§57a ZVG: Vollstreckungsklausel gegen Mieter?

  • Mmh, danke für die antworten.
    Bin mir eben auch nicht sicher wie § 93 I 2 ZVG auszulegen ist.

    Die ZV aus dem Zuschlagsbeschluss hat nicht zu erfolgen, wenn der Besitzer ein Besitzrecht hat. Im Umkehrschluss: der vor Zuschlag wirksam gekündigte Mieter hat kein Besitzrecht mehr. Also muss die ZV gegen ihn möglich sein. Aber auch Stefan´s Argumentation hatte und habe ich im Kopf.

    Blöd.

    Ich hatte den Ersteher bereits daraufhingewiesen, dass er sich den Räumungstitel umschreiben lassen soll. Aber er besteht auf den Zuschlagstitel...

    Dazu muss es doch Rechtsprechung geben. Ich gucke!

  • Zitat von Carsten


    Ich hatte den Ersteher bereits daraufhingewiesen, dass er sich den Räumungstitel umschreiben lassen soll. Aber er besteht auf den Zuschlagstitel...



    Der erste Gedanke ist immer der beste!

    Zitat von Carsten

    Dazu muss es doch Rechtsprechung geben. Ich gucke!



    Und dann bitte berichten ... ;)

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • Stefan`s Auffassung stimmt zumindest mit Kurt überein; Rd.Nr.3.2 zu § 93: "Räumungsvollstreckung gegen den zur Rückgabe der Mietsache verpflichteten vormaligen Mieter ermöglicht der ZU-Beschluß nicht."
    Eine Fundstelle mit Rechtsprechung führt er jedoch leider nicht an.

    Etwas davor heisst es bei Kurt mit Angabe von Entscheidungen, daß Räumungsvollstreckung zulässig ist (also Klausel kann erteilt werden) gegen den Besitzer eines offenkundigen Scheinmietvertrages. Besitzrecht wäre dann nach § 771 ZPO einzuwenden. Ich meine hier widerspricht sich Kurt doch selbst: Über ein nach unserer Auffassung offensichtliches Scheinmietverhältnis sollen wir uns hinwegsetzen und die Klausel erteilen, bei nachgewiesener Beendigung des MV soll die Klausel und dann die Räumungsvollstreckung unzulässig sein ????

  • Zitat von fisch

    Stefan`s Auffassung stimmt zumindest mit Kurt überein; Rd.Nr.3.2 zu § 93: "Räumungsvollstreckung gegen den zur Rückgabe der Mietsache verpflichteten vormaligen Mieter ermöglicht der ZU-Beschluß nicht."
    Eine Fundstelle mit Rechtsprechung führt er jedoch leider nicht an.

    Etwas davor heisst es bei Kurt mit Angabe von Entscheidungen, daß Räumungsvollstreckung zulässig ist (also Klausel kann erteilt werden) gegen den Besitzer eines offenkundigen Scheinmietvertrages. Besitzrecht wäre dann nach § 771 ZPO einzuwenden. Ich meine hier widerspricht sich Kurt doch selbst: Über ein nach unserer Auffassung offensichtliches Scheinmietverhältnis sollen wir uns hinwegsetzen und die Klausel erteilen, bei nachgewiesener Beendigung des MV soll die Klausel und dann die Räumungsvollstreckung unzulässig sein ????



    Kurt ist doch auch nur Schriftsteller. Gegebenenfalls kann Carsten in seiner Entscheidung ja zitieren: "aA: fisch, rechtspflegerforum.de, Thread ..." ;)

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • Zitat von fisch

    Stefan`s Auffassung stimmt zumindest mit Kurt überein; Rd.Nr.3.2 zu § 93: "Räumungsvollstreckung gegen den zur Rückgabe der Mietsache verpflichteten vormaligen Mieter ermöglicht der ZU-Beschluß nicht."
    Eine Fundstelle mit Rechtsprechung führt er jedoch leider nicht an.

    Etwas davor heisst es bei Kurt mit Angabe von Entscheidungen, daß Räumungsvollstreckung zulässig ist (also Klausel kann erteilt werden) gegen den Besitzer eines offenkundigen Scheinmietvertrages. Besitzrecht wäre dann nach § 771 ZPO einzuwenden. Ich meine hier widerspricht sich Kurt doch selbst: Über ein nach unserer Auffassung offensichtliches Scheinmietverhältnis sollen wir uns hinwegsetzen und die Klausel erteilen, bei nachgewiesener Beendigung des MV soll die Klausel und dann die Räumungsvollstreckung unzulässig sein ????



    ...und genau dazu gibt´s 1.000 Entscheidungen. Ich darf die Klausel dann nicht erteilen wenn Rechsstreit über Mietverhälntis anhängig ist etc. (Rechtstreit ist aber erledigt; mit Feststellung, dass MV zum Ztpkt. d Zuschlags wirksam beendet war) Auf der anderen Seite: wenn in der Familie Scheinmietverträge gemacht wurden, darf ich die Klausel erteilen, dann soll der Besitzer § 771 ZPO Einwände. Ich muss nochmal in die Verwaltungsakte schauen, wenn ich mich recht entsinne ist der "Mieter" Bruder des Sch. und hat nie Miete gezahlt.

    Für die Auffassung Stöber: "Räumungsvollstreckung gegen den zur Rückgabe der Mietsache verpflichteten vormaligen Mieter ermöglicht der ZU-Beschluß nicht." nennt er selbst nur die Gegenmeinung. ;)

    Werde den "Mieter" anhören und dann wohl doch die Klausel erteilen.

  • Habe gerade nochmal in der Verwaltungsakte gelesen.

    "Mieter" ist Bruder des Schuldners und hat keine Cent Miete gezahlt während der Verwaltung (welche zeitgleich) zur Versteigerung lief.

    Werde daher die Klausel doch erteilen. Ich sag nur Scheinmietvertrag.
    Soll der "Mieter" § 771 ZPO einlegen. Dann habe ich wenigstens eine Entscheidung zu solch einem Fall.

  • Klauselerteilung gegen Dritte ist ein heißes Eisen.
    Grundsätzlich ist zu prüfen, wen man auf den Rechtsweg schickt, wer also Klage auf Erteilung bzw. gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel führen muss.
    Bei offenkundigem Scheinmietvertrag, z.B. Abschluss 4 Wochen vor Versteigerungstermin oder Mietvertrag ist durch Sohn des Eigentümers unterschrieben oder Mieter ist naher Familienangehöriger, ist der “Mieter“ m.E. weniger schützenswert.
    Dem Recht des Erstehers an der Erteilung der Klausel, um den ersteigerten Grundbesitz in Besitz nehmen zu können ist Vorrang zu geben vor den vermeintlich bestehenden Rechten der Familienangehörigen. Ich denke, das ist auch die Tendenz bei Onkel Kurt.
    Hier einige -ältere- Fundstellen:
    LG Wuppertal Rpfleger 92 Seite 81, B. v. 14.09.1992
    LG Krefeld Rpfleger 87 Seite 259, B. v. 27.05. 1986
    OLG Hamm Rpfleger 89 Seite 165, B. v. 06.12.1988
    OLG Frankfurt Rpfleger 89 Seite 209, B.v. 31.7. 87
    LG Freiburg, Rpfleger90 Seite 266 B.v. 26.6.89

    Ich würde die Klausel erteilen.

  • Hallo Carsten,
    ich bleibe selbstverständlich bei meiner Meinung soweit ein Mietverhältnis vorlag. Durch Dein Posting um 9:53 Uhr gehst Du jetzt anscheinend davon aus, daß überhaupt kein gültiges Mietverhältnis vorlag. Das ist natürlich eine andere Fallgestaltung. Der "Mieter" wäre dann unberechtigter Besitzer und kann mit dem Zuschlagsbeschluß als Räumungstitel entfernt werden.
    Aber auch das ist ein zweischneidiges Schwert, da Verwandschaftsverhältnis und Nichtzahlung der Miete allein noch keinen "Scheinmietvertrag" ausmachen. Hier kommt es auf die Prüfung des Einzelfalls an.

  • Ich habe derzeit ein ähnliches Problem. Nach Zuschlag musst der Ersteher das Objekt teilweise Räumen lassen. Am Räumungstag erschien ein Dritter und legte dem Gerichtsvollzieher einen "Mietvertrag" über 2 Kellerräume und 2 Garagen, die zum Objekt gehören vor, so dass der Gerichtsvollzieher hinsichtlich der Garagen und Keller von einer Räumung Abstand genommen hat. Der Ersteher bittet nun um Erteilung einer Klausel gegen den Dritten. Dieser legt auch mir nach Anhörung den "Mietvertrag" vor. Der Mieter ist der Schwiegersohn des früheren Eigentümers. Der Mietvertrag wurde während des laufenden Zwangsversteigerungsverfahrens auf die Dauer von 10 Jahren abgeschlossen, natürlich ohne Miete zu zahlen. Der Gesamtmietwert inclusive Nebenkosten für die Dauer von 10 Jahren wird aufgerechnet mit einer "Lohnforderung" die der Mieter gegen den Vermieter hatte.
    Natürlich riecht das verdammt nach "Scheinmietvertrag". Aber lehne ich mich da zu sehr aus dem Fenster, wenn ich eine Klausel erteile? Was würdet ihr machen?:confused:

  • AnKe: Ich würde die Klausel in diesem Fall nicht erteilen, angeblicher Scheinmietvertrag hin oder her. Es obliegt nicht meiner Entscheidung als Vollstreckungsgericht durch Klauselerteilung darüber zu befinden, ob das Mietverhältnis wirksam ist oder nicht und ob daraus folgend der "Mieter" ein dem Ersteher gegenüber bestehendes Recht zum Besitz hat oder nicht.
    Der Ersteher muß hier nach § 57 ff ZVG kündigen und auf Räumung klagen.

  • wie weiter oben ausgeführt, gibt es zahlreiche Entscheidung, die die Klauselerteilung für solche Fälle bejahen.

    Hierdurch wird ja "nur" die Beweis- und Prozessführungspflicht umgedreht.
    Richtig verstehen mag ich es auch nicht, wieso ich im Klauselerteilungsverteilung materiell prüfen soll.

    Was ich sagen will: Wenn so nahe Verwandte im laufenden Verfahren solche Verträge schließen, hätte ich - in Kenntnis der Rechtsprechung - keine Skrupel die Klausel zu erteilen. Sollen sich Schuldner und Schwiegersohn wehren.

  • Besteht denn für die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses überhaupt ein Rechtsschutzbedürfnis, wenn bereits ein Räumungstitel vorliegt?

  • @ zwecke: also in meinem Fall liegt noch kein Räumungstitel vor. Ansonsten hättest du natürlich Recht mit dem fehlenden Rechtsschutzbedürfnis.

    Grundsätzlich muss ich fisch (# 33) zustimmen.
    Habe mir allerdings die Fundstellen von bü40 zu Gemüte geführt und tendiere im Moment zur Erteilung einer entsprechenden Klausel. Das liegt natürlich auch daran, dass der Schuldner und sein Schwiegersohn in diesem und auch mehreren anderen Verfahren soviel Schwierigkeiten machen, dass ich jetzt geneigt bin dem Ersteher ein wenig zur Seite zu stehen. Ich denke ich kann das mit Hinweis auf die zitierten Urteile vertreten.

    Anmerkung: den Beschluss des LG Wuppertal vom 14.09.1992 findet man im Rechtspfleger 93 S. 81.

  • Zitat von Anke

    Das liegt natürlich auch daran, dass der Schuldner und sein Schwiegersohn in diesem und auch mehreren anderen Verfahren soviel Schwierigkeiten machen, dass ich jetzt geneigt bin dem Ersteher ein wenig zur Seite zu stehen.



    Wie schnell man sich doch in den Bereich von § 42 II ZPO begibt. :D

  • Zitat von fisch


    Wie schnell man sich doch in den Bereich von § 42 II ZPO begibt. :D



    Sicher, den Eindruck könnte man gewinnen. Sehe ich aber nicht so. Es ist nur so, dass in diesen Verfahren immer wieder Merkwürdigkeiten und fingierte Verträge auftauchen, die dann wie Seifenblasen in der Luft platzen. Und dann neigt man auch dazu sich den angeblichen Mietvertrag einfach mal näher anzuschauen. Ein Mietvertrag nur über Kellerräume, die sich in einem Objekt mit mehreren Reihenhäusern befinden ist doch schon sehr merkwürdig. Der angebliche Mieter konnte mir weder erklären wie ihm der Besitz eingeräumt wurde (die Reihenhauseinheiten waren ja auch noch anderweitig vermietet) noch konnte er die angebliche Lohnforderung mit der verrechnet wurde nachweisen. Ich habe ihn ja natürlich dazu angehört. Warum sollte ich unter diesen Voraussetzungen - gestützt durch Kommentierung und eine Vielzahl von Entscheidungen - nicht mal ausnahmsweise diesen Weg gehen....

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