Erblasser E setzt in einem handschriftlichen Einzeltestament seine Ehefrau zur Vorerbin ein. Nacherben sind vier namentlich benannte Kinder.
Die Nacherbschaft tritt mit dem Tode der Vorerbin ein.
Im Folgesatz wird dann ausgeführt:
"Im Fall der Wiederheirat oder ihres Wegzugs ins Ausland tritt gesetzliche Erbfolge ein."
Ich hätte dies so ausgelegt, dass Vor- und Nacherbschaft angeordnet ist. Der Nacherbfall tritt entweder beim Tod der Ehefrau oder ihrer Wiederheirat oder ihrem Wegzug in das Ausland ein.
Nacherben im Fall des Todes sind die vier Kinder. Nacherben im Fall der Wiederheirat bzw. des Wegzuges sind die zu diesem Zeitpunkt vorhandenen gesetzlichen Erben.
Hier tritt ein weiteres Problem auf. Nach den Unterlagen scheint der Verstorbene ein weiteres Kind (möglicherweise adoptiert) zu haben. Dieses existierte bei Testamentserstellung auch schon. Formell wäre dieses Kind dann auch Teil dieser angeordneten gesetzlichen Erbfolge bei Wegzug bzw. Heirat. Nach dem Wortlaut des Testamentes wäre ich derzeit davon ausgegangen, dass dies gewollt ist.
Im Testament folgt dann der folgende Satz:
"Sollte eins der Kinder bei meinem Tod den Pflichtteil verlangen, erhält es bei Eintritt des Nacherbfalls lediglich ein Erbe in Höhe des Pflichtteils. Der verbleibende Teil seines Erbes wird auf die übrigen Kinder verteilt. "
Meiner Meinung kann man nur dann den Pflichtteil verlangen, wenn man die Erbschaft ausschlägt. Ein Ausschlagender könnte aber nicht hinterher noch einmal ein Erbe in Höhe des Pflichtteils erhalten, also nicht doch noch Nacherbe werden. Der Sinn dieses Satzes erschließt sich mir daher nicht so ganz.
Es haben tatsächlich zwei der Kinder die Nacherbschaft ausgeschlagen um den Pflichtteil nach § 2306 BGB geltend zu machen. Diese Passage würde ich daher allenfalls als Vermächtnisanspruch bewerten und sie in Bezug auf den Erbschein ignorieren.
Nun zur Problematik der Ausschlagung:
In der Erklärung wird klar ausgeführt, dass die Nacherbschaft ausgeschlagen wird, um den Pflichtteil geltend zu machen.
Eine Ausschlagung hinsichtlich des durch die Wiederheirat bzw. Wegzug anfallenden Erbrechts erfolgt ausdrücklich nicht.
Ist es in dieser Konstellation möglich teilweise auszuschlagen?
Dies hätte Auswirkungen auf die Benennung der Nacherben im Erbschein. Es wurde ein Erbscheinsantrag durch einen Notar gestellt. Dieser geht jedoch nur in Richtung Vor- und Nacherbschaft und berücksichtigt den Fall der Wiederheirat bzw. des Wegzuges nicht.
Vielen Dank für Eure Meinungen!