Hallo ,
und noch ein weiteres interessantes, aber kniffliges Thema. Gehört ins Betreuungsrecht wegen betreuungsgerichtlicher Genehmigung, ist aber auch interessant für die NachlassexpertInnen.
Zum Sachverhalt:
Betreuter ist einziger Sohn seiner verstorbenen Mutter, die einen Nachlass von ca. 100.000 € (Immobilie) hinterlässt. Betreuter erhält für seinen Heimaufenthalt seit mehr als 10 Jahren Sozialhilfe.
Betreuter ist einziger Sohn seiner verstorbenen Mutter, die einen Nachlass von ca. 100.000 € (Immobilie) hinterlässt. Betreuter erhält für seinen Heimaufenthalt seit mehr als 10 Jahren Sozialhilfe.
Erbrechtliche Situation:
Die Eltern haben anno 1970 ein handschriftliches Ehegattentestament gemacht mit gegenseitiger Erbeinsetzung und Einsetzung des Sohnes als Schlusserben. Der Schlusserbfall liegt jetzt vor. Es gibt keine Abänderungsbefugnis im Testament.
Die Eltern haben anno 1970 ein handschriftliches Ehegattentestament gemacht mit gegenseitiger Erbeinsetzung und Einsetzung des Sohnes als Schlusserben. Der Schlusserbfall liegt jetzt vor. Es gibt keine Abänderungsbefugnis im Testament.
Nach dem Tod des Vaters hat die Mutter 2011 ein notarielles Behindertentestament verfasst, wonach der Sohn nur noch 3/5 unter Anordnung der Nacherbfolge etc. erhalten soll. Wegen der Bindungswirkung des Ehegattentestaments ist das notarielle Testament aber unwirksam.
Der Betreuer hat nun form- und fristgerecht die Erbschaft des Betreuten aus dem Ehegattentestament ausgeschlagen, dafür aber die Erbschaft aus dem notariellen Testament angenommen.
Antrag auf Genehmigung ist gestellt. Ziel: Das Alleinerbrecht des Betreuten hätte Regress der Sozialhilfeverwaltung zur Folge, während beim Behindertentestament die Sozialhilfeverwaltung ausgebremst wäre.
Unabhängig von der Beurteilung der moralischen Aspekte dieses Vorgehens (Sittenwidrigkeit? OLG Stuttgart 25.06.2011 und OLG Hamm 16.07.2009 sagen "ja"; BGH 19.10.2011 sagt "nein") habe ich Probleme mit dem erbrechtlichen Hintergrund. Sprich: Was ist die Folge der Erbausschlagung?
Der Nachlassrichter hat mich wissen lassen, dass für den Fall des Wirksamwerdens der Erbausschlagung (durch meine Genehmigung) ein Erbschein auf der Grundlage des notariellen Testaments erteilt werden könnte "in analoger Anwendung von § 1948 Abs. 2 BGB". Das unwirksame Testament würde somit nach dieser Auffassung neu aufleben und der Betreute könnte unter Anordnung der Nacherbfolge 3/5 erben und aus den Erträge immer wieder Einzelzuwendungen bekommen. Die Sozialhilfe hätte das nachsehen.
Und darauf zielt meine Frage ab: Ist das wirklich so? Kann ein wegen der Bindungswirkung grundsätzlich unwirksames Testament durch eine Erbausschlagung und Wegfall des Testamentserben rückwirkend wirksam werden?
Ich hätte eigentlich gedacht, dass der Betreute dann immer noch gesetzlicher Erbe wäre, oder nicht?
Wo ist mein Denkfehler?