Nachlasspfleger bestellen?

  • Folgender Fall:
    Mutter verstorben, es sind zwei minderjährige Kinder da.
    Von dem einen Sohn hat das Jugendamt die Vormundschaft. Für den anderen läuft gerade das Vormundschaftsverfahren beim AG. Da ist grad also noch nicht raus, wer gesetzlicher Vertreter ist.
    Bei der Verstorbenen handelte es sich wohl um ein Messi. Jetzt gehts um die Problematik mit der Wohnungskündigung / und Räumung.

    Die Verwandschaft tritt jetzt an mich heran und drängt darauf, dass ein Nachlasspfleger bestellt wird, der das ganze abwickelt.

    Im Moment habe ich ja aber bekannte Erben, nämlich die minderjährigen Kinder. Nur werden voraussichtlich alle ausschlagen, da eben keine Vermögens da ist, im Gegenteil.

    Meint ihr, ich könnte hier jetzt schon einen Nachlasspfleger bestellt, weil quasi davon ausgegangen wird, dass demnächst die ganze Ausschlagungskette in Gang kommt?

    Die Schwester hat auch noch die Schlüssel von der Wohnung, die Vermieterin will die aber nicht nehmen, ohne dass die Schwester was unterschreibt. Das will sie natürlich nicht machen. Und fragt mich jetzt, was sie mit den Schlüsseln tun soll??
    Bin mit so "praktischen" Problemen etwas überfordert und weiß nicht recht, was ich ihr sagen soll...??

  • Bei einer NLP gem. § 1960 BGB müsste neben der ungewissen Erbschaftsannahme zusätzlich ein Sicherungsbedürfnis vorliegen, bei einer NLP gem. § 1961 BGB anstelle des Sicherungsbedürfnisses immerhin der Antrag eines Gläubigers. Die Verwandtschaft dürfte allerdings nicht antragsberechtigt sein, zumindest ist mir ein solcher Fall noch nicht untergekommen. In der Regel stellt der Vermieter den entsprechenden Antrag.

  • Ich schließe mich carlson an. Nachlasspflegschaft ist hier erforderlich, denn solange das Vormundschaftsverfahren beim AG noch läuft, läuft die Miete weiter auf und der Vermieter bleibt eh auf den Räumungs- und Renovierungskosten sitzen und da ist es denke ich gerechtfertigt, dass er die Möglichkeit der Renovierung und Weitervermietung schnellstmöglich bekommt.
    Ich würde die Schlüssel zur Akte nehmen, einen Nachlasspfleger mit allem weiteren beauftragen und diesem die Schlüssel aushändigen...

  • Ich schließe mich carlson an. Nachlasspflegschaft ist hier erforderlich, denn solange das Vormundschaftsverfahren beim AG noch läuft, läuft die Miete weiter auf und der Vermieter bleibt eh auf den Räumungs- und Renovierungskosten sitzen und da ist es denke ich gerechtfertigt, dass er die Möglichkeit der Renovierung und Weitervermietung schnellstmöglich bekommt.
    Ich würde die Schlüssel zur Akte nehmen, einen Nachlasspfleger mit allem weiteren beauftragen und diesem die Schlüssel aushändigen...


    Die Nachlasspflegschaft ist eine Vermögenspflegschaft zum Schutz der unbekannten Erben.

    Mit einem Drittinteresse (Schutz des Vermieters) zu argumentieren geht m.E. fehl.

    Der Vermieter hat keinen Anspruch auf Renovierung und Weitervermietung so lange das Mietverhältnis läuft. Und noch ist es nicht gekündigt, weder durch die Erben noch durch den Vermieter.

    Allenfalls der Schutz des Nachlasses kann als Argument (Sicherungsbedürfnis) für die Anordnung der Nachlasspflegschaft sprechen. Der Nachlasspfleger kann dann das Mietverhältnis für die unbekannten Erben ggf. kündigen.

    Der Vermieter ist als Nachlassgläubiger über § 1961 BGB geschützt. Allerdings muss er die Nachlasspflegschaft beantragen.

  • @Eisbär: sicher nicht bei jedem Sterbefall, und schon gar nicht, wenn Angehörige (vermutlich Erben) in der Wohnung leben oder den Haushalt auflösen.

    Wenn aber eine unbewohnte Wohnung vorhanden ist, um die sich auch niemand kümmern will, dann gibt es m.E. ein Sicherungsbedürfnis. Es fängt damit an, dass irgend jemand den Briefkasten ausleeren und den Abfall aus der Küche tragen muss.

    @Voltaire: Richtig, es geht um den Schutz des Nachlassvermögens. Das wird aber gefährdet wenn der Mietvertrag nicht gekündigt wird, der Abfall nicht aus der Küche getragen wird (Kosten für Kammerjäger wegen Ungezieferbefall), die Post verschwindet, im Sommer die Heizung weiterbullert oder im Winter sich der Schimmel breitmacht usw.

  • ...und den Abfall aus der Küche tragen muss.

    Machen das Eure Nachlasspfleger wirklich?

    Selbstverständlich!

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Lieber Voltaire, das ist nun wirklich unfair. Trotz Ironie-Button, der durch den letzten Halbsatz deines Postings offenbar wieder "aufgehoben" wurde.

    Wenn ich Nachlasspfleger bin, dann gehört es eben zu meinen sehr vielschichtigen Aufgaben dazu, dass ich zunächst in die Wohnung des Erblassers gehe und diese sichte und sichere. Und zur Sicherung gehört nunmal auch, dass ich verderbliche Essensreste z.B. aus der Küche in einen Müllsack stopfe und entsorge. Mache ich das nicht und muss danach der Kammerjäger in die Wohnung, hafte ich ggf. persönlich für den Schaden und bekomme noch dazu eins von meinem Nachlassgericht auf die Mütze, weil ich nicht ordentlich gearbeitet habe. Wo ist also das Problem? Oder soll ich einen Hausmeisterdienst beauftragen, dazu mir zuerst zwei Gegenangebote einholen und dann dessen Rechnung bezahlen? Was getan werden muss, muss getan werden.


    Vielleicht sollte jeder Rechtspfleger/Nachlassrichter mindestens einmal selbst eine Nachlasspflegschaft eigenständig gemacht haben, damit das Gericht überhaupt weiss, über was es da zu "wachen" hat.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • @JensW:

    Wenn du -wie in deinem Profil steht- ehrenamtlicher Nachlasspfleger bist, dann machst du das wegen § 1836 I BGB sogar umsonst.

    Ein Berufspfleger dagegen muss von seinen Pflegschaften leben, denn darum ist er ja Berufspfleger. Das bedeutet, dass es für ihn letztlich keinen Unterschied macht, was er arbeitet. Er arbeitet eben und bekommt dafür seine Vergütung um sein Büro betreiben zu können, für sich selbst seine Miete zahlen zu können, ein Auto zu haben, eine Familie zu unterhalten, in Urlaub gehen zu können, Krankenversicherung+Altersvorsorge bezahlen usw....

    Mich ärgert manchmal etwas, wenn die Gerichte meinen, man würde sich als NLP an einem 8-Stunden-Arbeitstag 800 Euro netto in die Hose stecken und dann entsprechend viel auf den Monat verdienen. Was an Ausgaben da ist, um z.B. eine Angestellte zu bezahlen, das Büro, den Geschäftswagen, die Altersvorsorge, den Steuerberater usw. und so fort...das wird gerne übersehen. Da kommen schnell auch bei einem kleinen Pfleger einige Tausend Euro monatlich zusammen, die man erst mal verdienen muss, bevor ich mir Gedanken machen kann, was ich für mich und meine Familie übrig habe. Abgesehen davon mache ich an einem Arbeitstag auch manche Sachen, die ich nicht aufschreiben kann oder die als Gefälligkeit durchgehen oder die nur mit 33,50 vergütet werden.

    Unschön auch, wenn man einen Vergütungsantrag einreicht und das Gericht dann Monate benötigt, um die Festsetzung zu machen. Da hängt man dann manchmal schon etwas in der Luft....Geld gibt´s eben erst nach rechtskräftigem Beschluss und nicht einfach so regelmäßig jeden Monat.

    Zur Feststellung: Ich will nicht jammern, aber doch mal darauf hinweisen, dass es doch eine völlig andere Sache ist, ob man selbständig arbeitet oder als Angestellter. Ich kenne beides...und sogar noch die "Beamtenbesoldung" vom Landesamt für Besoldung und Versorgung.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

    2 Mal editiert, zuletzt von TL (16. September 2014 um 08:24)

  • [QUOTE=TL;976512
    Mich ärgert manchmal etwas, wenn die Gerichte meinen, man würde sich als NLP an einem 8-Stunden-Arbeitstag 800 Euro netto in die Hose stecken und dann entsprechend viel auf den Monat verdienen. ...[/QUOTE]


    Nimm das auf keinen Fall persönlich. Mein Eindruck ist, dass 98% der Justizbeamten keinerlei Vorstellung davon hat, dass man seine Vergütung nicht "wie ein Gehalt" bekommt, sondern dass davon div. Kosten abgehen, die größtenteils außerhalb ihres Vorstellungsbereichs sind ("Vorsorge" für magere Zeiten braucht man als Beamter natürlich nicht zu betreiben z.B.).

    Wie oft hört man in Beratungshilfe "Für das Schreiben braucht der Anwalt 15 Minuten und dann bekommt er xx,00 Euro dafür!" Dass er aber a) vorher auch mit dem Mandanten gesprochen hat und vielleicht nicht nur er sondern auch seine MA, die auch bezahlen muss und dass b) von xx,00 nur ein Bruchteil "in seiner Tasche ankommt" und jemand mit zwei Staatsexamen vielleicht auch ein Einkommen über dem Mindestlohn verdient, das sehen sie nicht.
    "Ich hab ja auch nur xxxx im Monat" ...

  • TL: Das hast Du recht... ;):daumenrau
    Ich habe bis jetzt immer eine Vergütung zugesprochen bekommen. Es ist nunmal so, dass ich natürlich nicht von den Nachlasspflegschaften leben kann und auch nicht will. Mein Beruf macht mir zuviel Spaß. Mein Gericht weiß, dass ich das nebenbei mache und ich übernehme auch nie mehrere Pflegschaften gleichzeitig und da hat mein Gericht auch Verständnis dafür. Die sind froh, dass ich mich überhaupt gemeldet habe und hin und wieder mal was übernehme. Bei unserem Gericht gibt es zu wenige Pflegschaften (dieses Jahr waren es gerade mal 2!, die überhaupt angeordnet wurden) und ich bin ja auch noch ganz am Anfang. Da wäre es nicht so gut, wenn ich mich da sofort in die Vollen stürzen würde.

  • Lieber Voltaire, das ist nun wirklich unfair. Trotz Ironie-Button, der durch den letzten Halbsatz deines Postings offenbar wieder "aufgehoben" wurde.
    ...

    Vielleicht sollte jeder Rechtspfleger/Nachlassrichter mindestens einmal selbst eine Nachlasspflegschaft eigenständig gemacht haben, damit das Gericht überhaupt weiss, über was es da zu "wachen" hat.

    Lieber TL,

    meine Aussage war voll ironisch gemeint.

    Ich anerkenne die Tätigkeit der Nachlasspfleger, deshalb werden Sie von mir auch bestellt. Und ich teile nicht die Meinung vieler User, dass mit der Bestellung von Nachlasspflegern eher in homöopatischen Dosen umgegangen werden soll. Ich teile aber auch nicht die Meinung von Euch als Nachlasspflegern, dass in jedem Fall, wo der Erbe noch nicht auf dem Baum ist, sofort eine Nachlasspflegschaft angeordnet werden muss.

    Deshalb mag ich eigentlich meinen Job und ich versprech' Dir: ich werde nie die Seite wechseln geschweige denn gleichzeitig auf beiden Seiten arbeiten. Und ich weiß, dass ein Nachlasspfleger erst einmal Auslagen hat, bis er ans Geldverdienen denken kann. Ich hab mein Gehalt als Staatsdiener jedem Monatsersten (sicher) auf meinem Konto. Das ist auch gut so. Deshalb bin ich auf meiner Seite des Systems gelandet und nicht auf Deiner. Und ich weis, dass Nachlasspfleger oft (ich verspreche aber nicht bei mir) sehr, sehr, sehr lange auf ihre Vergütungsfestsetzung warten müssen.

    Doch den letzten Schritt, ggf. rechtliche Schritte gegen den Entscheider (Nachlassrichter/Nachlassrechtspfleger) vorzunehmen, scheut dann doch wieder ein jeder von Euch. Auch wenn dieser Schritt manchmal dem Entscheider helfen würde (z.B. wegen Überlastung und in der Folge überlangen Bearbeitungszeiten).


  • Doch den letzten Schritt, ggf. rechtliche Schritte gegen den Entscheider (Nachlassrichter/Nachlassrechtspfleger) vorzunehmen, scheut dann doch wieder ein jeder von Euch. Auch wenn dieser Schritt manchmal dem Entscheider helfen würde (z.B. wegen Überlastung und in der Folge überlangen Bearbeitungszeiten).

    Lieber Voltaire :)

    Ich glaube ich kann dich inzwischen etwas einschätzen und bin mir sicher, dass du es nur ironisch gemeint hast....eigentlich war mein Posting auch eher eine Art Reflexreaktion weil ich nicht wollte, dass dieser ausgestreute Samen unkommentiert in Forum steht.

    Wie beide haben ja glaube ich auch beruflich miteinander zu tun und schon des öfteren telefoniert....und insofern schätze ich dich und deine Einstellung zu Fragen der NLPflegschaft. Wenn nur auch andere Notare/Nachlassrichter in BW so denken würden....und vielleicht sollte jeder NLP auch mal bei Gericht gearbeitet haben :)

    Zuletzt noch zu dem oben Stehenden: Ich bin gewiss kein "Schisser", aber sowas würde ich nur dann machen, wenn mich das Gericht "inoffiziell" darum bittet und es eine "gemeinsame Aktion" ist.....dann ja...ich stehe also bei Bedarf gerne zur Verfügung :)

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Wenn Euch die Verzögerung der Festsetzung Eurer Entschädigung so belastet (was ich nachvollziehen kann): Habt Ihr schon mal - natürlich nur in geeigneten Extremfällen - an eine Verzögerungsrüge gemäß § 198 Abs. 3 GVG gedacht? So, wie ich den § 198 GVG verstehe, ist auch die Entschädigungsfestsetzung ein "Gerichtsverfahren" und Ihr Nachlasspfleger seid "Verfahrensbeteiligte" dieses "Gerichtsverfahrens". Die Verzögerungsrüge ist unterhalb einer wie auch immer gearteten Beschwerde gegen den zuständigen Richter/Rechtspfleger angesiedelt und kann immerhin zum Anspruchserhalt dienen.

    Mag natürlich sein, dass ich das ingesamt falsch verstehe, aber eigentlich ist der § 198 GVG ja universell gültig, um Gerichte zu schnellerer Reaktion zu bewegen und weitere Vorlagen an den EGMR zu vermeiden.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!