§ 850e Abs. 2 ZPO ?

  • Es wäre mir schon sehr geholfen, wenn mir jemand sagen könnte, dass ich nicht total daneben liege.



    Damit kann ich helfen, Du liegst nämlich genau richtig. Alles ist pfändbar weil es sich bei den ersten drei Renten um SGB-Leitungen handelt und bei der Betriebsrente um Arbeitseinkommen.

    Weil die unpfändbaren Beträge zunächst aus den Sozialgeldleistungen zu entnehmen sind, müssten die pfändbaren Beträge aus der Betriebsrente entnommen werden und nur wenn die nicht reicht aus einer der Renten. Das musst Du entsprechend anordnen (§ 850e Nr. 2a).

  • Ich hab auch noch was zu diesem Dauerbrenner:

    Jüngst erging eine Entscheidung, nach welcher der Treuhänder ihm zu Unrecht zugegangene, eigentlich unpfändbare Beträge nicht an die Gläubiger auszahlen darf und sogar persönlich haftet (nach § 280 BGB).

    Ich habe hier nen ähnlichen Fall: Schuldner übt im laufenden Verfahren zwei Jobs aus. Auf Antrag des Insolvenzverwalters werden diese zusammengerechnet. Dabei berücksichtigt der Arbeitgeber beide Einkommen voll, d.h. rechnet diese komplett zusammen und führt das daraus ergebende Einkommen nach der Pfändungstabelle an den Verwalter ab. Nach längerer Zeit kommt der Schuldner darauf, das zusätzliche Einkommen sei als „Überstunden“ nur hälftig zu berücksichtigen. Der Verwalter bestreitet dies. Es wird sodann beim Insolvenzgericht ein klarstellender Beschluss beantragt, der die Ansicht des Schuldners stützt.. „Es wird klargestellt, dass das Einkommen des bei Schuldners der XY GmbH bei der Zusammenrechnung nur hälftig zu berücksichtigen ist, § 850 a Nr. 1 ZPO“.

    Der Schuldner wendet sich nur an den Verwalter und fordert die Rückzahlung der im Laufe des Verfahrens zu Unrecht eingezogenen Beträge. Der verweigert die Herausgabe mit dem Argument, eine Überzahlung an die Masse sei nur für die Zeit nach der Zustellung des Beschlusses erfolgt. Erst damit sei der Insolvenzbeschlag "verringert" worden.

    Dürfte so nicht stimmen, da hier nur eine „Klarstellung“ erfolgte und der Arbeitgeber von sich aus das zweite Einkommen nur zur Hälfte zu berücksichtigen hat und eigentlich nochmals nachzahlen müsste. Haftet hier nun der Verwalter privat, wenn er die Beträge schon an die Gläubiger auszahlte?

  • Zunächst wäre wohl §§ 209 ff. InsO zu prüfen.

    Darüber hinaus liegt der Fehler wohl eindeutig beim Arbeitgeber. Hieraus eine persönliche Haftung des Treuhänders zu konstruieren, halte ich für verfehlt.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Dazu fällt mir die Entscheidung des OLG Celle hier rainermdvz # 3 ein, wonach der TH nicht verpflichtet ist zugunsten des Schuldners die erhaltenen Beträge zu überprüfen.

    Ich sehe da eher eine Haftund des Arbeitgebers, der offensichtlich die pfändbaren Beträge falsch berechnet hat.

  • Dazu fällt mir die Entscheidung des OLG Celle hier rainermdvz # 3 ein, wonach der TH nicht verpflichtet ist zugunsten des Schuldners die erhaltenen Beträge zu überprüfen.

    Ich sehe da eher eine Haftund des Arbeitgebers, der offensichtlich die pfändbaren Beträge falsch berechnet hat.




    Wie wäre es, wenn die Beträge noch in der Masse wären, der TH also noch nicht verteilt hätte ?
    :cool:

  • Wir haben hier in erster Linie ein "Versagen" des Arbeitgebers, den ich aber trotzdem in Schutz nehmen muss. Schließlich ist die Tatsache, dass Nebeneinkommen eines Vollbeschäftigten pfändungsrechtlich als Mehrarbeitseinkommen zu qualifizieren ist, auch vielen Rechtspflegern nicht bekannt.

    Dann kommen wir zu unserem leidigen Problem, dass der Arbeitgeber falsch berechnet und dadurch an den Falschen gezahlt hat. Er muss also an den Richtigen (seinen Arbeitnehmer) nochmals zahlen.

    Der Arbeitgeber hat dann aber seinerseits einen Anspruch gegen den, an den er Beträge überwiesen hat, die diesem nicht zustanden.

  • .

    Der Arbeitgeber hat dann aber seinerseits einen Anspruch gegen den, an den er Beträge überwiesen hat, die diesem nicht zustanden.




    Und insofern gehen wir den verkürzten Weg über den "Bereicherten", den Verwalter, wenn das Zeug noch auf Halde, auf dem Anderkonto liegt. Stimmts oder hab ich Recht ? :D


    Übrigens Hego, habe ich dir schon ein gutes Neues Jahr gewünscht? Wenn nicht, so soll mich der Teufel :teufel: holen !



  • Den Anspruch des Schuldners gegen den TH kannst Du nicht begründen. § 816 II BGB setzt voraus, dass die Zahlung an den Nichtberechtigten dem Berechtigten gegenüber wirksam ist. Aber das haben wir hier nicht, die Zahlung an den TH ist dem Schuldner gegenüber nicht wirksam, weil die Berechnung der unpfändbaren Beträge falsch ist.

    Allenfalls kann der (evtl. einsichtige:confused:) TH seine Nichtberechtigung einsehen (ist so etwas möglich :gruebel:???) und das Geld von sich aus, oder aufgrund Beschluss an den Schuldner weiterleiten.

    Weiß nicht mit dem neuen Jahr, ist schon so lang her, wenn nicht, wünsche ich es auch zurück....

  • Ich muss dieses Thema kurz vor dem Wochenende noch mal aufgreifen:

    Eröffnetes IN-Verfahren, Schuldnerin sowohl selbständig als freischaffende Künstlerin tätig als auch in Teilzeit abhängig beschäftigt.
    Sie bezieht
    a) aus abhängiger Beschäftigung monatlich 970,00 € netto und
    b) aus zwei Berufsunfähigkeitsrenten (aus Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung) einer schweizer Lebensversicherungs-AG jährlich insgesamt 9.134,00 €. Die BU-Renten werden vierteljährlich ausgezahlt (2.283,50 € pro Quartal, mithin rund 761,00 € pro Monat).
    Der IV beantragt nun Zusammenrechnung nach § 850 e ZPO.

    Wenn man in Einklang mit der BGH-Entscheidung vom 15.11.2007 (IX ZB 99/05) davon ausgeht, dass die BU-Rente Selbständiger nicht dem Pfändungsschutz der §§ 850 ff. ZPO unterliegt und somit voll pfändbar wäre, gäbe es für die Zusammenrechnung ja keinen Raum, oder? Dann unterlägen die BU-Renten voll dem Insolvenzbeschlag und würden voll in die Masse fallen und das Einkommen aus der abhängigen Beschäftigung verbleibt der Schuldnerin vollständig, da unter der Pfändungsgrenze.
    Oder habe ich da jetzt irgendwas vollkommen falsch verstanden? :confused:

    Wichtige Entscheidungen fällt man mit Schnick Schnack Schnuck

  • Zusammenrechenbar sind die Renten auf gar keinen Fall. Entweder ist die BU-Rente voll pändbar, weil sie, wie Du geschreiben hast, die eines Selbstständigen ist, oder sie ist unpfändbar, weil § 850b ZPO in § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO nicht genannt wurde.

    Bei einer Rente aus der gesetzlichen RV von 970,00 € hat der Schuldner sicherlich lange als AN gearbeitet. Hat der Schuldner die BU-Versicherung während dieser Zeit abgeschlossen und die Beiträge gezahlt, dann dürfte es sich wohl um eine Rente nach § 850b ZPO handelt.

    Es wäre also interessant zu wissen, wann die BU-Rente abgeschlossen und die Beiträge gezahlt wurden und wann die Selbstständigkeit begonnen hat.

  • Vorsorglich klarstellend zum Sachverhalt: Das unter a) genannte Einkommen von mtl. 970,00 € netto bezieht die Schuldnerin aus aktueller abhängiger Teilzeitbeschäftigung (insoweit keine Rente).

    Wichtige Entscheidungen fällt man mit Schnick Schnack Schnuck

  • Sorry, wer lesen kann ist klar im Vorteil.... :eek:

    Trotzdem stellt sich die Frage, ob es eine BU-Versicherung eines AN oder eines Selbstständigen ist.

  • Neues Problem zur Zusammenrechnung:

    Nach § 36 Abs. 1 S. 2 InsO gelten u. a. die §§ 850, 850a,

    850e ZPO im Insolvenzverfahren entsprechend. Damit können verschiedene Forderungen des Schuldners zusammengerechnet werden. Nach § 36 Abs. 4 InsO muss über die Zusammenrechnung im
    Insolvenzverfahren allerdings das Insolvenzgericht (neu) entscheiden. Fehlt eine solche Anordnung im Insolvenzbeschluss, führt dies zu der eigenartigen Konstellation, dass eine Zusammenrechnung aus einem vorhergehenden Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aufgrund des Vollstreckungsverbots des § 89 InsO im Insolvenzverfahren nicht zu beachten ist. Vielmehr wäre der bisher pfändbare Betrag an den Versicherten auszuzahlen.
    Dieses Ergebnis befremdet auf den ersten Blick, da das Insolvenzverfahren aus Sicht des Versicherten eigentlich das "strengere" Verfahren ist. Die InsO gibt aber nichts anderes her. Oder?

    Ergänzungsfrage: Wie wirkt denn der Zusammenrechnungsbeschluss des Insolvenzgerichtes..ex nunc oder ex tunc?

  • Mit der Unwirksamkeit der Pfändung wegen § 114 Abs. 3 InsO werden auch alle Ergänzungsbeschlüsse und die Zusammenrechnung kann nur durch das Insolvenzgericht neu angeordet werden und das dann natürlich nur für die Zukunft.

    BGH Urteil - IX ZR 118/07 - vom 10.07.2008



    Das bedeutet, dass sich der Schuldner bis zum Beschluss des Insolvenzgerichtes besser stellt. :mad:
    Kann ich nicht jedenfalls zwei Sozialleistungen des selben Drittschuldners (z.B. Altersrente und Witwenrente bei der Rentenversicherung) ohne Beschluss des Insolvenzgerichtes zusammenrechnen:confused:

    Und: Brauche ich nicht bei einer sich anschließenden Woglverhaltensphase erneut einen Zusammenrechnungsbeschluss des Insolvenzgerichtes :confused:

  • Ja, der Schuldner steht sich besser, aber das ist systembedingt so und nicht zu ändern.

    Werden mehrere Einkommen von einem Drittschuldner gezahlt, ist die Anordnung der Zusammenrechnung dieser mehreren Einkommen nicht erforderlich. Der Drittschuldner hat mehrere Einkommen ohne Anordnung des Vollstreckungsgerichts von sich aus zusammenzurechnen (Stöber, Rdn. 925). Dies gilt allerdings nur für Arbeitseinkommen. Für mehrere Renten dürfte meiner Meinung nach nichts anderes gelten. Zusammenrechnungsbeschlus macht meiner Meinung nach nur Sinn, wenn es verschiedene Drittschuldner sind.
    Ob eine erneute Zusammenrechnung (wenn es sich tatsächlich um zwei Drittschuldner handelt) für die Laufzeit der Abtretung erforderlich ist, ist umstritten.
    Meine Meinung dazu ist, dass eine Zusammenrechnung "in dem (Verbraucher-) Insolvenzverfahren" mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens ebenfalls unwirksam wird. Dies allein schon aus Gründen der Rechtssicherheit für die Beteiligten, insbesondere die Drittschuldner. Ist das Insolvenzverfahren aufgehoben, befindet sich der Schuldner in dem Restschuldbefreiungsverfahren. Somit ist es ein ganz neuer Verfahrensabschnitt, für den die Anordnung in dem Insolvenzverfahren nicht ohne weiteres anzuwenden ist.
    Der Gesetzgeber hat in verschiedenen §§ der Insolvenzordnung gesonderte Regelungen für das Verfahren und die WVP getrennt bestimmt.

    Z.B. steht in § 4 Abs. 2 letzter Satz InsO, dass die Stundung für jeden Verfahrensabschnitt besonders erfolgt.
    § 36 Abs. 4 InsO bestimmt die Zuständigkeit des Insolvenzgerichts über Entscheidungen, ob ein Gegenstand der ZV unterliegt, für die WVP gibt es in § 292 Abs. 1 InsO einen Verweis darauf.
    § 89 Abs. 1 InsO bestimmt das Vollstreckungsverbot von Insolvenzgläubigern während der Dauer des Verfahrens, § 294 Abs. 1 InsO dagegen für die WVP.
    Also warum soll man annehmen, dass eine Entscheidung in dem "Insolvenzverfahren" auch für das "Restschuldbefreiungsverfahren" gelten soll, wenn es nicht ausdrücklich bestimmt ist?
    Ich akzeptiere es aber (zähneknirschend) wenn das Insolvenzgericht bestimmt, dass der Beschluss aus dem Insolvenzverfahren auch für das Restschuldbefreiungsverfahren weiterhin anzuwenden ist.



  • Das klingt einleuchtend und ist sehr gut begründet.
    Hast Du denn schon einen Beschluss des Insolvenzgerichtes gesehen, in dem die Zusammenrechnung während des InsVerfahrens und der anschließenden WVP angeordnet wurde?
    Bekomme ich denn überhaupt für die WVP eine Zusammenrechnugsentscheidung des Insolvenzgerichtes? Sind die noch zuständig? Oder muss ich vielleicht mich ans Prozessgericht (Amts-/Landgericht) wenden?

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!