Vereinfachtes Unterhaltsverfahren - vollstreckbare Ausfertigung

  • Hallo zusammen,

    ich habe für meine Frage keinen passenden Beitrag in der Suche gefunden und bitte höflichst um Feedback.

    Als vertretungsberechtigter Beistand beantrage ich regelmäßig das vereinfachte Unterhaltsverfahren für minderjährige Kinder. Schon bei der Antragstellung bitte ich durch zusätzliches Anschreiben darum, sofern die sofortige Wirksamkeit nach § 116 Abs.3 FamFG angeordnet wird, mir eine vollstreckbare Ausfertigung sofort bei Erlass des Beschlusses zu erteilen. Jedoch immer wieder vergeblich. Ich erhalte diese nie, sodass ich mich langsam frage, ob dies überhaupt möglich ist und meine Bitte erst mal grundsätzlich Sinn macht? Falls nein, was spricht rechtlich dagegen?

    (Leider muss ich danach teilweise bis zu dreimal an die Ausstellung erinnern (wohl gemerkt immer im Abstand von 4-6 Wochen), was die mögliche Zwangsvollstreckung gegen zahlungsfähige Schuldner extrem verzögert. Ich habe durchaus Verständnis für Arbeitsbelastung und Überlastung, aber von der im Merkblatt angegebenen Möglichkeit "rasch" einen Vollstreckungstitel zu erwirken bin ich Lichtjahre entfernt.)

  • Also rechtlich spricht überhaupt nichts dagegen. Da gibt's keine Sonderregeln fürs vereinfache UH.

    Ist dein Problem, dass in den Beschlüssen keine sofortige Wirksamkeit angeordnet wird oder bekommst du einfach die vollstreckbare Ausfertigung nicht?
    Ersteres klingt nach fehlender Kenntnis des Rechtspfleger, zweiteres eher nach Geschäftsstelle.

    Für Bayern kann ich sagen, dass das Programm sogar standardmäßig sowohl die sofortige Wirksamkeit als auch eine direkte Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung vorsieht.

  • zu Beitrag 1:

    Grundsätzlich ist das, was du möchtest rechtlich möglich.

    Ob es sinnvoll ist, sogleich nach Beschlusserlass eines vollstreckbare Ausfertigung zu erhalten, ist eine andere Frage. Dann hättest du nämlich keinen Nachweis der Zustellung des Beschlusses an den Antragsgegner und könntest keinen Pfüb gegen diesen beantragen.

  • Vielen Dank für die Antworten!

    Zitat

    oder bekommst du einfach die vollstreckbare Ausfertigung nicht?

    Dieser Fall war gemeint. Die sofortige Wirksamkeit wird immer angeordnet, jedoch keine vollstreckbare Ausfertigung erteilt.

    Zitat

    Dann hättest du nämlich keinen Nachweis der Zustellung des Beschlusses an den Antragsgegner und könntest keinen Pfüb gegen diesen beantragen.

    Das ist interessant. Tatsächlich habe ich die später erteilten vollstreckbaren Ausfertigungen immer mit Zustellvermerk erhalten und noch nie darauf geachtet. Aber braucht man diesen überhaupt? Beziehst du dich dabei auf § 750 ZPO?

    Welche Rolle spielt dann § 120 Abs.2 FamFG?

    Oder wie löst man das in Bayern, wenn dort gleichzeitig Beschluss erlassen + vollstreckbare Ausfertigung erteilt werden?

  • § 750 Abs. 1 ZPO findet natürlich Anwendung über den Verweis des § 120 Abs. 1 FamFG, vgl. Kemper/Schreiber, Familienverfahrensrecht, FamFG § 120 Rn. 3, 5, beck-online:

    Zitat

    Die Vollstreckung in Ehesachen (§ 121) und Familienstreitsachen (§ 112) erfolgt entsprechend den Vorschriften der ZPO über die Zwangsvollstreckung.

    Wirksam und damit vollstreckbar (§ 120 Abs. 1) werden die Ehesachen (§ 116 Abs. 2) und Familienstreitsachen grundsätzlich erst mit ihrer Rechtskraft (§ 116 Abs. 3 S. 1). In Familienstreitsachen kann das Gericht aber die sofortige Wirksamkeit anordnen (§ 116 Abs. 3 S. 2), in Unterhaltssachen soll das Gericht das sogar, soweit die Entscheidung die Leistung von Unterhalt für die Zukunft betrifft (§ 116 Abs. 3 S. 3).

    Endentscheidungen in Unterhaltsverfahren sind nach §§ 120 Abs. 2, 116 Abs. 3 FamFG grundsätzlich erst nach Eintritt der Rechtskraft vollstreckbar.

    Deshalb ist es so wichtig, dass die sofortige Wirksamkeit bei Unterhalt angeordnet wird.

  • Okay, also fasse ich zusammen, dass du es für sinnfrei hältst, die sofortige Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung zu verlangen, weil sodann der für die Zwangsvollstreckung notwendige Zustellvermerk fehlt. Das wäre zumindest ein nachvollziehbares Argument für mich, es künftig gleich sein zu lassen.

    Zitat

    Für Bayern kann ich sagen, dass das Programm sogar standardmäßig sowohl die sofortige Wirksamkeit als auch eine direkte Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung vorsieht.

    Hier frage ich mich dann aber, wie das Problem des fehlenden Zustellvermerks in Bayern in der Praxis gelöst wird.

  • Zumindest wenn auch eine Zustellbescheinigung entsprechend §169 I ZPO beantragt ist, dann dürfte es m.E. nicht zweckmäßig sein eine vollstr. Ausfertigung zu erteilen bevor die Zustellbescheinigung erteilt werden kann.
    Ohne Nachweis der Zustellung wird man nämlich ohnehin nicht vollstrecken können (§750 ZPO).
    Und die Zustellung kann selbstredend erst bescheinigt werden, wenn der Zustellungsnachweis zur Akte zurückgekehrt ist.
    Und zwei separate Ausfertigungen zu erstellen auf der einmal die Klausel erteilt wird und das andere Mal die Zustellung bescheinigt wird, erscheint mir recht unsinnig.

    Man könnte wohl unmittelbar den GV mit der Vollstreckung und gleichzeitigen Zustellung des Titels beauftragen, aber wenn man das vorhat beantragt man ja wohl kaum die Erteilung einer Zustellbescheinigung.

    Das Problem kann auch die bayrische Praxis nicht lösen. Man kann dann allenfalls unmittelbar eine vollstr. Ausfertigung ohne Zustellungsnachweis erteilen.
    Womöglich wurde sich da auch nur unpräzise ausgedrückt. Ich hatte auch nicht sofort erkannt, dass es um eine Verzögerung aufgrund der Zustellbescheinigung gehen könnte.

  • Ich will natürlich keinen Unsinn produzieren, der alle nur verwirrt, sondern einfach nur möglichst effektiv und zeitnah eine vollstreckbare Ausfertigung des Beschlusses erlangen. Und diese vollstreckbare Ausfertigung soll dann selbstverständlich auch zur Zwangsvollstreckung verwendbar sein. :D

    Wie viel Zeit sollte man denn in der Praxis verstreichen lassen, bevor man nach Erlass des Beschlusses zur Erteilung dieser vollstreckbaren Ausfertigung an das Gericht herantritt?

    Klar kann die bayerische Praxis ein rechtliches Problem nicht lösen. Ich kann mir jedoch nicht wirklich vorstellen, dass man dort vollstreckbare Ausfertigungen ohne Zustellvermerk/Bescheinigung ausstellt und an die Antragsteller versendet. Werden diese Ausfertigungen dann ein paar Tage liegen gelassen bis die Zustellung bekannt ist und dann erst mit dem entsprechenden Vermerk automatisch versendet? Interessiert mich einfach, wie das praktisch abläuft. Scheinbar muss man dort als Antragsteller jedenfalls nicht drei mal erinnern, bis man das benötigte Dokument bekommt.

  • Klar kann die bayerische Praxis ein rechtliches Problem nicht lösen. Ich kann mir jedoch nicht wirklich vorstellen, dass man dort vollstreckbare Ausfertigungen ohne Zustellvermerk/Bescheinigung ausstellt und an die Antragsteller versendet. Werden diese Ausfertigungen dann ein paar Tage liegen gelassen bis die Zustellung bekannt ist und dann erst mit dem entsprechenden Vermerk automatisch versendet? Interessiert mich einfach, wie das praktisch abläuft. Scheinbar muss man dort als Antragsteller jedenfalls nicht drei mal erinnern, bis man das benötigte Dokument bekommt.

    Da muss ich gestehen, dass ich das spontan gar nicht beantworten kann. Die Versendung erledigt die Geschäftsstelle, vermutlich dürfte die auf den Zustellnachweis warten; aber ich kann bei Gelegenheit mal nachfragen, wie das zumindest bei uns am Gericht gehandhabt wird :D
    Eine Monierung der Vollstreckbaren hat es bisher zumindest noch nie zu mir geschafft.

  • In einem Telefonat mit einer Geschäftsstelle habe ich nun erfahren, dass man dort immer "die Rechtskraft abwarte" und deshalb die vollstreckbaren Ausfertigungen auch erst nach 2-4 Monaten erteilt werden. Ob der Hinweis auf die beschlossene sofortige Wirksamkeit verstanden wurde...ich wage es bei meinem zuständigen Amtsgericht so langsam zu bezweifeln. :( Aber nun weiß ich wenigstens, wo das Problem liegt.

    Vielen Dank für Eure Ausführungen, ich habe wieder was dazu gelernt.

    Zitat

    aber ich kann bei Gelegenheit mal nachfragen, wie das zumindest bei uns am Gericht gehandhabt wird

    Sehr gerne!

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