Grenzüberschreitender Formwechsel / Übermittlung Bescheinigung über BRIS

  • Hallo liebe Kolleginnen und Kollegen,


    ich bin derzeit mit einem grenzüberschreitenden Formwechsel betraut, bei welchem ich trotz intensiver Recherchen nicht zu einer befriedigenden Lösung komme.

    Ich wäre deshalb unendlich dankbar für eure Einschätzung der Sachlage.

    Möglicherweise hatte in der Vergangenheit ja jemand auch schon mal einem ähnlich gelagerten Fall oder es gibt eine mir nicht bekannte Übergangslösung.

    Zum Sachverhalt und meinen Überlegungen:

    Eine belgische Gesellschaft, die Belgien B.V., möchte grenzüberschreitend formwechseln in eine deutsche GmbH.

    § 334 UmwG bestimmt, welche Gesellschaften formwechselfähig sind und nimmt hierfür Bezug auf den Anhang II zur Richtlinie (EU) 2017/1132.

    Dort sind für Belgien folgende Gesellschaftsformen aufgeführt:

    • naamloze vennootschap (société anonyme)
    • commanditaire vennootschap op aandelen (société en commandite par actions)
    • personenvennootschap met beperkte aansprakelijkheid (société de personnes à responsabilité limitée)

    Im gegenständlichen Fall ist die formwechselnde Gesellschaft eine besloten vennootschap met beperkte aansprakelijkheid (société privée à responsabilité limitée) und somit ausgehend vom Anhang II zur Richtlinie (EU) 2017/1132 m.E. nicht für den grenzüberschreitenden Formwechsel zugelassen.

    Ich frage mich allerdings, ob es sich im Anhang II der Richtlinie bei der Auflistung der belgischen Gesellschaftsformen hinsichtlich der „personenvennootschap“ vielleicht um ein Versehen des Gesetzgebers handelt.

    Denn „personenvennootschap“ bedeutet laut Google übersetzt „Partnerschaft“ und ist meiner Ansicht nach nicht identisch mit der „besloten vennootschap“.

    Gegen ein Übertragungs- oder Übersetzungsversehen spricht zwar, dass beispielsweise auch in der englischen Fassung des Anhangs II die Rede von der „personenvennootschap met beperkte aansprakelijkheid“ ist.

    Zudem wurde im Anhang II bei den Niederlanden die „besloten vennootschap met beperkte aansprakelijkheid“ als formwechselfähiger Rechtsträger zugelassen – die Bezeichnung, welche auch für Belgien hätte verwendet werden können, wenn es vom Gesetzgeber so gewollt gewesen wäre.

    Systematisch macht die Zulassung der „personenvennootschap“ jedoch keinen Sinn, denn sämtliche im Anhang II aufgeführten Gesellschaftsformen der anderen Staaten sind ausschließlich Kapitalgesellschaften.

    Ist die Belgien B.V. nach dem UmwG und der Richtlinie (EU) 2017/1132 tatsächlich nicht formwechselfähig?

    Wenn nicht, stünde ihr dann für den grenzüberschreitenden Formwechsel stattdessen die Möglichkeit nach früherer Rechtsprechung (z.B. Vale) offen?


    Ein weiteres Problem bereitet die über BRIS einzureichende Formwechselbescheinigung.

    § 345 Abs. 2 S. 2 UmwG bestimmt, dass der grenzüberschreitende Formwechsel ohne vorliegende Formwechselbescheinigung in Deutschland nicht in das Register eingetragen werden darf. Die Formwechselbescheinigung dient als Nachweis der ordnungsgemäßen Erledigung der vorangehenden Verfahren und Formalitäten nach dem Recht desjenigen Staates, dem die formwechselnde Gesellschaft unterliegt.

    Sie ist von dem Registergericht des neuen Rechtsträgers anzuerkennen. Dem inländischen Zuzugsregister obliegt mithin keine Kompetenz zur Prüfung der nach dem Recht des Wegzugsstaates einzuhaltenden Vorschriften des Formwechselverfahrens (Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 345 UmwG, Rn. 24).

    Gemäß Artikel 86m Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2017/1132 benennen die Mitgliedstaaten entweder das Gericht oder den Notar oder eine sonstige Behörde, welche für die Erteilung der Formwechselbescheinigung zuständig ist.

    Ich konnte rausfinden, dass in Belgien für die Erteilung dieser Formwechselbescheinigung gemäß Artikel 14:26 des Belgischen Unternehmensgesetzbuches ein Notar zuständig ist.

    Ausweislich einer von unserer IT-Stelle übersandten Beschreibung der Änderungen in RegisSTAR mit Version 2.18 ist außer Deutschland kein anderes Mitgliedsland aktuell technisch in der Lage, die erforderlichen Dokumente und Mitteilungen über BRIS zu versenden.

    Wie ist hiermit umzugehen, wenn die Gesetzeslage eindeutig ist, aber die technischen Voraussetzungen noch nicht vorliegen?


    Schon im Voraus vielen Dank für eure Rückmeldungen J

  • Hallo,

    meine Einschätzung ist Folgende:

    Die in Rede stehende Gesellschaft kann nicht grenzüberschreitend formwechseln und zwar weder nach neuem Recht noch nach alter Rechtsprechung:

    Das UmRUG wurde genau aus diesem Grund erlassen. Was darin nicht genannt ist, kann nicht umwandeln (Numerus Clausus). Ein Versehen des Gesetzgebers schließe ich klar aus.

    Die Umwandlung nach alter Rechtsprechung würde dem UmRUG zuwider laufen.

    Das zweite genannte Problem der BRIS-Bescheinigung stellt sich also im vorliegenden Fall nicht.

  • Gegen ein Versehen spricht, dass im Anhang II zur SE-VO (VO (EG) 2157/2001), wo Gesellschaften aufgeführt sind, die sich an der Gründung eine SE beteiligen können, die B.V. ausdrücklich aufgeführt ist.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

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