Überzahlung durch zweiten DS, Aufrechnung?

  • Kann man überhaupt mit der Zahlung der Bank B, die man aufgrund einer Pfändung erhalten hat, mit einer Forderung, die nicht Grundlage der Pfändung war, aufrechnen?

    Ich frage mal zurück: Ist es sinnvoll, dass der Gläubiger das Geld an den Schuldner auszahlen muss und sich zeitgleich um die Titulierung der neuen Forderung bemühen muss? Dolo agit! Schließlich schont man bei einer Aufrechnung auch den Schuldner kostenmäßig.

    JA es kann Sinn machen, denn schließlich könnte es nachrangige Gläubiger geben, die durch die (zwischenzeitlich) unberechtigte Forderungseinziehung benachteiligt werden.

    Es grenzt schon an Ironie, dem Schuldner damit sogar Kosten sparen zu wollen.
    Tituliert ist zwar was vollkommen anderes, aber ich verrechne die Zahlungen mal schön mit anderen (theoretischen) Forderungen und bezeichne das dann als Aufrechnung.


    Und deine sinngemäße Aussage: ...auf Wiedervorlage legen und abwarten was der Schuldner macht... finde ich schon fast unverschämt.
    Im § 767 ZPO-Verfahren trägst du dann vor, dass du die 9.000.- € nicht zurückzahlen konntest, weil deine Wiedervorlage erst in 3 Monaten abgelaufen wäre??? :strecker

  • Vollstreckungsgläubiger müssen sich nicht um andere - ihnen zudem unbekannte - Gläubiger scheren. Zwangsvollstreckung ist ein Wettlauf, bei dem man sich nicht nach Verlierern umdreht. Ein Gläubiger ist sehr wohl gehalten, dem Schuldner nicht notwendige Kosten zu ersparen - Kostenminderungspflicht nennen das die Schuldner. Dazu gehört auch, aufzurechnen statt Gerichtskosten zu produzieren. Und das Gros der Aufrechnung geschieht übrigens tagtäglich mit nicht titulierten Forderungen - ganz alltägliches Geschäft. Bestreitet der Schuldner meine Gegenforderung, kann er ja mal zur Abwechslung klagen (die Rollen von Gläubiger und Schuldner sind keinesfalls fest verteilt und dürfen auch mal getauscht werden). Und es es keinesfalls unverschämt, wenn sich der Gläubiger nicht sofort von sich aus rührt. Selbstverständlich muss der Gläubiger reagieren, wenn der Schuldner auf ihn zukommt. Es ging im Ausgangsfall aber darum, dass der Gläubiger überraschend mehr Geld bekommt und nicht darum, dass er sich ohne Grund weigert, das Zuvielerhaltene rauszurücken.

    Strengt der Schuldner ein § 767 ZPO-Verfahren an, ohne vorher den Gläubiger zu kontaktieren, wird er wohl gegen die § 93 ZPO-Wand laufen...

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Stöber, Rdn. 760:

    "Auch bei Überpfändung ist aber die Einziehungsbefugnis des Gläubigers immer auf den jeweiligen Betrag seines Vollstreckungsanspruchs samt Zinsen und Kosten beschränkt, so dass er den mehrgepfändeten Betrag zum Nachteil des Schuldners nicht einfordern und in Empfang nehmen darf."

  • Dazu musst du den Kontext der Ausführungen von Stöber und den dort zitierten Urteilen berücksichtigen.

    Werden Forderungen gepfändet, die die Vollstreckungsforderung übersteigen, dann geht die Einziehungsbefugnis jeweils maximal bis zur Höhe der Vollstreckungsforderung. Das hat ja auch nie jemand bestritten.

    Sehr instruktiv übrigens das dort zitierte BGH v. 22.01.1975, VIII ZR 119/73, NJW 1975, 738: "Es bleibt dem Schuldner überlassen, wegen einer etwaigen Überpfändung Erinnerung nach § 766 ZPO zu erheben."

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Zitat

    Coverna

    Stöber, Rdn. 760:


    "Auch bei Überpfändung ist aber die Einziehungsbefugnis des Gläubigers immer auf den jeweiligen Betrag seines Vollstreckungsanspruchs samt Zinsen und Kosten beschränkt, so dass er den mehrgepfändeten Betrag zum Nachteil des Schuldners nicht einfordern und in Empfang nehmen darf."


    Vorliegend ist es ja so, dass die Zustellung des PfuÜB an die beiden Banken parallel beauftragt wurde. Und dann kam das Geld einfach:wechlach:... Also nach Auskehrung durch die erste Bank wurde nichts mehr eingefordert und der Empfang der zweiten Auskehrung konnte auch nicht verweigert werden.



    Kleine Nachfrage:


    Angenommen, die zweite Bank hätte noch nicht gezahlt. Bank A will auf Bitten des VS den Vorgang als erledigt kennzeichnen und fragt deshalb womöglich noch offene Kosten an, nämlich etwa die der Zustellung. Diese sollen sofort gezahlt werden. Neben den Kosten der Zustellung an Bank A gibt es ja noch die der Zustellung an Bank B. Kann ich die mit auf die Rechnung der Bank A setzen (und Bank B dann Erledigung mitteilen) oder ist Bank B separat zu betrachten?

  • ...

    Strengt der Schuldner ein § 767 ZPO-Verfahren an, ohne vorher den Gläubiger zu kontaktieren, wird er wohl gegen die § 93 ZPO-Wand laufen...

    Beim Ausgangsfall mit der überraschenden Doppelzahlung: Ja. Bei der Variation mit den 10 Kontopfändungen eher nicht, wenn diese 10 Banken nicht annähernd gleichzeitig zahlen, sondern das mit jeweils ein paar Tagen Abstand hereintröpfelt.

    Und zur Frage, wie oft ich kontrollieren muss, ob mein Schuldner gezahlt hat:
    "Kontrollieren, ob" möglicherweise gar nicht. Tatsächlich eingegangenes Geld verbuchen und die weitere Volkstreckung entsprechend anpassen: Bald. Das ist der Zweck der Buchhaltung, und zur Meldung der Glattstellung gibt es Bürokommunikation.

    Bei mir (ich spreche jetzt mal bewusst nur im Singular, weil wir so einen Fall im Senat noch nicht hatten) würdest Du jedenfalls eine aufs Dach bekommen, wenn der Zahlungseingang nach ca. zwei Wochen noch nicht verbucht ist und die Vollstreckung deswegen weiterläuft, dann wäre Essig mit § 93 ZPO. Mag sein, dass die Frist für den bekannt langsamen öffentlichen Dienst etwas länger wäre, aber irgendwo muss eine Grenze sein.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Bei mir (ich spreche jetzt mal bewusst nur im Singular, weil wir so einen Fall im Senat noch nicht hatten) würdest Du jedenfalls eine aufs Dach bekommen, wenn der Zahlungseingang nach ca. zwei Wochen noch nicht verbucht ist und die Vollstreckung deswegen weiterläuft, dann wäre Essig mit § 93 ZPO. Mag sein, dass die Frist für den bekannt langsamen öffentlichen Dienst etwas länger wäre, aber irgendwo muss eine Grenze sein.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Wie es im öD läuft ist ja erstmal egal, weil es im Finanzamt jedenfalls weder eine Vollstreckungsabwehrklage, noch den § 93 ZPO gibt und man auch schwerlich vor einen Richter kommt ohne zuvor beim Finanzamt gewesen zu sein.

    Aber insgesamt ist klar, dass der § 93 ZPO den Gläubiger (nur) davor schützt, überraschend verklagt zu werden.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • ...
    Wie es im öD läuft ist ja erstmal egal, weil es im Finanzamt jedenfalls weder eine Vollstreckungsabwehrklage, noch den § 93 ZPO gibt und man auch schwerlich vor einen Richter kommt ohne zuvor beim Finanzamt gewesen zu sein.

    Aber insgesamt ist klar, dass der § 93 ZPO den Gläubiger (nur) davor schützt, überraschend verklagt zu werden.

    :daumenrau

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Die Auskehrung hätte an die zweite Bank zurücküberwiesen werden müssen, weil der Gläubiger nicht mehr zum Empfang berechtigt war (s.o. Stöber).

    Die Bank kennt die Höhe der Forderung wegen der das Konto gepfändet wurde und hat grundsätzlich keine Veranlassung nachzufragen ob noch offene Forderungen bestehen.

    Allerdings ist das in Deinem Fall insofern anders, weil die Pfändung (ich nehme an die gleiche Pfändung) an zwei DS zugestellt wurde. Die Pfändung umfasst auch die Zustellungskosten des Beschlusses und das betrifft beide Zustellungen. Das ist zwar meines Wissens nicht gesondert geregelt, aber ich denke mir, dass es so in Ordnung ist.

    In solchen Fällen habe ich immer in der Drittschuldnererklärung darauf hingewiesen, dass die Zustellungskosten für die weiteren Zustellungen bei den anderen DS von mir nur dann berücksichtigt werden können, wenn sie mir der Höhe nach nachgewiesen werden.

    Deine Frage beantworte ich also mit ja, aber Du musst die Höhe der Kosten der ersten Bank nachweisen.

  • Es ist wirklich Unsinn, dass das Geld an die Bank zurücküberwiesen werden muss. Nur der Schuldner hat einen Bereicherungsanspruch, da die Bank schuldbefreiend gezahlt hat.

    Und die zitierte Stelle im Stöber hat aber auch überhaupt nichts mit unserem Problem hier zu tun. Dort geht es bei der Überpfändung einer Forderung darum, ob das Pfandrecht gleichwohl die ganze gepfändete Forderung verstrickt oder nur wie eine Teilpfändung bis zur Höhe der Vollstreckungsforderung. Einschlägig wäre diese Stelle also, wenn wegen 500 Euro eine Forderung von 5.000 Euro gepfändet wird und der Gläubiger die ganzen 5.000 Euro einziehen will. Daher vielleicht auch die einleitenden Worte von Stöber, dass die Überpfändung von Forderungen praktisch keine Relevanz hat.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6


  • :daumenrau Dem ist nichts hinzuzufügen.

    Die Pfändung durch eventuelle weitere Gläubiger bei der Bank B geht ins Leere.

  • Kann man überhaupt mit der Zahlung der Bank B, die man aufgrund einer Pfändung erhalten hat, mit einer Forderung, die nicht Grundlage der Pfändung war, aufrechnen?


    natürlich,

    Gleichartigkeit des Anspruchs (jeweils Geld) (+) und

    zwei Personen, von denen jeder eine Forderung gegen den anderen besitzt (+)

  • Kann man überhaupt mit der Zahlung der Bank B, die man aufgrund einer Pfändung erhalten hat, mit einer Forderung, die nicht Grundlage der Pfändung war, aufrechnen?

    Ich frage mal zurück: Ist es sinnvoll, dass der Gläubiger das Geld an den Schuldner auszahlen muss und sich zeitgleich um die Titulierung der neuen Forderung bemühen muss? Dolo agit! Schließlich schont man bei einer Aufrechnung auch den Schuldner kostenmäßig.


    :daumenrau

  • Wir drehen uns hier im Kreis und beide Meinungen haben etwas für sich und auch etwas dagegen.

    Man stelle sich vor, der Gläubiger hat eine titulierte und eine oder mehrere nicht titulierte Forderungen. Er pfändet verschiedene Forderungen des Schuldners und erhält auch von verschiedenen DS Zahlungen. Als Überweisungsvermerk wird das Datum und das Az. der Pfändung angegeben. Nun ist die Forderung, die der Pfändung zugrunde lag getilgt und die DS überweisen weiter, weil noch keiner der DS die Forderung voll getilgt hat.

    Der Gläubiger nimmt diese Zahlungen entgegen und trotz Befriedigung der Pfändung nimmt er alle Überweisungen entgegen und tilgt damit die noch nicht titulierten Forderungen. Bevor der Schuldner das merkt und ggfs. mit Erfolg Vollstreckungsgegenklage erhebt, sind auch die nicht titulierten Forderungen durch die Überweisungen getilgt.

    Das kann doch nicht richtig sein.

  • Man kann sich auch mal einen Fall vorstellen, wo auf Antrag des Gl. ein PfüB erlassen wurde, jedoch vor Zahlung durch den Drittschuldner der Schuldner doch noch die Forderung begleicht.

    Statt 500,- € überweist an den Gläubiger jedoch 5.000,- € und hätte damit natürlich einen Rückzahlungsanspruch. Da der Gläubiger gegen den Schuldner noch weitere untitulierte Forderungen besitzt, erklärt er die Aufrechnung.

    Muss deiner Meinung nach der Gl. hier zurückzahlen und sich die anderen Forderungen auch erst noch titulieren lassen?

    M. E. müsste stattdessen der Schuldner Klage auf Auszahlung des zuviel geleisteten Betrages erheben, wenn er meint, dass die weiteren Forderungen des Gläubigers nicht berechtigt seien.

  • Schließe mich Exec und Frog an.

    Zurückzuzahlen ist nicht an die Bank, denn diese erwirbt keinen Anspruch gegen den Gläubiger. Sie leistet keine eigenen Mittel, sondern sie bezahlt auf Kosten des Schuldners - gedanklich aus Mitteln des Schuldners, die sich zufällig bei ihr befinden - auf eine Verbindlichkeit des Schuldners.

    Wenn der Gläubiger durch mehrfachen Pfändungserfolg "zuviel" erlangt hat, schuldet er dem Schuldner die Auskehr des Übererlöses. Hat er weitere Forderungen gegen den Schuldner, kann der Gläubiger aufrechnen. Sinn der Aufrechnung ist primär die Befriedigung nicht titulierter Forderungen. Nur durch entsprechende Verträge z.B. im Bankverkehr wird für nicht titulierte Forderungen ein Aufrechnungsverbot unter diesen Vertragspartnern schuldrechtlich erst vereinbart. Grenze einer Aufrechnung ist - neben einem schuldrechtlichen Aufrechnungsverbot - m.E. erst der Rechtsmissbrauch.

    Will der Schuldner die Aufrechnung nicht akzeptieren, muss er Klage gegen den Gläubiger auf Rückzahlung erheben. Dabei trifft dann den Gläubiger die volle Beweislast der Existenz der nun durch Aufrechnung untergegangenen weiteren Forderung gegen den Schuldner.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Zitat

    Wenn der Gläubiger durch mehrfachen Pfändungserfolg "zuviel" erlangt hat, schuldet er dem Schuldner die Auskehr des Übererlöses. Hat er weitere Forderungen gegen den Schuldner, kann der Gläubiger aufrechnen

    Zitat

    Bei mir (ich spreche jetzt mal bewusst nur im Singular, weil wir so einen Fall im Senat noch nicht hatten) würdest Du jedenfalls eine aufs Dach bekommen, wenn der Zahlungseingang nach ca. zwei Wochen noch nicht verbucht ist und die Vollstreckung deswegen weiterläuft, dann wäre Essig mit § 93 ZPO

    Tatsächlich ist es im vorliegenden Fall so, dass der Gläubiger noch eine weitere (untitulierte) hohe Forderung gegen den VS hat. Für diese einen Titel zu erlangen, wird langwierig. Es wäre also sehr angenehm, die Auskehrung der zweiten Bank, die zur Überzahlung führt, einzubehalten und gegenüber dem VS aufzurechnen.
    Nehmen wir an, die Auskehrung der zweiten Bank erfolgt erst vier Wochen nach der ersten. Eine zwischenzeitliche Information der zweiten Bank ist bewusst nicht erfolgt und der VS hat auch geschlafen. Dann ist das gut gelaufen für den Gläubiger, oder übersehe ich anbahnenden Ärger?:eek:

  • Naja, das wäre dann wirklich nicht nice, aber die Gefahr einer Vollstreckungsabwehrklage ist jedenfalls durch Abschluss der Vollstreckung gebannt...

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

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