Berichtigung der Gesellschaftereintragung zu einem Anteil: GbR und das Amtsverfahren

  • Die GbR und das Amtsverfahren

    In fünf Teileigentumsgrundbüchern ist seit 1992 eine GbR eingetragen , bestehend aus drei Gesellschaftern. Einer ist verstorben. Der Erbe und die weiteren Mitgesellschafter (auch der Erbe ist Mitgesellschafter) beantragen die Berichtigung der Grundbücher auf die beiden verbliebenen Gesellschafter und reichen als Eintragungsunterlage die Erbscheinsausfertigung ein.

    Geht nicht, hören wir Euch schon rufen. Aber….sagen wir:

    Über den Berichtigungsantrag muss entschieden werden. Also wird erstmal nach §§ 22 und 82 GBO der Antrag und der Unrichtigkeitsnachweis geprüft. Antrag ok, den Antragstellern wird aber mitgeteilt, dass zum Unrichtigkeitsnachweis erst einmal einiges zu klären ist. Dies ist inzwischen geschehen. Das Ergebnis:

    1. Das Schicksal der Gesellschaft und des Anteils des Verstorbenen richtet sich nach dem Gesellschaftsrecht und nicht zuerst nach dem Erbrecht. Der Erbschein reicht also nicht aus und wird auch nur dann benötigt, wenn es eine erbrechtliche Nachfolgeklausel gibt.

    2. In den Grundakten befindet sich ein aus dem Jahre 1992 stammender Gesellschaftsvertrag in beurkundeter Form über die Errichtung dieser Gesellschaft mit u.a. folgender rechtsgeschäftlichen Nachfolgeklausel: Die Gesellschaft wird im Falle des Todes eines Mitgesellschafters mit den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt. Die Erben des Verstorbenen werden nach §… abgefunden.

    3. Eine Änderung dieses Vertrags gibt es nicht. Bisher reicht dazu der mündliche Vortrag aus.

    4. Eine beurkundete Vollmacht der Gesellschaft für einen Mitgesellschafter gibt es leider nicht.

    5. Zur Erhaltung der Wirtschaftlichkeit der in den Grundbüchern eingetragenen Teileigentumsrechte (Läden) ist demnächst die Eintragung einer Grundschuld notwendig.

    Jetzt kommen wir:

    1. den Erbschein brauchen wir nicht, zunächst.

    2. Ein Unrichtigkeitsnachweis für die Rechtsnachfolge für den einen Gesellschaftsanteil ist wegen der Unanwendbarkeit des § 899a BGB nicht möglich, ebensowenig irgendwelche Bewilligungen, egal von wem.

    3. Die Eintragung der Gesellschafter im Grundbuch ist falsch, das können wir nicht so lassen.

    4. Das Berichtigungszwangsverfahren nach § 82 GBO brauchen wir nicht, der Antrag ist ja gestellt. Darüber haben wir zu entscheiden.

    5. Wir können mit nichts durchsetzen, dass die Antragsteller die für die Berichtigung notwendigen Eintragungsunterlagen einreichen, weil dies nicht möglich ist, also taugt auch der Antrag nicht zu einer Eintragung. Zurückweisung?

    6. Anstelle der Zurückweisung des Antrags haben wir eine Lösung:

    Wir lesen Demharter, sämtliche Kommentierungen zu den §§ 82, 82a GBO, und finden die RNr. 24, nach der für den Fall, dass § 82 daran scheitert, dass ein Eigentumsübergang nicht in grundbuchmäßiger Form nachgewiesen werden kann (s. RNr. 19), für solche und ähnliche Fälle eine Berichtigung von Amts wegen nach § 82a GBO folgt. Über die Einleitung dieses Verfahrens aufgrund der Anregung (hier des Antrags) entscheidet das GBA nach pflichtgemäßem Ermessen.
    Wir entscheiden uns dafür und schon befinden wir uns im Amtsverfahren (§ 82a GBO).
    Dann lesen wir bei Demharter weiter in den Kommentierungen zu §§ 22 und 1 RNr. 51 ff., wie das mit den Nachweisen und dem Freibeweis so läuft ( haben wir an anderer Stelle: GbR und Richtigstellung der Eigentümereintragung auf eine OHG, vom 3.2.2011, schon mal etwas ausgeschmückt). Der Herr Böttcher hat dazu im neuesten RPfleger zum Amtsverfahren schöne Formulierungen veröffentlicht und im Hügel steht ähnliches.

    Kennt Ihr Entscheidungen oder Kommentare, die diesen Ausführungen zum Amtsverfahren und zu §82a GBO widersprechen? Habt Ihr selbst Gegenmeinungen? Seht Ihr einen Denkfehler?

    Für den Fall, dass kein Widerspruch kommt, wird hier folgendes geschehen:

    Die beiden verbleibenden Gesellschafter versichern an Eides statt, dass es keine Gesellschaftsvertragsänderung hinsichtlich des Anwachsens des Anteils des Verstorbenen an sie gibt. Rechtliches Gehör müssen wir nicht gewähren, da auch der Erbe Mitgesellschafter ist. Und dass er Alleinerbe ist, zeigt uns der Erbschein. Sodann stellen wir fest per Aktenvermerk, dass nach dem Gesellschaftsrecht materiellrechtlich der Anteil angewachsen ist und berichtigen das Grundbuch von Amts wegen dahin, dass Gesellschafter jetzt nur noch die beiden beantragenden Mitgesellschafter sind und ergänzen, dass es sich bei der Gesellschaft in allen fünf Grundbüchern um diejenige nach der UR Nr….. aus dem Jahre 1992 handelt.

    Schön, was? Dieser Fall ist das Salz in unserer Suppe.

    Wenn wir das nicht so durchführen, dann lehnen wir die Berichtigung von Amts wegen nach §82a GBO ab und die Gesellschafter können sich beschweren oder warten auf OLG, den BGH, ein Register für GbRs oder einen neuen Paragrafen in welchem Gesetz auch immer.

    Und nun antwortet nicht einfach, dass das genauso sei! Dieses Forum dient der Diskussion. Sollte unsere Lösung richtig sein, wenn kein Widerspruch kommt?!

  • Da "mein" OLG Zweibrücken (3 W 116/09, 3 W 128/10) schon bezüglich der Übertragung von Gesellschaftsanteilen und der Anwendung des § 899a BGB entschieden hat, würde ich noch nicht mal ins Amtsverfahren wechseln.
    Mit der Berichtigungsbewilligung gem. § 22 GBO der verbleibenden Gesellschafter und des ausgewiesenen Erben sowie der eidesstattlichen Versicherung, dass der vorliegende Gesellschaftsvertrag nicht geändert worden ist würde ich die Berichtigung eintragen.

  • Das Überwechseln ins Amtsverfahren ist eine Scheinlösung, weil man auch im Rahmen des Freibeweises nicht davon ausgehen kann, dass der Gesellschaftsvertrag nicht geändert wurde. Man müsste sich nämlich auch insoweit auf die bloße Behauptung der Beteiligten verlassen und deren eidesstattliche Versicherung würde unstreitig nur belegen, dass und mit welchem Inhalt sie abgegeben wurde, aber nicht, ob ihr Inhalt auch zutreffend ist. Mit anderen Worten: Der Freibeweis hilft nur, wenn die Grundbuchberichtigung lediglich daran scheitert, dass die Rechtslage nicht in grundbuchmäßiger Form nachgewiesen werden kann (Demharter § 83 Rn.24!), nicht aber, wenn sie überhaupt nicht und demzufolge auch nicht formlos nachgewiesen werden kann.

    Das wäre demnach der "Denkfehler".

    Somit fällt alles auf die Frage zurück, ob die Vermutung des § 899a S.1 BGB nur gilt, wenn eine Verfügung über das Recht (hier: das Eigentum) der GbR in Frage steht oder ob sie auch für die Rechtsinhaberschaft am Gesellschaftsanteil gilt, wenn es darum geht, ob er jemandem, der ihn überträgt, auch zusteht, oder ob er jemandem, der verstorben ist, auch bis zu seinem Tod zustand. Letzteres wird bekanntlich mittlerweile von einigen Oberlandesgerichten bejaht:

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post639069

    Folgt man dieser Ansicht, so sind im vorliegenden Fall zur Grundbuchberichtigung (= hier wohl: die Eintragung des Ausscheidens des Erblassers) folgende Unterlagen erforderlich:

    - Erbschein nach dem verstorbenen Gesellschafter;
    - Berichtigungsbewilligung der Erben;
    - Berichtigungsbewilligung der beiden noch lebenden Gesellschafter.

    Das sind die gleichen Berichtigungsvoraussetzungen wie vor der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR. Eine Berichtigung aufgrund Unrichtigkeitsnachweises kommt nicht in Betracht, weil nicht in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden kann, dass der vorliegende beurkundete Gesellschaftsvertrag bis zum Ableben des Erblassers nicht geändert wurde.

    Vertritt man dagegen die Ansicht, dass sich die Vermutung des § 899a S.1 BGB nicht auf Fragen erstreckt, die mit dem Gesellschaftsanteil als solchem zusammenhängen, ist der Grundbesitz der GbR res extra commercium.

    Eine dritte Möglichkeit gibt es nach meiner Ansicht nicht.

  • Vertritt man dagegen die Ansicht, dass sich die Vermutung des § 899a S.1 BGB nicht auf Fragen erstreckt, die mit dem Gesellschaftsanteil als solchem zusammenhängen, ist der Grundbesitz der GbR res extra commercium.



    Dann wunderst Du Dich also nicht, dass sich sämtlichen OLG der anderen Ansicht anschließen?

  • Sämtliche vielleicht nicht,
    --------------
    OLG Brandenburg, Beschluss vom 23.07.2010, Az. 5 Wx 47/10 (zur Anteilsübertragung: Anwendbarkeit des § 899a S. 1 BGB verneint, konkreten Nachweis der Gesellschafterstellung aber bejaht),
    --------------
    aber doch alle anderen, die sich bislang geäußert haben.

    Ob mich das wundert?

    Eigentlich nicht, denn wenn neben allen anderen Schwierigkeiten auch noch Anteilsübertragungen oder der neue Gesellschafterbestand nach dem Ableben von Gesellschaftern nicht mehr eingetragen werden könnten, kann man die durch das ERVGBG eingefügten GbR-Normen und damit gleichzeitig auch alle GbR's sofort vergessen.

    Das darf natürlich nicht sein - kein besonders starkes Argument, eigentlich überhaupt keines.

    Mal abwarten, ob und wie sich das bislang überaus kritische OLG Köln noch zu dieser Problematik äußert.

    Wenn es bei der sich bislang abzeichnenden Linie der OLG's bleibt und/oder diese Linie vom BGH bestätigt wird, dann konnte ich mich mit meiner Ansicht eben nicht durchsetzen. Damit muss man leben können. Es lebt sich damit allerdings nicht schlecht, wenn man sich andererseits -sozusagen zum Ausgleich- mit vielen anderen Ansichten zur GbR-Problematik von der Rechtsprechung bestätigt sieht.

  • Es ist das einzig ausschlaggebende Argument. Geht man davon aus, dass die GbR rechtsfähig ist und dass rechtsfähige Vereinigungen Eigentum haben bzw. ohne ihr Zutun erwerben können, dann unterliegt die Ansicht, dieses Eigentum sei komplett dem Rechtsverkehr entzogen.

    Das Problem, dass Normen unvollständig oder unklar formuliert werden, besteht schon länger. Man denke z.B. an das Arbeitskampfrecht, welches fast ausschließlich in Art. 9 III GG geregelt ist.

  • Das Problem bei §§ 82, 82a GBO ist, dass hinsichtlich der Unrichtigkeit des Grundbuchs vernüpftige Zweifel zu schweigen haben, was bei Vorlage einer Sterbeurkunde der Fall ist.

    Fraglich ist hier, auf welche Beweismittel das Grundbuchamt seine Kenntnsisse stützen kann:
    a) Verwertungsverbot nach § 29 GBO für sämtliche Beweise, die nicht Urkundsbeweis sind
    oder
    b) Beweis nach dem FamFG.

    Für b) spricht, dass § 29 GBO nicht im allgemeinen Teil zu finden ist, sondern in dem Teil der GBO, der sich mit dem Antragsverfahren befasst.

    Schließt man sich also b) an stellt sich eine weitere Frage:
    a) Freibeweis
    oder
    b) Strengbeweis (§ 30 FamFG).

    Da es hier um einen Grundrechteingriff (Stellung als Eigentümer) ist auf jeden Fall von einem Freibeweis abzusehen (vergl. Eickmann, Rpfleger 1979,172)

    Die Unrichtigkeit müsste durch eine förmliche Beweisaufnahme festgesellt sein.

    Und hier schließt sich eine neue Frage an:
    Wie kommt das Grundbuchamt zu einer förmlichen Beweisaufnahme?

    In dem Antragsverfahren nach § 13 GBO jedenfalls nicht:

    Wenn
    a) durch dienstlichliche Tätigkeit
    b) durch Zufallsfunde
    c) durch private Wahrnehmung
    Tatsachen bekannt werden, die es wahrscheinlich machen, dass der Buchberechtigte nicht der wahre Eigentümer ist, wird das Grundbuchamt in Ermittlungen nach pflichtgemäßen Ermessen eintreten vergl. Hügel Beck'scher Online-Kommentar Rn 12 zu § 82 GBO.

    Wird es also überwiegend wahrscheinlich, dass das Grundbuch unrichtig wird, muss das Grundbuchamt eine förmliche Beweisaufnahme durchführen.

  • Ich komme aus Zeitgründen erst jetzt auf meine Ausführungen zurück.

    Es wurde von Cormwell ausgeführt, dass ein Nachweis überhaupt nicht beigebracht werden kann.

    Das Überwechseln ins Amtsverfahren ist eine Scheinlösung, weil man auch im Rahmen des Freibeweises nicht davon ausgehen kann, dass der Gesellschaftsvertrag nicht geändert wurde. Man müsste sich nämlich auch insoweit auf die bloße Behauptung der Beteiligten verlassen und deren eidesstattliche Versicherung würde unstreitig nur belegen, dass und mit welchem Inhalt sie abgegeben wurde, aber nicht, ob ihr Inhalt auch zutreffend ist. Mit anderen Worten: Der Freibeweis hilft nur, wenn die Grundbuchberichtigung lediglich daran scheitert, dass die Rechtslage nicht in grundbuchmäßiger Form nachgewiesen werden kann (Demharter § 83 Rn.24!), nicht aber, wenn sie überhaupt nicht und demzufolge auch nicht formlos nachgewiesen werden kann.

    Hier liegt aber ein Denkfehler vor, den wir trennen und vom Nachweisverfahren im Antragsverfahren der GBO zum Beweisverfahren des FamFG.

    Hier ist jeder Beweis zu lässig und das Gericht in Grundbuchsachen hat die Beweise frei zu würdigen, es sei denn es liegen bindende Beweisregeln vor.

    Das Gericht in Grundbuchsachen kann daher aufgrund der Beweisaufnahme zu der Entscheidung kommen, dass der Gesellschaftsvertrag nicht geändert wurde.

    Natürlich gilt hier auch die Partei- bzw. Beteiligtenvernehmung.

    Als Zeugenbeweis kommen namentlich Arbeitnehmer, Steuerberater oder auch das zuständige Finanzamt in Frage.

    Urkundsabeweis sind die Eintragungsbewilligung aller eingetragener Gesellschafter und des neuen Gesellschafters.

    Als Sachverständige sind Insolvenzgutachter zu beauftragen. Im Insolvenzverfahren prüft der Gutachter die Beteiligungen an der Gesellschaft um ggf. die persönliche Haftung geltend zu machen. Das Gericht in Grundbuchsachen kann daher ein Sachverständigengutachten über die Beteiligungsverhältnisse an der Gesellschaft in Auftrag geben.

    Hierbei sind die nichtbestrittenen Tatsachen, die zugestandenen Tatsachen und die offenkundigen Tatsachen wie im ZPO-Verfahren nicht mehr beweisbedürftig.

    Die Beweislast trägt der das Verfahren anregende Beteiligte.

    Ein Problem mit §§ 899a, 892 BGB gibt es eben sowenig wie bei der Löschung nach §§ 84 GBO.

  • Die vorliegende Problematik hat mit den Normen des FamFG und des früheren FGG nur sehr am Rande zu tun, weil im Grundbuchverfahren nach der lex specialis des § 29 GBO grundsätzlich nur der Urkundenbeweis zulässig ist. Das ist unstreitig und deshalb hatte ich die Untauglichkeit des Freibeweises nur unter der Prämisse angesprochen, dass man seine Zulässigkeit unterstellt. Der Schwenk zu den Beweisregeln der ZPO geht im übrigen nicht nur mangels Rechtsgrundlage, sondern auch deshalb fehl, weil es im Grundbuchverfahren keinen "Gegner" gibt, der dem Antragsteller widersprechen könnte.

    Es kann auch keine Rede davon sein, dass das Grundbuchamt in amtswegige Ermittlungen eintreten müsste, wenn es die Vermutung des § 891 BGB für widerlegt hält. Es geht vielmehr lediglich von der erfolgten Widerlegung der Vermutung aus und gibt von diesem Standpunkt aus dem Antragsteller auf, wie er das aus der Widerlegung resultierende Eintragungshindernis beseitigen kann.

    Im übrigen können eintragungshindernde Tatsachen nicht mit Eintragungsvoraussetzungen verglichen werden. Letztere bedürfen stets des förmlichen Nachweises, erstere jedoch nie, weil sie das Gegenteil einer Eintragungsvoraussetzung darstellen.

    Das Bemühen des Freibeweises ist nur der Tatsache geschuldet, dass ein förmlicher Nachweis nicht möglich ist. Dabei wird aber übersehen, dass es für den Freibeweis auch eine Rechtsgrundlage geben muss. Diese mag der Gesetzgeber bei der GbR schaffen, wenn er auf die Verlässlichkeit des Grundbuchs keinen Wert mehr legt. Hat er aber bislang nicht getan.

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