Rechtsprechungshinweise Insolvenz

  • Zur Frage, ob die Regelungen zur rechtsvernichtenden Wirkungdes Nachlassvertrags mit Vermögensabtretung nach dem schweizerischenBundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs über das Insolvenzstatut (§ 335InsO) auf nach deutschem Recht bestehende Forderungen Anwendung finden.

    OLG München, Endurt. v. 30. 10. 2013 - 20 U 1699/13

  • 1.Durch den Abschluss eines dreiseitigen Vertrags wird §613a BGB jedenfalls dann nicht umgangen, wenn dem Arbeitnehmer für den Falleines Wechsels in eine Beschäftigungsgesellschaft die Begründung einesArbeitsverhältnisses mit einem Betriebserwerber nicht in Aussicht gestelltwird.

    2.Eine Teilanfechtung des dreiseitigen Vertrags, dieausschließlich auf die Beseitigung der Auflösung des bisherigen Arbeitsverhältnissesgerichtet ist, ist ausgeschlossen.

    LAG Hessen, Urt. v. 27. 5. 2013 - 16 Sa 1187/12

  • 1.Gegen Entscheidungen des Rechtspflegers, die Tätigkeiten desSonderinsolvenzverwalters betreffen, ist nicht das Rechtsmittel der sofortigenBeschwerde, sondern nur die sofortige Erinnerung gem. § 11 Abs. 2 RPflGstatthaft.

    2.Eine Deckelung der Gebühr gem. § 49 RVG für anwaltlicheTätigkeiten des Sonderinsolvenzverwalters zur Durchsetzung von Schadensersatzansprüchenscheidet aus, wenn mangels Bewilligung von Prozesskostenhilfe keine Beiordnungerfolgt ist.

    AG Göttingen, Beschl. v. 20. 1. 2014 - 74 IN 13/01

  • Landgericht Aachen vom 08.04.2014, 3 S 76/13

    Das von dem Schuldner im Rahmen eines Riester-Vertrages angesparte Vermögen ist auch dann gefördertes Altersvorsorgevermögen im Sinne von § 97 EStG und mithin nach § 851 Abs. 1 ZPO unpfändbar, wenn und soweit die Voraussetzungen des § 82 EStG für eine Förderung vorliegen, tatsächlich jedoch von den staatlichen Förderungsmöglichkeiten kein Gebrauch gemacht wurde.
    Gemäß § 36 Abs. 1 InsO gehört ein solches Guthaben in einem Insolvenzverfahren nicht zur Insolvenzmasse.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • 1. Die vom Gesetz zwar nicht vorgesehene, aber öfteranzutreffende Handhabung zwischen Treuhänder und Schuldner, dass dieser vonsich aus das Einkommen nachweise und pfändbare Beträge an den Treuhänderabführe, erfolgt allein im Interesse des Schuldners. Denn der Treuhänder legtdem Arbeitgeber die Pfändung bzw. Insolvenz nicht offen, um die Arbeitsaufnahmeund den Arbeitsplatz des Schuldners nicht zu gefährden. Der Treuhänder begibtsich damit in die Hand des Schuldners. Er weiß zwar um die Arbeitsaufnahme, istaber in besonderem Maße auf die Mitwirkung des Schuldners angewiesen. Denndieser muss zum einen das erzielte Einkommen mitteilen und belegen, damit diepfändbaren Anteile berechnet werden können, zum anderen aber diese auch vonsich aus zeitnah an den Treuhänder abführen.

    2. Wenn der Schuldner aber diese Situation sich zunutze machtund dahin ausnutzt, dass er zwar seinerseits erwartet, dass sich der Treuhänderan die Vereinbarung hält und nicht an den Arbeitgeber herantritt, auf deranderen Seite aber über einen längeren Zeitraum hinweg die Auskunfts- undMitwirkungspflichten gegenüber dem Treuhänder verletzt, ist dies alsVerheimlichen zu bewerten.

    LG Regensburg, Beschluss vom 09.12.2013 - 2 T 198/13

  • Die in einem zur Finanzierung des Schulbetriebs zwischen denEltern der Schüler und dem Schulträger abgeschlossenen Darlehensvertragenthaltene Rangrücktrittserklärung ist nicht überraschend, wenn sie eingangsdes Vertrages zugleich mit der Darlehenssumme vereinbart wird und die Eltern ineinem Begleitschreiben auf die mit dem Schulbesuch verbundenen finanziellenBelastungen hingewiesen und dabei, drucktechnisch besonders hervorgehoben, auchum die Ausreichung eines nachrangigen Darlehens gebeten werden.

    BGH, Urteil vom 20. Februar 2014 - IX ZR 137/13 -

  • BAG, Urteil vom 27.03.2014, 6 AZR 204/12

    Setzt ein Arbeitnehmer, der zugleich Gesellschafter des Unternehmens seiner Arbeitgeberin ist, erhebliche Ansprüche auf Arbeitsentgelt über einen längeren Zeitraum nicht durch, stundet er diese Forderungen. Die Stundung ist eine Rechtshandlung, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entspricht. Die Forderungen sind deshalb im Insolvenzfall nachrangig iSv. § 39 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 2 InsO.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • BGH, Urteil vom 20. März 2014 - IX ZR 80/13

    Zahlt der Insolvenzverwalter aus dem Erlös des Verkaufs eines zur Masse gehörenden Grundstücks einen Betrag an einen nachrangigen Grundpfandgläubiger, dessen Recht in der Zwangsvollstreckung offensichtlich wertlos wäre, um dessen Bedingung für die Löschungsbewilligung zu erfüllen, ist weder eine entsprechende Vereinbarung noch die Zahlung selbst insolvenzzweckwidrig, wenn der Betrag ausschließlich zu Lasten eines damit einverstandenen vorrangigen Grundpfandgläubigers geht (Abgrenzung zu BGH, ZIP 2008, 884).

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • BGH, Beschluss vom 3. April 2014 - IX ZA 5/14

    Der Nachtragsverteilung unterliegen keine Gegenstände, die der Insolvenzverwalter freigegeben hat. Ebenso wenig unterliegt der Veräußerungserlös für einen freigegebenen Gegenstand, der nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens verkauft worden ist, der Nachtragsverteilung.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • BGH, Beschluss vom 3. April 2014 - IX ZR 236/13

    Begleicht der Schuldner eine gegen einen Dritten gerichtete wertlose Forderung, scheidet eine Schenkungsanfechtung aus, wenn eine weitere Person für die Forderung eine werthaltige Sicherheit gestellt hatte, die der durch die Zahlung befriedigte Gläubiger verliert.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • 1.
    Werden die Verbindlichkeiten des Schuldners bei dem späteren Anfechtungsgegner über einen längeren Zeitraum hinweg ständig in beträchtlichem Umfang nicht ausgeglichen und ist diesem den Umständen nach bewusst, dass es noch weitere Gläubiger mit ungedeckten Ansprüchen gibt, begründet dies ein Beweisanzeichen im Sinne eines Erfahrungssatzes.
    2.
    Eigene Erklärungen des Schuldners, eine fällige Verbindlichkeit nicht begleichen zu können, deuten auf eine Zahlungseinstellung hin. Daran ändert eine gleichzeitig geäußerte Stundungsbitte nichts; dies kann vielmehr gerade auf die Nachhaltigkeit der Liquiditätskrise hindeuten.
    3.
    Als gezogene Nutzungen herauszugeben sind entweder Zinserträge von Einnahmeüberschüssen, die im Haushaltsvollzug ausnahmsweise zeitweilig nicht benötigt werden, oder ersparte Zinsen für Kassen(verstärkungs)-kredite oder andere staatliche Refinanzierungsinstrumente, die infolge des Eingangs wirksam angefochtener Steuerzahlungen zurückgeführt oder vermieden worden sind.
    4.
    Mit dem Zweck des § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO und dessen Rechtsfolgenverweisung ist nicht vereinbar, dass dem Anfechtungsgegner die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus dem Rückgewährbetrag gezogenen Zinsen verbleiben. Für zurückgeführte oder vermiedene Kreditinanspruchnahmen des Anfechtungsgegners und die hierdurch erzielten Zinsersparnisse kann nichts anderes gelten

    OLG Hamburg, Urt. v. 4. 4. 2014 - 1 U 69/13

  • Der Tatbestand der Insolvenzverschleppung verfolgt als abstraktes Gefährdungsdelikt die Intention, die Interessen der gegenwärtigen und vor allem auch der potenziellen künftigen Gläubiger der Gesellschaft zu wahren. Eine entsprechende rechtskräftige Verurteilung führt daher trotz Fortführung eines Unternehmens jedenfalls dann nicht zu einem Strafklageverbrauch, wenn der Täter einen neuen Entschluss zur Unternehmensfortführung gefasst hat.

    OLG Hamm, Beschl. v. 4. 12. 2012 - III-5 RVs 88/12

  • 1.
    Die zeitlich nacheinander geschaltete Gewährung, Rückzahlung, Neugewährung und wiederum Rückzahlung von (Gesellschafter-)Darlehen kann nur bei Vorliegen ganz besonderer Umstände nicht als einheitlicher, zeitlich gestreckter Sachverhalt gewertet werden.
    2.
    Der Gesellschafter, der gemäß den gesetzlichen Vorgaben des § 135 Abs. 1 InsO nicht mehr mit der Unsicherheit über den Eigenkapitalersatzcharakter seiner Rückzahlungsforderung belastet ist, kann sich und sein Verhalten auf die Rechtslage einrichten. Er weiß, dass jede Darlehensrückzahlung mit der Gefahr der Insolvenzanfechtung behaftet ist, sollte die Gesellschaft binnen eines Jahres ab Rückzahlung Insolvenz beantragen - unabhängig davon, ob sie sich zzt. der Darlehensrückzahlung bereits in einer Krise befand oder nicht.
    3.
    Die Anfechtbarkeit erstreckt sich nicht nur auf die zurückbezahlte Darlehensvaluta, sondern auch auf die geleisteten vertraglichen Darlehenszinsen.

    OLG München, Endurt. v. 19. 3. 2013 - 5 U 4332/12

  • 1.
    Zahlungsunfähigkeit wird gem. § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO vermutet, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten reicht für eine solche Zahlungseinstellung aus und wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Schuldner noch Zahlungen in beträchtlicher Höhe erbringt. Eine Zahlungseinstellung kann aus einem einzelnen, aber auch aus einer Gesamtschau mehrerer darauf hindeutender, in der Rechtsprechung entwickelter Beweisanzeichen gefolgert werden.
    2.
    Bringt ein Schuldner mit einem Schreiben zum Ausdruck, derzeit nicht zur Begleichung mehrerer fälliger Verbindlichkeiten in der Lage zu sein, und verbindet dies mit einer Stundungsbitte, so deutet dies auf eine Zahlungseinstellung hin.
    3.
    Hat der Fiskus erhaltene Abgaben zurückzugewähren, umfasst diese Verpflichtung daher grds. auch die Herausgabe von ersparten Zinsen. Der Anspruch entsteht mit der Vornahme der angefochtenen Zahlung.

    LG Hamburg, Schlussurt. v. 9. 4. 2014 - 303 O 0351/12

  • 1.
    Steht eine größere Zahl von Forderungen trotz Mahnungen und Androhung rechtlicher Schritte über eine Zeit von 3,5 Wochen bis 3 Monaten offen und verständigen sich die Beteiligten auf Bitten des Schuldners auf eine Ratenzahlungsvereinbarung, lassen diese Umstände den Schluss auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit zu.
    2.
    Kommt der unternehmerisch tätige Schuldner trotz einer solchen Ratenzahlungsvereinbarung auch den darin niedergelegten Verpflichtungen nicht oder nicht in vollem Umfang nach, muss der bediente Gläubiger damit rechnen, dass außer ihm auch noch andere Gläubiger vorhanden sind und ihm damit auch die (drohende) Zahlungsunfähigkeit bekannt war.

    LG Leipzig, Beschl. v. 30. 1. 2014 - 01 O 203/13

  • 1.
    Besteht die Verwertung gem. § 171 Abs. 2 InsO lediglich in einem einfachen Schreiben des Insolvenzverwalters, auf welches hin die Auskehrung des zur Sicherheit abgetretenen Betrags erfolgt, sind als Kosten der Verwertung nicht pauschal 5 % des erlangten Betrags anzusetzen, sondern es sind die niedrigeren, tatsächlich angefallenen Kosten maßgeblich (hier: gem. § 287 ZPO geschätzt auf 100 €).
    2.
    Besteht die Verwertung seitens des Insolvenzverwalters lediglich darin, eine sicherungsabgetretene Forderung einzuziehen und sodann unter Einbehalt von Feststellungs- und Verwertungskosten wieder auszukehren, ist darin keine Leistung gem. § 3 Abs. 9 UStG zu sehen, sodass die Verwertungskosten nicht mit USt zu belasten sind.

    AG Wiesbaden, Urt. v. 11. 10. 2013 - 93 C 6552/12 (16) (rkr.)

  • InsO §§ 1, 50, 87

    Zahlt der Insolvenzverwalter aus dem Erlös des Verkaufs eines zur Masse gehörenden Grundstücks einen Betrag an einen nachrangigen Grundpfandgläubiger, dessen Recht in der Zwangsvollstreckung offensichtlich wertlos wäre, um dessen Bedingung für die Löschungsbewilligung zu erfüllen, ist weder eine entsprechende Vereinbarung noch die Zahlung selbst insolvenzzweckwidrig, wenn der Betrag ausschließlich zu Lasten eines damit einverstandenen vorrangigen Grundpfandgläubigers geht (Abgrenzung zu BGH, ZIP 2008, 884).


    BGH, Urteil vom 20. März 2014, IX ZR 80/13

    http://www.rechtslupe.de/zivilrecht/gru…aeubiger-376278

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!