Neugründung AG

  • Bei der Neugründung einer AG ist einer der Gründer die GmbH XY. Die weiteren Gründer (natürliche Personen) bringen als Sacheinlage alle Gesellschaftsanteile dieser GmbH XY in die neue AG ein. Dadurch wird die neue AG Alleingesellschafterin der GmbH- während die GmbH (als Gründerin) Aktionärin der AG ist. Die AG ist somit als Aktionärin an sich selbst beteiligt.:gruebel: Ich habe Zweifel, ob die AG wirksam gegründet wurde. Was meint ihr?

  • Wieso ist die AG als Aktionärin an sich selbst beteiligt?
    Soweit ich den Sachverhalt verstehe, ist alleinige Aktionärin die GmbH XY.
    Und wer an der GmbH XY beteiligt ist, spielt doch bei der Gründung der AG keine Rolle :gruebel:

  • Das Problem liegt m.E. in § 56 Abs. 2 AktG:
    "Ein abhängiges Unternehmen darf keine Aktien der herrschenden Gesellschaft übernehmen."

    In meinem Fall steht im Zeitpunkt der Gründung fest, dass die GmbH von der AG abhängig sein wird, weil die AG die Alleingesellschafterin der GmbH wird. Der GmbH ist es dann zumindest nach § 56 Abs. 2 S. 1 AktG verboten, als Gründerin Aktien der AG zu übernehmen. Nach § 56 Abs. 2 S. 2 AktG macht der Verstoß gegen das Übernahmeangebot die Aktienübernahme aber nicht unwirksam.

    Fraglich ist, ob das Registergericht trotzdem wg. der Kontrollaufgabe nach § 38 Abs. 1 AktG berechtigt u. verpflichtet ist, die verbotswidrige Aktienübernahme zu beanstanden u. die Eintragung ins Handelsregister zu verweigern.

  • Fraglich ist, ob das Registergericht trotzdem wg. der Kontrollaufgabe nach § 38 Abs. 1 AktG berechtigt u. verpflichtet ist, die verbotswidrige Aktienübernahme zu beanstanden u. die Eintragung ins Handelsregister zu verweigern.

    Die Antwort hierauf lautet Ja. So etwa Bungeroth (in: MünchKomm-AktG, 3. Aufl. 2008, § 56 Rn. 38 m.w.N.):


    "Bei einer unter Verstoß gegen Abs. 2 Satz 1 in Gang gesetzen Gründung (...) ist das Registergericht trotz der Wirksamkeit des Übernahmevertrags (...) berechtigt und verpflichtet, die verbotswidrige Aktienübernahme zu beanstanden und die Eintragung ins Handelsregister zu verweigern (...) sowie dadurch das an die Eintragung gebundene Zustandekommen der fehlerbehafteten Gründung oder Kapitalerhöhung (§§ 41, 189, 203 Abs. 1) zu verhindern. Abs. 2 Satz 2 beruht auf der Erwägung, dass eine verbotswidrige Aktienübernahme die Kapitalgrundlage der AG nicht gefährden soll (...). Die Vorschrift soll den Registerrichter dagegen nicht von seiner Kontrollaufgabe hinsichtlich der Ordnungsmäßigkeit der Gründungs- und Kapitalerhöhungsvorgänge befreien. Für die Gründung wird diese Kontrollaufgabe in § 38 Abs. 1 besonders betont."



    Allerdings liegt in der geschilderten Konstellation gar kein Fall des § 56 Abs. 2 AktG vor:

    Im Zeitpunkt der Gründung ist die AG hier noch nicht Alleingesellschafterin der GmbH, sondern sie wird dies erst mit der Einbringung der Sacheinlage. Die GmbH kann daher von der noch nicht existierenden AG weder abhängig noch in deren Mehrheitsbesitz stehen. Aus diesem Grund stellt die Gründung selbst keinen Fall der "Übernahme" i.S.d. § 56 AktG dar (Hölters/Solveen, AktG, 1. Aufl. 2011, § 56 Rn. 8; Henssler/Strohn/Lange, Gesellschaftsrecht, 1. Aufl. 2011, § 56 AktG Rn. 5; K. Schmidt/Lutter/Fleischer, AktG, § 56 Rn. 16; Hüffer, AktG, 10. Aufl. 2012, § 56 Rn. 9).

    Hier dürfte - wie Tom ausführte - allenfalls ein derivativer Erwerb bzw. Besitz nach § 71d S. 2 AktG mit der eingeschränkten Zulässigkeit gem. § 71d S. 1 AktG in Betracht kommen. Das müsste noch geprüft werden.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

    2 Mal editiert, zuletzt von Silberkotelett (7. September 2013 um 20:00) aus folgendem Grund: So so.

  • Ich würde das Thema nach längerer Pause gern fortführen.

    Hier liegt ein Fall des § 56 Abs. 2 AktG vor, das ist in meinem Fall mittlerweile unstreitig.

    Der Münchener Kommentar führt hierzu aus:
    Steht bereits im Zeitpunkt der Gründung fest, dass ein Unternehmen, das von der AG abhängig sein oder in Ihren Mehrheitsbesitz stehen wird, ist es diesem Unternehmen untersagt, als Gründer Aktien der AG zu übernehmen. (Bungeroth in Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Auflage 2008, § 56 Rn 38)

    Genauso ist es hier:
    Die in der Anmeldung bezeichneten Gründer sind die einzigen Gesellschafter der GmbH. Sie bringen sämtliche Geschäftsanteile an der GmbH als Sacheinlage in die zu gründende Aktiengesellschaft ein. Die GmbH ist damit ein Unternehmen, das im Mehrheitsbesitz (§ 16 Abs. 1 AktG) der zu gründenden AG stehen wird. Sie übernimmt ihrerseits als Gründerin Aktien der AG.

    Der Fall geht nun weiter:

    Die Vor-AG möchte nun die Gründungsurkunde ändern, also die GmbH (die nicht Gründerin sein darf) wieder herausnehmen, das Grundkapital entsprechend mindern und die Anmeldung ebenfalls entsprechend ändern.

    Nach Bungeroth in Münchener Kommentar (wie von Silberkotelett zitiert) ist das Registergericht wegen seiner Kontrollaufgabe verpflichtet, die verbotswidrige Aktienübernahme zu beanstanden und die Eintragung ins Handelsregister zu verweigern(§ 38 Abs. 1 AktG) sowie dadurch das an die Eintragung gebundene Zustandekommen der fehlerbehafteten Gründung zu verhindern.

    Besteht eine Heilungsmöglichkeit für die nicht ordnungsgemäß errichtete Gesellschaft?
    Kann die nicht gesetzeskonforme Gründungsurkunde geheilt werden?
    Kann die rechtlich unzulässige Anmeldung abgeändert werden?

  • § 56 Abs. 2 AktG wird insoweit tatsächlich entsprechend angewandt (Bungeroth in: MünchKomm-AktG, 3. Aufl. 2008, § 56 Rn. 32).

    Zu Deinen weiteren Fragen:


    Besteht eine Heilungsmöglichkeit für die nicht ordnungsgemäß errichtete Gesellschaft?
    Kann die nicht gesetzeskonforme Gründungsurkunde geheilt werden?
    Kann die rechtlich unzulässige Anmeldung abgeändert werden?



    Ja. Ja. Umstritten.

    § 56 Abs. 2 S. 2 AktG, der im "Normalfall" des § 56 Abs. 2 S. 1 AktG die Wirksamkeit der Übernahme unberührt lässt und dazu führt, dass die fehlerhaft übernehmende GmbH Aktionär mit Einlageverpflichtung wird, hat hier keine Auswirkung, da die AG noch nicht eingetragen wurde. Vielmehr kann das Gründungsprotokoll und die Satzung vor der Eintragung der AG ohne weiteres geändert werden, soweit die Gründungsvorschriften dabei entsprechend eingehalten werden.

    Umstritten ist indes, ob bei einer Änderung von Gründungsurkunde bzw. Satzung die ursprüngliche Anmeldung geändert und die geänderte Urkunde bzw. ein Nachtrag nachgereicht werden kann (so für die GmbH: OLG Zweibrücken, Beschluss vom 12.09.2000 - 3 W 178/00) oder ob eine komplett neue HR-Anmeldung zu erfolgen hat (so: Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl. 2010, § 36 Rn. 31 m.w.N.).

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Leider habe ich keinen Zugang zu dem Kommentar Spindler/Stilz, AktG.
    Wird dort begründet, weshalb die Anmeldung nicht geändert werden kann?

  • Vielen Dank für die Kommentarstelle aus Spindler/Stilz, AktG!

    Demnach brauche ich jedenfalls die bereits vorliegende Anmeldung nicht zurückweisen, sondern sie kann geändert werden.

    Strittig ist (nur), ob die Änderung der Gründungsurkunde einer formalen Anmeldung bedarf oder nicht. Das ergibt sich insbesondere, wenn man die weiteren Nachweise (Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG § 54 Rn 2 u. Scholz/Priester GmbHG § 54 Rn 4) nachliest.

    Besten Dank! Das hat mir sehr weitergeholfen.
    Mal sehen, ob die Rettung der AG klappt!

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