Klausel § 727 ZPO, § 7 UhVorschG, wenn Titelgläubiger schon Land?

  • Hallo Leute,

    ich stehe gerade etwas auf dem Schlauch bei folgender Fallkonstellation:

    Das hiesige Land L hat im vereinfachten Unterhaltsverfahren einen Titel erwirkt aufgrund Vorschusszahlungen an Kind K.

    Jetzt kommt ein anderes Bundesland B und möchte den Titel gerne für 2 Monate auf sich umgeschrieben haben, weil in dieser Zeit B statt L Unterhaltsvorschuss an das K gezahlt hat. Begründet wird der Antrag natürllich mit § 7 UhVorschG.

    An sich klingt das ja soweit auch alles schlüssig und wenn ich die Klausel erteilen würde, wäre das praktische Ergebnis auch richtig (= B kann für die 2 Monate vollstrecken und L nicht).

    ABER rechtlich habe ich hier ein Problem:
    B ist Rechtsnachfolger des K und nicht des Titelgläubigers L. Also genau genommen ist ja der Titel im Nachhinein falsch geworden für die 2 Monate.

    Gibt es hierfür eine "saubere" Lösung? In der Literatur finde ich immer nur den Fall, dass eine Titel für das Land auf das Kind umgeschrieben werden kann. Das leuchtet mir auch ein. Aber auf ein anderes Land??

    Please send help!

    LG und Danke schonmal

    - Zahira

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  • Ich halte die rechtlichen Ausführungen für zutreffend. B ist genau wie L ein Rechtsnachfolger von K. B hätte deshalb das Recht seinen eigenen Anspruch gerichtlich durchzusetzen. Auch hat B die Möglichkeit seinen Anspruch treuhänderisch auf L zu übertragen. Das müssen die Bundesländer und Vorschusskassen unter sich klären. B hat aber nicht das Recht, aus dem von L erwirkten Titel eine vollstreckbare Teilausfertigung zu verlangen.

    Ich würde deshalb auch bei einem Jugendamtstitel keine vollstreckbare Teilausfertigung an B erteilen.

  • B hätte deshalb das Recht seinen eigenen Anspruch gerichtlich durchzusetzen. Auch hat B die Möglichkeit seinen Anspruch treuhänderisch auf L zu übertragen. Das müssen die Bundesländer und Vorschusskassen unter sich klären.


    Oh, könnte sich dann B nicht die Forderung für die 2 Monate von L abtreten lassen? Mit gesiegelter Erklärung? Das würde mir doch formell für § 727 ZPO reichen.
    Ich will eig nicht zu dem Ergebnis kommen, dass B ein neues Gerichtsverfahren anstrengen muss.

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  • Hast du die Begründung für die Umschreibung auf das Kind nach Einstellung des UVG gelesen? Ich wüsste nicht, was hier anders sein sollte.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Ja, auch diese Auffassung habe ich schon gelesen. Abtretung der Forderung in öffentlich beglaubigter Form von L an B.

    Hab ich noch nie auf dem Tisch gehabt und mich deshalb noch nie intensiver mit der Frage der Rechtsnachfolge bei Abtretung auseinandergesetzt.

  • Wenn L nicht geleistet hat, dann ist er nicht Forderungsinhaber geworden und kann auch nichts abtreten. Er ist lediglich Titelgläubiger für die 2 Monate.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Ich verstehe den Hinweis, aber darüber kann man eventuell streiten. Letztlich entsteht für L ein vollstreckbarer Zahlungsanspruch aus dem Titel, völlig unabhängig davon, ob ein gesetzlicher Forderungsübergang aufgrund tatsächlicher Auszahlung zugrundeliegt. Der Schuldner hätte die Möglichkeit, den Titel abändern zu lassen. Macht er davon keinen Gebrauch, so entsteht der Zahlungsanspruch des Titelgläubigers jeden Monat weiter. Ich sehe daher nicht so richtige rechtliche Hürden, diesen Zahlungsanspruch aus dem Titel auf B rechtsgeschäftlich zu übertragen.

  • Ich verstehe den Hinweis, aber darüber kann man eventuell streiten. Letztlich entsteht für L ein vollstreckbarer Zahlungsanspruch aus dem Titel, völlig unabhängig davon, ob ein gesetzlicher Forderungsübergang aufgrund tatsächlicher Auszahlung zugrundeliegt. Der Schuldner hätte die Möglichkeit, den Titel abändern zu lassen. Macht er davon keinen Gebrauch, so entsteht der Zahlungsanspruch des Titelgläubigers jeden Monat weiter. Ich sehe daher nicht so richtige rechtliche Hürden, diesen Zahlungsanspruch aus dem Titel auf B rechtsgeschäftlich zu übertragen.

    sehe ich genau so und klassisch 727 mit Nachweis der RNF In entsprechender Form

  • Duplizität der Ereignisse :) - ich habe in einer identischen Fallkonstellation jetzt erstmalig ebenfalls über einen solchen Antrag zu entscheiden und folgende Hinweisverfügung erlassen:

    "Gläubiger aus dem Festsetzungsbeschluss vom XX.XX.XXXX ist das Land X - Unterhaltsvorschusskasse - und nicht das Kind. Deshalb liegt bezüglich des Kindes keine Rechtsnachfolge gemäß § 7 UVG zu Ihren Gunsten vor.

    Wenn der Titelgläubiger in dem von Ihnen beanspruchten Zeitraum keine Leistungen nach dem UVG erbracht haben sollte, ist insoweit nach Maßgabe des Festsetzungsbeschlusses keine Rechtsnachfolge eingetreten, sodass zunächst ein Titel zugunsten des Kindes erwirkt werden müsste.

    Ich rege an, dass Sie sich mit dem Titelgläubiger in Verbindung setzen, um das weitere Vorgehen mit diesem abzuklären.

    Die eingereichte vollstreckbare Ausfertigung des Festsetzungsbeschlusses erhalten Sie anliegend zurück."

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Ehrlich gesagt finde ich den Verfügungstext teilweise verwirrend.

    Warum sollte hinsichtlich des Kindes keine Rechtsnachfolge nach § 7 UVG eingetreten sein? Der gesetzliche Forderungsübergang und damit Rechtsnachfolge ist sofort im Moment der Auszahlung entstanden. Keine Rechtsnachfolge ist in Bezug auf den Titelgläubiger eingetreten.

    Auch erscheint eine Titulierung zu Gunsten des Kindes weder sinnvoll noch möglich. Denn das Kind wäre für die Durchsetzung bereits übergegangener Ansprüche nicht mehr legitimiert. Sinnvoll ist daher nur eine Titulierung zu Gunsten der Vorschusskasse, die hier ihren Anspruch verfolgt

    In SH hat sich das Amtsgericht Flensburg schon mal in einem richterlichen Beschluss geäußert. Leider habe ich das Aktenzeichen nicht, aber den Textauszug:

    "Das Gericht hat zwischenzeitlich die Verfahrensakte des Amtsgerichts - Familiengericht (...) beigezogen. Hieraus ergibt sich, dass Titelinhaber des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses vom (...) die Unterhaltsvorschusskasse des Landes (...), nicht aber das betroffene Kind ist. Dieser Titel berechtigt und befähigt die dortige Unterhaltsvorschusskasse, in dem Umfang und in der Höhe gegen den Antragsgegner zu vollstrecken, in der von dort aus tatsächlich Unterhaltsvorschuss gezahlt worden ist. Dieser Umfang und Zeitraum beinhaltet nicht den hier gegenständlichen, in dem Unterhaltsvorschuss ausschließlich durch das Land Schleswig-Holstein gezahlt worden ist, so dass kein anderweitiger Titel vorliegt. Aus obigen Gründen ist es auch der Unterhaltsvorschusskasse Schleswig-Holstein möglich, einen eigenen Titel gegen den Antragsgegner für den hier gegenständlichen Zeitraum zu erwirken, und nicht lediglich eine Umschreibung des Beschlusses (...) anzustreben. Letzteres wäre auch rechtlich nicht möglich, da die Ansprüche der Unterhaltsvorschusskasse (...) nicht auf die des Landes Schleswig-Holstein übergehen können."

  • Vielen Dank für die Rückmeldung.

    Vielleicht kann ich die Verwirrung auflösen, indem ich den zweiten Satz meiner Hinweisverfügung wie folgt fasse:

    "Nur wenn und soweit der Titelgläubiger in dem von Ihnen beanspruchten Zeitraum keine Leistungen nach dem UVG erbracht haben sollte, hat nach Maßgabe des Festsetzungsbeschlusses kein Übergang auf das Land X stattgefunden, sodass insoweit eine Umschreibung auf das von Ihnen vertretene Land Y erfolgen könnte."

    In dem von Dir zitierten "Flensburger Fall" scheint schon festgestellt worden zu sein, dass der Titelgläubiger nicht für solche Zeiträume gezahlt hat, für welche durch eine andere UVK die Umschreibung beantragt worden ist. Das ist in meinem Fall noch nicht geklärt.

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Ich poste (der Vollständigkeit halber) mal auch meine Zwischenverfügung, die ich an B geschickt habe:

    "Nach Prüfung Ihres Antrages gem. § 727 ZPO kann diesem - aufgrund der bisher vorgelegten Unterlagen - nicht entsprochen werden.

    Denn § 727 ZPO regelt den Fall, dass eine Rechtsnachfolge bei einer der im Titel bezeichneten Parteien vorliegt. Im hiesigen Verfahren lautet der Unterhaltstitel allerdings nicht auf das Kind, sondern auf das Land L.

    Sie sind daher für die Zeit, in denen [B] Unterhaltsvorschuss gewährt hat, zwar Rechtsnachfolger des Kindes (und der Titel ist insoweit materiell unrichtig geworden), aber nicht des Titelgläubigers Land L.

    Ich bitte Sie daher, sich den Unterhaltsanspruch für die Monate ... vom Land L (vertreten wie im Titel angegeben durch das Jugendamt des Landkreises ...) durch gesiegelte Erklärung abtreten zu lassen.

    Dann wären Sie Rechtsnachfolger des formell berechtigten Titelgläubigers und die beantragte Klausel kann aufgrund der Abtretungserklärung erteilt werden.

    Für die Einreichung derselben habe ich mir zunächst eine Frist von einem Monat notiert."

    (Der Monat ist noch nicht um, ich berichte, ob es klappt :D)

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  • Leider würde das auch nicht weiter helfen. Ich sehe bisher keine Gründe, wonach man nicht analog umschreiben könnte. Wie der BGH, XII ZB 62/14 gesagt hat, " Entgegen einer in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte vertretenen Auffassung (vgl. etwa OLG Koblenz FamRZ 2014, 872; OLG Düsseldorf FamRZ 2012, 1909) scheitert eine analoge Anwendung des § 727 ZPO nicht am Fehlen einer planwidrigen Regelungslücke. Zwar erfasst der Anwendungsbereich der Vorschrift nach ihrem Wortlaut nur Veränderungen in der materiellen Berechtigung oder Verpflichtung, die durch Rechtsnachfolge auf Gläubiger- oder Schuldnerseite eingetreten sind. Es sind aber weder den Gesetzesmaterialien noch dem Wortlaut der Vorschrift Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, die zu der Annahme zwingen, der Gesetzgeber habe den Anwendungsbereich des § 727 ZPO bewusst auf diese Fälle beschränken wollen. Ermöglicht der Wechsel in der materiellen Berechtigung einer titulierten Forderung eine Titelumschreibung, muss dies erst recht gelten, wenn der Berechtigte in Abweichung von der dem Unterhaltstitel zugrunde liegenden Prognose eines Anspruchsübergangs die Befugnis behält, ein ihm materiellrechtlich zustehendes Recht gerichtlich geltend machen zu können. ... "

    L hat Titel, zahlt nicht mehr, Kind kann selbst auf sich umschreiben, da mat. berechtigt.

    Hier, L hat Titel, zahlt nicht, stattdessen zahlt B, ist also mat. berechtigt. Wo ist der Unterschied? Einzig über den Nachweis kann man diskutieren, also ob man neben der Auszahlungsbestätigung auch die Einstellung von L verlangt. Wobei B wohl kaum den Titel zur Einschränkung hätte, wenn L weiter zahlen würde.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

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