Zuschlag erteilen?

  • Es sah erst aus, wie ein ganz normaler Versteigerungstermin.

    Ich hatte zwei Bieter, die sich wohl schon während des Versteigerungstermin - man war zwischenzeitlich immer mal wieder draußen - bekriegt haben. Einer der Bieter hat auch behauptet von dem anderen Bieter bedroht worden zu sein, was dieser natürlich abgestritten hat. Wie auch immer: letztlich haben beide Gebote abgegeben, Schluss der Versteigerung, Verkündungstermin am gleichen Tag, fertig.
    Bis zum Verkündungstermin erfahre ich, dass - der im meinem Verfahren Meistbietende - den unterlegenen Bieter in dem darauffolgenden Termin meiner Kollegin körperlich angegangen ist. Man war wohl wieder draußen, jeder erzählt was anderes, Ergebnis: eine blutende Nase, eine Strafanzeige und ein Zuschlag in diesem Verfahren, da meine Kollegin davon nicht mitbekommen hat. Wohl alles draußen passiert, Verletzte nicht wieder im Termin erschienen.

    Ich habe daraufhin den Zuschlagstermin erstmal verschoben und prüfe jetzt eine Versagung nach § 83 Nr. 6 ZVG. Ideen?


    P.S.: Kein Witz, alles so passiert! :confused::D

  • Der Zuschlag ist dem Meistbietenden zu erteilen. Selbst wenn er ein Schläger ist.
    Nur wenn der Mitbieter durch Gewalt vom Mitbieten abgehalten worden wäre, wäre eine Kausalität zwischen Gewalt und Meistgebot denkbar.

    Dass der Zuschlag dem Meistbietenden zu erteilen ist, dient übrigens nicht (primär) diesem, sondern den Interessen der Gläubiger und Schuldner.

    Oder handelt es sich um eine Teilungsversteigerung, und die Prügelbieter sind Antragsteller/Antragsgegner?


  • ... Nur wenn der Mitbieter durch Gewalt vom Mitbieten abgehalten worden wäre, wäre eine Kausalität zwischen Gewalt und Meistgebot denkbar.

    Das ist ja gerade der Punkt. M. E. ist nicht auszuschliessen, dass der Meistbietende Meistbietender geblieben ist, weil der andere Angst hatte, ein weiteres Gebot abzugeben.

    Vielleicht noch als Ergänzung des Sachverhalts:
    Ich habe die Beteiligten zu diesem Sachverhalt angehört. Der betr. Gläubiger will trotzdem den Zuschlag, der Schuldner hat sich nicht gemeldet.

  • Aber die Frage ist, ob diese Vermutung reicht, um den Zuschlag zu versagen. Du kannst ja schlecht den Ausgang des Strafverfahrens auf Gund der späteren Keilerei abwarten. Zu dem Bedrohungsvorwurf in Deiner Sache gibt es wohl keine Zeugen?
    Aber ich finde auch, dass wir solch ein Verhalten ganz und gar nicht einreißen lassen dürfen. Vielleicht wäre es in so einer Situation besser, beide rauszuwerfen und ggfls. den Termin abzubrechen, aber ich weiss nicht, ob ich es tun würde.

    Ich hatte mal eine (häufiger erscheinende) Meistbietende, die dem Konkurenten vor der Tür gesagt haben soll: "was wollen Sie denn in der Gegend, da wohnen doch nur Mitbürger xxxer Nationalität..." Sie hat das nicht abgestritten, der habe ich die Zuschlagversagung aber nur angedroht (ich müsse prüfen, ob das als Bedrohung aufgefasst werden kann) und auf 16:00 h Verkündung gesetzt. Schließlich aber doch zugeschlagen.

  • Wenn ein Bieter einen anderen Interessenten vom Bieten abhält (egal ob mit Drohungen oder Geldzuwendungen oder sonstwas), ist das mE sittenwidrig und führt dazu, dass keinem von beiden (wobei es ja nur noch einen potentiellen Meistbietenden geben kann, sonst war der Versuch ja erfolglos) der Zuschlag erteilt werden kann. Der Sinn und Zweck des Verfahrens kann so nicht erreicht werden. Wenn ich entsprechende Vermutungen oder gar Aussagen habe, gibt es im Termin eine dahingehende Belehrung. Das genügt meistens (wobei ich mich nicht erinnern könnte, dass es mal anders gewesen wäre).

    Wenn du überlegst, den Zuschlag zu versagen, solltest du auch bei den beiden Bietern um Darlegung des Sachverhalts nachfragen. Sonst wird es dünn mit deinen Entscheidungsgründen.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Wenn ein Bieter einen anderen Interessenten vom Bieten abhält (egal ob mit Drohungen oder Geldzuwendungen oder sonstwas), ist das mE sittenwidrig und führt dazu, dass keinem von beiden (wobei es ja nur noch einen potentiellen Meistbietenden geben kann, sonst war der Versuch ja erfolglos) der Zuschlag erteilt werden kann.

    Vorsicht, wenn das so einfach wäre, würden dei Versteigerungsverhinderer bald Schlägertrupps organisieren.

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Wenn ein Bieter einen anderen Interessenten vom Bieten abhält (egal ob mit Drohungen oder Geldzuwendungen oder sonstwas), ist das mE sittenwidrig und führt dazu, dass keinem von beiden (wobei es ja nur noch einen potentiellen Meistbietenden geben kann, sonst war der Versuch ja erfolglos) der Zuschlag erteilt werden kann.

    Vorsicht, wenn das so einfach wäre, würden dei Versteigerungsverhinderer bald Schlägertrupps organisieren.

    a) Die Belehrung richtet sich an beide, da beide beteiligt sind und eine Aufklärung meist nicht möglich ist. Auch mit dem Ziel, dass sich der andere gerade nicht abhalten lässt. Ist dann eigentlich immer so.
    b) Wenn nur einer übrig bleibt, dürfte es klar sein.
    c) Wenn es klar ist, kann man auch Konsequenzen ziehen, zB Personen des Saales/des Gerichts verweisen lassen oder, wenn es strafrechtlich relevanter wird, festnehmen lassen.

    So einfach wird es also auch wieder nicht.

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  • wenn das so einfach wäre, würden dei Versteigerungsverhinderer bald Schlägertrupps organisieren.

    Das dachte ich auch.

    Die Geschehnisse vor der Tür sind fraglich. Aus dem Ausdruck "letztlich haben beide Gebote abgegeben" habe ich entnommen, dass die beiden Bieter erst draußen waren und dann drinnen geboten haben. Dann soll mir einer die Kausalität zwischen dem Unterlassen weiterer Gebote und dem Geschehen vor der Tür nachweisen! Wieso reichte der Mut zum Mitbieten nur bis zum Betrag X, darüber hinaus dann aber nicht weiter? Ich finde das nicht sonderlich plausibel; freilich war ich nicht im Saal und kenne die Geschichte nur vom Hörensagen.


    Araya: Verstehe ich Dich richtig, dass Du den Bedrohenden wie den Bedrohten vom Weiterbieten ausschließen würdest? (Übrigens auch wieder eine nette Idee für Versteigerungsbehinderer.) Oder wie sonst kann ein Dritter den Zuschlag bekommen, wenn das Meistgebot dann vom Bedroher abgegeben wurde?

  • Ich habe jetzt letztlich den Zuschlag erteilt, weil mir die Sache für eine Versagung wegen Sittenwidrigkeit zu dünn war. Ich habe den Vorgang so wie er mir zugetragen wurde im Verkündungsprotokoll niedergelegt. Dann kann der Gläubiger oder der Schuldner immer noch prüfen, ob ggfls. Schadensersatzansprüche bestehen bzw. ob sich diese durchsetzen lassen.
    Ich werde die beteiligten Personen in Zukunft genau im Auge haben und wenn ich den Eindruck habe man geht mal kurz raus, um da irgendwas auszukungeln werde ich das konkret ansprechen und über die Sittenwidrigkeit und die sich daraus ergebende Schadensersatzpflich von negativen Bietabkommen belehren. Ich bin gespannt, wie die darauf reagieren.

  • Ich schließe natürlich niemanden vom Bieten aus.
    Ich gebe aber bestimmte Belehrungen zum Besten und sehe dann, was sich daraus entwickelt. Bisher hat es noch immer genügt. Ich kann mich zumindest nicht daran erinnern, dass es einmal anders gewesen wäre.

    Lediglich wenn das Bedrohen dem Gericht von neutraler Seite (zB Bankenvertreter) bestätigt wird oder gar im Saal weitergeht, gebe ich "Hinweise" konkret an einen Empfänger gerichtet ab. Und da auch diese Personen ein Erwerbsinteresse haben (bisher keine Verhinderer dabei gewesen :D), genügt die Androhung des Verweises aus dem Saal.

    Und wenn alle weiterbieten ist doch alles gut, dann hat die Drohung des Anderen offensichtlich nichts gebracht.

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  • Ich wüsste ja zu gern, wie in folgendem Fall das LG entscheidet:

    http://www.op-online.de/region/epperts…ng-5030357.html

    Die Kommune hat eine Arztpraxis ersteigert. Der Insoverwalter (wohl ein Diplom-Rechtspfleger -FH-) des Eigentümers legt Zuschlagsbeschwerde ein, Diese ist darauf gestützt, dass der Bürgermeister zum Ersteigern zum erfolgten Meistgebot kein politisches Mandat gehabt habe, weil nur 330.000 EUR im Kommunalen Haushalt hierfür zur Verfügung standen (er aber offenbar viel mehr geboten hat, Sachverhalt!). Zudem wird die Verletzung des fairen Verfahrens gerügt: "... der Bürgermeister habe weitere Bietinteressenten gebeten, von Geboten abzusehen, da er doch im Interesse seiner Kommune steigere. Ein trotzdem Gebote abgebender Interessent sei schließlich mit bösen Blicken von anwesenden Gemeindevertretern bedacht worden."

  • Zitat

    Die Zuschlagsbeschwerde legte der Groß-Umstädter Rechtspfleger Frank Völger ein

    Super Journalismus. Rechtspfleger und Rechtsanwalt ist ja auch fast das Gleiche :strecker

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Zitat

    Die Zuschlagsbeschwerde legte der Groß-Umstädter Rechtspfleger Frank Völger ein

    Super Journalismus. Rechtspfleger und Rechtsanwalt ist ja auch fast das Gleiche :strecker

    Dieser (übrigens sehr nette und kompetente) Herr ist Rechtspfleger und gelegentlich auch Zwangsverwalter. Mir ist er in Zwangsverwaltungen immer lieber als ein Rechtsanwalt.:D

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Auf diese Aussage des Bürgermeisters wäre ich wohl sehr deutlich geworden. Geht's noch?!

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    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Ich bitte um Verzeihung, weil ein wenig OT...

    1. Die Erteilung des Zuschlags im Falle einer Schlägerei hat was.
    2. Lieber "böse Blicke" als "Böser Blick". :eek:

    :D

  • Ich glaube nicht an ein Versehen. Warum sollte nicht jemand, der der Ausbildung nach Diplom-Rechtspfleger ist, als Insolvenzverwalter tätig werden können?

    Die Konstellation ist denkbar - allerdings wird er im Rahmen des K-Verfahrens dann nicht als "Rechtspfleger" mit dieser Funktionsbezeichnung tätig, sondern als Insolvenzverwalter mit dem akademischen Titel Dipl.-Rpfl. (FH).
    Daher bemängele ich weiterhin den Schreibstil, der mich übrigens auch zunächst etwas verwirrt hat - "Der Rechtspfleger" ist für mich im Zusammenhang mit einem K-Verfahren eben der K-Rechtspfleger, der die Sache bearbeitet. Und dieser kann nunmal kein Rechtsmittel einlegen ;)

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Insoweit teile ich Deine Bedenken. Ich gebe zu, den Artikel zunächst nur gelesen zu haben, weil eine Schlagzeile lautete, der Rechtspfleger habe Zuschlagsbeschwerde eingelegt. DAS wollte ich nun genauer wissen. Na, jetzt weiß ich es.
    Falls irgendwer von der LG-Entscheidung Wind bekommt, die ja noch für Mai in Aussicht steht, so bin ich wirklich daran interessiert, ob die Zuschlagsbeschwerde wegen des Auftretens eines Bietinteressenten (und seiner Mitstreiter) Erfolg hat.

  • Auf diese Aussage des Bürgermeisters wäre ich wohl sehr deutlich geworden. Geht's noch?!

    Ich empfehle allen ZV-Rechtspflegern mal inkognito z.B. einen Sitzungstag am Nachbargericht zu besuichen und sich als Bietinteressent auszugeben.

    Was man dann auf dem Gang vor dem Gerichtssaal alles erleben kann dürfte sehr überraschend und erhellend sein. Da ist die Story mit dem Bürgermeister hier Kleinkram gegen. :D

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Ich glaube nicht an ein Versehen. Warum sollte nicht jemand, der der Ausbildung nach Diplom-Rechtspfleger ist, als Insolvenzverwalter tätig werden können?

    Die Konstellation ist denkbar - allerdings wird er im Rahmen des K-Verfahrens dann nicht als "Rechtspfleger" mit dieser Funktionsbezeichnung tätig, sondern als Insolvenzverwalter mit dem akademischen Titel Dipl.-Rpfl. (FH).
    Daher bemängele ich weiterhin den Schreibstil, der mich übrigens auch zunächst etwas verwirrt hat - "Der Rechtspfleger" ist für mich im Zusammenhang mit einem K-Verfahren eben der K-Rechtspfleger, der die Sache bearbeitet. Und dieser kann nunmal kein Rechtsmittel einlegen ;)

    Das setzt aber voraus, dass der Autor auch weiß, was ein Rechtspfleger ist. Wir wissen doch alle, wie verbreitet dieses Wissen ist...und wie ungenau die Presse berichtet.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

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