Freibetrag bei Pfändung nach § 850f II ZPO, Berücksichtigung Wohnkosten

  • Hallo zusammen,

    ich habe eine Frage zur Festsetzung des pfandfreien Betrags bei einer Pfändung nach § 850f II ZPO bei einem alleinstehenden, nicht unterhaltspflichtigen Sozialleistungsbezieher (Bürgergeld oder Grundsicherung). Wie wird hier der pfandfreie Betrag festgelegt? Bei einem Bürgergeld- oder Grundsicherungsempfänger ist ja nicht klar, ob die Miete direkt vom Amt an den Vermieter gezahlt wird oder ob der Schuldner selber die Leistung für die Miete erhält und diese selber weiterleitet.

    Wenn der Gläubiger bei der Beantragung des Pfüb sagt, die Miete werde bei einem Sozialleistungsbezieher direkt vom Amt überwiesen (ohne konkreten) Nachweis, der Schuldner aber sehr wohl die Miete selber erhält und an den Vermieter weiterleitet, würde dem Schuldner die Miete ja fehlen und er könnte diese nur verspätet zahlen. Würde mehrfach ein Pfüb auf dieser Grundlage erlassen, wäre das Mietverhältnis des Schuldners in Gefahr wegen mehrfach verspäteter Mietzahlung.

    Wie regelt ihr das und wie substantiiert müsste der Gläubiger darlegen, dass der Schuldner die Miete nicht selber erhält, sondern direkt vom Amt an den Vermieter gezahlt wird?

  • Ich meine, Grundsicherung und Bürgergeld können nur direkt beim Leistungserbringer, d.h. JobCenter und Sozialamt, nicht gepfändet werden. Auf dem Konto des Leistungsempfängers möglicherweise schon.

    Manche Hilfeempfänger bekommen die Miete direkt vom Sozialamt an den Vermieter gezahlt, so dass nach 850f II der pfandfreie Betrag dann ja nur der Regelsatz (aktuell ca. 560 Euro) wäre.

    Müsste das bei Erlass des Pfüb vom Vollstreckungsgericht geprüft werden? Der Hilfeempfänger stünde sonst ohne Möglichkeit der pünktlichen Mietzahlung da, wenn er selber die Miete vom Sozialamt erhält und eigenverantwortlich überweist. Dass der Hilfeempfänger eigenverantwortlich die Miete an den Vermieter weiterleitet, ist eigentlich der Regelfall, die Direktzahlung durch das Sozialamt an den Vermieter die Ausnahme.

  • Konto hat ja erstmal nichts mit § 850f ZPO zu tun, sondern vielmehr mit § 906 ZPO.

    Das Gericht hat bei seiner Entscheidung nur den Sachvortrag des Gläubigers.

    Ob der Auskehrfristen des § 835 Abs. 3 ZPO dürfte es einem Schuldner unproblematisch möglich sein, den Freibetrag im Erinnerungswege anpassen zu lassen, bevor Gelder abfließen.

    Hat ein Gläubiger wegen seiner Forderung bereits ein Pfandrecht beim Drittschuldner erlangt, mangelt es einer erneuten Pfändung dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis.

  • Heißt also, der Mieter würde nur ein einziges Mal verspätet Miete zahlen müssen, falls ihm die Miete kurz vor Fälligkeit zu Unrecht gepfändet würde? Der Pfüb ins Konto bliebe also bestehen?

  • Queen Wobei das Konto durch den PfüB ja schon mal dicht wäre. Wenn das kurz vor dem Abgang der Miete wäre, hätte der Schuldner ja schon ein Problem, da er die Mittel für die Miete ja nicht so schnell freigegeben bekommt.

    Wenn der Gläubiger jeden Monat einen neuen PfüB ausbringt, wo der Freibetrag durch unzutreffende Angaben des Gläubigers objektiv zu niedrig ist und nicht seinem Existenzminimum entspricht, hätte der Schuldner ja schon ein Problem.

    Vertraut das Gericht denn ohne weiteres den Angaben des Gläubigers?

    Dann könnte man, wenn man einen Sozialhilfeempfänger im Rahmen von 850f II ZPO pfändet, als Gläubiger ja immer angeben (auch wenn das i.d.R. unzutreffend ist), dass die Miete vom Amt direkt an den Vermieter geht und der pfandfreie Betrag nur der Regelsatz (ohne Kosten der Unterkunft) ist.

  • da er die Mittel für die Miete ja nicht so schnell freigegeben bekommt.

    Das Gericht könnte die Miete durchaus als einstweilige Anordnung freigeben (§906 III Nr. 2 ZPO). Dazu wäre ich persönlich auch bereit, wenn mir der Schuldner nachweisen kann, dass die Angabe des Gläubigers falsch war (was eigentlich nicht so schwierig sein sollte) und die Zeit drängt.

    Wenn der Gläubiger jeden Monat einen neuen PfüB ausbringt, wo der Freibetrag durch unzutreffende Angaben des Gläubigers objektiv zu niedrig ist und nicht seinem Existenzminimum entspricht, hätte der Schuldner ja schon ein Problem.

    Mehr als einmal wird das wohl nicht funktionieren. Das Gericht wird sich im Zweifel an die Einwände des Schuldners vom letzten Mal erinnern können. Das ist ja keine alltägliche Situation, die man sofort wieder vergisst.

    Vertraut das Gericht denn ohne weiteres den Angaben des Gläubigers?

    Es müsste schon substantiiert dargelegt werden, dass der Schuldner die Miete nicht selber zahlt. Die reine Behauptung würde mir nicht reichen. Ich wüsste zudem schon gerne woher der Gläubiger dies wissen will.

    Dann könnte man, wenn man einen Sozialhilfeempfänger im Rahmen von 850f II ZPO pfändet, als Gläubiger ja immer angeben (auch wenn das i.d.R. unzutreffend ist), dass die Miete vom Amt direkt an den Vermieter geht und der pfandfreie Betrag nur der Regelsatz (ohne Kosten der Unterkunft) ist.

    Da könnte man darüber nachdenken, ob das schon ein versuchter Betrug ist.

  • Hmmm....bei einer Kontenpfändung sollte sich das Problem aber doch eigentlich nicht stellen, oder? Der Schuldner kann doch innerhalb von 4 Wochen nach zugestellter Pfändung das Konto in ein P-Konto umwandeln, womit sich doch der Freibetrag auf 1.402,28 € erhöht. Damit sollte doch die Miete abgesichert sein.

  • Ich frage mich bei der gesamten Konstellation dieses Falls, ob hier nicht schon eine nicht gestattete Rechtsberatung erfolgt. :confused:

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    Zum Zeitpunkt des Postens war ich all meiner 5 Sinne (Stumpfsinn, Schwachsinn, Wahnsinn, Irrsinn und Unsinn) mächtig.

  • Sehe ich auch so. Ich frage mich außerdem, welche Ausbildung ein "Anwaltsmitarbeiter" durchläuft. Eine offizielle Berufsbezeichnung ist das auf jeden Fall nicht.

    »Die zehn Gebote sind deswegen so kurz und logisch, weil sie ohne Mitwirkung von Juristen zustandegekommen sind.«
    Charles de Gaulle (1890 − 1970)

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