte" Gefahr von gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht ausreichend.

    Im Ergebnis: keine sittenwidrige Härte - ergo auch keine Abwägung mit Gläubigerinteressen

  • In Räumungsschutzverfahren gibt es keine Amtsermittlung, das sollte man vielleicht im Auge behalten.


    Nein. Grundsätzlich ist das in ZPO-Verfahren zwar zutreffend.
    Die obergerichtliche Rechtsprechung betont aber seit Jahren regelmäßig bei zu besorgenden schwerwiegenden Gefahren für Leib und Leben eine dem Gericht obiegende Pflicht zur besonders gründlichen Sachverhaltsaufklärung. Ist das Gericht aber verpflichtet zu Gunsten einer Seite genauer als sonst hinzuschauen, dann folgt aus der Pflicht zur fairen Verfahrensführung natürlich, dass dies zu Gunsten aller Parteien zu gelten hat.

    Im übrigen sehe ich bislang keinen schlüssigen Schuldnersachvortrag, der hinreichend glaubhaft gemacht wäre, um mir über eine Stellungnahme der Gegenseite ernstliche Gedanken zu machen.

  • Die Ersteherin hatte sich bereits dahingehend geäußert, dass sie demnächst ebenfalls ausziehen muss aufgrund der Kündigung Ihrer Mietwohnung. Das Versteigerungsobjekt ist scheinbar sehr verdreckt und muss daher noch hergerichtet werden, damit auch zukünftig die Kinder der Ersteherin in dem Haus leben können.

    Die Ersteherin wirft dem Schuldner fehlende Eigenbemühungen vor. Weiterer Sachvortrag liegt nicht vor, vielmehr könnte ein Gl. wohl auch nicht vortragen (zumindest nichts was mir spontan einfällt).

    Wenn es um gesundheitliche Gefahren geht bin ich vorsichtig und ermittle sehr genau (vgl. auch die Ausführungen von "Buridans Esel" -> Pflicht zur Aufklärung). Daher hat mir auch die eigentlich recht gute Bescheinigung des Arztes nicht ausgereicht. Da ich davon ausgehe, dass die neue ärztliche Bescheinigung keine so erheblichen gesundheitlichen Gefahren aufzeigen wird, werde ich wohl auf meine vorläufige Meinung und auf die vielen Meinungen hier im Forum hören und den Antrag zurückweisen. Ähnlich wie bei Suizidgefahr verweise ich den Schuldner im Notfall auf die stationäre Behandlung.

    Bis zum letzten Vortrag des Schuldners bin ich noch davon ausgegangen, dass dieser ggf. bis Ende Juli eine neue Wohnung hat und daher unter Umständen (nach weitergehender Prüfung) Räumungsschutz gegen Nutzungsentschädigung gewährt werden kann. Aber eine neue Wohnung ist scheinbar doch nicht in absehbarer Zeit bezugsfähig.

    Bereits jetzt vielen Dank für die Wortmeldungen, haben mir bereits sehr geholfen :)

  • In Räumungsschutzverfahren gibt es keine Amtsermittlung, das sollte man vielleicht im Auge behalten.

    was mich aber noch nie daran gehindert ha, dem Grundbuchamt einen kurzen Besuch abzustatten und mal nachzusehen, ob der Vermieter überhaupt der Eigentümer ist 8-)

  • Die neue Wohnung ist zu belegen, der Anzeigenteil einer Zeitung und der Dackelblick des Sch reicht da nicht aus

  • Würde den Antrag auch zurückweisen, eine besondere Härte im Sinne des § 765a ZPO ist hier aus meiner Sicht nicht ersichtlich. Und gerade nachdem das ZVG Verfahren schon eine gewisse Dauer hinter sich hat bzw diese aufgrund der Vorschriften im ZVG einfach haben muß, eine freiwillige Räumung angeregt wurde und weiterhin kein Auszug absehbar ist überwiegen für mich die Belange des Gläubigers.

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