Aufhebung der Eigenverwaltung nach § 272 Abs. 1 Ziff. 2 InsO mangels Sanierungsinteressenten

  • Ich benötige mal Euer Schwarmwissen, da § 272 InsO in der Fassung vom 01.01.2021 anscheinend so neu ist, dass es noch nicht viel Kommentare oder Rechtsprechung gibt. Nach § 272 Abs. 1 Ziff. 2 InsO wird die Eigenverwaltung u.a. dann aufgehoben, wenn das Ziel, insbesondere eine angestrebte Sanierung, sich als aussichtslos erweist. Ich habe hier einen Fall, dass sich schlicht keine ernsthaften Interessenten für eine übertragenden Sanierung gefunden haben, so dass die Schuldnerin den Betrieb eingestellt hat und nun abwickelt. Der Sachwalter bestätigt, dass der Bericht der Schuldnerin in Ordnung ist und man sich regelmäßig abstimmt - so weit so gut. Das Scheitern der Sanierung trifft jedoch m.E. genau den Wortlaut von Ziff. 2. Ist die Frage: kann die Schuldnerin mangels Sanierungsinteressenten ihr Eigenverwaltungsziel einfach so von Sanierung auf Ausproduktion und Verwertung ändern oder ist die Eigenverwaltung jetzt aufzuheben und die Abwicklung an einen Insolvenzverwalter (also den bisherigen Sachwalter) zu übertragen? Die Formulierung "als aussichtslos erweist" setzt ja kein Verschulden der Schuldnerin voraus.

    Habe mit Eigenverwaltung leider nicht viel Erfahrung und finde es im ersten Moment komisch, dass die Schuldnerin sich auch selbst abwickeln können darf.

    quidquid agis prudenter agas et respice finem. (Was immer Du tust, tue klug und bedenke das Ende.) :akten

  • Die Voraussetzungen der Eigenverwaltung hast du in 270a, das muss sich in deiner Akte aus dem Antrag ergeben. Wenn die dort dargestellten Planungen nicht mehr passen, bist du wie erkannt bei der Aufhebung der Eigenverwaltung. ich würde also die schuldnerin anhören, dass ich vorhabe so vorzugehen.

  • das halte ich für eine spannende Frage, da ja auch eine liquidierende Eigenverwaltung vorgesehen ist.

    Lt SV ist aber selbst eine liquidierende Sanierung wohl ausgeschlossen.

    In meinen Verfahren hat sich beim Paradigmenwechsel dies stets dahingehend gelöst, dass schuldnerseitig ein Antrag auf Aufhebung der Eigenverwaltung gestellt wurde. Oki, dies steht damit in Zusammenhang, dass bei uns - als wirklich schon immer eigenverwaltungsfreundlichem Gericht - stests die entsprechende betriebswirtschaftliche aber auch insbes. insolvenzrechtliche Begleitung als Anordnungsvoraussetzung gefordert war. Da diese Begleitung im reinen liqiddationsscenario alleine schon versicherungsseitig zu teuer wird, kam der eigene Antrag auf Aufhebung. (die habe ich i.d.R. aus buchhalterischen Abgrenzungsgründen stichtagsbezogen vorgenommen.

    In vorliegendem Falle würde ich einfach mal 2 Telephonate führen....

    Wir können das natürlich auch ganz juristisch austappen; nach den ganzen Änderungen der Vorschriften zur Eigenverwaltung ist es komplexer geworden.

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
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    :daumenrau

  • Danke für Eure Einschätzungen - Die Telefonate wollte ich sowieso führen, aber jetzt habe ich das gute Gefühl im Rücken, dass ich mit meiner Einschätzung nicht völlig auf dem Holzweg bin ;)

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