Grundbuch Nichtigkeit der Auflassung bei Nichtbeurkundung einer Vertragsänderung

  • Ich brauche wieder Hilfe!

    Sachverhalt:
    Mir liegt ein Antrag auf Eigentumsumschreibung nebst Löschungsantrag zum eingetragenen Vorkaufsrecht gemäß § 20 VermG.
    Es liegen alle erforderlichen Genehmigungen vor. Es fehlt natürlich die Löschungsbewilligung der Berechtigten aus dem Vorkaufsrecht;). Vorgelegt wird lediglich eine der Berechtigten durch einen Gerichtsvollzieher zugestellte Ausfertigung der Kaufvertragsurkunde. Danach ist die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Berechtigte abgelaufen:wechlach:.
    Und nun kommt es: Unter dem Antrag des Notars befindet sich ein Hinweis des Notars, in welchem mitgeteilt wird, dass der Kaufpreis durch privatschriftliche Vereinbarung geändert wurde. Ich brauche wohl nicht erwähnen, dass der Kaufpreis sich extrem verringert hat:wechlach:.

    Die Lö-Bew. der Berechtigten benötige ich, ist klar.
    Aber ich brauche doch die Form des § 311b Abs 1 BGB für den gesamten Vertragsinhalt. Ist der gesamte Vertrag nunmehr gem. 125 BGB nichtig?
    Was meint Ihr?

  • Nach dem materiellen Konsensprinzip wäre hier zu fragen, ob wirksam aufgelassen ist.

    Diese Frage beantwortet sich wegen des Trennungs- und Abstraktionsprinzips danach, auf die Auflassung wirksam erfolgte.

    Ob ein formnichtiger Kaufvertrag, nämlich der, wie ich unterstelle, nachträglich privatschriftlich aufgesetzte, die Auflassung unwirksam macht, ist m. E. hier nicht die Frage. Denn dieser privatschriftliche ist ja in einem gesonderten Dokument aufgesetzt worden. Man muss aber aus dem privatschriftlichen Kaufvertrag den Rückschluss zulassen, dass der zuvor beurkundete Kaufvertrag ein Scheingeschäft war und deshalb nichtig ist.

    Ob das so ist, muss ich mir noch überlegen.

  • Nach meiner Ansicht ist nur die nachträgliche Kaufpreisänderung mangels Einhaltung der Form unwirksam. Selbst wenn der ursprüngliche Kaufvertrag formnichtig wäre, würde dies die Wirksamkeit der Auflassung wohl nicht berühren. Die Auflassung bedarf materiellrechtlich nicht der Beurkundung. Letztere ist nur aus Gründen des verfahrensrechtlichen Nachweises erforderlich. Das die Beurkundung als solche wirksam ist (beurkundungsrechtlich), dürfte aber nicht in Frage stehen.

  • Nachdem ich etwas gegrübelt habe, meine ich:

    Die Formnichtigkeit des 2. privatschriftlichen Kaufvertrages ist sachenrechtlich gleichgültig, weil diese die Auflassung in einem früheren Vertrag nicht berührt.

    Die Auflassung ist zusammen mit einem wegen Scheingeschäfts (§ 117 BGB) nichtigen Kaufvertrag protokolliert worden.

    Hierbei unterstelle ich, dass ein Scheingeschäft vorliegt, was daraus zu schließen ist, dass man hinterher einen "preiswerteren" privatschriftlichen Kauf einging.

    Die Frage ist nun, ob die Auflassung wegen sog. "Fehleridentität" unwirksam ist, weil auch der Kaufvertrag unwirksam ist. In einem solchen Fall hätten wir eine Durchbrechung des Abstraktionsprinzips (nicht des Trennungsprinzips, denn Kaufvertrag und Auflassung bleiben ja zwei Rechtsgeschäfte), weil bei den Fallgruppen der Fehleridentität die Unwirksamkeit des schuldrechtlichen Geschäfts auf die Verfügung durchschlägt und umgkehrt. Leider habe ich im Moment nur den Palandt zur Hand und komme von dem PC aus, an dem ich das schreibe, nicht in beck-online. Beim Palandt habe ich unter Rn. 23 vor § 104 BGB zur Fehleridentität den § 117 BGB als Beispiel nicht gefunden, schließe aber nicht aus, dass er auch zu der Fallgruppe gehört. Das müssten andere mal recherchieren.

    Unterstellt, § 117 BGB infiziert sowohl Kaufvertrag wie auch Auflassung, wäre hier Unwirksamkeit gegeben.

  • Nach meiner Ansicht ergibt sich die Wirksamkeit der Auflassung im Regelfall schon aus einem Umkehrschluss zu § 311 b Abs.1 S.2 BGB. Denn wie sollte eine unwirksame Auflassung zu einem Eigentumsübergang führen, der dann den Formmangel des schuldrechtlichen Geschäfts heilt?

    Aber wie gesagt: Ich gehe hier davon aus, dass die Änderung des Kaufpreises erst nach der Beurkundung des Kaufvertrags erfolgt ist und nicht von vorneherein beabsichtigt war. In diesem Fall ist ohnehin nur die nachträgliche Änderung unwirksam. Ob sich die Beteiligten dann trotzdem daran halten, ist ihre Sache.

  • Ich teile diese Ansicht nicht, auch wenn sie überall geschrieben steht. Die Übereignungspflicht erlischt nicht mit der Erklärung der Auflassung, sondern erst mit erfolgtem Eigentumsübergang. Oder erlischt die Übereignungspflicht bei der Veräußerung von beweglichen Sachen im Fall des § 929 S.1 BGB auch schon mit der dinglichen Einigung, wenn die Übergabe der Sache noch nicht erfolgt ist?

  • Lt. Schöner / Stöber (13. Aufl., Rd-Nr. 3115) sind Änderungen eines Kaufvertrages, wenn sie vor der Auflassung erfolgen, formbedürftig, insbesondere u.a. die Herabsetzung des Kaufpreises. Änderungen, die die Beteiligten erst nach der Auflassung vereinbaren, bedürfen nach der dort vertretenen Auffassung keiner Beurkundung, auch wenn die Umschreibung noch nicht erfolgt ist.

  • Ich gehe davon aus, dass dem Grundbuchamt der "wahre" Kuafpreis nur mitgeteilt wurde, um Kosten zu sparen. Wenn ich pokerface wäre, würde ich den Antrag auf Löschung des Vorkaufsrechts mit "Unrichtigkeitsnachweis" zum Anlass nehmen, der Vorkaufsberechtigten rechtliches Gehör zu gewähren und zwar unter Übersendung aller Unterlagen incl. Mitteilung des Notars über den geminderten Kaufpreis:teufel:. Damit dürfte die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts m.E. neu beginnen, da die Berechtigte erst jetzt Kenntnis über den tatsächlich geschlossenen Kaufvertrag erhält. Denn Voraussetzung für den Fristbeginnn ist der Empfang der vollständigen und richhtigen Mitteilung. Vielleicht hätten die Vertragsparteien die Grundbuchkosten lieber nach den beurkundeten Kaufpreis bezahlen sollen:D.

  • Denn Voraussetzung für den Fristbeginnn ist der Empfang der vollständigen und richtigen Mitteilung.



    So ist es. Gem. § 510 BGB ist der Verkäufer verpflichtet, dem Vorkaufsberechtigten den Inhalt des Vertrages unverzüglich mitzuteilen. Unterlassung verhindert den Fristbeginn. Die Mitteilungspflicht bezieht sich auch auf Vertragsänderungen (BGH NJW 73, 1365).

    Wäre es nicht so, müssten Vorkaufsverpflichtete nur so verfahren wie in diesem geschilderten Fall.........

  • Wie HorstK. Es könnte aber auch sein, dass der ursprüngliche (und ursprünglich unechte) Kaufpreis gewählt worden ist, um die Ausübung des Vorkaufsrechts zu verhindern.

    Versuchter Betrug?

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Ist eine Finanzierungsgrundschuld in Höhe des alten höheren Kaufpreises bestellt und eingetragen worden?

    Habe hier in letzter Zeit häufig telefonische Anfragen ob "meine Notare" bereit wären entsprechende Beurkundungen vorzunehmen. Kaufvertrag mit hohem Kaufpreis, Grundschuld in Höhe des hohen Kaufpreises, Annahme des Kaufpreises auf Notaranderkonto, Unterschriftsbeglaubigung unter einem privatschriftlichen Änderungsvertrag - Ermäßigung des Kaufpreises -, Auszahlung vom Notaranderkonto an Verkäufer (geringerer Kaufpreis) und an Käufer (Differenz zum hohen Kaufpreis).

    Hier handelt es sich meines Erachtens um das verbotene "Zahl aus/hol zurück" Verfahren = Gläubigerbetrug

    »Die zehn Gebote sind deswegen so kurz und logisch, weil sie ohne Mitwirkung von Juristen zustandegekommen sind.«
    Charles de Gaulle (1890 − 1970)

  • Lt. Schöner / Stöber (13. Aufl., Rd-Nr. 3115) sind Änderungen eines Kaufvertrages, wenn sie vor der Auflassung erfolgen, formbedürftig, insbesondere u.a. die Herabsetzung des Kaufpreises. Änderungen, die die Beteiligten erst nach der Auflassung vereinbaren, bedürfen nach der dort vertretenen Auffassung keiner Beurkundung, auch wenn die Umschreibung noch nicht erfolgt ist.

    Meines Erachtens ist es auf vorliegenden Fall ohne Einfluss, ob diese Rechtsmeinung richtig ist oder nicht.

    Die Frage ist, ob das privatschriftliche Verhalten der Parteien im Nachhinein den Schluss zulässt, dass zusammen mit der Auflassung ein Kaufvertrag als Scheingeschäft protokolliert wurde (m. E. ja: hier sollte durch zu hohen Kaufpreis das Vorkaufsrecht ausgehebelt werden, d. h. beide Parteien wollten diese Willenserkl. nicht wirklich) und ob die Nichtigkeit des letzteren auf die Auflassung durchschlägt (Stichwort: Fehleridentität).

    Das Grundbuchamt kann sich natürlich sagen: solche Schlüsse ziehe ich nicht, solche Fragen kläre ich nicht, weil so weit das mat. Konsensprinzip
    nicht reiche.

  • Eine andere Frage ist, ob durch die Angabe des höheren Kaufpreises im beurkundeten Vertrag und die Herabsetzung des Kaufpreises in der privatschriftlichen Änderung das Vorkaufsrecht überhaupt ausgehebelt werden kann, da der Vorkaufsverpflichtete auch die privatschriftliche Änderung dem Vorkaufsberechtigten mitzuteilen hat. M.E. beginnt erst mit dem Erhalt der Mitteilung über die Herabsetzung des Kaufpreises die 2-Monats-Frist zu laufen.

    Wie soll den Parteien im übrigen nachgewiesen werden, dass ein Scheingeschaft beurkundet wurde? Es bleibt doch den Vertragsparteien unbenommen, sich später auf einen geringeren Kaufpreis zu einigen. Fakt ist, dass diese Änderung mitteilungspflichtig ist.

  • Ist eine Finanzierungsgrundschuld in Höhe des alten höheren Kaufpreises bestellt und eingetragen worden?

    Habe hier in letzter Zeit häufig telefonische Anfragen ob "meine Notare" bereit wären entsprechende Beurkundungen vorzunehmen. Kaufvertrag mit hohem Kaufpreis, Grundschuld in Höhe des hohen Kaufpreises, Annahme des Kaufpreises auf Notaranderkonto, Unterschriftsbeglaubigung unter einem privatschriftlichen Änderungsvertrag - Ermäßigung des Kaufpreises -, Auszahlung vom Notaranderkonto an Verkäufer (geringerer Kaufpreis) und an Käufer (Differenz zum hohen Kaufpreis).

    Hier handelt es sich meines Erachtens um das verbotene "Zahl aus/hol zurück" Verfahren = Gläubigerbetrug



    Bei dieser Vorgehensweise macht sich der Notar u.U. der Beihilfe zum Betrug zu Lasten der Gläubigerin schuldig. Entsprechende Urkteile zu derartigen Cash-back-Geschäften sind schon veröffentlicht. Auch die Notarkammern haben davor schon gewarnt.



  • Wie soll den Parteien im übrigen nachgewiesen werden, dass ein Scheingeschaft beurkundet wurde?

    Ich würde in einer Zwischenverfügung diplomatisch schreiben: "... entsteht wegen [...] der äußere Eindruck, es könne sich bei dem [...] um einen Fall des § 117 BGB gehandelt haben und das Wirklichgewollte erstmals in der privatschriftlichen Vereinbarung vom [...] niedergelegt worden sein". Die Beteiligten würde ich zu einer Stellungnahme auffordern: mal sehen, was sie sagen.

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