§ 17 GBO bei einstweiliger Verfügung

  • Um den Sachverhalt vollständig zu schildern, muss ich leider etwas ausholen (aber bevor ich sonst evtl. etwas Wichtiges übersehe, mache ich das hier lieber):

    1994 teilten die Miteigentümer A - E ihr Grundstück in Wohnungseigentum und ließen dann die Einheiten an die einzelnen teilenden Eigt. auf, so dass danach jeder (also A bis E) jeweils Eigentümer einer Einheit war.

    Die damalige notarielle Urkunde enthielt sowohl die Teilungserklärung als auch die einzelnen Übertragungen der Einheiten. Ferner wurde am Schluss ein "schuldrechtliches Vorkaufsrecht für die übrigen Miteigentümer gemeinschaftlich nach § 513 BGB" sowie eine schuldrechtliche Verpflichtung, die Einheit für 30 Jahre nicht zu veräußern, vereinbart.
    Eine Veräußerungsbeschränkung nach § 12 WEG wurde jedoch nicht getroffen.

    Am 18.09.2012 verkauft nun A seine Einheit in notarieller Urkunde an X und Y (zu je 1/2). Von den oben genannten schuldrechtlichen Beschränkungen wird kein Wort gesagt.

    Am 25.09.2012 wird die Vormerkung für X u. Y eingetragen.

    Kurz darauf meldet sich B (durch seinen RA) zur Akte und teilt mit, dass die Veräußerung für 30 Jahre ausgeschlossen wurde und dass zudem die anderen Eigentümer nicht aufgefordert wurden, sich zu dem VorkR zu äußern.

    Am 29.09.2012 geht um 8 Uhr der vollzugsreife Antrag auf Eigentumsumschreibung ein.
    Am selben Tag geht um 15.30 Uhr ein Ersuchen des Zivilgerichts aufgrund einstweiliger Verfügung ein.

    Die einstweilige vom 29.11.2012 Verfügung lautet:

    In ...

    B

    gegen

    A

    wird auf die mündliche Verhandlung vom 29.11.2012 im Wege der einstweiligen Verfügung angeordnet:

    1)
    In Abt. II des Grundbuchs von ... zu lasten des Wohnungseigentums ... und zu Gunsten des B wird eine Vormerkung zur Sicherung des im Rahmen der notariellen Urkunde ... [Teilungserklärung] enthaltenen Verfügungsverbotes eingetragen.

    2)
    In Abt. II des Grundbuchs von ... zu lasten des Wohnungseigentums ... im Rang nach dem vorstehend beantragten Verfügungsverbot und zu Gunsten des B sowie den jeweiligen Miteigentümern der übrigen Miteigentumsanteile wird eine Vormerkung zur Sicherung des im Rahmen der notariellen Urkunde ... [Teilungserklärung] vereinbarten gemeinschaftlichen Vorkaufsrechts eingetragen.

    3)
    Das GBA soll um Eintragung ersucht werden.

    ...

    Fragen:

    Sehe ich es richtig, dass ich nach § 17 GBO den Antrag auf Eigentumsumschreibung als erstes zu erledigen habe?

    Macht es hier einen Unterschied, ob nach Ziffer 1 der eV tatsächlich eine Vormerkung oder vielleicht eher ein gerichtliches Veräußerungsverbot iSd § 136 BGB handelt?
    Ich denke, dass das für die Erledigungsreihenfolge keinen Unterschied macht.

    Sofern der Antrag auf Eigentumsumschreibung als erstes zu erledigen wäre, bliebe nur die Zurückweisung des Ersuchens des Zivilgerichts. Richtig?

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Sehe ich es richtig, dass ich nach § 17 GBO den Antrag auf Eigentumsumschreibung als erstes zu erledigen habe?

    Macht es hier einen Unterschied, ob nach Ziffer 1 der eV tatsächlich eine Vormerkung oder vielleicht eher ein gerichtliches Veräußerungsverbot iSd § 136 BGB handelt?
    Ich denke, dass das für die Erledigungsreihenfolge keinen Unterschied macht.

    Sofern der Antrag auf Eigentumsumschreibung als erstes zu erledigen wäre, bliebe nur die Zurückweisung des Ersuchens des Zivilgerichts. Richtig?


    Das sehe ich genauso.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Was gebe ich denn als Grund für die Zurückweisung an?

    Genügt, dass nach § 17 GBO vorrangig die Eigentumsumschreibung auf X und Y zu vollziehen war und dass damit der Verfügungsgegner nicht mehr als betroffener Eigentümer voreingetragen ist?

    Und würdet Ihr das ersuchenden Zvivilgericht als Beteiligten in den Beschluss aufnehmen?

    ---

    @ 45:

    Die "merkwürdige" Formulierung in dem Beschluss wäre auch noch so ein Problem. Aber bei einer zurückweisung braucht micht das wohl nicht mehr zu kümmern. :D

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Grund für die Zurückweisung ist, dass sich die e.V. und damit die Vormerkung nicht mehr gegen den eingetragenen Eigentümer richtet.

    Da das Ersuchen von Zivilgericht kommt, ist an dessen Adresse zurückzuweisen, und es stellt sich eher die Frage, ob der Verfügungskläger/dessen Anwalt noch etwas bekommt. Wobei ich denen eine Mitteilung schicken würde.

    Die merkwürdige Formulierung wäre evtl. doch aufzunehmen (zumindest als "darauf kommt es nicht mehr an"), weil auch in Zurückweisungsbeschlüssen alle Hindernisse aufzunehmen sind. Denn wenn ein Rechtsmittel gegen die Zurückweisung erfolgreich ist, sollten nicht erst anschließend weitere Hinderungsgründe benannt werden.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Es ist m.E. auch schlimmer als nur seltsam formuliert. Zum umgekehrten Fall habe ich gefunden (aus Staudinger/Gursky § 885 Rn 37):

    "Ihrem Inhalt nach muß die einstweilige Verfügung die Eintragung einer Vormerkung anordnen; eine einstweilige Verfügung, die statt dessen die Eintragung eines Veräußerungsverbotes anordnen würde, könnte für § 885 nicht genügen (Rosenberg Anm II 4; Planck/Strecker Anm 2a γ [mit der Einschränkung “es sei denn, daß sich aus der einstweiligen Verfügung ergibt, daß eine Vormerkung gemeint ist“])."

    Nach dem Wortlaut der Entscheidung geht es aber eindeutig um die unzulässige (vgl. § 137 BGB) Sicherung einer schuldrechtlichen Verfügungsbeschränkung und die Vormerkbarkeit des Anspruchs ist auch bei einer einstweiligen Verfügung zu prüfen (vgl. Palandt/Bassenge § 885 Rn 14). Eine Umdeutung in ein Veräußerungsverbot (§ 938 Abs. 2 ZPO) wird nicht gehen.

  • Okay, danke für die hilfreichen Hinweise! Damit komme ich wohl weiter...

    :daumenrau:daumenrau:daumenrau

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Und schick dem Prozessgericht mal einen Ausdruck des § 883 BGB, damit die nachlesen können, welche Ansprüche durch eine Vormerkung gesichert werden können und welche nicht. Dann hätten die vielleicht erkannt, dass ein gerichtliches Veräußerungsverbot nach § 136 BGB einzutragen gewesen wäre und eine Vormerkung zur Sicherungs des Anspruchs auf Eintragung des Vorkaufsrechts. Leider schreiben die Gerichte in dieses Fällen immer die dummen Anträge der Rechtsanwälte ab, anstatt vorher mal eine Aufklärungsverfügung zu erlassen. Schön, dass das Ersuchen zu spät kam.

  • "..Am 29.09.2012 geht um 8 Uhr der vollzugsreife Antrag auf Eigentumsumschreibung ein.Am selben Tag geht um 15.30 Uhr ein Ersuchen des Zivilgerichts aufgrund einstweiliger Verfügung ein....für mich eindeutig: der eintragungsfähige Eigentumsumschreibung muß vollzogen werdenund das später eingegangene Ersuchen muß zurückgewiesen werden, auch für die Erledigung eines Ersuchens gilt § 17 GBO, s. § 38 Anmerkung 75 im GBO Demharter, 28. Aufl.auch ein Ersuchen kann zurückgewiesen werden, der Beschluß ist der ersuchenden Behörde bekanntzumachen, damit er wirksam wird, s. § 18 Anmerkung 14 a.a.O, § 40 I FamFG


    bin viel zu spät dran, sorry, habe die vorhergehenden Antworten gar nicht gesehen...

    2 Mal editiert, zuletzt von Bernstein (4. Dezember 2012 um 08:05) aus folgendem Grund: Blindheit am Morgen bringt unnütze Sorgen

  • Leider schreiben die Gerichte in dieses Fällen immer die dummen Anträge der Rechtsanwälte ab, anstatt vorher mal eine Aufklärungsverfügung zu erlassen.


    Ja, wurde fast wortwörtlich in den Beschluss übernommen. Macht die Sache insgesamt aber nicht besser, da der Antragstellervertreter nicht nur RA sondern auch noch Notar ist.

    @ Bernstein:
    Danke für die Fundstellen!

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Macht die Sache insgesamt aber nicht besser, da der Antragstellervertreter nicht nur RA sondern auch noch Notar ist.

    Meine Fresse ...

    Das erinnert mich an einige Gerichtsvergleiche, die zwar toll verglichen, aber leider inhaltlich nicht eintragbar waren. Nach der Zurückweisung kam fast jedesmal ein Anruf à la: "Natürlich geht das, bei der Abfassung waren schließlich drei Volljuristen anwesend!"

    Ich habe mir dann jedesmal auf die Zunge gebissen, damit mir nicht die Frage rausrutscht, wie voll sie zu dem Zeitpunkt wohl gewesen sein mögen.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Solange das Universitätsstudium in den Anwaltsberuf und das Richteramt drängende sachen- und grundbuchrechtliche Grobmotoriker auf die juristische Welt loslässt, werden wir mit derlei Dingen leben müssen.

    In der Sache war und ist der springende Punkt, dass es hier nicht um eine absolute, sondern um eine relative Verfügungsbeschränkung geht.

  • "Grobmotoriker" ist sehr treffend.

    Ergänzung zu #8:

    Ziffer 2. des Verfügungstenors könnte natürlich auch so gemeint gewesen sein, dass ein aus der Ausübung des Vorkaufsrechts entstandener Eigentumsverschaffungsanspruch durch eine Vormerkung gesichert werden soll.

    Fazit ist, dass Ziffer 1. auf eine unzulässige Eintragung gerichtet ist und Ziffer 2 so unbestimmt ist, dass eine Eintragung ebenfalls ausscheidet, weil derschuldrechtlche Anspruch , der durch die Vormerkung gesichert werden soll, auch nicht genannt wird.

    Schön, dass der Antrag auf Eigentumsumschreibung vorher eingegangen ist.

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