PKH-Nachprüfung / sachl. u. funkt. Zuständigkeit

  • Was das andere angeht - hier sind derzeit Quoten im Gespräch. Nach den Empfehlungen einer Arbeitsgruppe sollen 2 Jahre nach Verfahrensabschluss 20% aller Verfahren mit einer positiven PKH-Entscheidung nachgeprüft werden.


    Interessant, aber für mich irgendwie praxisfremd. Mich würde da mal die technische/praktische Umsetzung interessieren. Werden bei euch alle PKH-Verfahren gesondert irgendwo registriert mit den nötigen Daten? Und wird auch irgendwo gesondert registriert, welche Verfahren davon eher öfter, eher weniger oft oder auch gar nicht überprüft werden sollen/brauchen? Für mich zumindest ist das immer eine "Einzelfallentscheidung". Ich gucke halt, was das für Leute sind und wie hoch die Warscheinlichkeit sein könnte, dass die mal Arbeit und Geld bekommen.
    Wenn du Akten nach Quoten ziehst (geht das dann nach dem Zufallsprinzip?) kannst du welche dabei haben, wo eine Überprüfung wenig Sinn macht und es können dir etliche durch die Lappen gehen, wo du vielleicht was holen könntest.
    Ehrlich gesagt würde ich gerne selber entscheiden wollen, was ich mir wann vorlegen lasse.
    Und ich kann mir wie gesagt nicht vorstellen, nach welchem Prinzip die 20% Akten dann ausgewählt werden. Was sagt da eure Arbeitsgruppe?

  • Die Arbeitsgruppe arbeitet noch :)

    Allerdings wird das mit dem Heraussuchen der betroffenen Verfahren tatsächlich interessant. Unser Programm - Eureka-Fach- erfasst beispielsweise die Eingangsdaten von PKH-Anträgen nicht. Da geht es schon los.

    Das mit dem "Sinn" ist doch eh schwierig. Abgesehen von den Fällen, in denen der prozesskostenhilfebedürftige Kläger durch den Prozessausgang zu Reichtümern kommt - wie will man das denn wirklich beurteilen, ohne gleich diskriminierend oder willkürlich zu entscheiden.

  • Grundsätze des Intertemporalen Prozessrechts? Wow, das musste ich erstmal nachlesen. ;)

    Aber ich bin mir sicher, dass das keine Auswirkung auf die funktionelle Zuständigkeit hat. Ich kenne Intertemporales Prozessrecht nur im Zusammenhang mit Rechtsmitteln bzw. Fristenregelungen.

  • Bissel auswählen kann man schon. So macht z.B. eine jährliche Überprüfung von Rentnern nicht wirklich Sinn. Auch Kinder, die in den nächsten 4 Jahren noch zur Schule gehen, braucht man nicht überprüfen. Frauen, die schon 5 Kinder oder mehr haben, gehen bestimmt auch nie arbeiten....
    Dafür gibt es etliche Leute im besten Alter, die vielleicht gar nicht so lange arbeitslos sind bzw. durchaus vermittelbar, die überprüfe ich häufiger. Oder manche haben auch versperrte Geldanlagen, die in den nächsten 2-3 Jahren frei werden....
    Es gibt schon einiges, worauf man gucken kann.

  • Grundsätze des Intertemporalen Prozessrechts? Wow, das musste ich erstmal nachlesen. ;)

    Ich hielt das sogar zunächst für einen Scherz :)

    Ich denke aber derzeit schon, dass man das auch auf Zuständigkeitsfragen beziehen könnte. Ich fürchte aber, dass ich in diese Materie noch einmal etwas tiefer einsteigen muss.

  • Die Arbeitsgruppe arbeitet noch :)

    Allerdings wird das mit dem Heraussuchen der betroffenen Verfahren tatsächlich interessant. Unser Programm - Eureka-Fach- erfasst beispielsweise die Eingangsdaten von PKH-Anträgen nicht. Da geht es schon los.

    Das mit dem "Sinn" ist doch eh schwierig. Abgesehen von den Fällen, in denen der prozesskostenhilfebedürftige Kläger durch den Prozessausgang zu Reichtümern kommt - wie will man das denn wirklich beurteilen, ohne gleich diskriminierend oder willkürlich zu entscheiden.

    Mein Vorschlag:
    Analog § 10 KostVfg und mit einem an § 10 Abs. 4 KostVfg angelehnten Vermerk in der Akte.

  • Grundsätze des Intertemporalen Prozessrechts? Wow, das musste ich erstmal nachlesen. ;)

    Ich hielt das sogar zunächst für einen Scherz :)

    Ich denke aber derzeit schon, dass man das auch auf Zuständigkeitsfragen beziehen könnte. Ich fürchte aber, dass ich in diese Materie noch einmal etwas tiefer einsteigen muss.


    Ein haltbares Prüfungshindernis würde ich daraus gegenüber Dritten in den "Altfällen" für mich nicht ableiten.

  • Grundsätze des Intertemporalen Prozessrechts? Wow, das musste ich erstmal nachlesen. ;)

    Ich hielt das sogar zunächst für einen Scherz :)

    Ich denke aber derzeit schon, dass man das auch auf Zuständigkeitsfragen beziehen könnte. Ich fürchte aber, dass ich in diese Materie noch einmal etwas tiefer einsteigen muss.


    Ein haltbares Prüfungshindernis würde ich daraus gegenüber Dritten in den "Altfällen" für mich nicht ableiten.

    Mit Blick auf § 73a Abs.6 S.2 SGG i.V.m. § 7 RPflG kommt es ja eh auf die Rechtsauffassung des betroffenen Richters an...

  • Nehmen wir mal an, die Geschäftsstelle zieht eine Akte zur Frist und stellt fest, dass es sich um eine Prüffrist handelt, die 2012 der damals zuständige Richter gesetzt hat. Damals ist er davon ausgegangen, dass er vor dem Hintergrund des § 120 Abs. 4 ZPO (a.F.) in zwei Jahren die Voraussetzungen der PKH noch mal prüfen will.

    Wem wird die Geschäftsstelle die Akte wohl vorlegen?

    • Dem Richter (schließlich war es seine Frist)?
      Der wird die Akte unter Hinweis auf § 73a Abs. 5 ZPO dem UdG weiterleiten.
    • Dem UdG (schließlich ist der ja gem. § 73a Abs. 5 SGG zuständig)?
      Der UdG erledigt die PKH-Nachprüfung unter Beachtung von § 40 EGZPO in originär eigener Zuständigkeit (was aus meiner Sicht richtig wäre). Oder, er legt die Akte dem Richter unter Hinweis auf die Grundsätze des Intertemporalen Prozessrechts zur Erledigung in eigener Zuständigkeit vor. In diesem Fall wird es gaaaanz wenige Richter geben, die die Akte dann bearbeiten. Die meisten werden dem UdG die Grundsätze des Intertemporalen Prozessrechts um die Ohren hauen. Wenn er Glück hat, dann entscheidet der Richter noch gem. § 73a Abs.6 S.2 SGG i.V.m. § 7 RPflG. In jedem Fall wird die Sache letztlich beim UdG hängen bleiben.

    Die UdG sollten sich m. E. mit der Situation arrangieren und hoffen, dass die Richter nicht so viele Nachprüfungsfristen gesetzt haben.

  • Ergänzende Frage:
    Wenn ich dann abändere z.B. in Einmalzahlung, an wen stelle ich dann die beglaubigte Abschrift des Änderungsbeschlusses zu, wenn dem Kläger ein Anwalt beigeordnet war?

    Wegen der anwaltlichen Beiordnung m.E. an den Anwalt und ggf. eine Abschrift des Änderungsbeschlusses an den Kläger mit dem Hinweis, dass der Beschluss dem Anwalt zugestellt und ihm der zu zahlende Betrag ggf. nach Bestandskraft des Beschlusses noch gesondert in Rechnung gestellt wird.

    So richtig - oder habe ich etwas übersehen?

    Einmal editiert, zuletzt von Little Steven (19. August 2014 um 11:40)

  • Da uns grundsätzlich alle Akten direkt vorgelegt werden (und nicht dem Richter), schicken wir ja auch die Anschreiben zur Überprüfung raus - an den beigeordneten Anwalt. Und von dem bekommen wir dann meist die Unterlagen eingereicht. Falls es zur Ratenzahlung kommt, wird der Beschluss dann an den RA zugestellt. Ob man noch eine Abschrift an den Mandanten direkt schickt, ist Geschmackssache. Ich handhabe das unterschiedlich: Wenn der RA mir die vom Mandanten ausgefüllten Unterlagen zuschickt, bekommt nur der RA den Beschluss. Wenn der RA mein Anschreiben an die Partei weitergereicht hat mit dem Vermerk, die soll alles direkt hier einreichen, bekommt auch der Mandant eine Abschrift. Und wenn der Mandant hier anruft und sagt, er will alles bezahlen, bekommt er auch direkt eine Abschrift.

  • Danke beldel.

    Ich schreibe hier in der Regel zunächst den Mandanten direkt an und erinnere dann nur auch über den RA, sofern die Erklärung nicht eingeht. Vor einer beabsichtigten Änderung höre ich dann ggf. noch kurz an. Ob dieses Vorgehen weiterhin zweckmäßig ist, wird sich klären/einspielen.

  • Für alle die, die es noch nicht wussten :D:

    Leitsatz
    "1. Ein möglicher Beschwerdeausschluss nach § 73a Abs 8 SGG id Fassung des Gesetzes zur Änderung des Prozesskosten- und Beratungshilferechts vom 31. August 2013 (PKH/BerHÄndG), wonach das Gericht über die Erinnerung gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten endgültig entscheidet, greift nicht für Altverfahren, bei denen der PKH-Antrag vor dem 1. Januar 2014 worden ist. Auch wenn es eine gesonderte Übergangsregelung im PKH/BerHÄndG für § 73a SGG nicht gibt, ist nach den Grundsätzen des intertemporalen Prozessrechts diese verfahrensrechtliche Änderung auf bei ihrem Inkrafttreten anhängige Rechtsstreitigkeiten nicht anzuwenden, weil sich ein verfassungskonform abweichender Geltungswille des Gesetzes feststellen lässt."

    (Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29. August 2014 – L 2 AS 226/14 B –, juris)

    Mit anderen Worten: § 73a Abs. 4 und 5 SGG (sofern nicht bereits von der negativen Länderöffnungsklausel Gebrauch gemacht wurde) ist nur für Neuverfahren bei Anträgen auf PKH ab 01.01.2014 anwendbar.

  • Da waren sie wieder: Die Grundsätze des intertemporalen Prozessrechts! :cool: Man darf gespannt sein, wie das in anderen Ländern und Gerichtsbarkeiten gesehen wird. Ich kann und will mir nicht vorstellen, dass der Gesetzgeber das so wollte. Aber was soll's, dann muss er es eben deutlicher formulieren. Aus Sicht der betroffenen UdG ist die Entscheidung zu begrüßen. So bleiben sie wenigstens ein bis zwei Jahre länger von diesen Aufgaben verschont (zumindest in der PKH-Nachprüfung gem. § 120a ZPO).

  • So nun ist wieder einige Zeit ins Land gegangen und ich möchte die Sache mal wieder in Bezug auf meinen #33 aufgreifen. Wer ist in den anderen Ländern für "Altverfahren", also bei PKH-Nachprüfungen, bei dem der Antrag auf Bewilligung von PKH vor dem 01.01.2014 gestellt wurde, zuständig? Gibt es diesbezüglich Entscheidungen?

    Ganz andere Sache:

    Ist schon mal aufgefallen, dass § 73a Abs. 8 SGG eigtl. genau betrachtet verfahrensrechtlich bedenklich ist, soweit ein Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung des UdG eingelegt wird?

    Wenn der UdG in Fällen des § 73a Abs. 4 und 5 SGG entscheidet, bleibt der Instanzenzug an das LSG verwehrt, entscheidet der Richter originär aus Abs. 4, (oder nach Abs. 6 auch) Abs. 5, ist der Instanzenzug eröffnet. Das führe ja aus Sicht der Landeskasse zu folgender Konstellation im Falle einer Entscheidung nach Abs. 4: UdG weist zurück - Rechtsbehelf - Richter bewilligt ohne Ratenleistung - endgültig (?) - oder doch nicht (?), vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG (nur Ausschluss von § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO!), § 127 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ZPO. Hätte der Richter sogleich entschieden, ist der Rechtsbehelf der Beschwerde sogleich aus § 73a Abs. 1, § 127 Abs. 3 ZPO eröffnet.

    In Abs. 5 wirds aus Sicht der Partei "abstrus":
    Aufhebung der Bewilligung von PKH durch UdG - Rechtsbehelf - Entscheidung durch Richter - endgültig - oder doch nicht (?), vgl. § 172 Abs. 1 SGG (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer 11. Auflage 73a SGG Rn. 12b "Mitte" - Rechtsschutz dürfe nicht verkürzt werden)

    Gibts hierzu Entscheidungen?

  • So und weil ihr alle so "fleißig" mitlest, weitere Ergänzungen hierzu:

    Regierungsbegründung zum Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts (PKHuBerHÄndG) zu § 73a SGG:

    "Gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle ist die Erinnerung an das Gericht gegeben, wobei die Monatsfrist für die Einlegung des Rechtsbehelfs der Frist in § 197 Absatz 2 entspricht. Über die Erinnerung entscheidet das Gericht in der Besetzung, wie es bei eigener Entscheidung über den Antrag entschieden hätte. Die Beschwerde gegen die Entscheidung des Gerichts ist im Falle des § 172 Absatz 3 Nummer 2 ausgeschlossen." (BT.-Drucks. 17/11472 Zu Artikel 11 Nummer 2 der Gesetzesändeurng S. 48; und bereits im ersten Entwurf BT-Drucks. 516/12 S. 70).

    Und weiter "historisch":

    Gesetz zur Neuorganisation der bundesunmittelbaren Unfallkassen, zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und zur Änderung anderer Gesetze (BUK-Neuorganisationsgesetz - BUK-NOG)
    "Artikel 7 Nummer 7
    In § 73a Absatz 1 Satz 1 werden nach dem Wort „Prozeßkostenhilfe“ die Wörter „mit
    Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung“ eingefügt.

    Zu Artikel 7 Nummer 7
    Mit dieser Regelung wird klargestellt, dass sich die Frage der Statthaftigkeit der Be-
    schwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe nicht nach § 127 Absatz 2 Satz 2
    der Zivilprozessordnung richtet. Vielmehr ist über § 172 Absatz 1 SGG gegen eine ableh-
    nende Prozesskostenhilfeentscheidung grundsätzlich die Beschwerde statthaft, es sei
    denn, es liegt einer der in § 172 Absatz 3 Nummer 2 SGG geregelten Fälle vor." (BT-Drucks 811/12 S. 64)

    Da die Beschwerde also nur in Fällen der Ablehnung von Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufgrund der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG ausgeschlossen ist und infolge der Gesetzesänderung zum 01.01.2014 in der Gesetzesbegründung auch weiterhin daran festhält und den Beschwerdeausschluss nicht erweitert, kann m.E. die Beschwerde gegen die Entscheidung des Richters über die Erinnerung der Entscheidung des UdG nicht ausgeschlossen sein (Ausnahme eben nur nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG, also entsprechend Abs. 4, wenn der UdG ablehnt und der Richter seine Entscheidung im Rahmen der Erinnerung bestätigt), mithin ist das Wort "endgültig" jedenfalls nicht auf den Instanzenzug beschränkt, nur weil zuvor der UdG entschieden hat.

    In beiden Fällen meines Vorposts scheint jedenfalls die Beschwerde eröffnet zu sein.


    Dazu mal noch ein "Schmankerl" des Rechtsausschusses des Bundestages, die wohl bisher nicht wussten, dass es den Rechtspfleger im SGG gar nicht gibt:

    "Zu Artikel 11
    (Änderung des Sozialgerichtsgesetzes – SGG)
    Der Ausschuss hält es für vorzugswürdig, die im Entwurf vorgesehene Möglichkeit zur Übertragung der Bedürftigkeitsprüfung auf den Rechtspfleger als Länderöffnungsklausel auszugestalten." (BT.-Drucks. 17/
    13538 S. 28)

  • Ergänzend hierzu (endlich) die Entscheidung des 4. Senats des LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31.03.2016 - L 4 AS 52/16 B - zitiert nach juris:

    Leitsatz

    1. Auch in sog Altfällen, Fällen, in denen der PKH-Antrag vor dem 1. Januar 2014 gestellt worden ist, gelten verfahrensrechtlich die Neuregelungen der § 73a SGG nF (aA: LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29. August 2014, L 2 AS 266/14 B, juris). Die Anwendung des neuen Verfahrensrechts führt im Regelfall nicht zu Rechtsnachteilen für den PKH-Antragstellers. [Zuständig für die Nachprüfungen nach § 73a Abs. 5 SGG ist zunächst ausschließlich der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle.]

    2. § 73a Abs 8 SGG nF steht bei PKH-Aufhebungen einer Statthaftigkeit der Beschwerde nicht entgegen. § 73a Abs 8 SGG nF reicht nicht weiter als § 172 Abs 3 Nr 2 SGG und ist daher teleologisch zu reduzieren, um Wertungswidersprüche zu vermeiden (aA: Sächsisches LSG, Beschluss vom 4. Februar 2015, L 8 AS 78/15 B, juris).

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