Unterhaltsfestsetzung und KindUG

  • Kai (02.02.2005)

    Ich muss mich wegen Zuständigkeitswechsels leider mit einem leidigen FH-Verfahren herumschlagen:

    Der Generalbundesanwalt (nach Auslandsunterhaltsgesetz) beantragt Mitte 2002 PKH für ein FH-Verfahren und reicht für den Fall der PKH-Bewilligung einen Festsetzungsantragsentwurf ein. Der Titel aus 1996 lautet nur auf Zahlung des Regelunterhalts ohne Bezifferung. Der Unterhalt soll beziffert und auf Prozentsätze umgestellt werden.
    Aufgrund zahlreicher Umstände wird PKH erst nach dem 30.06.2003 bewilligt, die Klage also auch erst dann anhängig.

    Das OLG Naumburg hat in den Gründen seines Beschlusses vom 29.07.03 ausgeführt:

    "Das Rechtsmittel ist auch begründet, ob aus den vorgetragen Gründen kann dahingestellt bleiben, denn für die Umstellung des ursprünglichen Vollstreckungstitels aus dem Jahre 1996 fehlt seit dem 01.07.2003 eine gesetzliche Grundlage.

    Der Gesetzgeber hat mit dem KindUG die Möglichkeit geschaffen, sog statische, d.h. auf einen Betrag lautende Unterhaltstitel in dynamische Titel und auch die Kindergeldanrechnung an die neue Rechtslage (vgl. § 1612 b Abs. 5 BGB) anzupassen. Diese Möglichkeit hat er aber befristet vom 01.07.1998 bis zum 30.06.2003. Denn Artikel 8 Absatz 2 KindUG bestimmt, dass Artikel 5 §§ 2, 3 und 4 des KindUG am 01.07.2003 außer Kraft treten. Da eine gesetzliche Grundlage für die angefochtene und nicht rechtskräftige Entscheidung fehlt, war auf das Rechtsmittel hin der Beschluss aufzuheben und der ihm zugrundeliegende Antrag abzuweisen."

    Das AG Wilhelmshaven (JAmt 04, 214) hat gegenteilig argumentiert.

    Ich habe leider versehentlich nur den Antrag auf Umstellung auf Prozentsätze zurückgewiesen und muss jetzt noch über den Antrag auf Bezifferung des Regelbetrages entscheiden. M.E. ist jedoch eine Bezifferung eines Titels gem. §§ 642, 642 a ZPO aF auch bei rechtzeitiger Antragstellung nicht mehr möglich, da es die entsprechende Übergangsvorschrift Art. 5 § 3 KindUG nicht mehr gibt. Der ANtragsteller ist auf die Abänderungklage des § 323 ZPO zu verweisen.

    Rätselhaft bleibt, warum der Generalbundesanwalt den Hauptantrag nicht gleich anhängig gemacht hat, zumal nach § 9 AUG in jedem Fall PKH bewilligt werden muss.

    Gibt es Erfahrungen zum außerkraft getretenen Art. 5 § 3 KindUG?


    Ulf (02.02.2005)

    Hallo Kai!

    Grundsätzlich empfehle ich zum Themenkreis vereinfachtes Unterhaltsfestsetzungsverfahren und Titelumstellung immer gern den Aufsatz von Harald Vogel in FPR 2002, 628 ff (zu finden in beck-online), mit dem schönen Titel "Aktuelle Rechtsfragen zu den (einstufigen) vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger". Der enthält auch einige Ausführungen zu Umstellungen von Alttiteln und Übergangsvorschriften. Ob der aber für Dein sehr spezielles Problem eine Lösung bietet, kann ich nicht sagen. Es gibt Tage, da hab ich sowas nicht!


    Kai (02.02.2005)

    Hallo Ulf,

    danke für den Hinweis auf den Aufsatz. Sehr interessant, löst jedoch mein Problem nicht. Damit die Sache vom Tisch kommt, habe ich jetzt einfach zurückgeweisen bzw. nicht abgeholfen, in der Erwartung, dass mir das OLG was über die Rübe gibt. Leider ist die Sache schon einmal beim OLG gewesen und dem AG um die Ohren gehauen worden. Insofern sollte der zweite Versuch, beim OLG durchzukommen, eigentlich sitzen.
    Ich werde berichten.


    Ulf (02.02.2005)

    Na, dann sind wir mal gespannt... [Blockierte Grafik: http://images.forum.onetwomax.de/images/i18.gif

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Das HansOLG hat zwar noch nicht entschieden, aber seine vorläufige Rechtsauffassung kundgetan.

    Auch das HansOLG geht unter Bezugnahme auf die von mir zitierte Rechtsprechung davon aus, dass nach dem 01.07.2003 eine Umstellung von Alttiteln auf einen Prozentsatz der Regelbetragsverordnung nicht mehr möglich ist, selbst wenn der Antrag rechtzeitig eingegangen ist. Die Rechtsgrundlage für die Umstellung sei ab 01.07.2003 entfallen; die Übergangsvorschriften der Art. 5 §§ 2 und 3 KindUG seien bereits Übergangsvorschriften gewesen.

    Die Auffassung des AG Wilhelmshaven vermöge nicht zu überzeugen. Die von diesem Gericht angestellten Billigkeitserwägungen könnten die fehlende Rechtsgrundlage für die Umstellung nicht ersetzen.

    Das AG Wilhelmshaven hatte argumentiert, dass ein rechtzeitiger gestellter Antrag für eine Umstellung aureiche. Der Antragsteller habe keinen Einfluss auf eine ggf. schleppende Bearbeitung durch das Gericht über den 30.06.2003 hinaus; alles andere sei ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip.

  • Aufgrund der vom OLG mitgeteilten Rechtsauffassung hat der Generalbundesanwalt seine Beschwerde zurückgenommen.

    Damit sagt auch das OLG Hamburg, dass eine Umstellung von Alttiteln ab dem 01.07.2003 selbst dann nicht mehr möglich ist, wenn der Antrag auf Umstellung vor dem 30.06.2003 gestellt wurde.

  • Gleiches gilt dann auch für die noch anhängigen Verfahren nach Art. 4 § 2 Unterhaltstitelanpassungsgesetz i.V.m. § 655 ZPO. Dieses ist Möglichkeit der Abänderung der Kindergeldanrechnung aufgrund der Änderung des § 1612b Abs. 5 BGB (keine Anrechnung von Kindergeld, wenn nicht 135% Unterhalt gezahlt wird).

    Das Unterhaltstitelanpassungsgesetz tritt am 01.01.2006 außer Kraft. Abänderungsbeschlüsse müssen damit spätestens am 31.12.05 aus dem Geschäftsbereich des Gerichts gelangt sein (Ab - Vermerk der Geschäftsstelle). § 655 ZPO bleibt aber selbstverständlich erhalten, auch wenn dieser Paragraph nahezu bedeutungslos geworden ist.

  • Auf die sofortige Beschwerde gegen die Abänderung eines Alttitels über den Unterhalt eines minderjährigen Kindes im vereinfachten Verfahren ist der ange-fochtene Beschluss bei einer Entscheidung nach dem 30. Juni 2003 nicht schon deshalb aufzuheben, weil diese Vorschrift nach Art. 8 KindUG mit diesem Tage außer Kraft getreten ist.


    Ein Antrag des Kindes auf Abänderung eines Alttitels über seinen Unterhalt für die Zeit seiner Minderjährigkeit wird nicht dadurch unzulässig, dass das Kind nach Antragstellung, aber vor der Entscheidung darüber volljährig wird.

    [URL='http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechts…z=1&Blank=1.pdf']BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 258/03[/URL]

    Quelle: Amtshaftung (#15)

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