Umgang mit Schuldnern

  • Ich bin grade etwas verärgert.

    Schuldnerin wohnt etwas außerhalb unserer Stadt. Das IK-Verfahren wird eröffnet, die Spaßkasse-vor-Ort sperrt das Konto.

    Es ruft mich die Familienbetreuerin an, zu welcher die Schuldnerin wohl in ihrer Verzweiflung gestürzt ist. Sie fragt mich in ziemlich zickigem Ton, warum das Konto gesperrt sei. Sie hätte ja wohl erwartet, dass die Schuldnerin da im Vorfeld einen Bescheid vom TH bekommt.

    Ich atme tief ein und erkläre ruhig, dass die Spaßkasse die Eröffnung wohl im www gelesen habe und dann üblicherweise die Konten erstmal bis zur Freigabe durch den TH sperrt.

    Sie schnoddert los, ich solle dann mal das Konto freigeben. Woraufhin ich selbstredend erläuterte, dass ich zumindest die Kontoauszüge der letzten drei Monate vor Antragstellung einsehen müsse. "Wie soll das denn gehen, die Schuldnerin hat doch kein Benzingeld und kann ja an ihr Konto nicht ran!" *pflaum*

    Ich: "Sie kann die Auszüge auch faxen."

    Sie: "Und wenn die Schuldnerin nun kein Fax-Gerät hat?" *schnodder*

    Ich: "Die Schuldnerin sitzt ja nun offensichtlich bei Ihnen und Sie könnten ihr da doch aushelfen, wenn Sie so freundlich wären."

    Sie: "Also das ist doch alles unzumutbar für Schuldner, wie da vorgegangen wird...." *mampf*

    Ich - nun doch etwas angepiXXt, aber dennoch beherrscht-ruhig: "Entschuldigen Sie bitte, was erwarten Sie denn jetzt, was der TH tun soll? Hinkommen?"

    Sie: "Nun werden Sie mal nicht zynisch." :eek:

    Das Fax kam in Null komma nix und die Freigabe ist raus. Wenn die Schuldnerin nun nicht gewusst hätte, was sie tun soll... aber die wusste sich ja offenbar zu helfen und ist zur Familienbetreuerin gegangen. Da erwarte ich doch dann etwas professionelleren Umgang. :mad:

  • Ruhig Blut - nicht aufregen. Letztendlich sitzt du ja am längeren Hebel.

    Und es bewahrheitete sich mal wieder:

    Wer was will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet Ausreden. Amen.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Wenn mein Schuldner ganz unheimlich pampig wird, dann weise ich gern mal darauf hin, dass ich wohl keinen Insolvenzantrag gestellt habe. Pampig kann ich auch.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Zwei Fragen hierzu:

    Nach §§ 115, 116 InsO dürfte der Geschäftsbesorgungsvertrag erlöschen, so dass ein Vertragsverhältnis zwischen der Bank und dem TH nicht besteht. Was sollte der TH da freigeben?

    Wenn etwas nicht in die Insolvenzmasse fällt, dann muss man es nicht freigeben. Oder habe ich hier was verpasst?

    Dies wäre mal einen neuen Thread wert, da dieses Theman mich schon lange mal interessiert.

  • Rainer, hätte ich diese Fragen der Dame gestellt, wäre sie wohl durch´s Telefon direkt auf meinen Schreibtisch gesprungen. "Nö, kann ich nicht freigeben, fällt gar nicht in die Masse. Die Schuldnerin kann sich eine neue Bank suchen, das mit dem Konto ist jetzt eh gelaufen. Gucken Sie mal in die InsO." :strecker

    Die Bank möchte einfach eine Erklärung, dass die Schuldnerin das Konto weiterführen darf und der TH keine Rechte dran geltend macht. Alles nur rein formal, aber ist hier halt so. Ist doch auch gar kein Problem, gerade bei der Spaßkasse-vor-Ort nicht.

    Gegs:
    Ich darf nicht pampig, hier gehen die Schuldner zum Gericht und beschweren sich über mich. Und nicht, weil ich pampig war, sondern weil ich sagte, ich brauche Unterlagen und Geld, ansonsten ist Schluss mit Insolvenzverfahren. Schon zwei Mal durch. Am Ende gibt´s keine Aufträge mehr. Geht auch nicht. :/

  • Der Insolvenzschuldner kann (konkludent) einen neuen Geschäftsbesorgungsvertrag mit der Bank schließen. Freigegeben wird meines Erachtens auch nicht der Vertrag, sondern das Kontoguthaben bzw. der Auszahlungsanspruch. Sofern dieser ohnehin nicht zur Masse gehört, halte ich eine deklaratorische Freigabe für möglich.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Von "haben wir schon immer so gemacht" halte ich aber nichts. Die Insolvenz ist nunmal kein Wunschkonzert.

    Doch, in diesem Falle schon. Wir ersparen dem Schuldner, dass er sich ´ne neue Bank suchen muss oder im Zweifelsfall künftig gar kein Konto hat. Die Spaßkasse-vor-Ort übernimmt immer unsere Schuldner, wenn die woanders kein Konto mehr kriegen - selbst wenn da Forderungen der Spaßkasse-vor-Ort sind. Und die Bank weiß, dass wir uns für das Konto nicht interessieren. Alles in Ordnung soweit. Die Bank weiß auch, wie das eigentliche Procedere ist.

    Ich hätte der Dame vom Amt auch die ganze Wahrheit sagen können. Aber der Schuldnerin wäre damit nicht geholfen gewesen. Ich hätte ihr auch weitschweifig erklären können, dass wir eigentlich gar nichts müssen, weil.... (guckst du InsO). Aber ich gebe mir immer Mühe nett zu sein und die Probleme zu lösen. Es war ja das Problem der Schuldnerin und nicht das der Familienbetreuerin. Die hat´s aber zu ihrem Problem gemacht.

  • Gegs:
    Ich darf nicht pampig, hier gehen die Schuldner zum Gericht und beschweren sich über mich. Und nicht, weil ich pampig war, sondern weil ich sagte, ich brauche Unterlagen und Geld, ansonsten ist Schluss mit Insolvenzverfahren. Schon zwei Mal durch. Am Ende gibt´s keine Aufträge mehr. Geht auch nicht. :/

    Sorry, das geht ja so gar nicht. Da tust Du mir leid.

    Ich habe neulich es andersrum gehabt: Der Schuldner kam mir blöd (Ich sag nicht, wo mein Auto steht!), was ich im Erstbericht auch so durchscheinn hab lassen. Das gericht hat dann freundlich nachgefragt, ob die mal unter Androhung der Kostenstundung nachfragen soll. Das fand ich echt klasse und so stell ich mir eine gute Zusammenarbeit Gericht - TH vor.

    Ansonsten sind die Kontoauszüge ja auch eine wahre Schatzgrube an INformationen. Neulich habe ich die Vermieteranschrift (sag ich Ihnen nicht!) über die Kontoauszüge rausgefunden. :teufel:

  • Gegs:
    Ich darf nicht pampig, hier gehen die Schuldner zum Gericht und beschweren sich über mich. Und nicht, weil ich pampig war, sondern weil ich sagte, ich brauche Unterlagen und Geld, ansonsten ist Schluss mit Insolvenzverfahren. Schon zwei Mal durch. Am Ende gibt´s keine Aufträge mehr. Geht auch nicht. :/

    Sorry, das geht ja so gar nicht. Da tust Du mir leid.

    Ich habe neulich es andersrum gehabt: Der Schuldner kam mir blöd (Ich sag nicht, wo mein Auto steht!), was ich im Erstbericht auch so durchscheinn hab lassen. Das gericht hat dann freundlich nachgefragt, ob die mal unter Androhung der Kostenstundung nachfragen soll. Das fand ich echt klasse und so stell ich mir eine gute Zusammenarbeit Gericht - TH vor.

    Ich bin dazu übergegangen, den Schuldnern nicht mehr nachzulaufen. Reagieren sie nicht auf erste Anforderung, wird beim AG "gepetzt". Keine längeren Telefonate mehr, keine zweite Aufforderung. Fertig.

    Wenn nach einem längeren Telefonat und meinen Hinweisen ("Ja schlimm, dass Sie Probleme haben, aber wir müssen nebenher auch das Inso-Verfahren sauber über die Bühne kriegen") eine handschriftliche Beschwerde ans Gericht folgt (ich bin böse, hab nicht ausreichend Verständnis bli bla blub) und unsererseits eine längere Stellungnahme erforderlich wird, bin ich aus der Nummer raus. Das tut man sich zwei Mal an, ein drittes Mal nicht mehr. Vor allem wenn dann eine längere auftragsfreie Zeit folgt, in der ich mir bereits Gedanken um meinen Job mache, weil ich eben hier die kleinen Verfahren bearbeite.

    Keine Ahnung, ob sich anderswo Schuldner nicht beschweren. Sie werden sich jedenfalls dann nicht mehr beschweren, wenn sie immer sofort Post vom Amtsgericht kriegen. Das kann ich auch - auch wenn das eigentlich nicht so meine bevorzugte Verfahrensweise ist.

    Ich warte auf den ersten Anruf eines Schuldners, der sich beschwert, dass ich mich beschwert habe. "Sie hätten doch telefonisch erinnern können." :cool:

    Leider fragt keiner nach den 500 Schuldnern, die sich nicht beschweren. Es fallen dann die beiden auf, die sich unverstanden fühlen. :)

  • Rainer korrigier mich, aber das Problem ist doch ein anderes. Meine Gerichte nehmen solche Unmutbekundungen der Insolvenzschuldner zur Kenntnis, ohne dass es für Treuhänder / Verwalter gleich negative Auswirkungen und einen Liebesentzug zur Folge hat.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Wenn ich mich mal ernsthaft dazwischenschalten darf. ich nehme solche Unmutsbekundungen nicht so persönlich oder gegen den TH bzw. InsOVerwalter. So ein Insolvenzverfahren ist ja gerade bei Eröffnung doch eine sehr große Belastung für viele Schuldner. Und jeder mag sich nur mal vorstellen, wenn das Konto dicht ist und es geht gen Wochenende und man kommt einfach an kein Geld. Ich hatte mal meine PIN zerschossen und da war schon "Holland in Not", weil die Banken Nachmittags geschlossen hatten. Ich denke ja eigentlich, sollen sie mich halt mal beschimpfen, wenn sie sich dann besser fühlen (auch wenn ich nix dafür kann und nix dagegen machen kann);).

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • @ Mosser:

    Kann man machen, wenn sich ein Schuldner nur sporadisch an einen wendet und man voraussichtlich nach dem Telefonat nie wieder was von dem hört. Wenn man aber künftig noch regelmäßig mit der betreffenden Person zu tun hat, dann ist es ratsam, von Anfang an den respektvollen Umgang einzufordern. Wenn man sich im Laufe der Zeit aneinander gewöhnt hat, kann man immer noch die Zügel wieder behutsam lösen und lockerer werden.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

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