nachträgliche Zusammenrechnung AE + fiktiver Betrag wg. Wohnrecht

  • Hallo, ich habe einen Antrag bzgl. eines PfÜBs aus 2012. Damals wurde das AE der Schuldnerin gepfändet. Nun hat die Schuldnerin in der VA angeben, dass zu ihren Gunsten ein lebenslanges unentgeltliches Wohnrecht an einem Grundstück bewilligt und im GB eingetragen wurde. An dieser Anschrift sei sie auch gemeldet.
    Der Gläubiger beantragt nun eine gerichtliche Anordnung, dass zu dem ermittelten monatlichen Nettoeinkommen der Schuldnerin ein fiktiver Betrag i.H.v. 296,55 € pro Monat hinzuzurechnen ist und sich der pfändbare Betrag nach der Tabelle zu § 850c Abs. 3 ZPO aus dem sich hiernach ergebenden (fiktiven) Gesamteinkommen errechnet.
    Bezüglich des fiktiven Betrages wird Bezug genommen auf den Gesetzesentwurf zur Änderung der Pfändungsfreigrenzen vom 17.08.2001, Drucksache 14/6812. Da hat der Gesetzgeber zur Ermittlung der Pfändungsfreigrenzen nach § 850c ZPO eine Kaltmiete von 580 DM (= 296,55 €) berücksichtigt. Die Schuldnerin sei daher so zu behandeln als stünden ihr monatlich 296,55 € zusätzlich zum tatsächlichen Nettoeinkommen zur Verfügung.

    Hat jemand so einen Fall schon mal gehabt?

    Vermutlich würde ich der Gegenseite zunächst erstmal rechtliches Gehör gewähren aufgrund des nachträglichen Antrages und auch wegen der weiter beantragten Nichtberücksichtigung von Ehemann und Kindern.

  • m.E. gibt es keine Rechtsgrundlage dafür, da das Gesetz lediglich die Zusammenrechnung mehrere (Arbeits-)Einkommen zulässt.

    Mir ist bewusst, dass es einige wenige krude amtsgerichtliche Entscheidung gibt, die das trotzdem machen.

    Der BGH sagt bei normalen Gläubigern und keinen Unterkunftskosten: Pech gehabt.

    IXa ZB 226/03

  • Bezüglich des fiktiven Betrages wird Bezug genommen auf den Gesetzesentwurf zur Änderung der Pfändungsfreigrenzen vom 17.08.2001, Drucksache 14/6812. Da hat der Gesetzgeber zur Ermittlung der Pfändungsfreigrenzen nach § 850c ZPO eine Kaltmiete von 580 DM (= 296,55 €) berücksichtigt. Die Schuldnerin sei daher so zu behandeln als stünden ihr monatlich 296,55 € zusätzlich zum tatsächlichen Nettoeinkommen zur Verfügung.

    Das ist m.E. eindeutig unzulässig.

    Wir haben hier schonmal darüber diskutiert

  • Ich muss meine aufgeworfene Frage nochmal in Erinnerung bringen. Inzwischen hat der Gläubiger weiteren Sachvortrag geleistet und es gibt tatsächlich Entscheidungen, wo eine entsprechende Anordnung ergangen ist, z.B. AG Oranienburg, Beschluss vom 11.08.2016 - 91 M 712/14 - openJur und auch hier wird diese Meinung geteilt: FoVo 12/2020, Wenn der Schuldner keine Miete zahlt | Deutsches Anwalt Office Premium | Recht | Haufe

    Da die Schuldnerin in meinem Fall aufgrund des unentgeltlichen Wohnrechtes mietfrei wohnt, sei sie so zu behandeln, als stünde ihr dieser Betrag zusätzlich zu ihrem tatsächlichen Nettoeinkommen zur Verfügung. Daher sei der Betrag in Höhe von 296,55 € dem ermittelten Nettoeinkommen der Schuldnerin wie fiktives Einkommen durch den Drittschuldner hinzuzurechnen.

    Hmm im Moment tendiere ich wohl tatsächlich dazu, dem Antrag stattzugeben.... :/

    Vielleicht hat der ein oder andere noch eine Meinung dazu. Ich danke euch ;)

  • In dem oben unter #3 verlinkten Thread wurde diese Rechtsprechung (und weitere) auch schon angeführt.

    Ihr (sowie auch den weiteren) fehlt es an jeglicher Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung des BGH. Geschweige denn, dass sie eine gesetzliche Grundlage für die Anordnung auch nur im Ansatz erkennen lässt.

    Da die Schuldnerin in meinem Fall aufgrund des unentgeltlichen Wohnrechtes mietfrei wohnt, sei sie so zu behandeln, als stünde ihr dieser Betrag zusätzlich zu ihrem tatsächlichen Nettoeinkommen zur Verfügung. Daher sei der Betrag in Höhe von 296,55 € dem ermittelten Nettoeinkommen der Schuldnerin wie fiktives Einkommen durch den Drittschuldner hinzuzurechnen.

    Der BGH (VII ZB 94/06) hat der Herabsetzung des pauschalen Pfändungsfreibetrages außerhalb der gesetzlich gesondert geregelten Fälle eine Absage erteilt.

    Die Hinzurechnung fiktiven Einkommens ist nichts anderes als eine verkappte Herabsetzung des Pfändungsfreibetrages.

    Es kommt nicht darauf an wofür der Schuldner seinen pauschalen Freibetrag verwendet.

    Hmm im Moment tendiere ich wohl tatsächlich dazu, dem Antrag stattzugeben.... :/

    Und aus welchen Gründen und insbesondere welcher Rechtsgrundlage?

  • Ich muss meine aufgeworfene Frage nochmal in Erinnerung bringen. Inzwischen hat der Gläubiger weiteren Sachvortrag geleistet und es gibt tatsächlich Entscheidungen, wo eine entsprechende Anordnung ergangen ist, z.B. AG Oranienburg, Beschluss vom 11.08.2016 - 91 M 712/14 - openJur und auch hier wird diese Meinung geteilt: FoVo 12/2020, Wenn der Schuldner keine Miete zahlt | Deutsches Anwalt Office Premium | Recht | Haufe

    Da die Schuldnerin in meinem Fall aufgrund des unentgeltlichen Wohnrechtes mietfrei wohnt, sei sie so zu behandeln, als stünde ihr dieser Betrag zusätzlich zu ihrem tatsächlichen Nettoeinkommen zur Verfügung. Daher sei der Betrag in Höhe von 296,55 € dem ermittelten Nettoeinkommen der Schuldnerin wie fiktives Einkommen durch den Drittschuldner hinzuzurechnen.

    Hmm im Moment tendiere ich wohl tatsächlich dazu, dem Antrag stattzugeben.... :/

    Vielleicht hat der ein oder andere noch eine Meinung dazu. Ich danke euch ;)

    nein - weil es gibt keine gesetzl. Grundlage z. Bsp. in 850 e

    das Vollstreckungsrecht ist diesbezüglich abschließend. Es ist geregelt, was dem Arbeitseinkommen hinzuzurechnen ist. Ich kann da als Anwender nicht rechtsfortbildend tätig werden. Derartige Entscheidungen sind der Gesetzgebung überlassen.

    Es gibt keine Regelungslücke, ich kann also nichts auslegen.

  • Ich danke euch. Im Moment lese ich mich noch durch sämtliche Rechtsprechung und Kommentare. Das ist nur ein Antrag von vielen, den der Gläubiger in dieser Sache gestellt hat X/

    Das klingt dann eher nach: probieren kann man es ja mal..

    ich würde jetzt den Antrag konkret zurückweisen.. Entweder er nimmt es hin oder es gibt dann andere die sich mit der Thematik beschäftigen müssen :nixweiss:

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