Ruhen des Stimmrechts/abwesender Wohnungseigentümer

  • Hallo zusammen,

    ich arbeite mich gerade durch eine Gemeinschaftsordnung, die u.a. sinngemäß folgende Vereinbarungen enthält:

    Wenn mehrere Personen Eigentümer eines Wohnungseigentums sind, kann der Verwalter von Ihnen verlangen, dass ein mit notarieller Vollmacht versehener Bevollmächtigter bestellt und ihm genannt wird. Kommen die Rechtsinhaber dieser Aufforderung durch den Verwalter nicht nach, so ruhen deren Rechte innerhalb der Eigentümergemeinschaft.
    Ich bin mir hier nicht sicher, ob diese Vereinbarung zulässig ist. Schließlich wäre hiervon ja auch das Stimmrecht betroffen?!?

    Wenn eine die Wohnanlage betreffende Maßnahme die Mitwirkung sämtlicher WEigentümer erfordert, oder aber es bedarf zur Verwaltung einer nicht vom WEigentümer selbst bewohnten Wohnung einer dringenden Entscheidung und vom WEigentümer ist eine Stellungnahme/notwendige Rechtshandlung nicht zu erreichen (weil er Briefe nicht beantworte, oder weil sein Aufenthaltsort unbekannt ist, oder weil er etwa bei einem Erbfall nicht bekannt ist), soll folgendes gelten:
    Der Verwalter ist beauftragt, die Bestellung eines Abwesenheits- oder Nachlasspflegers zu beantragen.
    Kann die Bestellung eines pflegers nicht oder nicht fristgerecht erreicht werden, so gilt der Verwaltungsbeirat (Falls dieser nicht bestellt ist, die übrigen WEigentümer) als ermächtigt, den Verwalter oder einen WEigentümer mit einfacher Mehrheit zum Bevollmächtigten des abwesenden WEigentümers zu bestellen.
    Es folgen noch Ausführeungen, dass die Vollmacht nur erteilt werden darf, wenn der WEigentümer mit eingeschriebenem Brief an die letzbekannte Anschrift zu der Willenserklärung/ oder der Teilnahme an der Versammlung eingeladen hat. Weiterhin soll in der Einladungangekündigt werden, dass für den Fall des Nichterscheinens oder einer Nichterklärung o.a. Folge eintritt.
    Hatte dies schon mal jemand und kann mir sagen, ob das zu weitgehend ist, wenn ein diese Folgen eintreten 'nur' weil der WEigentümer nicht erreichbar ist.

    Schon mal vielen Dank für Eure Meinungen!

  • § 25 Abs 2 S 2 WEG bestimmt: steht ein WE mehreren gemeinschaftlich zu, so können sie das Stimmrecht nur einheitlich ausüben. Dies und die sich daraus ergebenden Probleme vor Augen, bestehen keine Bedenken gegen eine Bestimmung, dass mehrere Mitberechtigte einen Bevollmächtigten zu bestellen haben (so Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9.A., § 10 RdNr. 48). Im Vordergrund steht die Funktionalitätswahrung der Wohnungseigentümergemeinschaft. Sofern die Mitberechtigten dieser zulässigen Vereinbarung nicht nachkommen, greift das in der Gemeinschaftsordnung geregelte Sanktionssystem, hier etwa Ruhen des Stimmrechts. Dies ist auch sinnvoll, weil das Stimmrecht nur einheitlich ausgeübt werden kann. Neben dem gesetzlich geregelten Stimmrechtsausschluss kann auch für bestimmte Fälle ein Ruhen des Stimmrechts vereinbart werden (vgl. Bielefeld, Der Wohnungseigentümer, 6.A., S. 460). Solche Vereinbarungen setzen jedoch ein Verschulden voraus, was hier zu bejahen ist, schließlich sind die Mitberechtigten nicht ihren aus der GO resultierenden Pflichten nachgekommen. Halte daher die Vereinbarung, dass das Stimmrecht ruht, für zulässig.
    Dass im Übrigen der Verwalter berechtigt sein soll, die Bestellung eines Pflegers zu beantragen, halte ich auch für zulässig. "Nur" nicht erreichbar sein, kann auch bedeuten, dass man seinen gesetzlichen Pflichten aus den §§ 28 Abs. 2, 16 Abs. 2 WEG (Lasten- und Kostentragungspflicht; Vorschusspflicht) nicht nachkommt. Auch hier muss die Funktionalität der Gemeinschaft gewahrt werden.

  • Die Prüfungspflichten des GBA sind bei der Gemeinschaftsordnung ja eh sehr beschränkt (Nichtigkeit nach §§ 134, 138 BGB, "AGB").

    "Unzweckmäßige oder auch nur für einen einzelnen WEigter unbillige Vereinbarungen (Bestimmungen) sind nicht ohne weiteres auch nichtig" (Haegele, 11. Aufl., Rdnr. 2857).

  • Ich stimme Kai zu, das GBamt hat hier sehr eingeschränkte Möglichkeiten. Die Bestimmungen bei Nichterreichbarkeit sind aber schon sehr einschneidend. Andererseits kann man alle möglichen Vollmachten erteilen. Das ist nicht verboten. Da fragt man sich bloß, wer so was unterschreibt.

  • Sofern man die Gemeinschaftsordnung der Inhaltskontrolle nach den einschlägigen AGB-Normen des BGB unterstellt (umstritten), wäre im Hinblick auf die "Übersendung an die letztbekannte Anschrift" an eine unzulässige Zugangsfiktion nach § 308 Nr.6 BGB und in Bezug auf die verlangte Vollmachtsform der notariellen Beurkundung an § 309 Nr.13 BGB zu denken.

    Das die genannten Bestimmungen jedenfalls eine Frechheit darstellen, bedarf wohl keiner Erörterung.

  • Zum Ruhen des Stimmrechts bei verschuldeter Nichterfüllung von Verpflichtungen gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft vgl auch BayObLG, NJW 1965, 821.
    Der abwesende Wohnungseigentümer hat dafür zu sorgen, dass auch während seiner Abwesenheit die ihm gegenüber der Gemeinschaft obliegenden Pflichten erfüllt werden (vgl auch Bub, Wohungseigentum von A-Z, 6.Auflage, Seite 24/25); im Übrigen scheint es, als würden solche zulässigen Ausgestaltungen der Gemeinschaftsordnung Standard werden, vgl Kreuzer, Die Gemeinschaftsordnung nach dem WEG, RdNr. 178; der Grund hierfür ist m.A. auch darin zu sehen, dass mit Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der wirtschaftliche Druck auf die Gemeinschaft, die einzig und allein haftet, zugenommen hat. Eine akzessorische Haftung der Wohnungseigentümer besteht nicht mehr, es haftet einzig und allein das teilrechtsfähige Subjekt. § 128 HGB ist nicht anwendbar.

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