Vergütung des Umgangspflegers bei fehlerhafter Bestellung

  • In einem von mir übernommenen Fall der Umgangspflegschaft hat jetzt "mein" Vertreter der Staatskasse genauso wie in #57 argumentiert.

    Das Abgabegericht hat in meinem Fall die Verpflichtung des Umgangspflegers verpennt.
    Laut Vertreter der Staatskasse ist aber die Vergütung nebst Auslagen für 2009 i.H. von ca. 5.500,- EUR auszuzahlen bzw. frühere Auszahlungen sind wegen des Grundsatzes von Treu und Glauben nicht zurückzufordern.

    Na ja , wenn selbst die Staatskasse das so sieht, dann kann man sich die Verpflichtung des Pflegers ja künftig gleich sparen.:mad:



    Bei uns gibt es OLG-Rechtsprechung, die die Verpflichtung als Vorrausetzung sieht und dies umfassend begründet. In Bbg. ist das Thema gegessen. Ohne Vpfl. keine Kohle!

    How can I sleep with Your voice in my head?

  • Zu dem Thema "Vergütungsanspruch vor Bestellung" vgl. auch den Aufsatz von Keuter in FamRZ 2010, S. 1955 ff.

    Teilweise aber mit gewöhnungsbedürftigem Fazit:

    So wird die schriftliche Verpflichtung anstelle der persönlichen analog §§ 1791 a,1791 b BGB u. § 289 I S. 2 FamFG für zulässig gehalten.
    Auch für zulässig gehalten wird eine einmalige Verpflichtung mit gleichzeitiger Bestallung für alle zukünftigen Fälle :eek:.

    Und falls das alles nicht fruchtet, steht dem beruflichen Ergänzungspfleger ( was auch dann beim Umgangspfleger gilt ) auf jeden Fall ein Vergütungsanspruch nach dem Grundsatz von Treu u. Glauben zu.
    Quasi also immer, so dass man sich die Verpflichtung auch gleich sparen könnte.:gruebel:

  • Ich habe schon hier

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post670171

    geschrieben, was ich von diesem Aufsatz (und den ähnlichen Ausführungen Keuters in in NJW 2010, 1851) halte - nämlich nichts.

    Außerdem hat das OLG Stuttgart

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post677054

    bereits entschieden, dass es auch unter Geltung des FamFG beim Erfordernis der persönlichen Verpflichtung des Pflegers nach § 1789 BGB verbleibt.

  • Typischer Fall wieder von heute morgen :

    Umgangspflegerin wird heute am 11.07.12 per Handabklatschen :abklatschverpflichtet.

    Laut Endentscheidung des Abteilungsrichters soll jedoch bereits der erste Umgangstermin vom 07.07.12 von ihr begleitet werden .

    Ich hole mir deswegen für solche Fälle inzwischen eine dienstliche Stellungnahme des Richters ein , dass die Pflegerin den Auftrag des Gerichts hat, vor Verpflichtung tätig zu werden.
    Dies löst m.E. wenigstens einen Vergütungsanspruch nach Treu und Glauben aus.
    Streng genommen ergibt sich der Auftrag des Gerichts auch aus der Entscheidung selbst , sodass im Zweifel auch auf den Aktenvermerk verzichtet werden könnte.:gruebel:

    Ich versichere mich da aber im Hinblick auf den Vertreter der Staatskasse lieber ab.

    Einmal editiert, zuletzt von Steinkauz (11. Juli 2012 um 11:24) aus folgendem Grund: Schreibschwäche vor der Mittagspause

  • Den Bestelmeyer :) muss ich mir echt mal reinziehen.

    Ohne ihn gelesen zu haben, hoffe ich , dass meine Vorgehensweise gestützt wird.:hoffebete

  • Zusammenfassung in Kürze:

    - Pflegerverpflichtung weiterhin nur nach § 1789 BGB;
    - § 1789 BGB auch bei Erweiterung des ursprünglichen Wirkungskreises;
    - Vergütung nur ab wirksamer Verpflichtung;
    - Kein Vergütungsanspruch für die Zeit vorher nach Treu und Glauben;
    - Für diese früheren Zeiten: Amtshaftung in Höhe der Vergütung, die der Pfleger erhalten hätte, wäre er wirksam verpflichtet worden.
    - Hinweise für die Koordination Richter/Rechtspfleger.

  • Ich erinnere aber daran, dass auch das nur ein Aufsatz und damit die persönliche Meinung eines Einzelnen ist, und auch daran, wieviele Meinungen in Aufsätzen hier schon (sehr oft auch berechtigt) scharf kritisiert wurden (nur wenn ich mal allein an den Fall denke, dass es im Genehmigungsverfahren ausreichen soll eine Verfahrensbeistand statt eines Ergänzungspflegers zu bestellen).
    Auch hier muss man dem Bestelmeyer nicht in jeder Hinsicht folgen.

  • Ich erinnere aber daran, dass auch das nur ein Aufsatz und damit die persönliche Meinung eines Einzelnen ist, und auch daran, wieviele Meinungen in Aufsätzen hier schon (sehr oft auch berechtigt) scharf kritisiert wurden (nur wenn ich mal allein an den Fall denke, dass es im Genehmigungsverfahren ausreichen soll eine Verfahrensbeistand statt eines Ergänzungspflegers zu bestellen).
    Auch hier muss man dem Bestelmeyer nicht in jeder Hinsicht folgen.

    Das ist natürlich zutreffend.

    Wenn man die Abhandlung liest, wird man aber feststellen, dass der Autor hier der ganz einhelligen Rechtsprechung folgt und sich lediglich vehement gegen "neue Strömungen" wendet, die sowohl diese Rechtsprechung als auch das Gesetz mit leichter Hand vom Tisch wischen wollen, nur weil es angeblich zu zeitaufwendig ist, das Gesetz zu beachten. Das geht sogar so weit, dass nicht nur einer bloßen schriftlichen Verpflichtung, sondern auch einer absolut unzulässigen und unwirksamen "Vorratsverpflichtung" des Pflegers für alle künftige Pflegschaftsfälle das Wort geredet wird.

    Die Vergütungsfrage hinsichtlich des Grundsatzes von Treu und Glauben ist auch in der Rechtsprechung nicht umumstritten. Hier vertritt der Autor die klare Linie "Bist Du nicht Pfleger, gibt es auch keine Pflegervergütung". Dann bleibt aber aus naheliegenden Gründen nur die Amtshaftung.

  • Wenn man die Vergütung nach Treu und Glauben durch Amtshaftung ersetzen will, setzt dies nach meinem Verständnis Verschulden bei einer "Amtsperson" voraus.
    Und dieses müsste auch bei #64 erst mal gegeben sein.

    Ansonsten liegen wir wohl ( mit cromwell ) nur bei der Vergütungsfrage und nicht bei der notwendigen Verpflichtung in jedem Einzelfall auseinander.
    Es steht für mich ( seit meiner Ausbildung vor 28 Jahren ) außer Frage, dass es weder eine schriftliche noch eine Vorratsverpflichtung geben kann.

  • Wenn der Richter möchte, dass der von ihm bestellte Pfleger sofort tätig wird, muss er ihn selbst i.S. des § 1789 BGB verpflichten oder er muss mit dem weiteren Verfahren zuwarten, bis der Rechtspfleger verpflichtet hat. Auch zu diesem Punkt finden sich Ausführungen in der besagen Abhandlung.

  • Ich bin leider erst heute dazu gekommen, den Aufsatz von Bestelmeyer mal zu lesen. Allerdings sind die Argumente von Keuter in der im Anschluss abgedruckten Erwiderung auch nicht ganz von der Hand zu weisen, insbeondere was die Einstufung von § 1789 BGB Satz 2 als Sollvorschrift betrifft.

    In meinem Umfeld spielen diese Auffassungen allerdings kaum eine Rolle, da ich in eigenen Rechtspflegersachen die Verpflichtung ohnehin immer nur (ausschließlich) persönlich vornehme, es meist ohnehin nur mit ehrenamtlichen Vormündern und Pflegern zu tun habe, die das das erste Mal machen, andererseits in Richtersachen für schriftliche Bestellungen jegliche EDV-Textprodukte fehlen (Schreiben des Gerichts, Antwortschreiben = schriftliche Annahme des Verpflichtungsaktes) und somit diese Variante ohnehin kaum in Betracht kommt. Da bleiben nur 2 Varianten: Der E-Pfleger ist im Termin dabei und kann gleich vom Richter verpflichtet werden (wäre für mich am optimalsten, da dann sowohl Richter als auch E-Pfleger nicht viel mehr als einen Satz sagen müssen und das auch nur ganz kurz im Protokoll erwähnt werden müsste) oder man macht den Umweg über mich, was bei uns regelmäßig der Fall ist, weil mir dann auch offen gelassen wird, welchen E-Pfleger ich auswählen will. Dies trifft bei uns überwiegend für Abstammungssachen zu.

    Allerdings ist es schon etwas abenteuerlich, wenn Bestelmeyer aus der Verwendung der Wortgruppe "der Vormundschaft" statt "den Vormundschaften" schlussfolgert, dass eine Vorratsbestellung bei Berufsvormündern/pflegern nicht möglich ist. Ich kann mir kaum vorstellen, dass diejenigen, die den Gesetzestext so zu Papier gebracht haben, sich sowas dabei gedacht haben. Um dies zu untermauern, hätten wenigstens die Gesetzgebungsmaterialien herangezogen werden müssen. Insoweit müssen der Anwalt, der hier in Abstammungssachen regelmäßig als E-Pfleger bestellt wird, und ich jedes Mal aufs Neue den Kopf schütteln, wenn er zur "Bestellung" hier erscheinen muss und erscheint, was regelmäßig nur noch darin besteht, "dass er mal zum Unterschreiben des Verpflichtungsprotokolls vorbei kommt". Ob eine solche Bürokratie der Gesetzgeber tatsächlich gewollt hat, mag durchaus bezweifelt werden.

    Man werfe im Übrigen mal einen Blick auf § 160 FamFG, in manchen Fällen "ist anzuhören", in anderen "soll angehört werden" - wenn das alles völlig identisch wäre, könnte man sich die Unterscheidung sparen. Das nur mal nebenbei in Ergänzung zu den Ausführungen von Keuter hinsichtlich 1789 als Sollvorschrift.

  • Dass § 1789 S.2 BGB nur eine Sollvorschrift ist, betrifft nur den dort genannnten "Handschlag an Eides Statt", sodass die Verpflichtung auch wirksam ist, wenn der genannte "Handschlag" unterbleibt (MüKo/Wagenitz § 1789 Rn. 10). Der springende Punkt ist demnach, dass die Sollvorschrift des § 1789 S. 2 BGB die persönliche Anwesenheit des zu Verpflichtenden bereits als materielles Wirksamkeitserfordernis der Verpflichtung voraussetzt, weil ein "Handschlag" aus naheliegenden Gründen nur persönlich und nicht auf dem Schriftwege erfolgen kann.

    Der Wortlaut des § 1789 S.1 BGB ("der Vormundschaft" = Einzahl, nicht Mehrzahl!), ist im Übrigen durchaus von Bedeutung, weil das Gesetz vom Leitbild der Einzelvormundschaft ausgeht. Demzufolge muss in jedem Verfahren neu verpflichtet werden, auch wenn dieselbse Person mehrere Vormundschaften oder Pflegschaften führt. Demzufolge ist eine "Vorratsverpflichtung" oder gar eine lediglich schriftliche Vorratsverpflichtung unzulässig und unwirksam, soweit sich die Verpflichtung auf künftige Fälle bezieht.

    Im Prinzip ist es ganz einfach: Der Gesetzgeber hat § 1789 BGB im Zuge des Inkrafttretens des FamFG nicht geändert und deshalb bleibt insoweit alles beim alten. Das mag einem (Keuter) gefallen oder auch nicht, aber es ist eben so.

  • Tag zusammen,

    muss mich aufgrund eines aktuellen Falls auch mal an diesen etwas älteren Thread anhängen:

    Hier wurde die Umgangspflegerin in 2. Instanz bestellt (Berufsmäßigkeit wurde festgestellt), eine Verpflichtung fand allerdings nicht statt. Den Vergütungsantrag hat die Umfangspflegerin zunächst an das AG geschickt, das AG hat den Antrag mangels Verpflichtung zurückgewiesen. Die Umgangspflegerin wendet sich nun an die 2. Instanz und meint, sie sei ja von dieser und nicht vom AG bestellt worden, daher sei die Zurückweisung unerheblich und vom der 2. Instanz wurde ihr angeblich gesagt, es bedarf keiner Verpflichtung, sie könne direkt arbeiten. Das AG hat noch am Tag der Zurückweisung die Umgangspflegerin persönlich (ex nunc) verpflichtet, d.h. für die Zukunft nun unproblematisch.

    Nun habe ich den (vom AG zurückgewiesenen) Vergütungsantrag (vor Verpflichtung durch das AG) auf dem Tisch und frage mich was tun - auszahlen wg. Treu und Glauben etc. oder auch zurückweisen, da mangels Verpflichtung auch keine Vergütung? :gruebel:

  • Über den Vergütungsantrag wurde durch das sachlich zuständige Amtsgericht als Familiengericht entschieden. Damit besteht kein Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag gegenüber dem OLG, das überdies für die Vergütungsfestsetzung des Umgangspflegers nie zuständig war.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Bei Berufsmäßigkeit darf ich die Kenntnis, daß die Verpflichtung erforderlich ist, voraussetzen. Das darf daher als Lehrgeld angesehen werden. Ansonsten wie Patweazle.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

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