Dienstwohnung und Pfändung


  • Ich beschäftige mich seit einiger Zeit mit einem Problem:

    Der Schuldner bewohnt eine Dienstwohnung und mit dem Arbeitgeber wurde vereinbart (weil der AG das so will und übliche Praxis ist), dass die Miete von den monatlichen Bezügen einbehalten wird.

    Kommen nun nachfolgend Pfändungen oder wird das Insolvenzverfahren eröffnet stellt sich die Frage, wie die Einbehaltung der Miete im Verhältnis zu den Pfändungen oder dem IV zu sehen ist.

    Stöber schreibt dazu in Rdn. 1254:

    "Ist der Arbeitgeber zugleich der Vermieter seines Arbeitnehmers und hat er mit diesem vereinbart, dass die monatliche Miete vom Lohn einzubehalten ist, so ist diese Vereinbarung einem Gläubiger gegenüber, der später das Arbeitseinkommen pfändet, wirksam"

    und verweiset auf einen Beschluss des BAG - 2 AZR 56/57 - vom 01.08.1959 und die Anmerkung von Vollmer in AP Nr. 1 zu § 392 BGB.

    Irgendwie überzeugt mich das nicht so recht, weil in dem unpfändbaren Teil auch ein Anteil für Miete enthalten ist.

    Andererseits kann jeder Arbeitnehmer auch eine Abtretung zugunsten seines Vermieters machen und die geht dann auch den später folgenden Pfändungen im Rang vor (s. Stöber, Rdn. 1254a).

    Auch ist es üblich Abtretungen zur einer Hausfinanzierung zu machen, die nachfolgenden Pfändungen gegenüber ebenfalls vorrangig sind. Bei Finanzierungen über 80 % sind die Abtretungen für BSK sogar vom Bundesaufsichtsamt vorgeschrieben.

    Trotzdem habe ich damit ein kleines Problem. Wer kann mich beruhigen :(

  • Nicht wirklich Rainer, weil das auch in der Anmerkung von Vollkommer angesprochen worden ist.

    Ob ich nun von dem vollen Einkommen ausgehe oder das um die Miete verminderte Einkommen nehme und eine Zusammenrechnung mit Sachbezügen mache bleibt sich gleich.

    Auf jeden Fall habe ich eine aufrechnungsähnliche Vereinbarung (wie es das BAG gesagt hat) und die ginge der Pfändung im Rang vor.

    Wie würdest Du entscheiden, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet würde und ich würde sagen, dass zwar 50 € pfändbar sind, aber Gegenforderungen in Höhe von monatlich 400 € aus Mietzahlungen bestehen?

  • Damit hätte ich kein Problem, aber ich würde die Aufrechnung wegen der Miete entgegen halten:

    Aus dem Beschluss des BAG:



    "1. Ist der Arbeitgeber zugleich der Vermieter seines Arbeitnehmers und hat er mit diesem vereinbart, daß die allmonatliche Miete vom Lohn einzubehalten ist, so ist diese Vereinbarung einem später die Lohnforderung pfändenden Gläubiger gegenüber wirksam."

    und

    "Eine derartige Aufrechnungsvereinbarung ist bei der bestehenden Vertragsfreiheit zulässig. Sie wirkt auch grundsätzlich gegenüber später folgenden Pfändungsgläubigern."

  • Wäre die Miete nicht aus dem pfandfreien Betrag zu entnehmen, so dass der Pfändungsbetrag gar nicht von der ganzen Sache berührt wäre?
    Wenn der Schuldner die Miete per Überweisung zahlen müsste, würde er sie ja auch aus dem pfandfreien Betrag entnehmen:gruebel:

    Wir taumeln durch die Straßen, so als wären wir jung und schön.

  • Das ist grundätzlich richtig. Stöber und das BAG sehen es aber so, dass in der Vereinbarung über die Einbehaltung der Miete von dem Lohn eine abtretungsähnlihce Vereinbarung liegt und demzufolge nachfolgenden Pfändungen gegenüber vorrangig ist (s.o. # 1).

    Außerdem kann ich ja auch eine Abtretung an meinen Vermieter machen und die ist dann auch vorrangig vor nachfolgenden Pfändungen (s.o. #1).

  • Wäre die Miete nicht aus dem pfandfreien Betrag zu entnehmen, so dass der Pfändungsbetrag gar nicht von der ganzen Sache berührt wäre?
    Wenn der Schuldner die Miete per Überweisung zahlen müsste, würde er sie ja auch aus dem pfandfreien Betrag entnehmen:gruebel:




    Ich müsste doch eigentlich eher von einer Zahlung aus dem pfändbaren Betrag des Lohnes ausgehen wg. § 400 BGB, oder?

    Zumindest dürfte dies gelten, wenn dem Arbeitgeber eine Abtretungserklärung hinsichtlich der Miete vorliegt.

  • Eine Abtretung ist nur wirksam wenn der Betrag abtretbar ist (wie Du richtig auf § 400 BGB hinweist).

    Natürlich kann sie auch nur in der Höhe dem Pfändungsgläubiger entgegengehalten werden. Auch bei Unterhaltspfändungen könnte man die dem Unterhaltsgläubiger nur insofern entgegenhalten wie die Forderung auch pfändbar ist.

    Soweit die Miete über dem pfändbaren und abtretbaren Teil liegt, wird sie halt aus dem unpfändbaren Teil einbehalten. Aber der pfändbare Teil würde der Pfändung auf jeden Fall im Rang vorgehen.

  • Nach zitierter BAG-Rechtsprechung würde ich im Falle eines Falles auch dahingehend entscheiden, dass wegen dieser "abtretungsähnlichen Vereinbarung" die Miete zusätzlich zum pfandfreien Betrag gewährt wird. Allerdings bleibt da tasächlich ein "Geschmäckle" übrig.

    Einerseits könnten Arbeitgeber und schuldner ja tatsächlich eine "richtige" Abtretung vereinbaren - andererseits sind die übrigen Gläubiger, welche immerhin titulierte Forderungen haben, schon benachteiligt.

    Da wäre es dann mal an der Zeit, im Rechtsmittelweg eine neue Entscheidung herbeizuführen. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass dann diese fast ein halbes Jahrhundert alte BAG-Entscheidung kippt, schließlich war das aus einer Zeit, wo erstens die pfandfreien Beträge mit Sicherheit um Einiges niedriger waren und zweitens der Lohn vermutlich nicht so hoch, da der Arbeitgeber da vielleicht schon eine gewisse Mietersparnis im Vergleich Dienstwohnung-freie Wohnung berücksichtigt hat.

    Aber dann bliebe dem Arbeitgeber und dem Schuldner künftig immer noch, dass bei Beginn des Arbeitsverhältnisses bzw. bei Bezug der Dienstwohnung gleich eine Abtretung vereinbart wird.

  • Tja, das mit der Abtetung könnte der Arbeitgeber tatsächlich machen. Aber was ändert sich dann an der Rechtslage im Verhältnis zu den nachfolgend pfändenden Gläubiger? Gar nichts.

    Ob dem Pfändungsgläubiger nun eine Abtretung oder eine Aufrechnung im Rang vorgeht ist doch egal.

    Bliebe noch die Anfechtung durch den Gläubiger als Möglichkeit.

    Im Falle des Insolvenzverfahrens würde ich sogar im Interesse des Arbeitnehmers eine Entscheidung des IG akzeptieren. Im Falle der Pfändung würde ich das vielleicht nicht.:strecker

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