Form europäisches Nachlasszeugnis / begl. Abschrift Frankreich

  • Wir weisen deshalb darauf hin, weil bestritten wurde, dass es sich aus deutscher Sicht bei einem nur "gestempelten" statt "gesiegelten" Dokument, das ein französischer Notar ausgestellt hat, um ein mit „Unterschrift und/oder (den) Stempel der Ausstellungsbehörde“ versehenes Dokument im Sinne der EUErbRVO handelt (#4, #7). Mit anderen Worten, das Petitum ist "Stempel" lies "Siegel", wenn es in dem betroffenen Land Siegel gibt - und das ist in Frankreich der Fall. Und warum muss man darauf bestehen? Weil andere Länder unsere Formvorschriften, die besser sind als ihre, nicht verstehen (#12).

    Und da kommt das bilaterale Abkommen ins Spiel. Es ist dort definiert, was - selbst ausserhalb der EUErbRVO - als "öffentliche Urkunde" aus dem jeweils anderen Vertragsstaat gilt, und da kann man dann nicht an ein ENZ noch strengere Massstäbe anlegen.

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  • Wir weisen deshalb darauf hin, weil bestritten wurde, dass es sich aus deutscher Sicht bei einem nur "gestempelten" statt "gesiegelten" Dokument, das ein französischer Notar ausgestellt hat, um ein mit „Unterschrift und/oder (den) Stempel der Ausstellungsbehörde“ versehenes Dokument im Sinne der EUErbRVO handelt (#4, #7). ..

    Das entspricht nicht den Tatsachen. Die Threadstarterin hat in #7 die Frage gestellt: „Muss da denn wirklich ein Siegel (ob Stempel oder Prägesiegel) drauf oder genügen die angebrachten "Adress-/Funktionsstempel"?“

    Es war ihr also egal, ob ein Stempel oder Siegel angebracht war. Und die Frage, ob ein Funktionsstempel genügt, lässt sich nach dem bilateralen Abkommen, das in Art. 3 Absatz 2 zwischen amtlichem Siegel oder Stempel unterscheidet, nicht beantworten

    Die Antwort ist vielmehr ausschließlich in der EuErbVO zu finden, wobei Art. 59 Abs. 1 S. 1 EuErbVO keine Anwendung auf Erbnachweise in öffentlichen Urkunden findet, weil die Regelungen im VI. Kapitel der Verordnung zum Europäischen Nachlasszeugnis abschließend sind (siehe Franzmann/Schwerin in Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Werkstand: 66. EL Januar 2023, Art. 59 EuErbVO RN 16 mwN in Fußnote 36).

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  • Nein, sie fragte nach einem "Siegel (ob Stempel oder Prägesiegel)". Mit "(ob Stempel oder Prägesiegel)" ist erkennbar "Farbdrucksiegel oder Prägesiegel" gemeint, aber kein einfacher Stempel, der nicht auch Siegel ist).

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  • Na und, was ergibt sich jetzt daraus? Der Vergleich zwischen dem bilateralen Abkommen und der EuErbVO wurde in den vorangegangenen Beiträgen doch gar nicht Erwägung gezogen. Vielmehr ist sofort auf das Abkommen abgestellt worden, ohne zu berücksichtigen, dass sich die Formalien zur Ausstellung des ENZ nicht nach diesem Abkommen, sondern nach Europäischem Recht richten. Würde das französische Nachlasszeugnis in einem anderen EU-Staat vorgelegt, würde ja auch niemand auf die Idee kommen, für die Form dieses Nachlasszeugnisses das Abkommen zwischen der BRD und Frankreich heranzuziehen.

    Zudem sind die Formvorschriften nach diesem Abkommen strenger, als nach der EuErbVO. Wie sich aus der Bestimmung in Art. 6 des Abkommens ergibt, muss die Urkunde unterzeichnet sein („Wird eine öffentliche Urkunde im Sinne des Art. 2, 3 oder 4 in einem der beiden Staaten vorgelegt und ergeben sich ernsthafte Zweifel an der Echtheit der Unterschrift, an der Eigenschaft, in welcher der Unterzeichner der Urkunde gehandelt hat, und gegebenenfalls……“.).

    Wie oben ausgeführt, ist die Unterschrift auf dem Formblatt 5, das nach Artikel 67 Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 81 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 650/2012 zu verwenden ist, nicht einmal erforderlich („Unterschrift und/oder Stempel der Ausstellungsbehörde“),

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  • Die EuErbVo ist ein unfertiges Machwerk, so dass der Europäische Gerichtshof durch Urteile nachbessern muss.

    Urteil des EUGH vom 01.07.2021 C-301/20 zur Frage der Gültigkeit einer begl. Abschrift des ENZ, die mit dem Vermerk "unbefristet" versehen worden ist.

    Urteil des EUGH vom 09.03.2023 C 354/21

    Deutsche Nachlassgerichte müssen im ENZ Immobilien aufführen, weil ausländische Grundbuchämter Eintragungen von Änderungen im Immobilienregister zurecht verweigern können, wenn die Immobilie nicht korrekt im ENZ benannt ist.

    Das Abkommen zwischen Deutschland und Frankreich ist seinerzeit auch u.a. dadurch zustande gekommen, weil das Deutsche Recht zur Erlangung einer Notarstelle mit dem französischem Recht nicht vergleichbar ist. In Frankreich werden keine Notarstellen ausgeschrieben, auf die man sich bewerben kann.

    Wenn man Glück hat, bekommt man in Frankreich eine verwaiste Notarsstelle zugewiesen.

    Weitere Möglichkeit: ein "alter Notar" schlägt einen "neuen Notar" vor über das droit de presentation. Auf diese Weise bleibt das Amt über Generationen in der Familie, da das droit de presentation auch von den Erben eines verstorbenen Notars ausgeübt werden kann.

    Ein weiterer Weg, der nur Notariatsangestellten offen steht, ermöglicht einen Zugang zum Beruf des Notars ohne ein abgeschlossenes Hochschulstudium.

    Notare ohne Stellen können sich in sogenannten Notargesellschaften zusammenschließen, dann ist aber diese Personengesellschaft Inhaber der Amtsstelle.

    Das Abkommen gibt beiden Ländern die Möglichkeit, berechtigte Fragen oder Zweifel ohne Einschaltung von Gerichten klären zu lassen. Für französische Urkuden ist das Ministerium der Justiz zuständig.

    »Die zehn Gebote sind deswegen so kurz und logisch, weil sie ohne Mitwirkung von Juristen zustandegekommen sind.«
    Charles de Gaulle (1890 − 1970)

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