Zweite Ehefrau geht leer aus - Sittenwidrig?

  • Hallo zusammen!
    Ich hätte gerne mal Eure Meinung zu einem Fall, den ich als höchst ungerecht empfinde (auch wenn es mich als NL-Gericht eigentlich nicht zu interessieren hat):

    Erblasser verstirbt, zweimal verheiratet, beide Ehen kinderlos. Die erste Ehe wurde durch Tod der 1. Ehefrau beendet. Die 2. Ehefrau beantragt einen Erbschein nach gesetzlicher Erbfolge, sie 3/4, das andere 1/4 fällt an die Geschwister ihres Mannes. Soweit so gut.
    Dann taucht die Kopie eines Testaments aus, das der Ehemann mit 1. Ehefrau gemacht hat. Inhalt: gegenseitige Erbeinsetzung, Erbe des Längstlebenden sind Angehörige des Erblassers. Das Original des Testamentes kann nicht aufgefunden werden und wurde auch nicht nach der 1. Ehefrau eröffnet. Zwischenzeitlich wurde das Testament zwecks Eröffnung abgeliefert.
    Darüber hinaus taucht ein Ehevertrag mit der 2. Ehefrau auf: in diesem Ehevertrag modifizieren die Eheleute die Zugewinngemeinschaft für den Fall der Scheidung und die 2. Ehefrau erklärt einen Pflichtteilsverzicht nach ihrem Ehemann. Anschließend lässt der Notar sich noch ein paar Zeilen über mögliche Sittenwidrigkeit dieses Ehevertrages aus.

    Welche Möglichkeiten hat die 2. Ehefrau (die natürlich völlig mittelos ist)?

  • Nur die Kopie. Sie wurde von der Steuerberaterin nach dem Tod der ersten Ehefrau bei der Erbschaftssteuerstelle abgeliefert. Das Original konnte nicht gefunden werden (auch nicht von der zwischenzeitlich bestellten Nachlasspflegerin, die bestellt wurde, da die Erbfolge leider ungeklärt und der Erblasser u.a. Eigentümer eines Mehrfamilienhauses war, deren Mieter über Weihnachten im Kalten zu sitzen drohten) Erklärtermaßen herrscht natürlich dem Winterwetter angemessen zwischen Schwägerinnen und Schwager und 2. Ehefrau eisiges Klima. Die Geschwister der Erblassers haben bereits angekündigt auch für den Fall dass die Kopie nicht hätte aufgefunden werden können, an Eides Statt zu versichern, dass ihr Bruder so testiert habe...

  • § 2079 - Anfechtung eines Pflichtteilsberechtigten?

    Allerdings ist hier fraglich, ob die Anfechtung möglich ist - s. Satz 2.
    Nach dem Ehevertrag könnte man ja darüber streiten, ob der Ehemann überhaupt gewollt hätte, dass seine Frau Erbin wird. Dazu muss man im Verfahren mehr Hintergründe aufklären.

    Wir taumeln durch die Straßen, so als wären wir jung und schön.

  • Nur die Kopie.

    Die Geschwister der Erblassers haben bereits angekündigt auch für den Fall dass die Kopie nicht hätte aufgefunden werden können, an Eides Statt zu versichern, dass ihr Bruder so testiert habe...



    Mit ES aufgrund Kopie bin ich immer sehr vorsichtig gewesen - nur zweimal in wasserdichten Fällen ES erlassen.
    Die Geschwister können ja schön versichern, dass es das Testament gab - aber können sie auch versichern, dass es das zum Zeitpunkt des Todes noch gab und der Erblasser es nicht vernichtet hatte? Dass es ohne Widerrufswillen verschwunden ist? Das dürfte die größere Hürde sein als nur glaubhaft zu machen, dass es das Testament mal gab.

    Im übrigen hätte ich eine Kopie nicht eröffnet.

    Wir taumeln durch die Straßen, so als wären wir jung und schön.

  • Die Kopie ist noch nicht eröffnet. Sie wurde erst heute abgeliefert.
    Da das Testament zumindest nach dem Tod der ersten Ehefrau im Auftrag des Erblassers (wenn auch bei der falschen Stelle) abgeliefert wurde, schließt wohl einen Widerruf vor dem Tod der ersten Ehefrau aus.
    Darüber hinaus kann eine Kopie durchaus eröffnet werden.

    Die Unauffindbarkeit des Testaments begründet noch keine Vermutung dafür, dass der Erblasser dieses vernichtet oder verändert hat (BGH, NJW 1951, 559). Wer sein Erbrecht auf ein nicht auffindbares Testament stützt, muss dessen formgültige Errichtung beweisen. Wer dann den Widerruf oder eine Handlung i.S. des § 2255 BGB behauptet, trägt hierfür die Beweislast (BayObLG, FamRZ 2005, 1866). Ist die Urschrift eines Testaments nicht auffindbar, so können die Errichtung und der Inhalt eines Testaments auch durch eine Fotokopie der Urschrift dargetan werden (BayObLG, NJW-RR 1992, 1358). Dabei ist wegen des Fälschungsrisikos eine besonders gründliche Aufklärung der Übereinstimmung einer Kopie mit dem verschwundenen Original notwendig, die regelmäßig eine förmliche Beweisaufnahme („Strengbeweis”) durch Vernehmung dazu benannter Zeugen erfordert (OLG Köln, NJW-RR 1993, 670).

    Zeugen für die Wirksamkeit habe ich genug: die Steuerberaterin, die Verwandten

    Ich bin mir außerdem sicher, dass der Ehemann nicht wollte, dass seine 2. Ehefrau etwas erbt. Deswegen habe ich die Anfechtungsmöglichkeit bereits gar nicht erwähnt. Wieso sollte er seiner Ehefrau einen Pflichtteilsverzicht aufnötigen, wenn er nicht von der erbrechtlichen Lage nach seinem Tod gewusst hat? Im Gegensatz zu der zweiten Ehefrau war der Erblasser Geschäftsmann und durchaus klar im Kopf. Die zweite Ehefrau dagegen ist eher weniger mit Durchblick gesegnet. Leider.

  • Vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass natürlich im Grundbuch noch die erste Ehefrau eingetragen ist, die Eröffnung der Kopie des Testaments also auch eine Rolle nach ihrem Tod spielt (sie hatten keine Kinder). :(

  • Mich macht der Passus im Ehevertrag stutzig.

    Wieso sollte sie denn auf Ihren Pflichtteil verzichten, wenn sie sowieso Erbin werden sollte. Das widerspricht sich doch total. Ein Notar wird ja wohl (hoffentlich) den Unterschied zwischen Erbteil und Pflichtteil unterscheiden können.

    Außerdem hat sie ja im Ehevertrag verzichtet. Wieso soll das denn nicht auch so sein? Warum hat es sie denn unterschrieben? Die Eheleute werden nicht aus Spaß einen Ehevertrag errichtet haben.

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Mich macht der Passus im Ehevertrag stutzig.

    Wieso sollte sie denn auf Ihren Pflichtteil verzichten, wenn sie sowieso Erbin werden sollte.



    Wir haben uns missverstanden.
    Die zweite Ehefrau verzichtet auf ihren Pflichtteil (denn sie ist auf Grund des gemeinschaftlichen Testaments ihres Ehemanns mit seiner ersten Ehefrau wohl (dessen Wirksamkeit unterstellt) mangels neuem Testaments des Ehemanns enterbt.
    Deswegen macht natürlich der Pflichtteilsverzicht Sinn, aus der Sicht des Mannes.

    Ich sage es mal so: meiner Meinung nach wusste der Ehemann sehr gut, was er tat. Er wollte wohl nicht, dass seine zweite Ehefrau überhaupt etwas erbt. Die zweite Ehefrau, die zugegeben etwas naiv ist, hat mir gegenüber bei der Erbscheinsbeurkundung angegeben, sie hätten einen Ehevertrag gemacht um für den Fall der Scheidung den Zugewinn auszuschließen. Richtig verstanden hätte sie nicht, was sie bei dem Notar gemacht hätten. Ihr Mann hätte beim "rausgehen" gesagt: "Schatz, jetzt ist für Dich gesorgt!" :eek: Pflichtteilsverzicht scheint an ihr vorbei gegangen zu sein. Klar, das ist ihre schuld....

    Nur am Rande: Die zweite Ehefrau besitzt ein kleines Bauernhaus. Dort hat der Erblasser auch zuletzt gewohnt und sich von ihr pflegen lassen (er war krank und sie hat ihren Job aufgegeben um sich um ihn zu kümmern). Zum Dank hat er, wenn zB die Heizung kaputt war, Geld für eine neue springen lassen. Die Ehefrau hat das als "Geschenk" gesehen und dann wieder wohl im Zustand naiver geistiger Umnachtung für die Nichte des Erblassers eine Rentenverpflichtung in Höhe des "geschenkten" Betrages zur Eintragung im Grundbuch bewilligt....:eek:

    Mir stößt das alles ganz schön übel auf!

  • ...bei so einem Ehemann brauchst Du keine Feinde! :eek:

    Aber ob man da mit Sittenwidrigkeit rauskommt? :confused: Auch wenn man grenzenloses Vertrauen hat, so Wörter wie "Erbverzicht" müssten einen doch aufhorchen lassen...

    Wir taumeln durch die Straßen, so als wären wir jung und schön.

  • Ich sehe inzwischen auch nur die Möglichkeit den Ehevertrag anzufechten, wegen Sittenwidrigkeit oder wegen arglistiger Täuschung. Ich wühle mich gerade durch Rechtsprechung zu Eheverträgen Stichwort: Inhaltskontrolle.

    Aber mal zu meiner Testaments-Kopie:

    - was mach ich damit?
    Meine Idee war die Nachlasspflegerin (die alles durchsucht hat) an Eides statt versichern zu lassen, dass das Original nicht auffindbar ist. Dann Testament zunächst mal eröffnen. Vielleicht schick ich es dann erstmal an die Beteiligten raus? (Also nicht an "Dritte") *ratlos bin*
    Muss es wohl dann erstmal nach der ersten Ehefrau eröffnen, oder?

    Dem einen potentiellen Erben habe ich gesagt, er soll einen Erbscheinsantrag stellen und eben Beweisangebote anbieten (Zeugen etc.)
    -> dann wäre ich fein raus :oops: und könnte den Quatsch dem Richter vorlegen! (hab ja noch den Antrag der Ehefrau auf einen Erbschein gesetzliche Erfolge)
    allerdings fürchte ich, dass die Ehefrau ihren Antrag morgen zurücknimmt. (Sie kommt vorbei)

  • Doch, ich habe dich richtig verstanden, mich vielleicht nicht richtig ausgedrückt.

    Ich denke auch, dass der Ehemann genau wusste, was er tat.
    Es würde doch keinen Sinn machen, im Ehevertrag (2. Ehe )einen Verzicht bezüglich Pflichtteil aufzunehmen, wenn es kein Testament zugunsten anderer gibt. Nämlich dieses mit der 1. Ehefrau.
    OhneTestament wäre die 2. Ehefrau doch ERBIN, hätte also keinen Sinn, einen Pflichtteil geltend zu machen. Der EL wird mit dem Hintergrund, dass es dieses Testament gibt, die 2. Ehefrau den Verzicht unterschreiben lassen haben. Denn ohne Testament hätte sie keinen Pflichtteilsanspruch, sondern einen ERBanspruch. Er mochte wohl seine zweite Frau nicht besonders....macht es den Eindruck...;)

    Andererseits hat sie es unterschrieben. Also, was will sie eigentlich? Hätte sie doch nicht unterschreiben brauchen. Ich sehe darin keine Sittenwidrigkeit, weil jemand unterschreibt, dass er auf seinen Pflichtteil verzichtet. Niemand zwingt einen, einen Ehevertrag zu unterschreiben.

    Gggfls. muss man dann lieber auf die Eheschließung mit so einem Mann verzichten....

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • ;)
    Also die ganze Rechtsprechung um Inhaltskontrolle bei Eheverträgen würde es ja nicht geben, wenn nicht zwischenzeitlich bekannt wäre, dass im trubel der Frühlingsgefühle "mittellose" Frauen (meistens ist es ja noch diese Konstellation) BITTE NICHT ABWERTEND VERSTEHEN!!! alles unterschreiben. :D Deswegen gibt es ja diese Entscheidungen, dass einer der Parteien eine "Machtposition" ausübt oder der andere sich ohne sich darüber im Klaren zu sein um sämtliche Unterhaltsansprüche bringt...ich denke so ähnlich wird es wohl hier gewesen sein.

    Eheschließung verzichten -> gute Idee ;)

  • Auch meine nicht fachliche Anmerkung: Blöde Frau. :teufel:

    Ich kann das nicht nachvollziehen, dass eine Frau so etwas unterschreibt, wenn sie es nicht will. Weg mit dem Typen und gut ( oder besser...) ist.

    Ok, ich weiß, es gibt viele Frauen, die nicht so stark sind. Sich dann aber hinterher beschweren? Naja, ich seh das anders.

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

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