Erbschein nach Mord und Selbstmord

  • Hallo zusammen! Folgende kurze Frage:

    Ehemann ermordet seine Ehefrau und begeht kurz darauf Selbstmord (nach Angaben des Antragstellers).
    Beide Sterbeurkunden weisen als Todeszeitpunkt den x.x.xxx zwischen 8.00 Uhr und 9.59 Uhr aus. Die Sterbeurkunde des Ehemannes enthält den Hinweis, dass dieser Witwer war. Reicht das als Nachweis dafür, dass die Ehefrau vorverstorben ist und kann ich den Erbschein dann zugunsten der Abkömmlinge erteilen :gruebel: ?

    Vielen Dank im Voraus!

  • In solchen Fällen hab ich mir immer die Ermittlungsakten der StA angefordert, denn es ist noch zu klären, ob die Frau nicht aufgrund der Tötungsabsicht des Mannes nach ihm verstorben ist.

  • Der Mörder ist m.E. erbunwürdig, so daß er keinesfalls Erbe werden kann.

    Allgemein: Die Problematik wg. der zeitlichen Überschneidung in den Sterbeurkunden wird. m.W. so gehandhabt, daß derjenige, der sich auf das Erbrecht und damit das spätere Versterben beruft, dieses belegen muß. Kann er das nicht, gilt das VerschG (§11), wonach er als gleichzeitig verstorben und im Sinne des Erbrechts damit als vorverstorben gilt, weil er den Erblasser nicht überlebt hat.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Erbunwürdigkeit kann doch aber nur berücksichtigt werden, wenn es durch Urteil festgestellt wurde, oder? Und so etwas hab ich hier leider nicht.

  • Dann müsste die Sterbeurkunde der Ehefrau auch den Hinweis enthalten, dass diese verheiratet war.

    Die Angabe des Familienstandes in der Sterbeurkunde bzw. in beiden Sterbeurkunden ("verheiratet" bei der Frau und "verwitwet" beim Mann) reicht eigentlich nicht als Nachweis aus, weil diese Angaben nicht Gegenstand der Personenstandsbeurkundung sind (MünchKomm/Mayer § 2356 RdNrn.27, 38). Ob man die betreffenden Angaben bei großzügiger Verfahrensweise dennoch für ausreichend hält, muss man im Einzelfall entscheiden. Im vorliegenden Fall wäre der gestellte Erbscheinsantrag im übrigen auch dann begründet, wenn Ehefrau und Ehemann gleichzeitig verstorben sind. Denn wer den anderen nicht überlebt, kann ihn auch nicht beerben. Es kommt daher nicht entscheidend darauf an, ob die genannten Angaben das Nachversterben des Ehemannes belegen, sondern ob sie den Anschein des gleichzeitigen Versterbens widerlegen. Entsprechendes gilt natürlich auch für einen Erbschein nach der Ehefrau. Man muss sich also schon überlegen, wie man über einen solchen Erbscheinsantrag entscheiden müsste, wenn man den Erbschein nach dem Ehemann antragsgemäß erteilt.

  • Zitat von Janine

    Erbunwürdigkeit kann doch aber nur berücksichtigt werden, wenn es durch Urteil festgestellt wurde, oder? Und so etwas hab ich hier leider nicht.



    Schtümmt! Sorry, hast natürlich recht.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Erbunwürdigkeit ist nicht von Amts wegen festzustellen (vgl. § 2340 BGB).

    Bei der Eintragung in das Sterbebuch wird auch grundsätzlich ein Nachweis über die Eheschließung verlangt. Daher kann u.U. auch das Sterbestandesamt über die Eheschließung Auskunft erteilen. Ggf. können diese Daten auch bei der Meldebehörde abgefragt werden.

  • gelöscht....

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  • Zitat von juris2112

    Dann müsste die Sterbeurkunde der Ehefrau auch den Hinweis enthalten, dass diese verheiratet war.



    So sieht die Sterbeurkunde auch aus. Ein Teil-Erbschein nach der Ehefrau ist bereits erteilt (zu 1/2). Wie das jetzt mit der anderen Hälfte weitergeht, weiß ich leider nicht, weil dieses Verfahren bei einem anderen AG läuft.

    Ich werd mir jetzt einfach mal die Akte der Staatsanwaltschaft anfordern und beim Standesamt anfragen, ob die mehr wissen zum Todeszeitpunkt als wir. Denn wie kommen die sonst darauf in den Urkunden den Familienstand so anzugeben, wie es erfolgt ist?

  • Zum Inhalt der Sterbeurkunden wird verwiesen auf:

    a)
    Dienstanweisung des Bundesinnenministeriums für Standesbeamte und ihre Aufsichtsbehörden in der Fassung der Bekanntmachung vom 31.Januar 1995 

    (Auszug)
    (Bundesanzeiger Nr. 33 a vom 16.Februar 1995)
    Elfter Abschnitt §§ 85-86
    Beweiskraft und Benutzung der Personenstandsbücher
    § 85 Beweiskraft der Personenstandsbücher und der Personenstandsurkunden

    (1)

    1. Die Personenstandsbücher beweisen bei ordnungsgemäßer Führung Eheschließung, Geburt und Tod und die darüber gemachten näheren Angaben.
    2. Randvermerke und Vermerke im Familienbuch sind Teil des Gesamteintrags und nehmen an der Beweiskraft teil.
    3. Vermerke über die Staatsangehörigkeit oder über eine Änderung der Staatsangehörigkeit haben diese Beweiskraft nicht.

    b) § 30 der anl. Verordnung

    http://www.gesetze-im-internet.de/persstdgav/BJN…57BJNG000600314

  • Der Teilerbschein nach der Ehefrau ist wahrscheinlich über die hälftige Gesamterbquote der Kinder erteilt (Mindestteilerbschein), weil für den Erbteil des Ehemannes noch offen ist, ob eine Erbunwürdigkeitsverfahren eingeleitet werden soll (was aber wiederum voraussetzt, dass der Ehemann die Ehefrau überlebt hat).

    Die Erhebung einer Erbunwürdigkeitsklage seitens der Kinder gegen die Rechtsnachfolger des Erbunwürdigen ist im vorliegenden Fall aber gar nicht möglich, weil Kläger und Beklagte identisch wären (Staudinger/Olshausen § 2342 RdNr.8). Die gemeinsamen Kinder sind nämlich sowohl Anfechtungsberechtigte als auch die Erben des Unwürdigen. Die Anfechtung kann im vorliegenden Fall somit nicht durch die Kinder, sondern nur durch einen Enkel der Erblasserin erfolgen. § 2341 BGB verlangt für die Anfechtungsberechtigung keine unmittelbare Begünstigung, sondern es genügt, wenn der Anfechtende beim Wegfall einer anderen Person begünstigt würde. Sogar der Fiskus wäre im Hinblick auf § 1936 BGB anfechtungsberechtigt.

    UHU, TL, Janine:

    Der Ausgangssachverhalt beschäftigt sich mit dem Nachlass des mordenden Ehemannes. Bei diesem Erbfall spielt die Erbunwürdigkeit keine Rolle, sondern nur beim Erbfall nach der Ehefrau. Erbunwürdig ist nur der Ehemann im Hinblick auf seine Ehefrau, aber nicht der Erbe des Erbunwürdigen im Hinblick auf den Nachlass des Erbunwürdigen.

  • Zitat von juris2112


    Der Ausgangssachverhalt beschäftigt sich mit dem Nachlass des mordenden Ehemannes. Bei diesem Erbfall spielt die Erbunwürdigkeit keine Rolle, sondern nur beim Erbfall nach der Ehefrau. Erbunwürdig ist nur der Ehemann im Hinblick auf seine Ehefrau, aber nicht der Erbe des Erbunwürdigen im Hinblick auf den Nachlass des Erbunwürdigen.



    Stümmt :oops: , hab ich total verpeilt.
    Ich hätte aber den Ausgangsfall auch ein bißchen eindeutiger formulieren können. Sorry, gelobe hiermit Besserung ;) !

  • [quote='juris2112','RE: Erbschein nach Mord und Selbstmord']
    "Sogar der Fiskus wäre im Hinblick auf § 1936 BGB anfechtungsberechtigt."

    Hallo, ich habe wegen eine ähnlichen Problematik gesucht und gefunden. Im Palandt steht es auch so, dass der Fiskus immer ein Anfechtungsrecht hat. Ich frag mich nur, wie er es mitkriegt. In der MIZI habe ich nichts zu Mitteilungspflichten gefunden. Darf ich dem Fiskus dann überhaupt einen Tip geben? Die Feststellung des Fiskalerbrechts steht noch nicht an.

    (Die geschiedene Erblasserin hat 2 Kinder, ein vollj. u. ein mdj. Kind. Das vollj. hat die Mutter getötet, befindet sich z.Zt. in der Psychiatrie. Für das mdj. hat der Vormund vorsorglich ausgeschlagen, weiß aber wegen der Vielzahl der Fragen eig. nicht, wie sich der Nachlass zusammensetzt. Die Klärung kann dauern. Wenn die vorm. Gen. versagt würde -womit ich rechne-, würde der Vormund wg. Erbunwürdigkeit Anfechtungsklage erheben. Wie sich die Nächstberufenen entsch. ist nicht gewiß).

    Da stellt sich auch die Frage, ob ich die nächstberufenen Eltern von der Ausschlagung informieren sollte, damit sie sich überlegen können, ob sie ihr Anfechtungsrecht ausüben. Pflichtteilsbelehrungen geben wir ja auch.

    Für den Optimisten ist das Leben kein Problem, sondern bereits die Lösung.
    Marcel Pagnol

  • wenn das minderjährige Kind infolge Versagung der Genehmigung Erbe wird und Erbunwürdigkeitsklage gegen das volljährige Kind erhebt, wäre doch (sofern dass volljährige Kind keine eigenen Kinder hat) das minderjährige Kind Alleinerbe und damit die Eltern der Erblasserin gar nicht als Erben berufen. Meine ich. :gruebel:

  • Ja, schon klar. Was mache ich aber in der Zwischenzeit bzw. in dem Fall, dass die Gen. erteilt wird? Es ist ja nur ein Jahr Zeit und der Nachlass verzwickt. § 211 BGB hilft m.E. dann dem Kind nicht weiter. Wegen § 2341 BGB wären die Eltern bereits jetzt anfechtungsberechtigt. Viell. mache ich mir zuviel Gedanken. An sich könnte ich mich auch auf den Standpunkt stellen, dass vor Kenntnisnahme von einer Anfechtungsklage der Mörder eben (Mit-)erbe ist. Meine Koll. würde den Eltern/dem Staat einfach Mitteilung machen vom Anfechtungsrecht. Ich bin mir einfach nicht sicher, ob ich soviel lenken darf, habe aber auch keine Lust auf einen Haftungsfall.

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    Marcel Pagnol

  • Ich würde, wenn überhaupt, mich kurz halten, Schreiben an die Erblassereltern, "es wird mitgeteilt, dass das Kind A des Verstorbenen die Erbschaft ausgeschlagen hat und als einziger weiterer ges. Erbe B in Betracht kommt. Auf die Regelungen der §§ 2339 ff BGB wird hingewiesen."
    mehr halte ich nicht für gerechtfertigt oder notwendig.

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