Genehmigung bei "zielgerichteter" Ausschlagung

  • Guten Morgen,
    ich habe hier als Nachlassgericht einen Fall, bei dem ich mir nicht sicher bin, ob ich die Sache dem Familiengericht vorlegen soll.
    Erben sind drei (volljährige) Kinder und die Ehefrau des Erblassers geworden.
    Es liegen Ausschlagungerklärungen der drei Kinder vor. Ein Kind schlägt zusammen mit seiner Ehefrau für sein mj. Kind aus.
    Die Ehefrau stellt einen Erbscheinsantrag.
    Der Wert des Nachlasses beträgt 80.000 €.
    Die Frage ist nun, ob trotz des § 1643 II S 3 BGB eine Genehmigung erforderlich ist, da es sich um eine zielgerichtete Ausschlagung handelt, hier wohl um das Erbe letztlich der Ehefrau zukommen zu lassen.
    Nach einer Entscheidung des OLG Hamm v. 13.12.2013 I-15W 374/13, 15 W 374/13 ist eine Genehmigung erfoderlich, wenn es sich um eine selektive Erbausschlagung handelt.
    Im entschiedenen Fall hatten Eltern für 2 Kinder aussgeschlagen, für eine Kind angenommen.
    Nach einer Entscheidung des OLH Köln vom 26.04.2012 II-12 UF 10/12 ist eine auf die umstände des Einzelfalls bezogene Erweiterung des Kreises der genehmigungsbedürftigen Geschäfte durch analoge Gesetzesanwendung ausgeschlossen.
    Haltet ihr eine Genehmigung für erforderlich ?

  • Ich kann auch nicht verstehen, wieso das OLG Hamm - entgegen dem eindeutigen Gesetzeswortlaut - solche Entscheidungen erlässt.
    In Betracht zu ziehen ist natürlich in solchen Fällen immer § 1796 BGB, aber wenn die Ausschlagung bereits erklärt wurde, käme eine solche Entscheidung auch zu spät.

  • Ja so ist das halt , wenn mal einem OLG der Gaul durchgeht und man - vermeintlich - Rechtsfortbildung betreiben will.
    Ich halts mehr mit dem OLH Köln.
    Hätt gem. #1 aber eher gedacht , dass es sich um das OLG Köln handeln müsste.:D

  • Das OLG Hamm (Rpfleger 2014, 378 = FGPrax 2014, 120 m. abl. Anm. Heinemann) steht mit seiner Ansicht aber nicht alleine: KG Rpfleger 2012, 533 = FGPrax 2012, 165; MüKo/Huber § 1643 Rn. 25 m. w. N.; Fröhler BWNotZ 2013, 88, 89.

    Grund für diese Ansicht ist, dass es dem Normzweck des § 1643 Abs. 2 BGB entspreche, Nachteile vom Kind abzuwenden und dass hierfür im Fall der Nacheinanderberufung eine Ausnahme vom Genehmigungstatbestand geschaffen wird, es hier aber gar nicht darum geht, Nachteile von sich und vom Kind fernzuhalten, sondern darum, die Erbschaft in eine bestimmte Richtung zu lenken.

  • Wenn man streng formal am Wortlaut des § 1643 Abs. 2 BGB argumentiert, muss man im Ergebnis aber jede teleologisch begründete Genehmigungsbedürftigkeit ablehnen, und zwar auch für den Fall, dass der Elternteil die testamentarische Berufung und die entsprechende Ersatzberufung des Kindes ausschlägt, um dann selbst als gesetzlicher Erbe anzunehmen (für Genehmigungsbedürftigkeit in diesem Fall OLG Frankfurt NJW 1955, 466 und FamRZ 1969, 658; LG Osnabrück NotBZ 2007, 419).

  • Ich würde (auch) in diesem Fall eine Genehmigungsbedürftigkeit nicht sehen, streng ausgehend vom Gesetzestext. Und wenn ich das als sachlich unabhängiger Rechtspfleger so sehe, wird man mir auch nichts vorwerfen können.
    Wenn die Mutter die Erbschaft als testamentarisch berufende Erbin für sich und sodann für ihr Kind ausschlägt, um letztlich dann gesetzliche Erbin zu werden (was das soll, verstehe ich ohnehin nicht), so wird das Kind doch nicht benachteiligt. Auch hier wäre das Kind doch nie zum Zuge gekommen, wenn die Mutter vorher für sich nicht ausgeschlagen hätte.
    Da könnte man in der Tat mehr Bauchschmerzen damit haben, wenn nach eigener Ausschlagung nur für 1 Kind ausgeschlagen wird und das 2. Kind dann Vollerbe wird, wobei auch dies sofort abgemildert werden kann, denn die Kindesmutter hätte ja die Erbschaft annehmen und dann alles nur dem einen Kind schenken können. Dann hätte das andere auch nichts erhalten und auch nichts dagegen machen können.

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