Spielsucht als Versagungsgrund ?

  • Kann Spielsucht das Vorliegen des Tatbestandes § 290 I Nr. 4 InsO ausschließen bzw. „schuldmindernd wirken? Hat jemand vielleicht ne Kommentarstelle? Ahrens/Kothe bejaht dies (§ 290 Rn.36), allerdings ohne weitere große Ausführungen.

    Das weitere Problem wäre die Glaubhaftmachung. Eine Bezugnahme auf Akten bzw. parallel laufende Verfahren ist ja nicht zulässig iSd. § 294 ZPO. Eine einfaches ärtzliches Attest, das „Spielsucht" bescheinigt, dürfte wohl nicht ausreichen.

    Zu denken wäre vielleicht noch die Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung über das parallel laufende Strafverfahren wegen Betruges zu beantragen, in dem Anzeichen für eine Einstellung bestehen. Ist so was hier überhaupt möglich?

  • Wenn kein Verschulden oberhalb der Grenze leichter Fahrlässigkeit vorliegt, kommt eine Versagung der RSB über § 290 I Nr. 4 nicht in Betracht. Ob bzw. wann ein das Verschulden ausschließender Grund vorliegt, dürfte überwiegend einzelfallabhängig zu beurteilen sein, weil Verschulden nun mal subjektiver Tatbestand ist.

    Die Glaubhaftmachungslast trifft ja zunächst mal den Gläubiger im Hinblick auf den Versagungsgrund, § 290 II.

    Das weitere Verfahren sieht dann nach wohl h.M. (vgl. Uhlenbruck/Vallender, § 290 Rz. 86 f.) so aus, dass der Schuldner die Gelegenheit zur Gegenglaubhaftmachung hat. Erschüttert er die Glaubhaftmachung des Antragstellers oder macht das Gegenteil glaubhaft, ist der Versagungsantrag abzuweisen. Da das Gericht sich zwar auf die dargelegten und offenkundigen Tatsachen zu beschränken, im Rahmen dessen aber von Amts wegen alle Erkenntnis- und Beweismöglichkeiten auszuschöpfen hat, denke ich, dass formale Aspekte hinsichtlich der Mittel der (Gegen-)Glaubhaftmachung keine allzu große Rolle spielen können.

  • Ich danke dir, Chick!

    Soweit klar. Es handelt sich um ein schriftliches Verfahren, insofern sind m.E nur folgende Beweismittel zulässig:

    Urkunden in Kopie
    eidesstattliche Versicherung(en)

    Gutachter etc. sowie Zeugen scheiden mangels Präsenz im schriftl. Verfahren aus. Deren Aussagen wären ebenso nur mittels eV einführbar.

    Sofern auf andere Akten Bezug genommen wird, wären die entsprechenden Akten zu kopieren und einzureichen. Eine Bezugnahme auf diese oder die beantragte "Beiziehung" ist iRd. § 294 ZPO nicht ausreichend.

  • Ich danke dir, Chick!

    Soweit klar. Es handelt sich um ein schriftliches Verfahren, insofern sind m.E nur folgende Beweismittel zulässig:

    Urkunden in Kopie
    eidesstattliche Versicherung(en)

    Gutachter etc. sowie Zeugen scheiden mangels Präsenz im schriftl. Verfahren aus. Deren Aussagen wären ebenso nur mittels eV einführbar.

    Sofern auf andere Akten Bezug genommen wird, wären die entsprechenden Akten zu kopieren und einzureichen. Eine Bezugnahme auf diese oder die beantragte "Beiziehung" ist iRd. § 294 ZPO nicht ausreichend.



  • Weitere Infos unter http://www.rauschfaktor.de


    Wer vorstehend beschriebenes Handeln unter § 290 Nr. 4 InsO subsumieren will, muss Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit glaubhaft machen.

    Auch oder gerade der Jurist sollte nicht jedes Argument verwenden, das möglich ist, sondern nur jene, die im Spiegel der Jurist morgen noch ansehen kann.

  • Zu denken wäre vielleicht noch die Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung über das parallel laufende Strafverfahren wegen Betruges zu beantragen, in dem Anzeichen für eine Einstellung bestehen. Ist so was hier überhaupt möglich?

    Darauf ging bis dato noch niemand ein.

    Meinen Dank auch an dich, Inti! Ich bin kein Rechtspfleger und möchte das Beste für den Schuldner in diesem Falle. Wenn der Gute seine Spielsucht eidesstattlich versichert und das alles ist, wird der Richter ihm die Restschuld dennoch versagen. Da wird ohne ärztliches Attest nichts gehen. Wie gesagt, vielleicht findet sich in diesem Forum einer von Euch, der solch einen ähnlichen Fall mal hatte. Oder auch ein Rechtspfleger, welcher damit schon konfrontiert wurde.

    Ansonsten nochmals DANKE !!!!!

    :2danke

  • Zur rechtlichen Fragestellung kann ich leider nichts beitragen. Hinsichtlich der Spielsucht würde ich dringend empfehlen, dass sich KLient in entsprechende Therapie begiebt. Es gibt hierzu (wenige) spezialisierte Suchtberatungsstellen. Für einen akut Spielsüchtigen würde ich keinen Inso-Antrag stellen, da weitere Schulden vorprogrammiert sind. Sollte dies im vorliegenden Fall auch so sein, wäre ein Scheitern/Rücknahme des jetzigen Antrags durchaus überlegenswert um sich die Option für einen Neuantrag nach (erfolgreicher) Therapie offen zu halten.

  • Es gibt hierzu (wenige) spezialisierte Suchtberatungsstellen.



    .. die allein noch nicht helfen. Es gibt in Deutschland die eine oder andere Klinik, die sich auf so etwas spezialisiert hat. Daneben gibt es einen Fachverband, der einem die notwenigen Adressen besorgen kann.

    Ich betreue selbst eine Suchtklinik (ALOHOL:karnevali), wer eine Adresse braucht, kann mir ja eine PN senden.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Zur rechtlichen Fragestellung kann ich leider nichts beitragen. Hinsichtlich der Spielsucht würde ich dringend empfehlen, dass sich KLient in entsprechende Therapie begiebt. Es gibt hierzu (wenige) spezialisierte Suchtberatungsstellen. Für einen akut Spielsüchtigen würde ich keinen Inso-Antrag stellen, da weitere Schulden vorprogrammiert sind. Sollte dies im vorliegenden Fall auch so sein, wäre ein Scheitern/Rücknahme des jetzigen Antrags durchaus überlegenswert um sich die Option für einen Neuantrag nach (erfolgreicher) Therapie offen zu halten.

    :laola :laola :laola :zustimm: Merci für dieses wichtige Posting!

  • Zur rechtlichen Fragestellung kann ich leider nichts beitragen. Hinsichtlich der Spielsucht würde ich dringend empfehlen, dass sich KLient in entsprechende Therapie begiebt. Es gibt hierzu (wenige) spezialisierte Suchtberatungsstellen. Für einen akut Spielsüchtigen würde ich keinen Inso-Antrag stellen, da weitere Schulden vorprogrammiert sind. Sollte dies im vorliegenden Fall auch so sein, wäre ein Scheitern/Rücknahme des jetzigen Antrags durchaus überlegenswert um sich die Option für einen Neuantrag nach (erfolgreicher) Therapie offen zu halten.

    Danke ! Oder wir hoffen auf einen milden Richter, der den Versagungsantrag abschmettet. Wäre wohl besser, wenn Schlusstermin bereits war. Nichts zu tun ist fatal.

  • Ein milder Richter ist nicht gefragt, denn § 290 InsO läßt einem solchen keinen Spielraum beim "Strafmaß". Hier ist die Frage: Tatbestand glaubhaft gemacht oder nicht; falls ja = Versagung der RSB.

    Der Schuldner (und sein Anwalt) können die Glaubmachung natürlich erschüttern; tun Sie dies = Nicht-Versagung der RSB.

    Da die Spielschulden wohl kaum erschüttert werden können, kann man sich voll und ganz auf 2 Dinge konzentrieren: Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit.

    Gläubigerantrag lesen, diesen als dilettantisch zurückweisen (Glaubhaftmachung ist i.d.R. ungenügend) und gut ist. Sollte Gläubigerantrag wider Erwarten etwas taugen, Spielsucht belegen und damit Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit ausschließen.

    Damit ist der Tatbestand des § 290 InsO nicht erfüllt; ergo keine Rechtsfolge.

    Wozu braucht man dann einen milden Richter?

    Recht bekommen ist doch kein Lotteriespiel!

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