Eröffngsverf. bei Verwahrgericht, § 350 FamFG

  • Hallo Leute,

    ich hatte heute folgendes Problem:
    Bei einem anderen Gericht befand sich gemeinschaftl. Testament in Akte des erstverstorbenen Ehegatten.
    Nunmehr ist bei "meinem" Zuständigkeitsbereich 2. Ehegatte verstorben.
    Gericht des 1. Ehegatten hat Testament nach 2. Erblasser eröffnet und wie vor dem 01.09.2009 rechtens, zur weiteren Veranlassung an mein Gericht übersandt.
    Erst mit der Übersendung wurde Verfahren hier anhängig.
    Nach § 350 FamFG ist doch aber nun das Gericht des 1. Sterbefalls für das gesamte Eröffnungsverfahren zuständig, auch für die Benachrichtigung der Beteiligten, was es jedoch nicht getan hat.
    Wie weit soll das zukünftig führen ? Versendet das Eröffnungsgericht künftig an die im Testament benannten Erben die Testamentskopie und dann ?
    Wer kann weiterhelfen :confused:

  • Hat ein nach § 344 Abs. 6 zuständiges Gericht die Verfügung von Todes wegen eröffnet (dein Fall, weil es dort bei dem Gericht verwahrt wurde nach dem Tod des Erstversterbenden), hat es diese und eine beglaubigte Abschrift der Eröffnungsniederschrift dem Nachlassgericht (Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach dem Wohnsitz, den der Erblasser zur Zeit des Erbfalls hatte (dein Gericht) zu übersenden; eine beglaubigte Abschrift der Verfügung von Todes wegen ist zurückzubehalten

  • Ich kann § 350 FamFG nicht entnehmen, dass das eröffnende Gericht auch die Beteiligten zu benachrichtigen hätte. Dies obliegt nach § 348 Abs.3 FamFG weiterhin dem Nachlassgericht.



    Ganz meine Meinung.
    Ich habe allerdings auch von Kollegen gehört, dass die Meinung in #1 auch auf einer Fortbildung zum FamFG in Nachlassachen vertreten wurde (ich selber war nicht da). Begründet wurde dies damit, dass in § 348 Abs. 3 FamFG lediglich Gericht steht und nicht Nachlassgericht, wie früher in § 2260 BGB. Auch die Kommentierung zu § 350 FamFG von Bumiller/Harders geht (meiner Erinnerung nach, habe den Text nicht hier) von der Benachrichtigungspflicht des "Verwahrgerichts" aus. Die Begründung fand ich beim Lesen allerdings genauso gewagt, wie die auf der Fortbildung gegebene.

    Man muss sich schon alleine mal überlegen, was es für die Praxis heißen würde. Das Verwahrgericht muss u.U umfangreiche Ermittlungen nach weiteren Beteiligten (Vermächtnisnehmer, ges. Erben usw.) anstellen, die durchaus auch mal einige Zeit brauchen. Gleichzeitig muss das Nachlassgericht im Falle eines dort zu bescheidenen Antrages ähnliche Ermittlungen anstellen und möglichst auch immer beim Verwahrgericht nachfragen, ob alle Beteiligten schon eine Testamentsabschrift bekommen haben. So ein Stuss.

    Trenne dich nie von deinen Illusionen und Träumen. Wenn sie verschwunden sind wirst du weiter existieren, aber aufgehört haben zu leben.

    (Mark Twain)

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  • Warum vermisst man in § 348 Abs.3 FamFG das Wort "Nachlassgericht", wenn es schon in der Überschrift der Norm steht? Konsequenterweise ist in der Überschrift zu § 350 FamFG "durch ein anderes Gericht" zu lesen. Noch Fragen?

    Da hatten einige Schlaue wohl Tomaten auf den Augen. Ganz ähnlich verhält es sich übrigens mit der Sonderzuständigkeit des § 344 Abs.7 FamFG, der sich nur auf vom Gericht beurkundete, nicht aber auf die Entgegennahme von notariellen Ausschlagungserklärungen bezieht (siehe Paralallthread). Auch insoweit kann man das Gegenteil lesen. Genau der gleiche Unsinn wie zu § 350 FamFG.

    Merke: Die Kommentierungen des FamFG und auch die erscheinenden Aufsätze sind durchweg mit Vorsicht zu genießen. Für die Autoren ist das FamFG ebenfalls neu und sie wissen deshalb zunächst einmal nicht mehr als wir. Gleichwohl muss über die unklaren Dinge natürlich etwas geschrieben werden. Und da wirkt es sich eben fatal aus, wenn keine Praktiker am Werk sind, die den Sinnzusammenhang der neuen Vorschriften nicht mit demjenigen der alten Vorschriften verknüpfen können. Dann kommt so etwas heraus wie oben beschrieben. Also lasst die Autoren schreiben und übernehmt nichts ohne eigene Prüfung.

  • Hallo Leute

    danke für Eure Antworten.
    Aber im Bumiller/Harders heißt es wirklich: "Das nach § 344 Abs. 6 zuständige Gericht hat das gesamte Eröffnungsverfahren als eigenes Verfahren durchzuführen. .... Trotz des weitgehend übernommen Wortlautes muss das Verwahrungsgericht jetzt nicht nur die Eröffnung im Termin nach Ladung der Beteiligten vornehmen, sondern auch das Verfahren mittels schriftlicher Bekanntgabe nach § 348 III durchführen. ... Das Eröffnungsgericht erstattet ferner die Anzeige an das zuständige Finanzamt - Erbschaftssteuerstelle."
    Die Kosten werden hier weiterhin durch das zust. NL-Ger. erhoben.

    Also wie denn nun ?

  • Wie Cromwell schon richtig erwähnt hat, sind sämtliche FamFG-Kommentare derzeit mit äußerster Vorsicht zu genießen und besonders der Bumiller zeugt m.E. nicht unbedingt von Praxisnähe - und da habe ich mich besonders freundlich und kulant ausgedrückt ... ;)

    Im Zweifel halte ich mich an den Gesetzeswortlaut und dem Sinn des Gesetzes, der ggf. der Gesetzesbegründung zu entnehmen ist.

    the bishop :kardinal:

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  • Ich werde so weiter verfahren wie bisher und direkt nach der Eröffnung ohne Bekanntgabe an die Beteiligten abgegeben.
    Nur weil es den § 2262 BGB nicht mehr so in der alten Fassung gibt und in § 348 FamFG nur Gericht steht gehe ich nicht davon aus, dass alle Benachrichtigungen durch das "andere Gericht" erfolgen sollen. Die Begründung von Bumiller/Harders zu § 350 FamFG RNr. 3: "Der neugefasste Wortlaut des § 1944 II 2 BGB, wonach die Ausschlagungsfrist nicht vor der Bekanntgabe der Verfügung von Todes wegen „durch das Nachlassgericht“ beginnt, ist insoweit als redaktioneller Fehler anzusehen, nicht aber als eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers, dass bei „stiller Eröffnung“ das Nachlassgericht (und nicht das Verwahrungsgericht) die Benachrichtigungen vorzunehmen hat. " finde ich auch nicht einleuchtend. Genauso kann ich argumentieren, dass in § 348 FamFG nur Gericht steht, da schon die Überschrift das Gericht Nachlassgericht bezeichnet und § 1944 Abs. 2 BGB bewußt so ausgestaltet wurde.

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  • Harders verkennt in grober Weise den Sinnzusammenhang der Vorschriften. Wenn die Benachrichtigungen vom Nachlassgericht vorzunehmen sind, versteht es sich von selbst, dass die Ausschlagungsfrist nicht vor der Bekanntgabe "durch das Nachlassgericht" beginnen kann. Es handelt sich in § 1944 BGB also nicht um einen redaktionellen Fehler, sondern um die logische Konsequenz aus der nach wie vor bestehenden Benachrichtigungszuständigkeit des Nachlassgerichts.

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