Serviceeinheit - das unbekannte Wesen?

  • Guten Morgen - war letzte Woche auf Schulung :daumenrau und habe dort festgestellt, dass der Begriff "Serviceeinheit" schon in den bayer. OLG-Bezirken unterschiedlich verstanden und somit auch umgesetzt wird. Jetzt würde mich mal interessieren, wie es allgemein aussieht:Gibt es bei allen Serviceeinheiten? Was bedeutet bei euch Serviceeinheit? Wer gehört alles zur Serviceeinheit (und wer nicht)? Wie funktioniert das Team als Einheit? Gibt es "Team-Förderrichtlinien/-Maßnahmen"? Usw. ... :confused:

  • Zitat von juris2112

    "Serviceeinheit" bedeutet, das jeder für alles zuständig, aber keiner für irgendetwas verantwortlich ist.



    Ist das dann das berühmte "ganzheitliche" Arbeiten ... ;) ?

  • Die Aussage von juris2112 kann ich nicht gänzlich unwidersprochen lassen. Zumindest im Grundbuchamt und im Prozessgericht im Hause weiß ich, dann jede/r Beamter/in bzw Angestellte/r den Geschäftsbetrieb ernst nimmt und auch eilige Sachen von Kollegen macht, ohne - wie früher - erst einmal die Geschäftsverteilung herauszukramen. Und wenn etwas gemacht worden ist, weiß man anhand des Namenszeichens ohnehin, wer es war.

    Serviceeinheiten gibt es bei uns (AG im OLG-Bezirk München) im ganzen Haus, in manchen Abteilungen unproblemtaisch, woanders mit realen Widerständen (aber nicht dort, wo ich bin). In Grundbuch und Zivil funktioniert das im Wesentlichen gut. Die Einheit selbst besteht aus mittleren Beamten sowie Angestellten. Es gibt nur noch wenige Vorbehaltsgeschäfte, wobei das meist daran liegt, dass es für den Geschäftsablauf sinnvoll ist, bestimmte Tätigkeiten nicht aufzusplitten; manchmal gibt es auch rechtliche Probleme (z. B. Testamentsverwahrung, Präsentieren im Grundbuch, Eintragung Zwangsversteigerungs-/Insolvenzvermerk, Fall anlegen in Zivilsachen u. a.).

    "Team-Förderrichtlinien/-Maßnahmen" :confused: Maßnahmen im Sinne von Besprechungen/Qualitätszirkeln, ja. Ansonsten hatte speziell in Zivilsachen (und ich glaube, auch anderswo) jeder auf entsprechende Kurse zu gehen, auf dass er/sie hinterher alles könne. Ob es die jetzt noch gibt, weiß ich nicht, es würde mich aber wundern, denn das fällt jetzt unter das normale Einlernen eines/einer Neuen.

    So vorteilhaft die Einrichtung - soweit sie funktioniert - für den Geschäftsablauf ist, so unverschämt ist der Arbeitgeber vorgegangen. Erst wird den Angestellten jahrzehntelang gesagt, Ihr seid Tippsen und für alles andere zu blöd, das kapiert Ihr eh nicht, und jetzt sollen sie für das gleiche Geld plötzlich selbstverständlich alles können. Wenn dieser Eindruck trügen sollte - so kommt er in der Praxis auch an.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Zitat von Andreas


    So vorteilhaft die Einrichtung - soweit sie funktioniert - für den Geschäftsablauf ist, so unverschämt ist der Arbeitgeber vorgegangen. Erst wird den Angestellten jahrzehntelang gesagt, Ihr seid Tippsen und für alles andere zu blöd, das kapiert Ihr eh nicht, und jetzt sollen sie für das gleiche Geld plötzlich selbstverständlich alles können. Wenn dieser Eindruck trügen sollte - so kommt er in der Praxis auch an.



    Absolut :zustimm: . Leider.

  • Zitat von Andreas

    ... So vorteilhaft die Einrichtung - soweit sie funktioniert - für den Geschäftsablauf ist, so unverschämt ist der Arbeitgeber vorgegangen. Erst wird den Angestellten jahrzehntelang gesagt, Ihr seid Tippsen und für alles andere zu blöd, das kapiert Ihr eh nicht, und jetzt sollen sie für das gleiche Geld plötzlich selbstverständlich alles können. Wenn dieser Eindruck trügen sollte - so kommt er in der Praxis auch an.


    So ganz genau kenne ich mich nicht aus, meine aber, dass bisherige "Schreibkräfte", die nunmehr in eine Service-Einheit eingebunden sind, eine bessere Vergütungsgruppe erreichen können, bei vollständiger Übernahme von Urkundsbeamtentätigkeiten nach entsprechender Fortbildung sogar hochgruppiert werden müssen. Aber wie gesagt, bin da kein Experte.

    Zitat von juris2112

    "Serviceeinheit" bedeutet, das jeder für alles zuständig, aber keiner für irgendetwas verantwortlich ist.


    Kenne ich zumindest aus meinem Bereich so nicht. Die (bei uns jeweils zwei) Servicekräfte haben zwar gemeinsame Zuständigkeiten, diese haben sie aber intern für den Regelfall (nach Geschäftszeichen) aufgeteilt, die Aufteilung ist in der Abteilung bekannt. So hat man einen regulären Ansprechpartner. Externe Anrufe, Publikumsverkehr, eilige Bearbeitungen etc. müssen aber von der Service-Einheit an sich ohne Beachtung der internen Aufteilung erledigt werden. Ebenso vertreten sich die beiden Servicekräfte gegenseitig. Ich persönlich finde diese Handhabung gut.

  • Zitat von RitaGress

    So ganz genau kenne ich mich nicht aus, meine aber, dass bisherige "Schreibkräfte", die nunmehr in eine Service-Einheit eingebunden sind, eine bessere Vergütungsgruppe erreichen können, bei vollständiger Übernahme von Urkundsbeamtentätigkeiten nach entsprechender Fortbildung sogar hochgruppiert werden müssen.


    So ist es. Vielfach sind die Tätigkeiten in der Einheitssachbearbeitung lt. BAT in einer höheren Schwierigkeitsstufe angesiedelt und dann auch zwingend höher zu vergüten.
    Interessant in diesem Zusammenhang ist allerdings, daß der Schwierigkeitsgrad von den Behörden in den einzelnen Bundesländern teilweise unterschiedlich bewertet wird, so daß es zu unterschiedlichen Eingruppierungen in den verschiedenen Bundesländern kommen kann. Genau das sollte nach BAT (demnächst TVdL) nicht der Fall sein. Hier hilft nur ein starker Personalrat und ein klagefreudiger Angestellter, leider.

  • Bei der Schulung wurde z.T. die Auffassung vertreten, dass nicht nur mittlere Beamte und Angestellte Teil der Serviceeinheit sind, sondern auch der Richter und Rpfl zur Serviceeinheit gehört - wird wohl mancherorts in Bayern bereits tatsächlich so gehandhabt. Kannte ich bis dato auch nicht - soll aber von den Vorgaben her so angedacht und gewollt sein :gruebel: ...

  • Zitat von ettigirb

    Bei der Schulung wurde z.T. die Auffassung vertreten, dass nicht nur mittlere Beamte und Angestellte Teil der Serviceeinheit sind, sondern auch der Richter und Rpfl zur Serviceeinheit gehört - wird wohl mancherorts in Bayern bereits tatsächlich so gehandhabt. Kannte ich bis dato auch nicht - soll aber von den Vorgaben her so angedacht und gewollt sein :gruebel: ...



    Dürfte schwierig werden, da die Aufgaben von Richter und Rechtspfleger gesetzlich geregelt sind. Nur soweit es sich um Verwaltungssachen handelt wäre die Übernahme möglich. Ausnahme z. B. Auslandssachen - die werden lt. RPflG einfach zur Rechspflegertätigkeit erklärt.

  • Bei uns in Bayern gibt es eine neue Geschäftsstellenverordnung (in Kraft getreten am 1.3.2005). Da gibt es einen § 5, in dem steht:

    Die Richterinnen Richter, Staatsanwältinnen, Staatsanwälte, Rechtspflegerinnen, Rechtspfleger, Bewährungshelferinnen, Bewährungshelfer, Gerichtshelferinnen und Gerichtshelfer (Entscheidungsträger) und die Servicekräfte arbeiten kooperativ und teamorientiert zusammen. Die Entscheidungsträger machen die Kreativität und Erfahrung der Servicekräfte für die Verbesserung der Zusammenarbeit nutzbar (z.B. durch Mitwirkung in Qualitätszirkeln.

    Bei bedeutsamen personellen und organisatorischen Maßnahmen in Bezug auf Servicekräfte setzen sich die Vorgesetzten in geeigneter Weise mit den Entscheidungsträgern ins Benehmen.

    Soweit die Vorschrift.

    Interessant war hierzu der Entwurf, zu dem ich Stellung nehmen musste (ich hab leider den Entwurf nicht mehr und meine Stellungnahme!). Der Entwurf ging unter anderem davon aus, dass die Entscheidungsträger so eng mit den Servicekräften zusammen arbeiten sollten, dass diese auf dem Urlaubsantrag des Entscheidungsträgers mitunterzeichnen sollten.

    Diese Passage und noch andere sind dann doch nicht in die Vorschrift aufgenommen worden!:daumenrun

  • Zitat von AlterMann
    Zitat von ettigirb

    Bei der Schulung wurde z.T. die Auffassung vertreten, dass nicht nur mittlere Beamte und Angestellte Teil der Serviceeinheit sind, sondern auch der Richter und Rpfl zur Serviceeinheit gehört - wird wohl mancherorts in Bayern bereits tatsächlich so gehandhabt. Kannte ich bis dato auch nicht - soll aber von den Vorgaben her so angedacht und gewollt sein :gruebel: ...



    Dürfte schwierig werden, da die Aufgaben von Richter und Rechtspfleger gesetzlich geregelt sind. Nur soweit es sich um Verwaltungssachen handelt wäre die Übernahme möglich. Ausnahme z. B. Auslandssachen - die werden lt. RPflG einfach zur Rechspflegertätigkeit erklärt.



    Es wird -so habe ich es verstanden- mehr auf die Verwirklichung des "Team-Gedankens" abgestellt (erwünschte Konsequenzen: alle fühlen sich gemeinsam verantwortlich für die "gemeinsame" Arbeit der Serviceeinheit, Tranzparenz für den rechtssuchenden Bürger hinsichtlich der mit seinem Verfahren befassten Beteiligten, usw. usw.), als auf die tatsächliche gemeinsame Arbeit ... :)

  • Zitat von holletalfons


    Die Richterinnen Richter, Staatsanwältinnen, Staatsanwälte, Rechtspflegerinnen, Rechtspfleger, Bewährungshelferinnen, Bewährungshelfer, Gerichtshelferinnen und Gerichtshelfer (Entscheidungsträger) und die Servicekräfte arbeiten kooperativ und teamorientiert zusammen. Die Entscheidungsträger machen die Kreativität und Erfahrung der Servicekräfte für die Verbesserung der Zusammenarbeit nutzbar (z.B. durch Mitwirkung in Qualitätszirkeln.



    Das heißt doch eigentlich nur, das die Entscheidungsträger sagen, wo es lang geht, und die Servicekräfte machen ohne zu meckern ihre Arbeit.

    Oder habe ich da was falsch verstanden?

  • Zitat von AlterMann

    (...) Das heißt doch eigentlich nur, das die Entscheidungsträger sagen, wo es lang geht, und die Servicekräfte machen ohne zu meckern ihre Arbeit.

    Oder habe ich da was falsch verstanden?



    Nein, es bedeutet, dass alle in einem Boot sitzen.
    Die einen steuern, die anderen rudern. :teufel: :teufel: :teufel: :ironie:

  • :teufel: Ich will aber nicht mit anderen Boot fahren,

    und wenn, dann sollen die Ruderer so schnell rudern, dass ich dahinter Wasserski fahren kann.

  • also angeblich haben wir sie fast überall in nrw,die serviceeinheiten.

    grundgedanke war und ist die klassische arbeitsteilung zwischen kanzlei und geschäftsstelle aufzuheben,jeder macht fortan alles.
    der teamgedanke , auch ausgedehnt auf richter und rechtspfleger , sollte im übrigen für ein besseres miteinander , also teamarbeit führen.die arbeit der richter und rechtspfleger blieb selbstverständlich gleich.

    und wie immer entscheidet weniger die graue theorie als vielmehr das grüne leben...

    es gibt gut funktionierend einheiten und schlecht funktionierende,menschen die miteinander können und andere,überlastete einheiten und solche die ihre arbeit schaffen.

    profitiert haben gem den regeln des bat ausschließlich angestellte.

    also mithin ein erfolg dann , wenn die menschen miteinander können.und das galt schon immer ,auch ohne serviceeinheit.

  • Zitat von womü

    Nein, es bedeutet, dass alle in einem Boot sitzen.
    Die einen steuern, die anderen rudern.



    :wechlach: :daumenrau

    Also ich kenne den Begriff als Bezeichnung der Kanzlei- und Geschäftsstellenmitarbeiter (mittlerweile wahlweise "Servicekräfte" oder "Einheits-Sachbearbeiter" genannt) im Gegensatz zu den gerichtlichen Entscheidungsträgern (Richter und Rechtspfleger).

    Zitat von AlterMann

    und wenn, dann sollen die Ruderer so schnell rudern, dass ich dahinter Wasserski fahren kann.



    Das würde voraussetzen, dass alle Ruderer intellektuell dazu in der Lage sind, in dieselbe Richtung (vorwärts ./. rückwärts) zu rudern...

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Zitat von womü
    Zitat von AlterMann

    (...) Das heißt doch eigentlich nur, das die Entscheidungsträger sagen, wo es lang geht, und die Servicekräfte machen ohne zu meckern ihre Arbeit.

    Oder habe ich da was falsch verstanden?


    Nein, es bedeutet, dass alle in einem Boot sitzen.
    Die einen steuern, die anderen rudern. :teufel: :teufel: :teufel: :ironie:


    :beifallkl:laola :beifallkl

    Guten Morgäähhhnnn!
    Also eigentlich wollte ich gestern Abend einen Auszug der damals bei Einführung der Service-Einheiten vom OLG Karlsruhe ausgearbeiteten Profjektinformationen als Anlage beifügen, aber die nunmehr 15 eingescannten Seiten sind leider einfach zu groß! Nicht mal eine Seite nimmt er mir! :nixweiss:

    Dabei hatte ich es mir doch so gemütlich gemacht bei einem leckeren Glas Rotwein und im Hintergrund lief die RHCP-CD "Live in Wydepark".
    Habe schon mehrere Varianten ausprobiert - selbst heute Morgen -, aber die Dateigröße ist leider einfach immer noch zu groß! Sorry! :frustrier
    Es soll wohl nicht sein!

  • Zitat von VIP :-)

    [Es soll wohl nicht sein!



    Ist ja gut - aber das Thema "Serviceeinheit" ist doch wirklich zu schön.

    10 Leute - 10 Meinungen - und in der Praxis habe ich noch keine Einheit gesehen, die den Vorstellungen der Theorie entspricht.

    Man kann halt wunderbar darüber hetzen.

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