Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit bei Ratenzahlungsangebot - § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO?

  • diese Indizien gelten vice versa auch für die Feststellung einer Zahlungsunfähigkeit.

    interessanter Ansatz :)

    Tja...leider nicht von mir (BGH). Deswegen ist es ja so immens wichtig wirklich jedes Blatt der Schuldnerunterlagen umzudrehen und auszuwerten. Die reine retrograde Betrachtungsweise wird ja nicht immer von den OLG´s so akzeptiert. Da müssen dann noch zusätzliche Indizien bei - sprich alle Sachverhalte von jedem möglichen und unmöglichen Anfechtungsgegner. Ist zwar extremst aufwändig, lohnt sich aber immens für die Masse und für die Quote.

  • Deswegen ist es ja so immens wichtig wirklich jedes Blatt der Schuldnerunterlagen umzudrehen und auszuwerten [...] Ist zwar extremst aufwändig, lohnt sich aber immens für die Masse und für die Quote.

    Was Du nicht sagst :D.
    Vor allem lohnt es sich für die Vergütung :teufel:.

    Nein ehrlich, mache ich auch so. Bezüglich der obj. Zahlungsunfähigkeit beziehe ich mich aber (noch) auf das Urteil des BGH vom 30.06.2011, IX ZR 134/10, oder einen Liquiditätsstatus.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • wie weit gehst Du im Schnitt zurück in den Unterlagen?

    So weit zurück bis ich denke, den Anfang des Übels gefunden zu haben. In der Regel erst einmal 1,5 - 2 Jahre. Kommt natürlich auch darauf an, welchen Umfang und welche Qualität die Unterlagen haben. Habe neulich eine Insolvenzanfechtung nur anhand des Kontenblattes des Steuerberaters durchgezogen. Mehr war nicht mehr vorhanden.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Was bei uns der Durchschnitt ist, kann ich gar nicht sagen. Ich habe Verfahren, wo ich den 10-Jahres-Zeitraum voll ausschöpfe. Und Verfahren, wo man schon bei der Durchsicht der letzten Buchhaltungsunterlagen sieht, dass sich da nix ergibt. Sei es, weil der Schuldner zu pleite war, um überhaupt noch Zahlungen zu leisten. Sei es, weil er rechtzeitig einen Insolvenzantrag gestellt hat.

    Das größte Problem für uns ist, die vielen Buchhaltungsunterlagen vernünftig zu lagern. Denn wieder zurück geben kann man sie doch erst, wenn der letzte Anfechtungsrechtsstreit erledigt ist. Wie löst ihr das Problem.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • 10 Jahre hatten wir auch schon mehrfach - teilweise bis zu 7000 Ordner:D Da macht ein ordentliches Ablagesystem Sinn. Wenn möglich werden die Ordner in Regalen so gelagert, dass der Zugriff sofort erfolgen kann. Ist aber nicht immer möglich, dann ist es halt noch aufwändiger:teufel:

  • 10 Jahre hatten wir auch schon mehrfach - teilweise bis zu 7000 Ordner:D Da macht ein ordentliches Ablagesystem Sinn. Wenn möglich werden die Ordner in Regalen so gelagert, dass der Zugriff sofort erfolgen kann. Ist aber nicht immer möglich, dann ist es halt noch aufwändiger:teufel:

    Das meinte ich nicht; uns gehen langsam die Regale aus :eek:.

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  • 10 Jahre hatten wir auch schon mehrfach - teilweise bis zu 7000 Ordner:D Da macht ein ordentliches Ablagesystem Sinn. Wenn möglich werden die Ordner in Regalen so gelagert, dass der Zugriff sofort erfolgen kann. Ist aber nicht immer möglich, dann ist es halt noch aufwändiger:teufel:

    Das meinte ich nicht; uns gehen langsam die Regale aus :eek:.

    Ah soo....es gibt doch ne Menge Dienstleister die einlagern. Wird doch von den meisten Verwaltern so gehandhabt. Ihr könnt natürlich auch ein Lagerhaus bauen:D

  • es gibt doch ne Menge Dienstleister die einlagern

    In unserer Hundetürxxx nicht :(; der nächste ist bei RainermdvZ. Da fahre ich aber 1,5 Stunde hin und zurück.

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  • es gibt doch ne Menge Dienstleister die einlagern

    In unserer Hundetürxxx nicht :(; der nächste ist bei RainermdvZ. Da fahre ich aber 1,5 Stunde hin und zurück.



    Na dann noch ein paar Leute einstellen die die Anfechtungen bearbeiten :D, dann kannst Du schneller zurückgeben oder alles was über die Regelaufgabe hinausgeht an Externe abgeben.

  • Na dann noch ein paar Leute einstellen die die Anfechtungen bearbeiten :D [..] alles was über die Regelaufgabe hinausgeht an Externe abgeben.

    Du sollst doch kein Anfechtungs-Hansl haben neben mir :mad:. Ich meine, dass die Papierflut das kleinste Übel ist. Das bekommen wir auch noch hin.

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  • Na dann noch ein paar Leute einstellen die die Anfechtungen bearbeiten :D [..] alles was über die Regelaufgabe hinausgeht an Externe abgeben.

    Du sollst doch kein Anfechtungs-Hansl haben neben mir :mad:. Ich meine, dass die Papierflut das kleinste Übel ist. Das bekommen wir auch noch hin.

    Du hattest gefragt:D...dann ist ja alles gut mit der Flut:D

  • ... Bei gewerblich tätigen Schuldnern muss der Gläubiger ja immer mit weiteren Schuldnern rechnen, die nicht mehr bedient werden. M.E. kommt es auch auf den Zuschnitt des Gläubigers an. Sind das Krankenkassen oder Finanzämter ist m.E. die Kenntnis vorauszusetzen. Mittlerweile ist es ja so, dass der Druckaufbau bei diesen Gläubigern nicht so sehr im Schriftverkehr, sondern eher bei der telefonischen Abstimmung von Zahlungen stattfinden. Man hat sich eben auf die Rechtsprechung des BGH "eingeschossen".

    ...

    Hallo zusammen,

    alleine die Tatsache, dass es sich um einen gewerblich tätigen Schuldner handelt, würde mir nicht ausreichen. Nach der BGH-Rechtsprechung dürfte dies die Kenntnis von der Existenz anderer Gläubiger vermitteln, nicht aber die Kenntnis von Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungseinstellung. Und zumindest bei uns werden Krankenkassen und Finanzamt auch nicht anders behandelt als andere Gläubiger, d.h. es ist seitens des IV eine solide Darlegung erforderlich, aus welchen Umständen sich für den Gläubiger nicht nur der mögliche, sondern der zwingende Schluss auf ZU oder ZE ergeben soll.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • ... Bei gewerblich tätigen Schuldnern muss der Gläubiger ja immer mit weiteren Schuldnern rechnen, die nicht mehr bedient werden. M.E. kommt es auch auf den Zuschnitt des Gläubigers an. Sind das Krankenkassen oder Finanzämter ist m.E. die Kenntnis vorauszusetzen. Mittlerweile ist es ja so, dass der Druckaufbau bei diesen Gläubigern nicht so sehr im Schriftverkehr, sondern eher bei der telefonischen Abstimmung von Zahlungen stattfinden. Man hat sich eben auf die Rechtsprechung des BGH "eingeschossen".

    ...

    Hallo zusammen,

    alleine die Tatsache, dass es sich um einen gewerblich tätigen Schuldner handelt, würde mir nicht ausreichen. Nach der BGH-Rechtsprechung dürfte dies die Kenntnis von der Existenz anderer Gläubiger vermitteln, nicht aber die Kenntnis von Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungseinstellung. Und zumindest bei uns werden Krankenkassen und Finanzamt auch nicht anders behandelt als andere Gläubiger, d.h. es ist seitens des IV eine solide Darlegung erforderlich, aus welchen Umständen sich für den Gläubiger nicht nur der mögliche, sondern der zwingende Schluss auf ZU oder ZE ergeben soll.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Guten morgen...

    und genau das machen sich Finanzämter und Krankenkassen leidlich zu nutze. Man darf nicht vergessen, dass die Vollstreckungsorgane der FA und Sozialkassen sofort losmarschieren und auch entsprechender Druck über Telefonate aufgebaut wird. Ich habe hier Fälle, in denen eine Mahnung geschrieben wird in der das Wort Vollstreckung noch gar nicht vorkommt. Nach kurzer Zeit vollstreckt die KK ohne weitere Ankündigung. Durch diesen permanenten Vollstreckungsdruck kommt es manchmal "nur" zu max. 2 Monatsrückständen, während andere Gläubiger bereits seit Monaten oder Jahren leer ausgehen. Schlagendes Argument der KK...wir haben von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit nichts gewusst...waren ja nur bis zu 2 Monaten an Beiträgen rückständig.

    Während andere Gläubiger sich abstrampeln müssen um überhaupt etwas zu bekommen, bekommen FA und KK über Jahre hinweg über Vollstreckungsdruck ständig Befriedigung. Hier eine Gleichbehandlung zwischen normalen Gläubigern und Institutionellen anzusetzen halte ich persönlich für nicht opportun.

    Nichts für Ungut...das ist genau das, was ich in der täglichen Praxis vorfinde...

  • [quote='AndreasH','RE: Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit bei Ratenzahlungsangebot - § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO?']

    Guten morgen...

    und genau das machen sich Finanzämter und Krankenkassen leidlich zu nutze. Man darf nicht vergessen, dass die Vollstreckungsorgane der FA und Sozialkassen sofort losmarschieren und auch entsprechender Druck über Telefonate aufgebaut wird. Ich habe hier Fälle, in denen eine Mahnung geschrieben wird in der das Wort Vollstreckung noch gar nicht vorkommt. Nach kurzer Zeit vollstreckt die KK ohne weitere Ankündigung. Durch diesen permanenten Vollstreckungsdruck kommt es manchmal "nur" zu max. 2 Monatsrückständen, während andere Gläubiger bereits seit Monaten oder Jahren leer ausgehen. Schlagendes Argument der KK...wir haben von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit nichts gewusst...waren ja nur bis zu 2 Monaten an Beiträgen rückständig.

    Während andere Gläubiger sich abstrampeln müssen um überhaupt etwas zu bekommen, bekommen FA und KK über Jahre hinweg über Vollstreckungsdruck ständig Befriedigung. Hier eine Gleichbehandlung zwischen normalen Gläubigern und Institutionellen anzusetzen halte ich persönlich für nicht opportun.

    Nichts für Ungut...das ist genau das, was ich in der täglichen Praxis vorfinde...

    Hallo James,

    Möglicherweise ist das, was ich meine, ein wenig schief rübergekommen:
    Ständige Vollstreckungen im 2-Monatsrhythmus durch eine Krankenkasse könnten ggf. ein Indiz für Kenntnis von ZU sein. Das wäre eben durch den IV substantiiert vorzutragen. Beim Finanzamt sehe ich das Problem so nicht. Das FA dürfte mit die intimsten Kenntnisse der finanziellen Verfassung des Schuldners haben (vom Schuldner und seiner einzigen Bank mal abgesehen). Also sollte es dem IV auch möglich sein, hierzu substantiiert vorzutragen.

    Aus meiner beruflichen Praxis wehre ich mich nur gegen folgende Argumentation: Ratenzahlungsvereinbarung = Kenntnis von ZE oder ZU. Und eine Ungleichbehandlung von Gläubigern nur aufgrund ihrer organisatorischen Verfasstheit sehen die 130 ff. InsO meiner Kenntnis nach auch nicht vor. Ich erwarte als Richter ja "nur", dass der IV sich die Mühe macht, die ihm vorliegenden Unterlagen anständig auszuwerten und entsprechend vorzutragen. Leider unterzieht sich bei weitem nicht jeder dieser Mühe. Bei einem bestimmten Prozentsatz frage ich mich, ob Ziel der mir vorliegenden Anfechtungsklge tatsächlich die Massemehrung oder nicht nur die Entnahme von Anwaltsgebühren aus der noch vorhandenen Masse ist.

    Dazu nur eine kurze Zahlenspielerei: In dem Senat, dem ich angehöre, haben wir mehrere Spezialzuständigkeiten. Unsere Fehlerquote (d.h. die Zahl der Fälle, in denen wir vom BGH kassiert werden) ist, soweit ich das überblicke, in den Insolvenzsachen ein wenig höher als im anderen Spezialgebiet. Die Zahl der Nichtzulassungsbeschwerden im InsO-Bereich liegt jedoch mehr als viermal so hoch, und das überwiegend nicht von Gläubigerseite. Was lässt sich aus diesem Befund schließen?

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Woher sollte das Finanzamt intimste Kenntnisse bzw. intimere Kenntnisse als die KK über die finanzielle Verfassung eines Schuldners haben? Weil das Wort "Finanz" im Behördenname steht? Welche Kenntnisse sollten das sein?

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Woher sollte das Finanzamt intimste Kenntnisse bzw. intimere Kenntnisse als die KK über die finanzielle Verfassung eines Schuldners haben? Weil das Wort "Finanz" im Behördenname steht? Welche Kenntnisse sollten das sein?

    Na ja...das stimmt schon:D. Das Finanzamt kann auf Grund der angemeldeten Zahlen Rückschlüsse auf Wohl oder Weh schließen. Wenn ich ein großes Unternehmen habe, wo ständig Umsatzsteuererstattungen laufen, dann drängt sich wohl auf das etwas nicht stimmt.

    Weiterhin...selbst in den Mahnungen wird schon Vollstreckungsdruck aufgebaut (rechte Spalte, ziemlich klein geschrieben). Weiterhin...welcher Schuldner zahlt schon gerne 10% Verzug bei verspäteter Anmeldung und/oder Nichtzahlung freiwillig? Gerade das deutet doch zumindest auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit hin (zumindest wenn es ständig vorkommt), weswegen ich den 130er InsO in der Praxis meistens außer acht lasse.


  • Na ja...das stimmt schon:D. Das Finanzamt kann auf Grund der angemeldeten Zahlen Rückschlüsse auf Wohl oder Weh schließen. Wenn ich ein großes Unternehmen habe, wo ständig Umsatzsteuererstattungen laufen, dann drängt sich wohl auf das etwas nicht stimmt.

    Dann musst du mir mal deine Kristallkugel leihen. Ich kann aus den angemeldeten Umsatzzahlen nämlich nicht die Liquidität ablesen. Und aus Umsatzsteuerüberhängen schon gar nicht, denn die können auch für erhebliche Investitionen oder ein starkes Exportgeschäft stehen.


    Weiterhin...selbst in den Mahnungen wird schon Vollstreckungsdruck aufgebaut (rechte Spalte, ziemlich klein geschrieben). Weiterhin...welcher Schuldner zahlt schon gerne 10% Verzug bei verspäteter Anmeldung und/oder Nichtzahlung freiwillig? Gerade das deutet doch zumindest auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit hin (zumindest wenn es ständig vorkommt), weswegen ich den 130er InsO in der Praxis meistens außer acht lasse.

    Da sind die KK aber keineswegs billiger (führer waren sie sogar 5x teurer) und ein Zahlungsverzug ist bei KK sogar strafbar. Und intimere Kenntnisse sind das hier auch nicht.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6


  • Hallo Andreas,

    genau das ist es ja. Ständige Vollstreckungen im 2 Monats-Rhytmus kommen eigentlich nie vor. Warum, weil die Beiträge über den Vollstreckungsdruck eingezogen werden. In der Praxis läuft das so. Mahnung mit Vollstreckungsandrohung, wenn nicht bis zum xx bezahlt wird. Schuldner versucht kurzfristiges Moratorium zu bekommen (telefonisch - Unterlagen dazu gibt es nicht - bei Glück erfährt es der Anfechtungshansl (um bei Gegs zu bleiben:D) durch handschriftliche Notizen oder Befragung (das mit der Befragung ist zu 1% mit Erfolg gekrönt). Dem Schuldner wird am Telefon noch mal klar deutlich gemacht, dass er vollstreckt wird, wenn nicht bezahlt wird (...). Er kann nicht bezahlen und die Hausbank wird gepfändet. Das wiederum löst für den Schuldner einige Unannehmlichkeiten mit der Bank aus, mit welcher er sowieso schon in Verhandlungen steht weil ständig zu wenig Geld da ist. Um die Bank nicht zu "verlieren" wird er ab sofort dem Vollstreckungsdruck wenn es irgendwie geht nachgeben. Er wird also - teilweise über Jahre - Beiträge über Vollstreckungsdruck bezahlen. Mal mit 5 Wochen Verzug, mal mit 8 Wochen Verzug. Mittlerweile waren dann auch schon mal die Vollstreckungsbeamten der Kasse da - man muss ja den Schuldner unter Druck halten. Durch dieses Verhalten schiebt der Schuldner einer immer größer werdende Bugwelle an Schulden vor sich her (Die Darstellung ist natürlich etwas verkürzt, aber grob gesagt läuft es immer so).

    Zu dem Rest antworte ich dann später....muss jetzt auf Termin :D...paar Informationen für Anfechtungen sammeln.:teufel:

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