Freigabe durch Inso-Verwalter



  • Wenn irgendein anderes Fachgebiet meine Arbeit berührt, mit dem ich vorher nichts zu tun hatte oder von dem ich meine, mich damit nicht auszukennen, versuche ich, mich zumindest reinzudenken. Der erste Weg ist der ins Gesetz, der zweite Weg wäre hierher ins Forum: Hallo ich bin der Grundbuch-Depp und muss mal was wissen, dies und das hab ich schon gerafft, den Rest bitte ich, mir dau-gemäß zu erläutern. Mit § 29 GBO hab ich mich kürzlich auch beschäftigt. Im Gegenzug hätte ich mir einen Blick in die InsO gewünscht. Und wenn mir einer beim Erklären hier Paragrafen um die Ohren haut und Entscheidungen, dann lese ich mir die durch, dazu werden sie ja angeboten. Ich muss schließlich mein Problem lösen und es nicht irgendwie verlagern. Kann ich machen, kommt aber als Bumerang irgendwann zurück.

    Und Insolvenzschuldner gibt es in dieser Bundesrepublik mindestens genausoviele wie Grundstückseigentümer - davon sind ´ne Menge halt in doppelter Funktion unterwegs: Inso-Schuldner und Grundstückseigentümer. Das lässt sich leider nicht ändern.

  • Der Sachverhalt zu meinem Problem ist folgender:

    A ist Eigentümer lt. GB.
    In Abt. II war ein Insolvenzvermerk eingetragen, dieser wurde auf Ersuchen des Insolvenzgerichts gelöscht (Insolvenzgericht sind wir nicht, somit scheidet das launige Kaffeetrinken aus).
    Jetzt wird eine Zwasi beantragt.

    Grundbuchliche und zwangsvollstreckungsrechtliche Voraussetzungen:
    Voreintragung des Schuldners laut Titel?: JA.
    Grundstück korrekt bezeichnet im Antrag?: JA.
    Mindestbetrag von 750,01 Euro erreicht?: JA.
    (Titel i.O.?: JA, Zustellung erfolgt: JA. Da es sich um einen VB handelt und die Ausnahmen des § 796 ZPO (unter 100 im Schönfelder) wohl nicht zutreffen ist keine Klausel nötig.)

    Und wenn ich den § 89 InsO richtig lese, speziell Absatz 3 (!) ist es - nach meiner bescheidenen Auffassung - nicht Aufgabe des Grundbuchamtes, eine weitere Prüfung vorzunehmen.


  • Und wenn ich den § 89 InsO richtig lese, speziell Absatz 3 (!) ist es - nach meiner bescheidenen Auffassung - nicht Aufgabe des Grundbuchamtes, eine weitere Prüfung vorzunehmen.


    Das sehe ich nicht so. Der Abs. 3 des § 89 InsO sagt nur, dass über Vollstreckungserinnerungen pp., die sich auf die Vollstreckungssperre stützen, nicht das Vollstreckungsgericht sondern das Insolvenzgericht zuständig ist. Das bedeutet doch nicht, dass das Vollstreckungsverbot grundsätzlich unbeachtlich wäre.

    Wie ich weiter oben schon mal sagte bin ich für eine nicht-rangwahrende Verfügung nach § 139 ZPO mit dem Inhalt, dem Vollstreckungsgläubiger aufzugeben, nachzuweisen, dass es sich entweder nicht um eine Insolvenzforderung i.S.d. § 89 InsO handelt oder das Insolvenzverfahren beendet ist und die vollstreckte Forderung nicht nach § 301 InsO wegen evtl. erteilter RSB erloschen ist. Form: § 29 GBO.

    (Ich denke, dann wird der Antrag zurückgenommen.)

    Ulf

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    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Dann solltest Du zwei Sachen prüfen:

    1. Nachschauen im Internet, in welchem Verfahrensstadium sich das Insolvenzverfahren befindet. Findet man gar nichts im Internet (aber Vorsicht: Detailsuche anklicken!), ist das schön, denn dann ist das Insolvenzverfahren aufgehoben bzw. es ist RSB erteilt. Könnte aber ein Anruf beim Insolvenzgericht nicht schaden. Dann darf jeder wieder vollstrecken (im Falle der RSB muss der Schuldner Vollstreckungsgegenklage erheben - ist aber nicht Dein Problem).

    Läuft noch das Insolvenzverfahren bzw. die Wohlverhaltensperiode:

    2. Prüfen, ob Insolvenzgläubiger oder Neugläubiger. Das ergibt sich aus dem Titel (wurde oben schon erläutert). Insolvenzgläubiger (Forderung muss vor Eröffnung entstanden sein) darf nicht vollstrecken. Also zurückweisen oder evtl. Gläubiger anhören und Rücknahme anregen. Neugläubiger dürfen nach wohl hM immer in insolvenzfreies Vermögen vollstrecken.

    Kleiner Tipp: Falls Du dir unsicher bist, ruf einfach bei dem zuständigen Insolvenzgericht an. Die sollten den Verfahrensstand kennen und wissen, was mit der Immobilie passiert ist.

  • Vielleicht sollte/müsste man dem vollstreckenden Gläubiger per Vfg. nach § 139 ZPO aufgeben, nachzuweisen, dass es sich entweder nicht um eine Insolvenzforderung handelt oder dass die Vollstreckungsverbote nicht mehr greifen, weil das Verfahren z.B. beendet ist.


    Das genau ist die Frage! Denn diese Aufforderung (wenn man sie denn machen muss???) wäre nicht rangwahrend. Und damit begebe ich mich auf noch dünneres Eis. Denn wenn ich sage: Ich muss das prüfen, dann darf dem Gläubiger durch diese Prüfung doch (auch rangmäßig) kein Nachteil entstehen. Stell Dir mal vor, zeitlich nach der Zwasi geht ein Antrag auf Eintragung einer "normalen" Grundschuld über 5 Mio ein, der Schuldner hat bewilligt (darf er doch, Insolvenzvermerk ist ja raus!) oder der Verwalter hat unter Vorlage seiner Bestellung bewilligt, völlig egal. Und auch ansonsten ist die Urkunde in Ordnung.

    Mit der Umschreibung des Grundbuchs lügt man sich nur in die eigene Tasche. Denn da man weiß, dass das Problem im alten Blatt bestand und mangels irgendwelcher anderweitiger Anhaltspunkte auch im neuen Grundbuchblatt fortbesteht, kann man sich nicht auf ein Nichtwissen zurückziehen, das in Wahrheit ein Wissen bei bloßem Vergessenwollen darstellt.

    Ich vergesse automatisch, ich muss das nicht mal wollen.

    Zitat von Cromwell

    Solange man die Problematik nicht einer grundlegenden Untersuchung unterzieht, die alle denkbaren Fallgestaltungen einer schlüssigen Lösung zuführt, wird man über eine bloße Problembeschreibung nicht hinauskommen.

    Ich versuche es seit einigen Tagen, diese Problematik einer grundlegenden Untersuchung zu unterziehen. Es will nur einfach nicht glücken.

  • Vielleicht sollte/müsste man dem vollstreckenden Gläubiger per Vfg. nach § 139 ZPO aufgeben, nachzuweisen, dass es sich entweder nicht um eine Insolvenzforderung handelt oder dass die Vollstreckungsverbote nicht mehr greifen, weil das Verfahren z.B. beendet ist.


    Das genau ist die Frage! Denn diese Aufforderung (wenn man sie denn machen muss???) wäre nicht rangwahrend. Und damit begebe ich mich auf noch dünneres Eis. Denn wenn ich sage: Ich muss das prüfen, dann darf dem Gläubiger durch diese Prüfung doch (auch rangmäßig) kein Nachteil entstehen.


    Ah ja, interessant. Einerseits willst Du durch die fragwürdige Methode der Umschreibung evtl. Schuldner bzw. (andere) Inso-Gläubiger ohne Rechtsgrundlage benachteiligen aber andererseits hast Du Angst, dem Antragsteller Dinge abzuverlangen, die möglicherwiese so nicht begründet sein könnten. :cool:

    @ Astaroth:
    Was ist, wenn relevante VÖ im Internet schon gelöscht (verfrüht) wurden?

    Unabhängig davon herrscht hier Beibringungsgrundsatz, so dass m.E. der Antragsteller die Infos zu beschaffen hat. Das GBR ermittelt nicht von sich aus.

    Ulf

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  • [Das genau ist die Frage! Denn diese Aufforderung (wenn man sie denn machen muss???) wäre nicht rangwahrend. Und damit begebe ich mich auf noch dünneres Eis. Denn wenn ich sage: Ich muss das prüfen, dann darf dem Gläubiger durch diese Prüfung doch (auch rangmäßig) kein Nachteil entstehen.



    Nein, eben nicht.
    Deine Prüfung erstreckt sich doch nur darauf, ob ein Vollstreckungshindernis besteht oder nicht.
    Und bei einem Vollstreckungshindernis hast du doch nie eine Rangwahrung...

    Im Übrigen finde ich die "Lösung" mit der Umschreibung auf ein neues Blatt nach Löschung des Insovermerks mehr als grenzwertig.
    Zum einen bist du auf dem neuen Blatt trotzdem bösgläubig und kannst dich nicht rausreden, du wüsstest davon nix, dass ein Vermerk im GB stand, zum anderen dürfte praktisch die Umschreibung eines vollen Grundbuchs (haufenweise Rechte in Abt. II und III) länger dauern, als sich intensiv mit der Inso zu befassen...

  • Ah ja, interessant. Einerseits willst Du durch die fragwürdige Methode der Umschreibung evtl. Schuldner bzw. (andere) Inso-Gläubiger ohne Rechtsgrundlage benachteiligen aber andererseits hast Du Angst, dem Antragsteller Dinge abzuverlangen, die möglicherwiese so nicht begründet sein könnten. :cool:

    Warum ist denn die Umschreibung nun "fragwürdig"? In nahezu jedem Fall, in dem im GB ein K-Vermerk oder ein Inso-Vermerk stand, der gelöscht ist, beantragen die Eigentümer die Umschreibung (irgendwie verständlicherweise). Und ich will niemanden "ohne Rechtsgrundlage benachteiligen", deswegen frage ich ja hier penetrant. Mir selber schon peinlich. :oops:

    Zitat von Ulf

    Unabhängig davon herrscht hier Beibringungsgrundsatz, so dass m.E. der Antragsteller die Infos zu beschaffen hat. Das GBR ermittelt nicht von sich aus.

    ... sondern geht davon aus, dass der Antragsteller Dinge beibringen muss, die er vielleicht gar nicht beibringen muss? Das muss er nämlich nur, wenn ich das prüfen muss. Und eben das weiß ich nicht!

  • Zum einen bist du auf dem neuen Blatt trotzdem bösgläubig und kannst dich nicht rausreden, du wüsstest davon nix, dass ein Vermerk im GB stand, zum anderen dürfte praktisch die Umschreibung eines vollen Grundbuchs (haufenweise Rechte in Abt. II und III) länger dauern, als sich intensiv mit der Inso zu befassen...



    Dann sag mir doch bitte, bitte, wie Du solche Sachen handhabst. Ich frage ja seit Tagen nichts anderes. :oops:

  • Nicht die Umschreibung an sich ist fragwürdig sondern der Hintergrund, vor dem Du sie vornehmen willst. Siehe dazu auch die Aussagen von Cromwell und rpfl_nds.

    Übrigens werden hier grundsätzlich keine Grundbücher wegen K- oder Inso-Vermerken umgeschrieben. Und es gibt auch kein entsprechendes Antragsrecht der Eigentümer.

    Dass das GBA das evtl. noch bestehende Vollstreckungsverbot zu beachten hat, hat Cromwell sehr schön ausgeführt. Allein die Löschung des Vermerks besagt eben nicht, dass das Verbot nicht mehr besteht.
    Deshalb hätte ich in diesen Fällen auch kein großes Problem damit, weitere Dinge vom Ast. zu verlangen.
    Außerdem hat er die Möglichkeit, gegen meine Vfg. Beschwerde einzulegen.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
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  • Und wenn ich den § 89 InsO richtig lese, speziell Absatz 3 (!) ist es - nach meiner bescheidenen Auffassung - nicht Aufgabe des Grundbuchamtes, eine weitere Prüfung vorzunehmen.



    § 89 III InsO greift erst bei Einwendungen gegen die Vollstreckungsmaßnahme: Wenn Erinnerung eingelegt wurde und du nicht abhilfst, dann geht´s zum Inso-Gericht.

    Was für ein Titel wurde denn dem ZwaSiHyp-Antrag beigefügt? Von wann datiert der und von wann datiert die Insolvenzeröffnung? Das sind schon mal die beiden Daten, an denen zu messen kannst, ob der Antragsteller ein Insolvenzgläubiger ist. Datiert der Titel vor Eröffnung, hast du definitiv einen Insolvenzgläubiger im Sinne von § 38 InsO (Legaldefintion des Insolvenzgläubigers!) vor dir.

    Weiterhin gilt § 89 InsO für deine Angelegenheit wohl nicht mehr, da das Verfahren bereits in der RSB-Phase ist, das Insolvenzverfahren ist aufgehoben und es läuft die sogenannten Wohlverhaltenphase. Dann ist § 294 InsO maßgebend: Kein Insolvenzgläubiger i.S.d. § 38 InsO darf die ZV betreiben. Also als erstes wieder Datenabgleich zwischen Titel und Eröffnungsbeschluss.

    Cromwell:
    Wow! Klasse!

  • Übrigens werden hier grundsätzlich keine Grundbücher wegen K- oder Inso-Vermerken umgeschrieben. Und es gibt auch kein entsprechendes Antragsrecht der Eigentümer.



    So kenne ich das auch. Mir geistert dabei der Begriff der "Grundbuchwäsche" durch den Kopf...

  • Was mache ich denn mit folgendem Fall?

    Im GB ist der Insolvenzvermerk eingetragen, der Insolvenzverwalter verkauft nun das Grundstück ( mit AV und Vorabbelastungsvollmacht).
    Aus der Urkunde ergibt sich, dass der Insolvenzverwalter mit Eingang des vollständigen Kaufpreises auf dem Verwalterkonto den gesamten Grundbesitz aus der Insolvenzmasse freigibt!

    Wie soll ich denn jetzt prüfen, wann der Insolvenzverwalter und wann der Schuldner, der im Übrigen bei der Beurkundung nicht mitgewirkt hat, verfügungsbefugt ist?:confused:

  • Aus der Urkunde ergibt sich, dass der Insolvenzverwalter mit Eingang des vollständigen Kaufpreises auf dem Verwalterkonto den gesamten Grundbesitz aus der Insolvenzmasse freigibt!


    Gemeint ist wohl hier nicht eine Freigabe an den Schuldner sondern die Übergabe an den Käufer (Besitzeinweisung).

    Freigabe an den Schuldner müsste ja auch diesem gegenüber erklärt werden und da der aber ja nicht dabei war, wäre die Freigabe an ihn ohnehin so nicht möglich, denke ich.

    Ulf

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    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass die Besitzeinweisung damit gemeint ist, der dieser Satz im gleichen Absatz mit der Löschungsbewilligung des Insolvenzverwalters bezüglich des Insolvenzvermerks steht.

    Irgendwie widerstrebt es mir, diesen Satz einfach zu ignorieren, auch wenn wohl keine wirksame Freigabe vorliegt.

  • Wie Ulf. "Unechte Freigabe". Nicht, weil das Grundstück schon massefremd ist, sondern weil es das mit Vollzug der Auflassung sein wird. Ist denn im Kaufvertrag die Auflassung schon enthalten? Dann kommt es auf den Schuldner ohnehin nicht mehr an.

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