Vorgehensweise ab 01.01.2014 bei nachträglicher Beratungshilfe

  • Hallo.

    Bearbeite seit kurzem BerH und bin daher noch sehr überfordert. ;)

    Wie handhabt ihr die folgenden Fälle:

    Der Ast. wurde bereits anwaltlich beraten und erscheint nun persönlich auf der RAST, um Beratungshilfe gewährt zu bekommen.
    Geht das? Ändert ihr das entsprechende Protokoll / die Versicherung dann ab, sodass da nicht mehr "wurde noch nicht beraten", sondern am XXX beraten und gebt den Schein dann mit?
    Oder wie läuft das dann ab?

  • Der Thread ist zwar 12 Seiten lang, aber die Antwort auf die Frage findet sich darin ;)

    Kurz zusammengefasst: Noatalba und ich würden in diesem Fall den Antrag mit abgeänderter Versicherung aufnehmen, zusätzlich zu den übrigen Voraussetzungen noch die Frist des § 6 II 2 BerHG prüfen und im Falle der Bewilligung einen Bewilligungsbeschluss (keinen Berechtigungsschein) unmittelbar an die Beratungsperson übersenden. Alternativ: Bewilligungsbeschluss (mit Beratungsperson im Rubrum) dem Antragsteller aushändigen.

    Der Berechtigungsschein beinhaltet zwei Aussagen:
    - Beratungshilfe wurde durch das AG für eine genau bezeichnete Angelegenheit bewilligt
    und
    - Der BerH-Berechtigte kann eine Beratungsperson seiner Wahl beauftragen, die unter Vorlage des Originals des Berechtigungsscheins eine Vergütung aus der Landeskasse erhält.

    In deinem Fall hat der Antragsteller die Wahl zum zweiten Punkt schon getroffen. Um Missbrauchsmöglichkeiten von vornherein auszuschließen, halten wir die Lösung, einen Bewilligungsbeschluss mit der angegebenen Beratungsperson im Rubrum entweder dem ASt mitzugeben oder der Beratungsperson zu übersenden, für elegant.


    Ich würde dennoch im Regelfall bei bereits erfolgter anwaltlicher Beratung darauf hinwirken, dass der Antrag nach Möglichkeit über die Beratungsperson gestellt wird. Der Antragsteller dürfte keinerlei Unterlagen zur Angelegenheit haben (die liegen ja bei der Beratungsperson) und der Beratungsperson ist auch daran gelegen (oder besser: dürfte daran gelegen sein), eine Entscheidung über den Antrag zu erhalten (auch im Hinblick auf § 8 BerHG - Vergütungsanspruch im Falle der Ablehnung).

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Der Thread ist zwar 12 Seiten lang, aber die Antwort auf die Frage findet sich darin ;) Kurz zusammengefasst: Noatalba und ich würden in diesem Fall den Antrag mit abgeänderter Versicherung aufnehmen, zusätzlich zu den übrigen Voraussetzungen noch die Frist des § 6 II 2 BerHG prüfen und im Falle der Bewilligung einen Bewilligungsbeschluss (keinen Berechtigungsschein) unmittelbar an die Beratungsperson übersenden. Alternativ: Bewilligungsbeschluss (mit Beratungsperson im Rubrum) dem Antragsteller aushändigen. Der Berechtigungsschein beinhaltet zwei Aussagen: - Beratungshilfe wurde durch das AG für eine genau bezeichnete Angelegenheit bewilligt und - Der BerH-Berechtigte kann eine Beratungsperson seiner Wahl beauftragen, die unter Vorlage des Originals des Berechtigungsscheins eine Vergütung aus der Landeskasse erhält. In deinem Fall hat der Antragsteller die Wahl zum zweiten Punkt schon getroffen. Um Missbrauchsmöglichkeiten von vornherein auszuschließen, halten wir die Lösung, einen Bewilligungsbeschluss mit der angegebenen Beratungsperson im Rubrum entweder dem ASt mitzugeben oder der Beratungsperson zu übersenden, für elegant. Ich würde dennoch im Regelfall bei bereits erfolgter anwaltlicher Beratung darauf hinwirken, dass der Antrag nach Möglichkeit über die Beratungsperson gestellt wird. Der Antragsteller dürfte keinerlei Unterlagen zur Angelegenheit haben (die liegen ja bei der Beratungsperson) und der Beratungsperson ist auch daran gelegen (oder besser: dürfte daran gelegen sein), eine Entscheidung über den Antrag zu erhalten (auch im Hinblick auf § 8 BerHG - Vergütungsanspruch im Falle der Ablehnung).

    :zustimm:

  • Ich würde dennoch im Regelfall bei bereits erfolgter anwaltlicher Beratung darauf hinwirken, dass der Antrag nach Möglichkeit über die Beratungsperson gestellt wird. Der Antragsteller dürfte keinerlei Unterlagen zur Angelegenheit haben (die liegen ja bei der Beratungsperson) und der Beratungsperson ist auch daran gelegen (oder besser: dürfte daran gelegen sein), eine Entscheidung über den Antrag zu erhalten (auch im Hinblick auf § 8 BerHG - Vergütungsanspruch im Falle der Ablehnung).

    Wasch mich, aber mach mich nicht nass. Antragstellung - ja, Entscheidung über den Antrag - bloß nicht.

    Ich wurde heute belehrt. Hab so nen Hals, dass ich nach 2,5 Jahren diesen Thread wiederfinden musste. Es hat sich offenbar nichts getan, außer dass Merkblätter für die reninenten Rechtsanwälte verfasst wurden.

  • ... Wasch mich, aber mach mich nicht nass. Antragstellung - ja, Entscheidung über den Antrag - bloß nicht. Ich wurde heute belehrt. Hab so nen Hals, dass ich nach 2,5 Jahren diesen Thread wiederfinden musste. Es hat sich offenbar nichts getan, außer dass Merkblätter für die reninenten Rechtsanwälte verfasst wurden.


    Und wir haben den Gewinner des Bürokratiepreises :teufel:
    Formal sachlich zutreffend, kühl formuliert und im eigentlichen Begehren maximal abweisend.

    Ich ziehe die oben von Patweazle geschilderte Lösung vor, bei der Brot statt Steine gegeben wird (während es hier genau umgekehrt ist).


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • In diesem Punkt formal nicht zutreffend, das stimmt.
    Allerdings gingen "Merkblätter" dieser Art schon vor der Gesetzesänderung bei ein paar Gerichten raus...

    Da machste nichts.

    Wie gesagt: Mir ist der Weg über die nachträgliche Antragstellung über den RA auch lieber, aber wenn der Bürger auf Antragsaufnahme besteht oder wir kurz vor Fristende sind oder (...), nehm ich den Antrag auf. Damit bricht man sich doch keinen Zacken aus der Krone :(

    Genausowenig wie im Gesetz steht "BerH erhält, wer vorm Rpfl weint", ist die Formulierung "Bei nachträglicher Antragstellung muss der Antrag über die Beratungsperson kommen" nicht enthalten. Traurig...

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Nein, auch formal unzutreffend. In §6 Abs.2 steht nichts davon, dass der Antrag über den Anwalt zu stellen ist. Das steht überhaupt nirgendwo im Gesetz.


    Sinnvoll wäre es zur Vermeidung von Missbrauch allerdings auf jeden Fall.

    Wenn der RA den Antrag ans Gericht sendet, ist das Risiko für die Konstellation geringer, dass der Ast. selbst in der RAST erscheint, dort die Angabe der bereits erfolgten Beratung "vergisst" und sich mit dem erhaltenen Schein bei einem anderen RA erneut beraten lässt.

  • Nein, auch formal unzutreffend. In §6 Abs.2 steht nichts davon, dass der Antrag über den Anwalt zu stellen ist. Das steht überhaupt nirgendwo im Gesetz.


    Sinnvoll wäre es zur Vermeidung von Missbrauch allerdings auf jeden Fall.

    Wenn der RA den Antrag ans Gericht sendet, ist das Risiko für die Konstellation geringer, dass der Ast. selbst in der RAST erscheint, dort die Angabe der bereits erfolgten Beratung "vergisst" und sich mit dem erhaltenen Schein bei einem anderen RA erneut beraten lässt.

    Unter der Geltung des alten Rechts wurde - wohl überwiegend - die Auffassung vertreten, dass bei nachträglicher Beratungshilfe der Antrag grundsätzlich nur durch den Anwalt zu stellen sei (siehe etwa Bischof, NJW 1981, 894 ff.). Diese Ansicht scheint heute nicht mehr vertreten zu werden. Im Gesetz selbst ist dies nicht ausdrücklich geregelt und war es auch damals nicht.

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Wenn der RA den Antrag ans Gericht sendet, ist das Risiko für die Konstellation geringer, dass der Ast. selbst in der RAST erscheint, dort die Angabe der bereits erfolgten Beratung "vergisst" und sich mit dem erhaltenen Schein bei einem anderen RA erneut beraten lässt.

    Darauf stellt das Belehrungsschreiben aber gerade nicht ab. Sondern es werden genau die Antragsteller wieder weggeschickt, die angeben, dass der Anwalt seine Arbeit schon begonnen hat, und die für DIESE Arbeit DIESES Anwalts Beratungshilfe beantragen wollen.

    Ich möchte echt mal wissen, wie hoch diese Missbrauchsquote tatsächlich ist. Im Gegensatz zu Eurer Befürchtung, dass sich die Betroffenen ständig Rat bei mehreren Anwälten erschleichen, steht meine Erfahrung mit vielen BerH-Mandanten, die mir 2-3 Jahre alte Scheine überreichen, die nie in Anspruch genommen wurden.

  • Nein, auch formal unzutreffend. In §6 Abs.2 steht nichts davon, dass der Antrag über den Anwalt zu stellen ist. Das steht überhaupt nirgendwo im Gesetz.


    Sinnvoll wäre es zur Vermeidung von Missbrauch allerdings auf jeden Fall.

    Wenn der RA den Antrag ans Gericht sendet, ist das Risiko für die Konstellation geringer, dass der Ast. selbst in der RAST erscheint, dort die Angabe der bereits erfolgten Beratung "vergisst" und sich mit dem erhaltenen Schein bei einem anderen RA erneut beraten lässt.

    Unter der Geltung des alten Rechts wurde - wohl überwiegend - die Auffassung vertreten, dass bei nachträglicher Beratungshilfe der Antrag grundsätzlich nur durch den Anwalt zu stellen sei (siehe etwa Bischof, NJW 1981, 894 ff.). Diese Ansicht scheint heute nicht mehr vertreten zu werden. Im Gesetz selbst ist dies nicht ausdrücklich geregelt und war es auch damals nicht.


    Die Argumentation wurde damals auch dadurch gestützt, dass man sagte "Der Antrag auf BerH muss vor anwaltlicher Beratung (oder in engem zeitlichen Zusammenhang hiermit) unterzeichnet sein, da nur so glaubhaft gemacht werden kann, dass sich der Ast 'wegen BerH' an den RA gewandt hat". Dieser Angriffspunkt ist durch die jetzige 4-Wochen-Frist (die immer einen zeitlich engen Zusammenhang begründet) weggefallen.

    Es ist und bleibt weiterhin unglücklich. Oft wissen die Antragsteller auch nicht (mehr?), ob sie mit dem Anwalt selbst oder dem Vorzimmer telefoniert haben und ob eine Beratung in der Sache erfolgt ist oder erstmal ein Termin vereinbart wurde. Wir waren nicht dabei, wir wissen es nicht.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Das ist doch aber völlig egal, solange der Antragsteller in der Frist zur RASt kommt.


    Nein, keinesfalls.

    Es kommt entscheidend darauf an, ob die anwaltliche Beratung schon erfolgte oder noch nicht. In letzterem Fall wird ganz normal ein Schein erteilt, in der erstgenannten Konstellation verbietet sich aus dem o. g. Grund die Scheinaushändigung an den Ast.

  • Exakt Letzteres, Adora Belle.
    Und zwar zum Schutz des Anwalts.

    Das ist nicht gesetzlich festgelegt, sondern eine ganz menschliche, tatsächliche Lösung:

    Die Mitteilung über die Bewilligung bekommt der, der etwas davon hat. Ist die Beratung bereits erfolgt, ist das der Anwalt, der dadurch abrechnen kann.
    Fertig.

  • Exakt Letzteres, Adora Belle.
    Und zwar zum Schutz des Anwalts.

    Das ist nicht gesetzlich festgelegt, sondern eine ganz menschliche, tatsächliche Lösung:

    Die Mitteilung über die Bewilligung bekommt der, der etwas davon hat. Ist die Beratung bereits erfolgt, ist das der Anwalt, der dadurch abrechnen kann.
    Fertig.


    Genauso war es gemeint.

  • Mir geht es ja nicht drum, wer den Schein oder die scheingleiche Bewilligung bekommt, das könnt Ihr gern halten wie Ihr denkt. Mir geht es drum, dass der Betroffene den Antrag stellen können muss. Und dass eine Entscheidung über den Antrag nicht erst zusammen mit der Kostenentscheidung ergeht, sondern zeitnah nach Antragstellung. Das sind die beiden Punkte, die tatsächlich im Interesse des Anwalts liegen. Und die durch die Vorgehensweise nach Merkblatt abgeblockt werden.

  • Mir geht es drum, dass der Betroffene den Antrag stellen können muss. Und dass eine Entscheidung über den Antrag nicht erst zusammen mit der Kostenentscheidung ergeht, sondern zeitnah nach Antragstellung. Das sind die beiden Punkte, die tatsächlich im Interesse des Anwalts liegen. Und die durch die Vorgehensweise nach Merkblatt abgeblockt werden.

    Der Bürger kann - grundsätzlich, insofern ist das "Belehrungsschreiben" Unsinn - den Antrag innerhalb der Frist des § 6 BerHG stellen, obwohl eine Beratung bereits stattgefunden hat. Nur wissen die wenigsten Bürger, worüber sie eigentlich beraten wurden. "Das kann Ihnen der Anwalt genau sagen" kommt als Antwort, und "die Unterlagen sind beim Anwalt". Schön für den Rechtspfleger.

    Der Antrag kann - und muss dies ohnehin wegen der Frist - durch den Anwalt auch nach Beratung zeitnah gestellt werden und es wird über diesen - sofern alle Unterlagen, die für eine Entscheidung nötig sind, vorliegen, auch zeitnah entschieden.
    Die Vergütungsfestsetzung hat rein gar nichts damit zu tun. Die sollte eigentlich erst viel später, wenn die Angelegenheit abgeschlossen ist, zur Debatte stehen.

    Will sagen:
    Sofern nachträglich durch den Bürger selbst Beratungshilfe beantragt wird, ist dies aus mehreren Gründen für alle Beteiligten misslich:
    1. Der Anwalt muss ohnehin prüfen, ob ein BerH-Mandat vorliegt - er benötigt also die entsprechenden Unterlagen zu Einkommen/Belastung. Für den Bürger ist es nicht nachvollziehbar, warum er diese dann zusätzlich zum Gericht schleppen soll. "Mein Anwalt hat Kopien".

    2. Der konkrete Beratungsgegenstand kann durch den Anwalt mühelos angegeben werden, für den Bürger ist dies oft nicht sooo einfach. Missverständnisse/Unklarheiten bei der Bezeichnung des Beratungshilfegegenstandes sind bei Antragstellung "über den Anwalt" vermeidbar.

    3. Auch sämtliche Unterlagen, den Beratungshilfegegenstand betreffend, befinden sich ohnehin "bei meinem Anwalt" und können somit nur umständlich vorgelegt werden; ehe ich also prüfen kann, was genau los ist, ist es Nacht.

    Es ist doch für die Frage, ob Beratungshilfe bewilligt wird oder nicht, völlig irrelevant, wer den Antrag stellt. Die schnellste Entscheidung kann durch vollständige Vorlage aller Unterlagen erreicht werden. Und dies ist erfahrungsgemäß bei nachträglicher Beantragung eher bei einer Antragstellung durch den Anwalt der Fall.

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