Verzicht RL bei Sperrvermerk / geringem Vermögen?

  • Hallo zusammen,

    bekomme vermehrt Akten auf den Tisch, in denen bei geringem Vermögen (kleine Rente, Sozialleistungen, lediglich Taschengeldkonto bei der Heimverwaltung etc.) auf eine RL verzichtet wurde und lediglich Kontoauszüge zum Ende d. Abrechnungszeitraumes vorgelegt wurden. In eingen Akten finde ich sogar den Vermerk: "keine RL, da Sperrvermerk, vgl. Bl. xxx".
    Da ich erst seit kurzer Zeit Betreuung mache muss sich seit meiner Ausbildung die Verfahrensweise geändert haben oder aber mein/e Vorgänger/in haat absoluten "Freestyle" gemacht...:confused::gruebel:
    Wenn ich jetzt RL'en anfordere, kann ich mich vor Begeisterung vor allem von d. ehrenamtl. Betreuern kaum retten :ironie:, "schließlich habe man das noch nie machen müssen und überhaupt...".

    Naja, jedenfalls würde mich mal interessieren, wie ihr in solchen Fällen verfahren würdet...

  • Nach der reinen Lehre gibt es keinen Verzicht durch das Betreuungsgericht auf Rechnungslegung. Sie ist alljährlich einzureichen.
    Allerdings kann nach § 1840 Abs. 3 BGB, nachdem die erste Rechnungslegung eingereicht worden ist, angeordnet werden, dass die Rechnung für längere, höchstens dreijährige Zeitabschnitte zu legen ist.

    Die Praxis sieht anders aus. Bei nur geringfügigen Einkünften und keinem Vermögen merke ich persönlich nichts und lasse mir mit dem Bericht eine Kopie des Sparbuches nebst Ausgabenbelegen einreichen.

    Ein geschäftsunfähiger Betreuter kann sowieso nicht, ein geschäftsfähiger kann nicht auf RL verzichten (OLG Hamm FamRZ, 89, 665, OLG München Beschluss vom 06.10.2005 - 33 Wx 171/05 (Rechtspfleger Heft 2/2006) -

  • Na ja, wenn die Betreuten nur Taschengeld vom Sozialamt bekommen, reichen die Betreuer halt die Taschengeldliste vom Heim ein. Mehr geht ja nicht.

    Ansonsten ist es halt so, wenn z.B. ein Betreuter nur 214,00 € Grundsicherung erhält und noch bei Mutti im Haushalt lebt. Dann reicht das Geld doch weder vorne noch hinten. Dann teilt mir die Mutti, meistens auch Betreuerin, oder halt ein anderer Betreuer mit, dass das Geld für den Lebensunterhalt ausgegeben worden ist und dann ist das für mich ausreichend. Zum Leben reicht das eh nicht.
    Das lasse ich auch bei kleinen Renten oder anderes geringes Einkommen gelten. Ich nenne das eine sogenannte vereinfachte Rechnungslegung. z.B. 500 Rente, davon 300 € Miete und 200 € Lebenshaltungskosten (ca 50,00 € die Woche).
    Die Betreuer teilen mir halt nur mit, wie das Geld verwendet wird, wobei mir " für denLebensunterhalt" allgemein ausreicht. Die Kontoauszüge werden ja überprüft, so das man auch alles nachvollziehen kann.

  • Mich haben schon ein paar Betreuer angerufen, warum ich denn jetzt "auf einmal" eine RL anfordern würde. Gerade die Berufsbetreuer wissen aber eigentlich, dass sie hierzu verpflichtet sind... und dass ein Rechtspfleger "freestylet" (schöner Begriff ^^) und ein anderer sich wieder eng am Gesetzeswortlaut entlangbeißt ist auch nichts Ungewöhnliches. Ich möchte mir nicht hinterher vorwerfen lassen "Hätte das Gericht mal geprüft", selbst wenn geringes oder gar kein Vermögen vorhanden ist.

  • Na ja, wenn die Betreuten nur Taschengeld vom Sozialamt bekommen, reichen die Betreuer halt die Taschengeldliste vom Heim ein. Mehr geht ja nicht.

    Ansonsten ist es halt so, wenn z.B. ein Betreuter nur 214,00 € Grundsicherung erhält und noch bei Mutti im Haushalt lebt. Dann reicht das Geld doch weder vorne noch hinten. Dann teilt mir die Mutti, meistens auch Betreuerin, oder halt ein anderer Betreuer mit, dass das Geld für den Lebensunterhalt ausgegeben worden ist und dann ist das für mich ausreichend. Zum Leben reicht das eh nicht.



    so handhabe ich es auch. auch, wenn bei einem heimbewohner, dessen heimkosten vom bezirk getragen werden, nur ein sparkonto vorhanden ist, auf dem jährlich zinsen gutgeschrieben werden und von dem die AOK-befreiung gezahlt wird. da reicht mir eine sparbuchkopie.

    sobald ein girokonto da ist, auf dem die rente eingeht und an das heim weitergeleitet wird, bestehe ich allerdings auch auf eine abrechnung.

  • Ich fordere immer die Rechnungslegung an.
    Wenn wirklich nur versperrt angelegtes Vermögen und / oder das Barbetragskonto in der Einrichtung vorhanden ist, reicht mir dann auch die Vermögensaufstellung und der Nachweis des Sparbuchs und des Barbetragskontos.
    Aber einen Prüfvermerk gibt es auch dann.

    Ich mache keine Fehler ... ich erschaffe kleine Katastrophen.

  • Ich fordere immer die Rechnungslegung an.
    Wenn wirklich nur versperrt angelegtes Vermögen und / oder das Barbetragskonto in der Einrichtung vorhanden ist, reicht mir dann auch die Vermögensaufstellung und der Nachweis des Sparbuchs und des Barbetragskontos.
    Aber einen Prüfvermerk gibt es auch dann.




    ebenso

  • Ich fordere immer die Rechnungslegung an.
    Wenn wirklich nur versperrt angelegtes Vermögen und / oder das Barbetragskonto in der Einrichtung vorhanden ist, reicht mir dann auch die Vermögensaufstellung und der Nachweis des Sparbuchs und des Barbetragskontos.
    Aber einen Prüfvermerk gibt es auch dann.




    ebenso



    isch ooch

  • Auf einer Rechnungslegungsanleitung steht:

    "Ist dem Betreuer nur ein Teil der Vermögensverwaltung übertragen (z.B. Rentenverwaltung), so erstreckt sich die Abrechnung nur auf die Renten. Wird die Rente in voller Höhe für den Lebensunterhalt verwendet, ohne dass Einsparungen möglich sind, so ist eine förmliche Abrechnung nicht erforderlich. Es genügt die Versicherung des Betreuers, dass die eingegangenen Renten in voller Höhe für die Lebenshaltung verbraucht wurden. Doch soll der Betreuer mitteilen, welche Renten und in welcher Höhe solche gewährt werden. "

  • Das wäre mir allerdings zu dünn. Es gibt auch Renten im tausender-Bereich, die für Lebenshaltungskosten draufgehen (können), aber da möchte ich doch lieber die Belege sehen und mich nicht auf blaue Augen verlassen.


  • "Zum Leben reicht das eh nicht.
    Das lasse ich auch bei kleinen Renten oder anderes geringes Einkommen gelten. Ich nenne das eine sogenannte vereinfachte Rechnungslegung. z.B. 500 Rente, davon 300 € Miete und 200 € Lebenshaltungskosten (ca 50,00 € die Woche).
    Die Betreuer teilen mir halt nur mit, wie das Geld verwendet wird, wobei mir " für denLebensunterhalt" allgemein ausreicht. Die Kontoauszüge werden ja überprüft, so das man auch alles nachvollziehen kann.



    Dem schließe ich mich AUSDRÜCKLICH an - Gru-si, Hartz IV, kleine Renten reichen für Lebensunterhalt und Rechnungslegung (vollständige Kontoauszüge) bei Ehrenamtlern m.E. auch im Einzelfall mal ganz entbehrlich.
    Wenn ich nach Jahren für den aufopfernden Bruder o.ä. jetzt strikte Re-le anfordere bei Gru-si (weil mir die Entscheidung des vorherigen "Freestyle" Kollegen nicht gefällt), schmeißt der Betreuer ob eines so plötzlichen Sinneswandels (der ihm ja aus seiner Sicht unterstellt, er hätte es jahrelang trotz Billigung bisheriger Sachbearbeiter nicht richtig gemacht) nicht selten das Handtuch - armer Betreuter.

  • :gruebel: Wo seht ihr hier die Grenzen? Geringes Einkommen?
    Ich habe jetzt einen Betreuten der hat ca 600,00 € Arbeitslosengeld ab und zu mal zwischendurch einen 1,- € Job, er bezahlt für seine Wohnung (Miete, Strom) jeden Monat 450,00 € und hat ca 200,00 € für den Lebensunterhalt. Mehr hat er nicht. Was prüft ihr da?

  • Dann frage ich mal gleich hinterher: Verzichtet Ihr bei diesen Voraussetzungen von Anfang an auf Rechnungslegung?

    Ich habe jetzt von einer Mitarbeiterin erfahren, dass sie bei geringer Rente/geringem Verdienst (Miete/Lebensunterhalt=Geld verbraucht) oder bei Hartz IV-Empfängern von vornherein auf Rechnungslegung verzichtet und diese erst gar nicht anfordert. Das macht natürlich bedeutend weniger Arbeit....

    Was haltet ihr davon?

  • Wie bereits gesagt: bei geringen Einkünften übersehe ich die grundsätzliche RL-Pflicht. Sicher kann ein böswilliger Betreuer dies ausnutzen und für sich Abzweigungen vornehmen. Das Risiko nehme ich in Kauf, zumal man ja seine Betreuer kennt und ihre Integrität einzuschätzen weiß.
    Wo die Grenze liegt, bei der ich RL-Pflicht als gegeben bemerke: Bauchgefühl (Einkommenshöhe, Miete, Unterhaltsansprüche der Familienmitglieder, Tilgungsleistungen etc. spielen eine Rolle).


  • Wo die Grenze liegt, bei der ich RL-Pflicht als gegeben bemerke: Bauchgefühl (Einkommenshöhe, Miete, Unterhaltsansprüche der Familienmitglieder, Tilgungsleistungen etc. spielen eine Rolle).



    Bei Ehrenamtlern wird das Bauchgefühl auch manchmal im Verpflichtungsgespräch noch verstärkt... quasi als "letzten Schubs", wenn man auf der Kippe steht zwischen Anfordern und Nicht Anfordern.

  • Also, ich forderte erstmal RL an, wenn ich dann einen bösen Brief bekam : "Brauchte ich nie ..." lud ich mir die Betreuer ein. Dann habe ich einen Eindruck und habe in einigen Fällen die "einfache" RL gelten lassen. Wie oben bereits geschildert - Bauchgefühl. Bei einigen wurde dann auch noch verschärfter die Augen aufgehalten.

  • Zu Beginn der Betreuung ist ja eine Vermögensübersicht mit Belegen einzureichen. Diese wird anständig geprüft, sodann wird bei uns entschieden, ob die Rechnungslegung oder die sogenannte "vereinfachte" Rechnungslegung (Vermögensverzeichnis, Kopie Sparbücher, Girokonto - und Taschengeldkontoauszüge für das gesamte Berichtsjahr) angeordnet wird.

    Bei dem Bericht mit der "vereinfachten" oder förmlichen Rechnungslegung ist dann wiederum ersichtlich, ob das eine erforderlich oder das andere ausreichend ist. Bei uns gibt es zur Prüfung der beiden verschiedenen Arten von Rechnungslegung auch gesonderte Vordrucke. Der eine endet in einem Prüfungsvermerk (förmliche RL), beim anderen wird lediglich festgestellt, dass die Prüfung erfolgt ist und sich keine Beanstandungen ergeben haben nebst Vermerk, dass auch im kommenden Berichtsjahr eine förmliche RL nicht nötig ist.

    Wenn ich sehe, dass auf einmal Konten und Sparbücher mit höherem Vermögen vorhanden sind, dann ordne ich wieder die förmliche Rechnungslegung an. In den Fällen, wo bestimmte Konten im Vermögensverzeichnis erst nicht aufgeführt waren, aber schon bestanden, fordere ich für den vergangenen Zeitraum noch eine Abrechnung an.

    Rechnungslegung an sich (in welcher Form auch immer) erfordere ich in allen Akten. So sieht das schließlich der Gesetzgeber vor.

  • Ich störe mich an dem Begriff "Rechnungslegung anordnen".

    In § 1840 BGB ist geregelt, dass Rechnung zu legen ist. Da bedarf es keiner Anordnung. Es wird auch kein Unterschied gemacht zwischen Klein- und Großvermögen bzw. entsprechend unterschiedlichen Einkünften.
    Die Pflicht besteht kraft Gesetzes.
    Ich persönlich übersehe contra legem bei offensichtlicher Bauchnabelschau die entsprechende Pflicht.

  • In der Bestimmung des Rechnungsjahres sehe ich eine Anordnung, daher verwende ich den Begriff.

    Das die Pflicht kraft Gesetzes besteht, war schon meinem vorhergehenden Beitrag (letzter Satz) - wenn auch zugegebenermaßen nicht ausdrücklich - zu entnehmen.

    Dein letzter Satz gefällt mir. :D

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