Wahrheitsgemäße Aussagen- Beratungshilfe notwendig

  • So, um die nerven der Kollegen im anderen bereich zu schonen:

    Gerit und ich sind uns uneins, ob im Ermittlungsverfahren BerH zu bewilliogen ist oder nicht.

    Ich habe mich dabei wohl etwas unglücklich ausgedrückt:
    Fall: Bürger kommt und will BerH, weil er zur Zeugenvernehmung/ Aussage / Anhörung bei der Polizei muß.

    Das ist der klassische Fall.

    Ich sehe hier zunächst keine Veranlassung für einen Rechtsanwalt, da ich der Meinung bin, über allgemeine Rechte/Pflichten kann und muß die Polizei belehren. Diese Aufgabe hat sie wie jede andere Behörde. Natürlich kann und darf sie nicht sagen, wie sich jemand zu verhalten hat. Aber für solche einfachen Anhörungen nach Belehrung der Rechte/Pflichten braucht es m.E. keinen RA!

    Wie seht ihr das ?

  • In dem Fall habe ich den Bürger immer gesagt, dass er bei der Polizei nichts sagen muß, es aber auch sinnvoll sein kann eine ehrliche Aussage zu machen, wenn einem der Tatvorwurf aufgrund der Beweislage (Zeugen) ohnehin nachgewiesen werden kann . . .

    Kann mich nicht erinner, dass ich zum einen viele solche Fälle hatte, zum anderen dafür schon Beratungshilfe bewilligt hätte . . . vielleicht aber doch schon . . . sind halt schon 8 Jahre ;)

  • Ich geb durchaus auch im Ermittlungsverfahren BerH; ich sag den Leuten dass sie einmal eine Beratung in der Strafangelegenheit bekommen können - wenn sie diese im Ermittlungsverfahren bereits nutzen ist es ihre Entscheidung.

    Mir ist es egal wann ich bewillige.

  • Ich finde wir leben in einem Rechtstaat wo man der Polizei vertrauen kann. Diese ist verpflichtet über Rechte und Pflichten wahrheitsgemäß Auskunft zu geben. Sie dürfen selbstverständlich keine Verhaltensempfehlungen geben, sondern nur allg. Hinweise rechtl. Art.
    Für eine einfache "Befragung" eines Zeugen etc. oder Anhörungsbogen ( klassischer Fall ) sehe ich daher keinen Raum für BerH. Da würde jeder ( und ich kenne viele Beispiele ) der den RA selbst zahlen müßte, zunächst auch ohne RA zur Polizei gehen und seine Meinung darlegen, oder ?
    Im Übrigen finden sich in den wenigsten Akten Hinweise, dass Zeugen/ Beschuldigter etc. bei einer einfachen Anhörung bereits beim RA war!

  • Danke für den Thread Diabolo.

    Das Problem sehe ich in der Wirklichkeit des dt. Strafverfahrens. Selbst Staatsanwälte und höhrerrangige Polizeibeamte äußern sich teilweise abwertend über manche Polizisten.

    Da ich früher unbedingt Strafverteidigerin werden wollte, habe ich einige Praktika bei der Polizei gemacht. Außerdem habe ich parallel sieben Jahre bei einem Strafverteidiger gearbeitet, der früher selbst Kripo-Beamter war. Und einige Erfahrungen hat man ja auch privat.

    Protokolliert werden Aussagen sinngemäß, von intellektuell Höherstehenden und Berufsverbrechern abgesehen, bekommt der Bürger oft nicht mit, was ihm da in den Mund gelegt wird. Von einer einmal getätigten Aussage wieder wegzukommen, ist extrem schwer. Die Vernehmungen sind auch eher darauf angelegt, den Sachverhalt so festzuhalten, wie ihn die Polizei sich vorstellt. Mir als Profi ist es in Owi-Verfahren auch schon so gegangen, dass ich förmlich in eine Aussage gedrängt wurde und dann doch mehr gesagt habe, als ich wollte.

    Belehrungen? Klar sind die Beamten zu Belehrungen verpflichtet. Aber im Owi-Verfahren mit gleicher Thematik habe ich auch schon oft gehört :"Lesen und unterschreiben sie mal:" Das ersetzte die Belehrung vollständig. Und wer versteht die nach der StPO gestrickte schriftliche Belehrung.

    Letztendlich erhält auch nur der Verteidiger Akteneinsicht. Und ohne diese verrennt sich der Bürger meist mehr in die Sache, als das er sich mit einer Aussage entlasten kann.

  • Ich geb durchaus auch im Ermittlungsverfahren BerH; ich sag den Leuten dass sie einmal eine Beratung in der Strafangelegenheit bekommen können - wenn sie diese im Ermittlungsverfahren bereits nutzen ist es ihre Entscheidung.

    Mir ist es egal wann ich bewillige.



    Ich gebe ja auch, aber nicht grundsätzlich! Aber nicht für jeden Sachverhalt! Wenn ich der Meinung bin hier würde auch ein durchschnittlicher Dritter zum RA gehen, dann bewillige ich einen Rat ( wenn es keine anderen Möglichkeiten gibt).

  • Ich geb durchaus auch im Ermittlungsverfahren BerH; ich sag den Leuten dass sie einmal eine Beratung in der Strafangelegenheit bekommen können - wenn sie diese im Ermittlungsverfahren bereits nutzen ist es ihre Entscheidung.

    Mir ist es egal wann ich bewillige.



    Stimme zu! Bis vor ein paar Monaten habe ich in diesen Angelegenheiten auch keine Scheine erteilt, habe mich jedoch nach Besprechung mit unserem Strafrichter eines Besseren belehren lassen.




  • Aber es sind doch nicht alle Polizisten so. Ich habe ein gesundes Vertrauen in unseren Polizeiapparat! Das ist wie bei anderen Ämtern. Wie kann ich auf die Strasse gehen, wenn ich grundsätzlich davon augehe, die ( Polizisten ) machen ihren Job nicht ordentlich.

    Für einen Zeugen ( und das habe ich mit Wahrheitsagen gemeint ) brauche ich keine AE. Der sagt in aller Regel so und so habe ich das erlebt/gesehen!

  • Ich finde wir leben in einem Rechtstaat wo man der Polizei vertrauen kann.



    Es wäre schön, wenn das immer so wäre. Leider zeigt die Praxis, daß es genug Ausnahmen von dieser Regel gibt, um vorsichtig zu sein.

    In der Regel kann der Betroffene überhaupt nicht einschätzen, was die Polizei schon weiß und was nicht. Es macht also in den allermeisten Fällen Sinn, erst Akteneinsicht zu nehmen und dann eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Nur dann ist gewährleistet, daß alle relevanten Gesichtspunkte abgewogen werden können.
    Akteneinsicht ohne Anwalt gibt es aber nicht, und ein Gesamtbild bekommt der durchschnittliche Mandant ohnehin nicht.
    Im Zweifel wäre ich also für den Anwalt. Nein, ich mache kein Strafrecht (mehr) und würde auch nur zähneknirschend den Schein entgegennehmen...

  • Ich finde wir leben in einem Rechtstaat wo man der Polizei vertrauen kann.



    Es wäre schön, wenn das immer so wäre. Leider zeigt die Praxis, daß es genug Ausnahmen von dieser Regel gibt, um vorsichtig zu sein.

    In der Regel kann der Betroffene überhaupt nicht einschätzen, was die Polizei schon weiß und was nicht. Es macht also in den allermeisten Fällen Sinn, erst Akteneinsicht zu nehmen und dann eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Nur dann ist gewährleistet, daß alle relevanten Gesichtspunkte abgewogen werden können.




    Natürlich. Aber das betrifft doch nicht den Pippifax Anhörungsfragebogen der Polizei für Zeugen und Kleinsachen, oder ? Da habe ich fast nie erlebt, dass deswegen jemand bei der Polizei war! Wenn ich ein Schreiben erhalte "Sie werden beschuldigt...." , dann sage ich doch zunächst, dass ich das anders sehe oder wende mich an die Polizei und frage nach, was das für ein Sachverhalt ist und wie die auf mich kommen. Oder als Zeuge: dann gehe ich doch hin, mache meine Aussage und gut ist.

    Klar, wenn mir was ernshaftes vorgeworfen wird und/oder es sich nicht so erledigen lässt, kann man ja auch geben.

  • Ich spreche hier ausschließlich von Beschuldigten, Zeugen brauchen m.E. nur sehr sehr selten einen Anwalt.

    Hinsichtlich der Qualität der Polizeiarbeit weiß ich, dass die Beamten unter widrigsten Bedingungen jeden Tag ihre Mann bzw. ihre Frau stehen müssen. Die Arbeit möchte ich nicht machen.

    Aber Polizisten haben eine Belastungstendenz. Dass die Staatsanwaltschaft (und die Polizei als ihre Hilfsbeamten) gemäß dem gesetzlichen Auftrag auch entlastende Tatsachen ermitteln, kommt selten bis nie vor.

    Im Übrigen O-Ton Beamter Polizeipräsidium (bei Begrüßung zu meinem Praktikum):

    Die Kriminalpolizei kann etwas und bemüht sich. Bei den anderen schauen sie bitte nicht so genau hin (die Schupo betreibt aber die Masse der Aufklärung von Kleinstkrimminalität).

    O-Ton Staatsanwalt (wirklich super Strafverfolger und Freund von mir):
    Die deutsche Polizei fängt nur die Verbrecher, die noch dümmer sind als sie. Und das sind grad mal noch 5 Prozent der dt. Bevölkerung. Er stand da nicht alleine und die selbe Erfahrung habe ich auch öfters gemacht.

  • Zeugen bekommen bei mir keine Beratungshilfe (hat aber bisher nur einer beantragt. Und der war auch nur bei mir, weil er die Worte "Ladung zur Vernehmung als Zeuge" nicht verstanden hat und dachte, es ginge gegen ihn).

    Beschuldigte bekommen gewöhnlich einen Schein. Aber auch wenn es nicht ausdrücklich geregelt wäre, würde ich nur die Beratung vergüten. Eine Vertretung ist gewöhnlich nicht nötig.
    Es gibt einen guten Grund, warum man nicht für sämtliche Kinkerlitzchen einen Pflichtverteidiger bekommt.

  • Ich hatte einen konkreten Fall. Da habe ich verweigert, aber auf eine kostenlose Beratungsstunde des Anwaltsvefreins verwiesen. Ist auch ne Möglichkeit und da es bei Rat zu bleiben hat .......

  • Wenn ich ein Schreiben erhalte "Sie werden beschuldigt...." , dann sage ich doch zunächst, dass ich das anders sehe



    Und damit hast Du schon verloren. Denn Du kannst sicher sein, dass sich jede Äußerung in der Akte wiederfindet. Und sei es als Gesprächsnotiz.

  • @ S.H.:

    So habe ich das auch nicht gemeint, aber in vielen Fällen ist es so und Du kannst überhaupt nicht einschätzen, ob es so ist.

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