Verpflichtung für 9-EUR-Ticket in Kostenfestsetzung

  • Hallo,

    ich hätte mal wieder ein Anliegen und finde hierzu leider nichts verwertbares.

    In einem Verfahren die Behördenvertreterin der Beklagten (A16) mit 1. Klasse angereist und hat dabei eine BahnCard25 benutzt. Das Ganze war im Juli 2022, also zur Zeit des 9-EUR-Tickets.

    Die unterlegene Klägerseite wendet nun ein, dass das 9-EUR-Ticket hätte genutzt werden müssen und nicht einzusehen ist, dass nun stattdessen 1. Klasse bezahlt werden muss. Die Beklagte verweist auf ihr Recht zur Nutzung der 1. Klasse nach § 5 Abs. 1 JVEG und darauf, dass auf dieser stark frequentierten ICE-Strecke die Nutzung von Regionalzügen wegen des seinerzeit chaotischen Passagieraufkommens nicht zumutbar gewesen wäre (was ich absolut nachvollziehen kann und auch speziell für diese genutzte Strecke kenne - die Zustände waren damals auf dieser Strecke katastrophal).

    Kann man argumentieren, dass dem Grundsatz der Geringhaltung der Kosten ausreichend Rechnung getragen wurde, dass eine BahnCard25 eingesetzt wurde und im Übrigen die 1. Klasse nach den Reisekostenrichtlinien zulässig, was damit schon die Nutzung des 9-EUR-Tickets verwehrt?

    In den einschlägigen Datenbanken finde ich dazu leider (noch) keinerlei Entscheidungen.

    Gruß und schönes Wochenende allerseits!

  • Ich habe die Fundstellen jetzt nicht parat, aber es ist nach meinem Wissen recht einheitliche Rechtsprechung diverser OLGs, dass der Rechtsanwalt Anspruch auf Erstattung des Bahntickets für die 1. Klasse hat.

    Klar hat der Rechtsanwalt die Verpflichtung, die Verpflichtung, die Kosten gering zu halten. Das kann aber nach meiner Ansicht nicht dazu führen, dass er auf das 9-Euro-Ticket verwiesen werden kann. Der Anwalt darf das für ihn bequemste und zeitgünstigste Verkehrsmittel wählen; diese Wahl ist grds auch für die Erstattungspflicht beachtlich (Herget in: Zöller, Zivilprozessordnung, § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht, Rn. 13_79).

    Vor dem Hintergrund, dass das 9-Euro-Ticket nur für Nahverkehrszüge galt und diese seinerzeit bekanntermaßen recht überfüllt waren, würde ich die Kosten für die Benutzung der 1. Klasse festsetzen.

  • Wenn wir uns in der ordentlichen Gerichtsbarkeit befinden sind nach §91 Abs. 1 S. 2 ZPO i.V.m. §§19 Abs. 1 Nr. 1 und §5 Abs. 1 JVEG die Kosten der 1. Klasse erstattungsfähig.

    Auf die Benutzung von Regionalzügen und damit dem 9,00 €- Ticket muss sich die Partei nicht verweisen lassen.

    Die Partei muss sich nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut ja nicht einmal auf die 2. Klasse verweisen lassen.

    Fahrten in der 1. Klasse verstoßen daher nicht gegen die Schadensminderungspflicht (unabhängig ob eine Bahncard besteht).

    Ich bezweifle, dass dies in den anderen Gerichtsbarkeiten anders ist, dass weiß ich aber nicht mit Sicherheit.

  • Der Einwand, dass das 9-Euro-Ticket hätte benutzt werden müssen, ist dadurch auszuräumen, dass die Dienstreise mit Nutzung der 1. Klasse im ICE genehmigt wurde. Hätte bei der Behörde eine Verpflichtung bestanden, nach der die Dienstreise mit 9-Euro-Ticket hätte absolviert werden müssen, wäre die Dienstreise so nicht genehmigt worden. Abgesehen davon hätte dann wohl auch das Reisekostenrecht geändert werden müssen, denn das 9-Euro-Ticket war keine "Fahrpreisermäßigung" (vgl. § 4 Abs. 2 BRKG), sondern eine Monatskarte bzw. ein besonderer Tarif (vgl. § 8 Abs. 1 S. 1 RegG: "Für den Zeitraum Juni bis August 2022 wird ein Tarif angeboten, der für ein Entgelt von 9 Euro pro Kalendermonat die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs ermöglicht.").

    Noch kurz zur BahnCard bei Behörden-Dienstreisen:

    Eine private BahnCard ist bei uns im Profil für das Dienstreise-Tool zu hinterlegen. Wenn sie sich innerhalb des Gültigkeitszeitraums über Dienstreisen amortisiert, wird der Kaufpreis erstattet. Wenn keine private BahnCard vorhanden ist, wird eine dienstliche BahnCard beschafft, sofern sie sich voraussichtlich amortisiert. Das wird bei anderen Behörden nicht wesentlich anders aussehen.

  • Off Topic:

    Interessant. Bei uns läuft es bei Dienstreisen so: Es gibt einen Großkundenrabatt des Landes, der zu nutzen ist. Der hat allerdings deutlich niedriger aus (ich glaube, derzeit so um die 11%), als der Rabatt der verschiedenen BahnCards. Wer privat eine BahnCard hat, muss diese benutzen. Er bekommt die Kosten dafür nicht erstattet, darf aber die über die Bonusfunktion gesammelten Vorteile privat nutzen, auch wenn diese auf dienstlich ersetzten Reisen beruhen. Manche Gerichte haben eine dienstliche BahnCard, die benutzt werden kann, allerdings gibt es dazu keine einsehbaren Informationen, wer das ist.

    Mit freundlichen Grüßen

    AndreasH

  • Ebenfalls Off Topic:

    Ok, dann ist das doch nicht überall mehr oder weniger ähnlich wie bei uns.

    Wir haben auch ein Großkundenabo bzw. einen Großkundenrabatt. Das wird auf den Fahrscheinen nicht ausgewiesen, sondern erst im Hintergrund bei der Abrechnung berücksichtigt. Ich habe einen personalisierten Login zu bahn.de als Geschäftskunde. Im Buchungsprozess muss dann an einer Stelle in einem Feld (das von der DB inhaltlich nicht vorbelegt ist) für die Zuordnung im Rahmen der Abrechnung die Dienstreise-Nr. aus unserem Dienstreise-Tool eingegeben werden. Der Ticketpreis wird einer hinterlegten Firmenkreditkarte belastet.

    Eine dienstliche BahnCard darf auch privat genutzt werden. Habe ich im Moment nicht, hatte ich aber vor Corona. Die Trennung kriegt die DB in der IT auch in. Beim Login als Privatkunde erscheint dann die dienstliche Anschrift, aber da wohl niemand den Postversand eines online gekauften Fahrscheins wählen wird, ist das egal.

    Bonuspunkte aus Dienstreisen dürfen bei uns, glaube ich, nur dienstlich genutzt werden. Ich trage in dem Feld für die Eintragung der BahnCard-Nr. zum Punktesammeln nie etwas ein.

  • Danke für den Input!

    Ich habe den Einwand abgelehnt (bzw. antragsgemäß festgesetzt) und dies damit begründet, dass die Behördernvertreterin die 1. Klasse genauso nutzen durfte wie auch ein Anwalt sie hätte nutzen dürfen, ohne gegen das Kostenminimierungsprinzip zu verstoßen und dass aufgrund eines FMS zu Zeiten des 9-EUR-Tickets klargestellt wurde, dass dessen Nutzung freigestellt wurde und nicht verpflichtend war.

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