Baulast in der ZV

  • Moin in die Runde,

    anebi ein älteres Urteil zu dem Thema:

    Rechtsnachfolger i.S.d. § 78 Abs. 1 Satz 2 BauO NW 1984 / § 99 Abs. 1 Satz 2 BauO NW 1970 ist auch derjenige, der durch Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren originäres Eigentum erworben hat. Weder aus Bundes- noch aus Landesrecht läßt sich ableiten, daß eine Baulast im Verfahren der Zwangsversteigerung aufgrund eines erteilten Zuschlages erlischt (im Anschluß an BVerwG, Beschluß vom 27.09.1990 - 4 B 34 35/90 und BVerwG, Beschluß vom 29.10.1992 - 4 B 218/92).
    OVG, Münster; Urteil vom 26.04.1994 - 11 A 2345/92

    Hat zufällig jemand den Volltext oder ähnliche Kommentare/ Urteile!!

    Habe eine Einwendung eines anderen Gutachters zu bebarbeiten, der behauptet, dass die Baulst in der ZV untergeht. Ich zitiere o.g. Urteil regelmäßig in meinen Gutachten.

    Macht auch Sinn das Baulasten bestehen bleiben, weil durch deren Wegfall sonst baurechtswidrige Zustände enststehen.

    Allerdings ist hier der Fall so (stellt sich nun im nachhinein heraus, dass der Gläubiger das Grundstück vor der Bewiligung einer Baulast beliehen hatte. Durch das Bestehen bleiben der Baulast, ist nun der Wert des Grundstücks erheblich gemindert.

    Hat jemand schon mal so einen Sachverhalt gehabt?

  • Die Entscheidungen habe ich als Anhang beigefügt.
    Ansonsten gilt grundsätzlich Rd-Nr. 6.5 zu § 66 im Stöber:
    Die Baulast kann gegenüber dem Ersteher dingliche Wirkung nur entfalten, wenn sie mit Zustimmung der Gläubiger bereits am Grundstück lastender Rechte bestellt wurde oder die Versteigerung aufgrund eines Gläubigers erfolgt, dessen Recht nach Bestellung der Baulast eingetragen wurde.

  • Moin Hiro,

    ich habe eben mal den Kommentar zu niedersächsichens Bauordnung durchgeakert.

    Tenor, die Baulast bleibt auch bestehen, wenn sie zeitlich nach dem Grundpfandrechtgläubiger eingetragen ist!!

    Die Baulast bedarf also auch hier keiner Anmeldung und bleibt außerhalb des geringsten Gebotes bestehen.

    HambOVG 12.11.1992 II 29/91 und BVerwG 29.10.92

    Grundpfandgläubiger sind auf ihre Rechte nach §§ 1133 BGB beschränkt, ihre Zustimmung zur Baulastbegründung ist n i c h t erforderlich!! (Siehe auch Rd-Nr. 30 im Kommentar zu § 92 LBauO-Ni)!

  • Zitat von loop63

    Tenor, die Baulast bleibt auch bestehen, wenn sie zeitlich nach dem Grundpfandrechtgläubiger eingetragen ist!!


    Ich beurteile die Rechtslage wie hiro. In den Kommentierungen wird die OVG-Entscheidung als abweichend zur herrschenden Meinung zitiert. Würde man dem folgen, würden Rechte bereits eingetragener Gläubiger geschmälert, was dem Deutschen Recht der Kreditsicherheiten diametral entgegensteht.

  • Moin nochmal,

    mein geschätzter Kolleg, Roland Kurz, hat einen ähnlich fall geschildert. Ich kopiere hier mal (tlw.) seine Antwort im Diskussionsforum auf http://www.wertermittlungsforum.de zum gleichen Thema, das Wesentliche habe ich besonders hervorgehoben.

    "Bei einer Baulast handelt es sich um eine Grundstücksbelastung eigener Art, wie sie in der Systematik des Sachenrechts des BGB so nicht bekannt ist. Deshalb kann eine Baulast auch nicht in das Grundbuch eingetragen werden. Sie kann demzufolge auch keine Rangstelle einnehmen.

    In der einschlägigen Fachliteratur, so Dr. Konrad Rüchardt, Handbuch des Hypothekarkredits, Immobilienfinanzierung in Deutschland und Europa, Fritz Knapp Verlag, Frankfurt am Main, 3. Auflage 1993, S. 71 f. wird ausgeführt, dass "für die Frage des freien Beleihungsraums ... die Baulast keine Rolle" spielt, da sie zu den im Grundbuch eingetragenen Rechten, insbesondere zum Grundpfandrecht des Realkreditgebers, in keinem Rangverhältnis steht.

    Bei Stannigel/Kremer/Weyers, Beleihungsgrundsätze für Sparkassen, Kommentar und Handbuch, Deutscher Sparkassenverlag Stuttgart 1984, Ziff. 3.2 zu § 6 wird ebenfalls teilweise der Eindruck vermittelt, dass nur vorstehende Baulasten negative Auswirkun-
    gen auf den Verkehrs-/Beleihungswert hätten und bereits bei der Wertermittlung zu einem Wertabschlag führen.

    Bei Stannigel u. a., Ziff. 5.11 zu § 5 wird jedoch an anderer Stelle zutreffend ausge-
    führt: "Eine Baulast kann den Wert eines Grundstücks wesentlich beeinträchtigen. Wird die Baulast erst nach der Beleihung des betreffenden Grundstücks vom Grundstückseigentümer übernommen, so kann eine dadurch eintretende Wertminderung in der Zwangsversteigerung des Grundstücks für das Kreditinstitut einen Forderungsausfall zur Folge haben, denn die Bieter werden die Wertminderung durch die öffentlich-rechtliche Baubeschränkung berücksichtigen, weil sie von der Zwangsversteigerung nicht berührt wird. Für die dingliche Absicherung gegen die nachträgliche Bestellung von Baulasten fehlt die gesetzliche Grundlage. Lediglich mit schuldrechtlicher Wirkung kann mit dem Kreditnehmer nachträglich vereinbart werden, daß Baulast-Übernahmen der Zustimmung des Kreditinstituts bedürfen. ... NJW 5/1979, S. 195 ff. ..."

    Bei Rüchardt a. o. O. ist m.E. das Problem der Wirkung einer Baulast unzureichend erkannt.

    Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass die Baulast nicht in der Zwangsversteigerung erlischt (BVerwG, Az. 4 B 218/92, Beschluss vom 29.10.1992, NJW 1993, 480; Hamburgisches OVG, Az. Bf II 29/91, Urteil vom 12.11.1992, NJW 1993, 1877; OVG NRW, Az. 11 A 2345/92, Urteil vom 26.04.1994, Juris; OVG NRW, Az. 11 A 11/94, Urteil vom 18.07.1995, BauR 1996, 242 – 243; OVG Lüneburg, Az. 1 M 7201/95, Beschluss vom 08.12.1995, MDR 1996, 360 – 361; OVG MVP, Az. 3 M 93/01, Beschluss vom 05.11.2001, NVwZ-RR 2003, 15 – 18).

    Es gilt als rechtlich unzulässig (OVG Hamburg, BFII 33/88 vom 04.04.1991, bestätigt durch BVerwG, 14.02.1991 – 4 C 51.87; BRS 52, Nr. 88, 161), eine Vereinigungsbaulast durch Verkauf einzelner Grundstücke zu umgehen. Es besteht somit eine faktische Verkaufssperre.

    Was nicht verkauft werden darf, kann keinen Verkehrswert i.S. des § 194 BauGB haben, auch wenn Ertrag gezogen werden darf und kann."

    Soweit die Ausführungen von Herr Kurz, der hier völlig unabhängig von meiner bisherigen Argumentation, die Theamtik genauso sieht.

  • Moin,

    noch ein kleiner Nachtrag zu den Ausführungen:

    Baulastbegründungen, die erst nach Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerkes vorgenommen werden, sind gegenüber dem Ersteigerer des Grundstücks nicht wirksam (OVG NW 18.7.1995, steht leider kein AZ bei, ist aber aus dem Kommentar zu Niedersächsischen Bauordnung).

    Da ZV-Vermerk gleich mit der Beschlagnahme des Grundstücks verbunden ist und damit eine Verfügungsbeschränkung des Eigentümers einhergeht, ist dies, also die Baulstbegründung, dann nur mit Zustimmung des betreibenden Gläubigers möglich.

    Soll heißen, das Bauordnungsamt muss eigentlich bei ZV-Vermerk (ist Aufgabe des Bauordnungsamtes die Eigentümerschaft zu prüfen), die Zustimmung der dinglich Berechtigten (dazu gehören auch Auflassungsbegünstigte, Nießbraucher etc.) einholen.

    Wenn es dennoch zu einer Baulastbegründung kommt hat ersten des BOA gepennt und zweites wirkt die Baulast nicht gegen den Ersteher (s.o. Urteil).

  • Zitat von loop63

    <snip>Wenn es dennoch zu einer Baulastbegründung kommt hat ersten des BOA gepennt und zweites wirkt die Baulast nicht gegen den Ersteher (s.o. Urteil).



    Naja, also ich weiß nicht, ob die beim Bauordnungsamt immer schön brav ins Grundbuch schauen bzw. dort darauf achten, ob ein ZV-Vermerk eingetragen ist oder nicht. Von uns werden sie auf jeden Fall nicht benachrichtigt.
    Baulasten sind allgemein so eine "Nebelbank", keiner weiß genau bescheid, keiner kümmert sich so arg drum. In den meisten Fällen sind die Baulasten auch nicht soo arg wichtig. Das Problem ist halt, dass wenn es mal um eine wirklich wichtige Baulast geht, dann keiner wirklich große Ahnung hat.
    Ich glaube nicht, dass sich Banken bei der Beleihung eines Objektes um Baulasten kümmern bzw. eine Auskunft einholen oder sich vorlegen lassen.

    Ansonsten - Ist wohl viel Landesrecht dabei und was in Niedersachsen gilt, kann bei uns im Süden schon wieder ganz anders sein.

    In der Praxis handhaben wir es so, dass - sofern nix im Gutachten steht - wir zum Termin eine Auskunft der der Stadt/Gemeinde einholen und diese dann ohne weitere Kommentierung im Termin bekanntgeben. Ob eine Baulast gegen den Ersteher gilt oder nicht, habe ich ehrlich gesagt noch nie nachgeprüft. Hat aber auch noch nie einer gefragt.

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • Zitat von hiro

    In der Praxis handhaben wir es so, dass - sofern nix im Gutachten steht - wir zum Termin eine Auskunft der der Stadt/Gemeinde einholen und diese dann ohne weitere Kommentierung im Termin bekanntgeben..


    Das machen wir in der Regel auch so (weil wir es schon immer so gemacht haben ;) ), aber loop63 hat m.E. einen guten Denkanstoß gegeben. Ohne Landesregelungen müßten m.E. wie oben schon geschildert in Zwangsversteigerungen Baulasten u.U. wegfallen. Stöber schreibt dazu auch eine ganze Menge, Rd.Nr. kann ich zur Zeit leider nicht angeben, da nicht vor Ort. Ich bemühe mich gerade herauszufinden, was für Hamburg gilt. Das Amt für Bauordnung und Hochbau ist jedenfalls der Meinung, daß Baulasten in der Zwangsversteigerung nicht wegfallen. Allerdings fehlen mir zur Zeit noch die landesgesetzlichen Grundlagen.

  • In § 79 I, 2 HambBauO heisst es lapidar: "Baulasten werden unbeschadet der Rechte Dritter mit der Eintragung in das Baulastenverzeichnis wirksam und wirken auch gegenüber der Rechtsnachfolgerin oder dem Rechtsnachfolger."

    Mit der Frage des (Nicht-)Erlöschens einer Baulast hat sich Alff in Rpfleger 93, 361 (Anmerkung zu einer Entscheidung des OVG Hamburg) beschäftigt. Das OVG Hamburg hatte geurteilt, dass eine Baulast auch Wirkung gegenüber dem Ersteher habe.

    Alff kommt hingegen zu folgenden Fazit: Die Baulast überlebe den Zuschlag nur dann, wenn die bei ihrer Übernahme bereits vorhandenen und z.Z. des Zuschlages noch bestehenden Rechte der Baulastübernahme zugestimmt hätten. Es komme nicht darauf an, ob das recht des bestrangig betreibenden Gläubigers vor oder nach der Baulastübernahme entstanden sei.

    Die Baubehörde solle sich deshalb bei Übernahme der Baulast die Zustimmungen nachweisen lassen. Das Gericht solle sich einen Auszug aus dem Baulastenverzeichnis besorgen und diesen sowie ggf. die Gläubigerzustimmungen als Grundstücksnachweisung im Termin bekanntmachen.

    Lt. Alff hat(te) das Saarland eine Regelung, nach der Baulasten erst mit Gläubigerzustimmung wirksam werden. In der LBauO von 2004 (§ 83) (pdf; S. 856) findet sich ein nsolcher Passus (nicht) mehr.

    Ich habe die Beschaffung des Baulastenauszuges auf den Gutachter abgewälzt.

  • Moin,

    was heißt eigentlich im Süden, Bayern z.B. kennt keine Baulast.

    Aber mal ganz aus der Logik heraus!

    Baulasten werden i.d.R. in Zusammenhang mit Bauvorhaben zur Sicherung öffentlich-rechtlicher Belange begründet, also in der Regel mit einer Baugenehmigung.

    Baulasten regeln z.B. solche Fragen wie Abstandsflächen, Stellplatznachweis, Erschließung etc. öffentlich-rechtlich. Ein Wegfall der Baulast würde zur Folge haben, dass der Baugenehmigung damit die Grundlage entzogen wird; es würden letztendlich (wilde) baurechtswidrige Zustände entstehen.

  • Zitat von loop63

    was heißt eigentlich im Süden, Bayern z.B. kennt keine Baulast.


    stimmt!

    Zitat von loop63

    Ein Wegfall der Baulast würde zur Folge haben, dass der Baugenehmigung damit die Grundlage entzogen wird; es würden letztendlich (wilde) baurechtswidrige Zustände entstehen.


    Allerdings kann im Extremfall dem Gläubiger auch seine Sicherheit entzogen werden. Und das ist schon recht fragwürdig, wenn die Baulast dann ohne Zustimmung des bereits eingetragenen Gläubigers eingetragen werden darf.
    Aber scheinbar ist es ja wirklich so, haben wir immer schon so gemacht, ist richtig, brauchen wir uns nicht drum zu kümmern, siehe § 79 HmbBauO, :teufel: , danke Kai, brauche ich nicht weitersuchen!
    Daß Alff dazu geschrieben hat wußte ich auch, habe ich aber nie gelesen. (Tschulligung arme Sau, ich werd´s nachholen, mit Gruß Dein alter Sack:) )

  • Moin,

    kurzer Nachtrag für die Kolleg/inn/en Rechtspfleger nur zur Vervollständigung:

    Das o. bereits zitierte Urteil ist vom OVG NRW mit AZ 11 A 11/94

    Tenor: Baulastbegründungen, die erst nach Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerkes vorgenommen werden, sind gegenüber dem Ersteigerer des Grundstücks nicht wirksam.

  • So habe jetzt die Anm. Alff gelesen, der ich mich nur anschließen kann. (Übrigens abgedruckt in Rpfl. 93, Seite 361)
    Solange allerdings das Urteil des OVG Hamburg Bestand hat, werden wir in Hamburg wohl nicht darum hin können, entsprechend zu belehren.

  • Moin,

    habe auch hier noch eine Frage.

    Baulasten bleiben bestehen. Soweit sogut.

    Muss hier eigentlich kein Ersatz- bzw. Zuzahlungsbetrag festgesetzt werden? Z.B. bei bestehn bleiben Erbbaurechten (auch Erbbauzinsreallast) soll dass ja so gehandhabt werden.

    Also ich berücksichtige die Wertminderung durch eine (belastende Baulast) immer im Gutachten, es wird also der hiervon belastete VW ermittelt.

    Ist das nicht irgendwie inkonsequent? (Siehe auch meine Frage zum Erbbaurecht).

  • Zitat von loop63

    Baulasten bleiben bestehen. Soweit sogut.

    Muss hier eigentlich kein Ersatz- bzw. Zuzahlungsbetrag festgesetzt werden?


    Nein, eine Baulast ist nicht im Grundbuch eingetragen. Die §§ 50, 51 ZVG gelten nur für im Grundbuch eingetragene Rechte.

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