Zitat von hiro Zitat von advocatus diaboli<snip>
Die Erwartungshaltung, was man da für 15 € alles beantwortet kriegen möchte, ist teilweise unglaublich. Unglaublich sind allerdings auch der Umstand, daß sich letztlich fast immer ein RA findet, der eine Antwort schreibt, und mitunter auch die Antworten selbst - den bisher größten Kracher fand ich die Behauptung, daß falsche Angaben eines Beschuldigten zu seinen Einkommensverhältnissen strafbar seien.
Ich bin kein Strafrechtler und hab da auch wenig Ahnung, aber mal ganz blöd gefragt: So doof hört sich das gar nicht an ... Die Höhe eines Tagessatzes bemißt sich doch nach dem Einkommen des Beschuldigten/Verurteilten, und wenn der da lügt, fällt die Geldstrafe doch geringer aus. Das kann ja nicht rechtens sein, wie man so schön zu sagen pflegt ... oder???
Die Pflichtangaben ergeben sich aus § 111 I OWiG, wobei "Beruf" nur die Berufsbezeichnung meint, aber nicht den Verdienst. Das Aussageverweigerungsrecht erstreckt sich auch auf strafzumessungsrelevante Tatsachen, und dazu gehören auch die für die TS-Höhe relevanten Angaben.
Im Vordruck für Beschuldigtenvernehmungen, den die Polizei in NRW benutzt, stehen das Einkommen (und noch ein paar Sachen, die letztlich auch Fragen zur Person sind) unter einem Hinweis, daß ab dieser Stelle für alles weitere die Beschuldigtenbelehrung erforderlich ist. Da machen dann auch tatsächlich relativ wenig Leute Angaben.
Die unter Strafrichtern durchaus verbreitete Praxis, den Angeklagten bereits bei der Vernehmung zur Person nach dem Einkommen zu befragen, ist strenggenommen falsch. Theoretisch kann man dann ein Rechtsmittel damit begründen, daß der Angeklagte ohne vorherige Belehrung das Einkommen angegeben hat, bei Belehrung diesbezgl. geschwiegen hätte und dann bei Schätzung (§ 40 III StGB) weniger herausgekommen wäre.
Letztlich wird in diesem Bereich wohl schon ziemlich viel gelogen, aber es ist eben niemand verpflichtet, hierzu Angaben zu machen. In bestimmten Fällen kann es durchaus vorteilhaft sein, keine Angaben zu machen und es auf die Schätzung ankommen zu lassen (oder einen nicht gänzlich unrealistischen Betrag X anzugeben). Das gilt m.E. etwa dann, wenn das Einkommen zu einem erheblichen Teil durch Faktoren wie Akkord- oder Schichtzulagen beeinflußt wird.
Es wäre ein Riesenaufwand, sowas im einzelnen zu untersuchen. Im Grunde müßte man dann eine Hausdurchsuchung mit dem Ziel des Auffindens der Lohnunterlagen machen. Dazu wird aber meines Wissens auch die Auffassung vertreten, daß das wiederum unverhältnismäßig ist.
Ein besonderes Problemfeld sind ALG-II-Empfänger einerseits und Geringverdiener andererseits. Bei ersteren wird die TS-Höhe häufig nur aus dem Regelsatz gebildet, während die Unterkunftskosten nicht berücksichtigt werden. In der zweiten Gruppe (z.B. Azubis) wird aber nichts abgezogen, d.h. der TS ist bei unter Umständen wirtschaftlich vergleichbaren Verhältnissen doppelt so hoch.