Löschung eines Buchrechts, dessen Abtretung nicht eingetragen wurde

  • Hallo!

    Folgendes Problem:

    Eine Grundschuld (Buchrecht) wurde abgetreten. Die Abtretung wurde nicht eingetragen - die Abtretung ist somit nicht wirksam geworden.

    Nun soll das Recht gelöscht werden. Die Löschungsbewilligung wurde von der neuen Gläubigerin erteilt. Kann ich die Grundschuld löschen oder muss ich mir eine Löschungsbewilligung von der alten Gläubigerin vorlegen lassen?

    Die Abtretung jetzt noch einzutragen und das Recht sogleich zu löschen halte ich für zu umständlich.

  • Wenn Du eine formgerechte Abtretungsurkunde hast, dann genügt m.E. die Löschungsbewilligung der neuen Gläubigerin. Die Abtretung braucht hier wohl nicht eingetragen zu werden, obwohl das Recht natürlich dem neuen Gl. eigentlich noch nicht zusteht.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Das kann nicht sein.

    Der neue Gläubiger verfügt als Nichtberechtigter, weil er die Grundschuld materiell noch nicht erworben haben kann. Es hat somit der Nichtberechtigte bewilligt und der Berechtigte nicht bewilligt.

    Also:

    Erst die Abtretung eintragen (falls formgerecht vorliegend) und anschließend löschen. Die Verfügungs- und Bewilligungsberechtigung des Zessionars ergibt sich aus § 185 Abs.2 S.1 Alt.2 BGB.

    Das ist übrigens für den Eigentümer viel billiger, als wenn er eine neue formgerechte Löschungsbewilligung des Zedenten (= des bis dato Berechtigten) beibringen würde (es sei denn, beim Zedenten handelt es sich um eine siegelführende Sparkasse). Denn bei dem vorgeschlagenen Verfahren fällt nur die Gebühr für die Eintragung der Abtretung zusätzlich an. Alle übrigen Kosten würden ohnehin entstehen.

    Eine Voreintragung wäre nur entbehrlich, wenn es sich um einen Rechtsübergang außerhalb des Grundbuchs (z.B. bei einem Briefrecht) handeln würde. In diesem Fall genügt für die Löschung die öffentlich beglaubigte Abtretungserklärung des Zedenten, die Löschungsbewilligung des Zessionars und die Briefvorlage durch letzteren.

  • Zitat von Ulf

    ... dann warten wir jetzt mal auf die Keule von juris2112 ... ;)


    Na, da ist sie ja schon! Schnell wie immer! Und natürlich inhaltlich korrekt.

    Dennoch:
    Ich würde löschen. Who cares! Weder der alte noch der neue Gläubiger interessiert sich noch dafür, was mit dem Recht passiert und wo kein Kläger, da kein Richter.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Zitat von Ulf
    Zitat von Ulf

    ... dann warten wir jetzt mal auf die Keule von juris2112 ... ;)


    Na, da ist sie ja schon! Schnell wie immer! Und natürlich inhaltlich korrekt.

    Dennoch:
    Ich würde löschen. Who cares! Weder der alte noch der neue Gläubiger interessiert sich noch dafür, was mit dem Recht passiert und wo kein Kläger, da kein Richter.



    Ich sehe es genauso wie Du.

  • Nur als kleine theoretische Spielerei:

    Zum ersten:

    Rein materiellrechtlich könnte man die Auffassung vertreten, dass in der Abtretungserklärung des Zedenten (ebenso wie in der Auflassungserklärung) die Einwilligung des Zedenten zu weiteren Verfügungen des Erwerbers i.S. des § 185 Abs.1 BGB erblickt werden könnte. Aber diese Erwägung hilft im Grundbuchverfahren natürlich nicht weiter.

    Zum zweiten:

    Nehmen wir an, die Grundschuld wird gelöscht. Dann ist sie zwar gelöscht, aber mangels wirksamer Aufgabeerklärung i.S. des § 875 BGB nicht materiell erloschen. Nehmen wir weiter an, der Eigentümer lässt dann weitere Grundpfandrechte eintragen und nehmen wir schließlich an, dass der Eigentümer anschließend bei der Zedenten-Bank wieder in die Kreide gerät. Wenn der Zedent den Braten riecht, kann er im Wege der Grundbuchberichtigung die Wiedereintragung seiner Grundschuld erreichen, hat allerdings den besseren Rang im Verhältnis zu den gutgläubigen Gläubigern der zwischeneingetragenen Grundpfandrechte verloren. Bei der anschließenden Versteigerung fällt der Zedent aus.

    Was nun? Oder besser: Wer wird den Schaden des Zedenten wohl auszugleichen haben?

  • Dann ist die Grundschuld erloschen und der Zedent schaut in die Röhre. Was er in meinem "weniger schlimmen" Beispiel aber auch tut.

    Ich glaube schon, man sollte etwas weiter denken, auch wenn die an die Wand gemalten Gefahren im Regelfall theoretischer Natur sein werden. Aber wie's der Teufel will. Man kann für nichts garantieren.

  • Ehrlich gesagt - ich halte es auch in der Praxis wie juris. Wenn es ein Buchrecht ist, müssen die Beteiligten mit den Konsequenzen leben. Ich sehe es überhaupt nicht ein, da irgendwas nachzugeben, nur damit da irgendjemand wieder Geld sparen kann. Wenn ein Briefrecht bestellt wird, zahlen die ja schließlich extra dafür zusätzliche Gebühren, damit sie legal freier verfügen können. Und jetzt sparen die sich die Briefgebühren und handeln im Ergebnis genauso frei?

    Erstens darf sich dann letztlich jeder Briefrechtsinhaber verar... vorkommen.

    Zweitens sehe ich nicht ein, warum zu Lasten meiner Haftung gespart werden soll. Mag die Haftung auch nicht wahrscheinlich sein, das interessiert mich nicht. Da kommt dann aus irgendeiner Ecke wieder irgendein Anwalt gekrochen und entdeckt in der Zwangsversteigerung, dass ein potentielles Eigentümerrecht/Gläubigerrecht vom Grundbuchamt nicht hätte gelöscht werden dürfen... nee danke, ohne mich.

    Zitat von juris2112

    Rein materiellrechtlich könnte man die Auffassung vertreten, dass in der Abtretungserklärung des Zedenten (ebenso wie in der Auflassungserklärung) die Einwilligung des Zedenten zu weiteren Verfügungen des Erwerbers i.S. des § 185 Abs.1 BGB erblickt werden könnte. Aber diese Erwägung hilft im Grundbuchverfahren natürlich nicht weiter.


    Die Auffassung kenne ich. Sie wird von einigen Kommentatoren und - glaube ich zumindest - auch teilweise von Rechtsprechung vertreten und gelegentlich auch dazu verwendet, um sich im Grundbuchverfahren die Zwischeneintragung von Zessionaren zu ersparen. Allerdings meine ich, dass sie im Hinblick auf § 39 - und insbesondere seinen Abs. 2 GBO - nicht haltbar sein kann, weil die vom Gesetzgeber gewollte Bevorzugung des Briefrechts dann obsolet wäre. Und über den Voreintragungsgrundsatz, der ja mit § 892 BGB korrespondiert, können wir dann irgendwann ein Ei schlagen, weil dereinst alles, wo §§ 39 II, 40 GBO nicht greifen, über die Schiene läuft, dass in irgendwelchen Erklärungen Vollmachten für weiteres Handeln zu entdecken sein sollen.

    Bei der Auflassung kapier' ich das ja noch. Ansonsten - ohne mich.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Zitat von Andreas
    Zitat von juris2112

    Rein materiellrechtlich könnte man die Auffassung vertreten, dass in der Abtretungserklärung des Zedenten (ebenso wie in der Auflassungserklärung) die Einwilligung des Zedenten zu weiteren Verfügungen des Erwerbers i.S. des § 185 Abs.1 BGB erblickt werden könnte. Aber diese Erwägung hilft im Grundbuchverfahren natürlich nicht weiter.


    Die Auffassung kenne ich. Sie wird von einigen Kommentatoren und - glaube ich zumindest - auch teilweise von Rechtsprechung vertreten und gelegentlich auch dazu verwendet, um sich im Grundbuchverfahren die Zwischeneintragung von Zessionaren zu ersparen.


    Na bitte, wenn irgendwer irgendwo das für theoretisch möglich hält und auf irgend eine krumm konstuierte Weise auch begründen kann, dann ist man doch wohl raus aus der Haftung. Schließe ich mich halt dieser Mindermeinung in diesem Fall an. Das wird mir wohl niemand verbieten können.

    Spaß beiseite:
    Andreas und juris2112 haben natürlich vollkommen recht und man kann wenig gegen die Argumente vortragen. Dennoch habe ich schon hin und wieder so verfahren, wie ich es oben gesagt habe. :wayne:

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Die Lösung kann doch kein Problem sein. Ein Nichtberechtigter verfügt - Voreintragung fehlt - Eintragung der Löschung ohne vorherige Eintragung der Abtretung ist unmöglich.

    Der Meinung von juris pp. ist ohne wenn und aber zuzustimmen. Eine Vereinfachung unter vorsätzlicher Verletzung gesetzlicher Vorschriften fällt haftungsrechtlich immer auf den Rechtspfleger zurück.

  • da die letzten Beiträge schön etwas veraltet sind, frage mich ob es auch aktuelle Entscheidungen zu diesem Problem gibt ...ob nun für oder dagegen...

    ich bin auch der Meinung, dass die Abtretung einer Buchgrundschuld vorher eingetragen werden muss (somit wirksam wird) und darauf hin erst berechtigt ist, diese auch löschen zu lassen.
    Bei Briefrechten besteht eine legale freiere Verfügungsbefugnis...ausdrücklich im § 39 II GBO, das ist ja gerade der Vorteil.

    Andererseits ist diese Voreintragung der Abtretung...mit anschließender Löschung komplett unsinnig...ich möchte mich gerne an Irgendwas festhalten können und mich nicht ständig von irgendwelchen kollerischen Notaren beschimpfen lassen und das das heutzutage nicht mehr so gemacht wird!?

    bin ich nicht mehr up-to-date?

    Danke

  • Weiß nicht, ob es neue Entscheidungen dazu gibt, aber Maßstab ist für mich immer noch die Kettenauflassung. Wer in vorliegendem Fall nicht löscht, dürfte auch keine Kettauflassung vollziehen. Sonst: In der 15. Auflage von Schöner/Stöber (Rn 2405) steht es noch so.

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