JosefStamm (29.03.2005)
Basiszins
Streit um Berechnung
5 % über Basiszinssatz und/oder 5 Prozentpunkte über Basiszinssatz der europ. Zentralbank
mehr darüber
http://www.justizforum.nrw.de/viewtopic.php?t=873
Durchaus ein Unterschied ob 1,27 (5 % über 1,21) oder 6,21 zu berechnen sind bei 1,21 als Basiszinssatz
Kai (29.03.2005)
Herr Stamm, willkommen im Forum. Da Sie mir schon als fleissiger Forenschreiber bekannt sind, hoffe ich natürlich auf viele Beiträge
Ich habe die Prozent'punkte' bis vor kurzem für eine sprachliche Spielerei gehalten, bis eine Mitkorrektorin in Kostenklausuren die Verzinsung mit '5 % Prozent...' moniert hat.
Dabei ist mir der Unterschied erstmals aufgefallen. Ich würde jedenfalls dann auch nur 1,27 % Zinsen zahlen.
Online-Zinsrechner: basiszinssatz.info
Josef Stamm (29.03.2005)
soll ja in manchem manuellen MB-Vordruck (Soldan - genauso falsch wie der ZWV-Kombi-Antrag!) auch noch fehlerhaft enthalten sein - und niemand merkt es.
dreizehn (29.03.2005)
Unser Bezirksrevisor hat sich einmal wie folgt dazu geäußert: Man sollte sich schon an die gesetzliche Vorgabe halten, da es durchaus Unterschiede geben kann bei der Berechnung. In der Kostenfestsetzung würde sich das z.B. jedoch nicht auswirken...?
Ich habe jedenfalls auch in der KF bislang immer die Formulierung "Prozentpunkte" verwendet.
Ulf (30.03.2005)
In der Theorie ja schön und gut! Aber was macht Ihr denn jetzt z.B. als Vollstreckungsorgan (bei Pfübs, als ZVG-Rpfl. oder im GBA) mit Titeln, die eben nicht "5 Prozentpunkte über Basiszins" sondern "5 % über Basiszins" aussprechen? Würdet Ihr dann tatsächlich die (vermutlich in 99 % der Fälle) falschen Zinsberechnungen der Gläubiger(vertreter) beanstanden??? Die würden wohl nicht schlecht gucken! Allerdings würde man dann wohl kaum noch einen Antrag auf Anhieb vom Tisch bekommen.
--> Mein Fazit:
Wenn ich selbst mal wieder in die Verlegenheit kommen sollte, einen Titel zu erlassen, werde ich auf den Unterschied in der Formulierung achten. Allerdings kann ich ja nicht mehr festsetzen, als vom Ast. beantragt worden ist. Steht im Antrag also auch nur "5% über Basiszins", setze ich auch nur diesen Zinssatz fest. Steht da was von Prozentpunkten oder ist der Antrag nicht völlig eindeutig, so würde ich zu meiner Sicherheit die Formulierung entsprechend dem Gesetzestext wählen.
Bei Vollstreckungshandlungen hingegen werde ich wohl allein deshalb keine Beanstandungen vornehmen und die Zinsen gemäß Forderungsaufstellung akzeptieren.
Kai (30.03.2005)
Quote:
ulf:
In der Theorie ja schön und gut! Aber was macht Ihr denn jetzt z.B. als Vollstreckungsorgan (bei Pfübs, als ZVG-Rpfl. oder im GBA) mit Titeln, die eben nicht "5 Prozentpunkte über Basiszins" sondern "5 % über Basiszins" aussprechen? Würdet Ihr dann tatsächlich die (vermutlich in 99 % der Fälle) falschen Zinsberechnungen der Gläubiger(vertreter) beanstanden???
Eigentlich bleibt einem nichts anderes übrig. M.E. heisst "5 % über" nicht "5 %punkte über".
Quote:
ulf:
Allerdings würde man dann wohl kaum noch einen Antrag auf Anhieb vom Tisch bekommen.
Das mag einen in der Tat praktisch daran hindern. Es ist aber doch gut, wenn man weiss, man man etwas nicht korrekt macht
Ulf (30.03.2005)
Quote:
Es ist aber doch gut, wenn man weiss, man man etwas nicht korrekt macht
Nun ja, kann man nix dran tun! Ich weiss, dass ich hier jeden Tag Dinge nicht ganz korrekt mache (vor allem in GB-Sachen). Sonst würde ich definitiv meine Akten nicht vom Tisch bekommen. Man muss halt das persönliche Risiko abwägen und für sich selbst eine Linie finden, die man mit gutem Gewissen sich selbst und anderen gegenüber vertreten kann.
dreizehn (30.03.2005)
Also, nur zur Klarstellung:
Im zivilen Kostenfestsetzungsbereich gibt es natürlich noch Antragsformulare, die einen Zinssatz von "5 % über..." beantragen. In diesen Fällen wandele ich auch nicht um in "5 %-Punkte...", weil das, wie schon angeführt, nicht dem gestellten Antrag entspricht. Wenn allgemein nur "Verzinsung" beantragt wird, dann nehme ich die Prozentpunkte. Es gibt sogar noch Fälle, wo Anwälte immer noch 4 % haben wollen. Auch dort ist des Anwalts Wille sein Himmelreich...
Ulf (30.03.2005)
Richtig 13! So sehe ich das auch!
JosefStamm (31.03.2005)
Ja, der Ausgangsfall ist praktische Realität.
Der Anwalt hat beantragt, fehlerhaft, tituliert ist antragsgem.
Nun aber zahlt der Schuldner, bei einer hohen Forderung und längerem Zeitraum ist die unterschiedliche Berechnung faktisch eine Differenz von fast 1200 €. Er zahlt aber nur den geringeren Betrag.
Und nun.
Vollstreckungsabwehrklage ist das Eine, doch wie verhält sich der GV vor Ort und richtig?
Ulf (31.03.2005)
Nun ja, der Schuldner muss m.E. nur das zahlen, was tituliert ist. Und wenn der Schuldner den GV darauf aufmerksam macht, hat der GV wohl keine andere Möglichkeit, als das so zu akzeptieren.
Kai (01.04.2005)
Wir liegen mit unserer Diskussion offenbar nicht ganz daneben. Auch unter den Gelehrten gibt es schon Streit darüber:
Hartmann in NJW 04, 1358:
Er ist der Auffassung, dass 5 % über Basiszins eben nicht mit 5 Prozentpunkten über Bsiszins identisch sei.
Dies seien sprachlich keine identsichen Begriffe. Beide würden eine Veränderung darstellen. Die Bezugröße sei jedoch unterschiedlich: Prozent beziehe sich auf den Zinssatz selbst; Prozentpunkte jedoch auf die Veränderung als absolute Größe. Der Begriff Prozentpunkt drücke die Veränderung als Differenz aus, während der Begriff Prozent die Veränderung als Verhältnis (also als Bruch, als Division) beschreibe.
Weidlich in DNotZ 04, 820:
Nicht begründbar sei aber die Auffassung, dass bei einem Klageantrag bzw. bei vertraglichen Regelungen über Verzugszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz ein Zinssatz definiert wird, der niedriger ist, als derjenige, den § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB vorsieht. Mit dem allgemeinen Sprachverständnis, der Rechtsprechung des BGH sowie den vom Gesetzgeber selbst verwendeten Gesetzesformulierungen ließe sich dies nicht vereinbaren. Eine derartige Formulierung bediene sich letztlich der immer noch aktuellen Sprache des Gesetzgebers. Wer im Rahmen einer Klage Verzugszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz beantrage, beantrage daher eindeutig einen derzeitigen Zinssatz von 6,13% und nicht von 1,19%.
dreizehn (01.04.2005)
Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, ist auch schon versucht worden, ältere Titel mit "5 % über..." ergänzen zu lassen in "5 %punkte über...", was jedoch abgelehnt wurde.