Zwangssicherungshypothek + Antragsrücknahme + Form

  • Der Antrags-Tellerrand ist hier aber wirklich hoch. Niemand widerspricht § 31 GBO. Das ist indes kein Dogma.

    Das Rechtsschutzinteresse fehlt.
    Die Maßnahme ist außerdem unverhältnismäßig, wenn als milderes Mittel zur Strafung des Gläubigers die Antragszurückweisung zu Lasten des Gläubigers statt der Eintragung zu Lasten des Schuldners möglich ist.

  • Die Stellungnahme in #60 beinhaltet die übliche Argumentation der Vollstreckungsrechtler, mit der sie das Grundbuchrecht auch in anderer Hinsicht aus den Angeln zu heben versuchen. Dabei ist es genau umgekehrt: Es bedarf keiner Vorschrift, dass der Vollstreckungsantrag nicht formlos zurückgenommen werden kann (die gibt es ja schon!), sondern dass er entgegen § 31 GBO formlos zurückgenommen werden kann. Eine solche Vorschrift gibt es aber nicht.

    Im Prinzip läuft es darauf hinaus, dass man das Gesetz nicht anwenden will, weil es einem nicht gefällt. Mir ist ohnehin schleierhaft, wie man über eine Frage diskutieren kann, die ausdrücklich im Gesetz geregelt und demzufolge bereits entschieden ist.

  • Im Prinzip läuft es darauf hinaus, dass man das Gesetz nicht anwenden will, weil es einem nicht gefällt.



    Sooo unschön ist Vollstreckungsrecht doch auch wieder nicht, dass man deswegen ein unstreitig fehlendes Rechtsschutzinteresse ignorieren müßte... ;)
    Aber diskutiert ruhig weiter über 31 hin- und her in unendlichen Schleifen...

  • Da es an sich nichts mehr zu diskutieren gibt, möchte ich nur noch darlegen, von wem die von mir vertretene Ansicht geteilt wird:

    KG HRR 1929 Nr.1944 = DNotV 1929, 737; OLG Hamm Rpfleger 1985, 231 = MittRhNotK 1985, 76; OLG Düsseldorf Rpfleger 2000, 62; LG Halle NaumbAK 1914, 4; Hügel/Otto § 31 Rn.2; KEHE/Herrmann § 31 Rn.2; Bauer/v.Oefele/Schaub § 31 Rn.3; Demharter Anh. zu § 44 Rn.69 und § 31 Rn.2, 6; Meikel/Hertel § 31 Rn.4; Güthe/Triebel § 31 Rn.2, 5; Schöner/Stöber Rn.2203; Zöller/Stöber § 867 Rn.2.

    Anderer Ansicht (only the lonely) ist Hintzen Rpfleger 1991, 286, 288.

  • Anderer Ansicht (only the lonely) ist Hintzen Rpfleger 1991, 286, 288.

    ... und gefühlt ca. 90% aller Rechtspfleger an den deutschen Gerichten außerhalb Bayerns und Baden-Württembergs.

    Aber wie gesagt: die Sache ist hier ausgeschrieben. Kann man den Thread jetzt zur Entscheidung vorlegen?:cool:

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Der Grundbuchwissenschaft ging es gut, solange sich die Vollstreckungs- und Gesellschaftsrechtler nicht in Dinge einmischten, von denen sie nichts oder jedenfalls nicht viel verstehen.

    Nur ein Beispiel von vielen:
    Steffek ZIP 2009, 1445, 1451 zu der Frage, ob Eintragungsvoraussetzungen auch formlos nachgewiesen werden können:

    "§ 29 Abs.1 Satz 1 GBO eröffnet durch die Verwendung des Wortes "soll" schon dem Wortlaut nach zusätzliche Verfahrenswege."

    Das ist in meinen Augen nichts anderes als auf dem fachzeitschritlichen Tablett servierte grundbuchrechtliche Ahnungslosigkeit.


  • Dem ist nichts hinzuzufügen. Nichts gegen Pragmatismus und Landrecht, aber eindeutige Gesetze gehen vor.



    Wenn der BGH Gesetz bzw. Vorschriften kippen kann, dann kann ich das schon lange und ganz besonders, wenn die Vorschrift, wenn man sie nach dem Gesetzeswortlaut, kein befriedigendes Ergebnis mit sich bringt.



    Ich sage nur: § 9 RpflG "...an Recht und Gesetz gebunden".

  • Gegen wen richtet sich das Argument mit § 9 RPflG?
    Gegen Vollstreckungsrechtler, die Grundbuchrecht nicht anwenden wollen? Gegen Grundbuchrechtler, die Vollstreckungsrecht ignorieren? Gegen beide? Gegen Dünkel?

  • Eine Regelungslücke (die zudem noch planwidrig sein müsste) exitiert nicht, weil § 31 GBO den Fall ausdrücklich regelt. Würde § 31 GBO aufgehoben, existierte auch keine Regelungslücke, denn dann wäre die Rücknahme mangels Formvorschrift formlos möglich.

    Reden wir also nicht lange um den heißen Brei herum. Es wird unter einem rechtlichen Vorwand gegen das geltende Recht entschieden.

  • #64
    "Anderer Ansicht (only the lonely) ist Hintzen Rpfleger 1991, 286, 288". Er ist nicht der Einzige! Professor Roland Böttcher, Berlin, in Zwangsvollstreckung im Grundbuch, 2. Auflage, Teil 1 RN 14 schreibt: "Eine Gegenansicht (= Hintzen) läßt zu Recht eine formlose Antragsrücknahme zu, d. h. ohne einen Gang zum Notar; hier wird auf das Vollstreckungsrecht abgestellt, und da gibt es immer eine formlose Antragsrücknahme.

  • Dann ist Hintzen eben ein bisschen weniger lonely, was allerdings nicht überrascht, wenn man berücksichtigt, dass beide an der FH in Berlin unterrichten. Den § 31 GBO können beide nicht außer Kraft setzen. Es ist eben schon ein Unterschied, ob man de lege ferenda etwas für wünschenswert hält (wobei noch die Frage ist, ob es tatsächlich wünschenwert wäre) oder ob es sich de lege lata auch begründen lässt.

  • Es wird unter einem rechtlichen Vorwand gegen das geltende Recht entschieden.


    Ich erkenne da keinen Unterschied zu jemandem, der in Kenntnis fehlenden Rechtsschutzinteresses vollstreckt.

    Das personenbezogene Argument gegen Böttcher/Hintzen bitte ich zum selbstkritischen Anlass zu nehmen, Fundstellen, die hier ebenfalls jemanden selbst bekräftigen, nicht für voll zu nehmen. Da steckt man dann offenbar auch unter einer Decke.

  • Wie bei vielen anderen Themen kann man hier unterschiedlicher Meinung sein.
    Es gibt wie bei der BGB-Gesellschaft nicht nur einen "einzigen richtigen" Weg, (auch wenn manche User dies so für sich in Anspruch nehmen).
    Jeder muss sich seine eigene Meinung bilden.

  • Gegen wen richtet sich das Argument mit § 9 RPflG?
    Gegen Vollstreckungsrechtler, die Grundbuchrecht nicht anwenden wollen? Gegen Grundbuchrechtler, die Vollstreckungsrecht ignorieren? Gegen beide? Gegen Dünkel?



    Gegen niemanden. Als Grundbuchrechtler bin ich an die GBO gebunden, § 31 ist eindeutig und daher gibt es keinen Grund, die Anwendung anderen Rechts zu prüfen.
    Und dieTatsache, daß der BGH gerne mal die Gesetze vergewaltigt, bringt mich nicht dazu, gleiches zu tun.

  • Ich befürworte auch grundsätzlich die Anwendung des § 31 GBO. Allerdings meine ich, dass man die Argumentation mit dem Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses nicht einfach übergehen kann. Ich denke, es kommt darauf an, ob in der formlosen Rücknahme weitere Anhaltspunkte enthalten sind.

    Wenn im Zivilprozess eine Klage ohne weitere Begründung zurückgenommen wird, kann man dann eine spätere inhaltsgleiche Klage mit dem Argument ablehnen, es bestehe ausweislich der früheren zurückgenommenen Klage kein Rechtsschutzbedürfnis? Ich meine nicht.

    So würde ich auch die reine (formlose) Antragsrücknahme noch nicht dahin auslegen, weil es ja durchaus sein kann, dass sie darauf zurückzuführen ist, dass sich Gläubiger und Schuldner darauf verständigt haben, dass gerade nicht vollstreckt werden soll. Ein solches Vorgehen entzöge aber m. E. einer späteren inhaltsgleichen Zwangssicherungshypothek nicht das Rechtsschutzbedürfnis.

    Geht dagegen aus der formlosen Antragsrücknahme hervor, dass es nunmehr am Rechtsschutzbedürfnis fehlt (etwa weil angegeben wird, es sei gezahlt worden), so fehlte das Rechtsschutzbedürfnis dauerhaft und auch für etwaige Folgeanträge.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Wir sind uns wegen § 31 GBO einig, vermutlich nur nicht im Hinblick auf den weiteren Umgang mit dem durch die formunwirksame Antragsrücknahme erkennbar gewandelten Petitum.
    Ob man aus Pragmatismus etwas Formerleichtertes zuläßt, ist auf einer anderen Ebene zu diskutieren.

    Dass die Bescheidung des unstreitig nicht mehr gewollten Antrags durch "Eintragung" statt "Zurückweisung" aber offensichtlich total schief wäre, verdeutlich einem bereits das Judiz. Und die Nutzung des Vollstreckungsrechtes.

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