Wiederverheiratungsklausel

  • Hallihallo, :)

    ich habe folgenden Fall:

    Gemeinschaftliches notarielles Testament. Ehemann ist 1999 verstorben. Ehefrau benötigt jetzt - warum auch immer - Erbschein.

    Formulierung:
    "Wir setzen und hiermit gegenseitig als unbeschränkte Alleinerben ein, jedoch ordnen wir für den Fall der Wiederverheiratung des Überlebenden Vor- und Nacherbschaft an."

    Danach kommt die Schlusserbeneinsetzung der Kinder + Pflichtteilsverwirkungsklausel. Kein weiterer Kommentar zur Vor- und Nacherbfolge.

    Ich habe jetzt folgende Probleme:

    1. die Nacherben sind nicht benannt (wohl die Kinder?!)

    2. der Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalls ist nicht bestimmt(Wiederheirat oder Tod?)

    3. mein Nachlassrichter hat mir erklärt, es läge ein Fall von § 2306 BGB a.F. vor, so dass die Vor- und Nacherbfolge nur hinsichtlich der Hälfte des Nachlasses gelte - habe ich den § 2306 BGB a.F. etwa so falsch verstanden???

    :gruebel:

  • Muss die Ehefrau nicht als bedingte Vorerbin aufgeführt werden?
    Bedingung für die Vorerbschaft: Wiederverheiratung.
    Erst im Todesfalle der Ehefrau kann die Vollerbenstellung erreicht werden, weil sie dann nicht mehr heiraten kann. Richtig?

    Nacherben müssten die Schlusserben sein, da eine nähere Bestimmung für den Nacherbenfall nicht getroffen wird.

    Aber das sind jetzt nur die phantastischen Auswüchse meiner auf Feierabend gepolten grauen Zellen. :D

    Ich mache keine Fehler ... ich erschaffe kleine Katastrophen.

  • Ich hätte folgenden Text in den Erbschein geschrieben:

    (Aufschiebend bedingte) Nacherbfolge ist angeordnet. Sie tritt ein bei der Wiederheirat (???)der Vorerbin.


    Die Vorerbin ist – soweit nach § 2136 BGB zulässig – von Verfügungsbeschränkungen befreit.

    Nacherben sind:... (Kinder???)

    Ersatznacherben sind die Abkömmlinge der Nacherben.

    Das Recht der Nacherben ist nicht vererblich. (wg. §§ 2108 Abs. 2, 2074 BGB).

  • Wenn man im Wege der Auslegung dazu kommt, dass die Vorerbin bei lediglich für den Fall der Wiederverheiratung (bedingter) Nacherbfolge in der Regel befreite Vorerbin sein soll (Palandt/Weidlich § 2269 Rn.18 und § 2136 Rn.8) und die gemeinsamen Abkömmlinge -was naheliegt- nicht nur die Schlusserben, sondern auch die Nacherben sein sollen, ist die Formulierung in # 3 nach meiner Ansicht nicht zu beanstanden. Dass jeder etwas anders formuliert, ist Geschmacksfrage, solange der Inhalt der gleiche ist:

    Es ist bedingte Nacherbfolge angeordnet, die mit dem Ableben der Vorerbin eintritt. Die Vorerbin ist -soweit gesetzlich zulässig- von den gesetzlichen Beschränkungen der Vorerbschaft befreit. Nacherben sind A und B (+ ggf. weitere Kinder) zu gleichen Anteilen. Ersatznacherben im Hinblick auf jeden Nacherben sind jeweils dessen Abkömmlinge zu gleichen Stammanteilen nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge.

    Manche geben das Anteilsverhältnis der späteren Nacherben nicht an. Ich tue es immer, weil mir nicht plausibel ist, weshalb man es bei den Ersatznacherben angibt (was unstreitig ist), bei den Nacherben selbst aber nicht. Den Ausschluss der Vererblichkeit gebe ich nicht explizit an, weil er sich nach meiner Ansicht schon aus der angeordneten Ersatznacherbfolge ergibt (darüber wurde schon häufiger diskutiert).

  • Nach meiner Ansicht handelt es sich hier um den klassischen Fall der Wiederverheiratungsklausel, die nur zur Anordnung einer bedingten Nacherbfolge und nur für eben diesen Fall führt. Dem tragen die bisher vorgeschlagenen Formulierungen Rechnung.

    Es wäre auch möglich, dass die Nacherbfolge entweder mit der Wiederverheiratung oder mit dem Ableben der Vorerbin eintritt. Dann wäre es aber keine bedingte Nacherbfolge, sondern eine unbedingte, die bei Wiederverheiratung nur früher eintritt und es wäre auch zweifelhaft, ob es sich in diesem Fall um eine befreite Vorerbschaft handelt.

    Des weiteren wäre möglich, dass die Nacherbfolge zwar bedingt und nur für den Fall der Wiederverheiratung angeordnet ist, sie aber gleichwohl erst mit dem Tod der Vorerbin eintreten soll. In diesem Fall müsste man dann noch darüber diskutieren, ob die Befreiung der Vorerbin mit ihrer Wiederverheiratung entfällt, sodass sie für die Zeit nach der Wiederheirat bis zu ihrem Ableben zur nicht befreiten Vorerbin würde.

    Aber wie gesagt: Nach meiner Ansicht liegt hier ein Fall der "klassischen" Wiederverheiratungsklausel vor. Ich gehe davon aus, dass sich dies bei der ohnehin erforderlichen Anhörung aller Beteiligten auch rasch in diesem Sinne klären wird.

  • Ich muss mich mal hier hinten dranhängen: Ich stehe etwas auf dem Schlauch!

    privatschriftliches gemeinschaftliches Testament. Gegenseitige Erbeinsetzung der Eheleute. Schlusserbeneinsetzung zugunsten der Kinder (namentlich benannt). Für den Fall der Wiederverheiratung soll sich der Überlebende mit den Kindern (ohne Namen) aufgrund der gesetzlichen Erbfolge auseinandersetzen. Die Eheleute lebten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft.

    Meine Überlegungen sind: Es handelt sich um eine bedingte Nacherbfolge. Die VE ist befreit.

    Wie formuliere ich den Erbschein:

    Nacherbfolge ist angeordnet für den Fall der Wiederheirat der Vorerbin für den Teil des Nachlasses, der der Vorerbin nicht als gesetzlicher Erbin zufallen würde, höchstens 1/2. Sie tritt ein mit der Wiederheirat der Vorerbin.

    Nacherben sind diejenigen, welche neben der Vorerbin gesetzlichen Erben sein würden, wenn der Erblasser zum Zeitpunkt der Wiederheirat gestorben wäre.


    Die Vorerbin ist – soweit nach § 2136 BGB zulässig – von Verfügungsbeschränkungen befreit.

    -> das würde ich bei der bedingten Nacherbfolge schreiben. Was ist aber, wenn die VE verstirbt? Dann muss ich doch irgendwie die Erbeinsetzung der Kinder zum Ausdruck bringen.

    Etwa so:

    Nacherbfolge ist angeordnet. Sie tritt ein

    a)im Falle des Todes der Vorerbin hinsichtlich des ganzen Nachlasses ein.
    Nacherben sind die x y (hier die Namen der Kinder) oder

    b) im Falle der Wiederheirat der Vorerbin für den Teil des Nachlasses, der der Vorerbin nicht als gesetzlicher Erbin zufallen würde, höchstens 1/2.

    Nacherben sind diejenigen, welche neben der Vorerbin gesetzlichen Erben sein würden, wenn der Erblasser zum Zeitpunkt der Wiederheirat gestorben wäre.

    Die Vorerbin ist – soweit nach § 2136 BGB zulässig – von Verfügungsbeschränkungen befreit.

    Ich bin für jede Meinung dankbar!

  • -> das würde ich bei der bedingten Nacherbfolge schreiben. Was ist aber, wenn die VE verstirbt? Dann muss ich doch irgendwie die Erbeinsetzung der Kinder zum Ausdruck bringen.


    Für den Fall des Todes war die Ehefrau doch nicht Vor- sondern Vollerbin. Und Schlusserben werden im ES für den ersten Erbfall nicht genannt.

    In Deinem zuletzt genannten Formulierungsvorschlag wäre die Ehefrau auf jeden Fall nur Vorerbin.

  • Ich habe Zweifel daran, ob es sich hier um unbekannte Nacherben handelt, deren Personenkreis erst mit der Wiederverheiratung der Vorerbin feststeht. Denn dass es nach dem Ableben des erstversterbenden Ehegatten keine weiteren gemeinsamen Abkömmlinge mehr geben kann (vom Fall der schwangeren Witwe einmal abgesehen), liegt in der Natur der Dinge. Ich bin daher der Ansicht, dass sich die Nacherbfolge nur auf einen Hälfteerbteil erstreckt, die mit Namen und Geburtsdaten bekannten Kinder insoweit zu gleichen Anteilen Nacherben sind und jeweils Ersatznacherbfolge i.S. des § 2069 BGB angeordnet ist. Anderenfalls läge ein Fall des § 1913 BGB vor, der bekanntlich die üblichen Schwierigkeiten bei späteren Grundstücksverfügunen des Vorerben nach sich zieht.

    Folgt man der vorstehenden Einschätzung, ist die vorgeschlagene Formulierung des Erbscheins nicht zutreffend. Vielmehr sind die Kinder im Erbschein namentlich zu benennen (samt Befreiung der Vorerbin und Ersatznacherbfolge). Dass hierzu noch die Geburtsurkunden der Kinder vorzulegen sind und ggf. noch an Eides Statt zu versichern ist, dass keine weiteren Abkömmlinge vorhanden sind, versteht sich von selbst.

  • Ich habe Zweifel daran, ob es sich hier um unbekannte Nacherben handelt, deren Personenkreis erst mit der Wiederverheiratung der Vorerbin feststeht. Denn dass es nach dem Ableben des erstversterbenden Ehegatten keine weiteren gemeinsamen Abkömmlinge mehr geben kann (vom Fall der schwangeren Witwe einmal abgesehen), liegt in der Natur der Dinge. Ich bin daher der Ansicht, dass sich die Nacherbfolge nur auf einen Hälfteerbteil erstreckt, die mit Namen und Geburtsdaten bekannten Kinder insoweit zu gleichen Anteilen Nacherben sind und jeweils Ersatznacherbfolge i.S. des § 2069 BGB angeordnet ist. Anderenfalls läge ein Fall des § 1913 BGB vor, der bekanntlich die üblichen Schwierigkeiten bei späteren Grundstücksverfügunen des Vorerben nach sich zieht.

    Folgt man der vorstehenden Einschätzung, ist die vorgeschlagene Formulierung des Erbscheins nicht zutreffend. Vielmehr sind die Kinder im Erbschein namentlich zu benennen (samt Befreiung der Vorerbin und Ersatznacherbfolge). Dass hierzu noch die Geburtsurkunden der Kinder vorzulegen sind und ggf. noch an Eides Statt zu versichern ist, dass keine weiteren Abkömmlinge vorhanden sind, versteht sich von selbst.


    Vielen Dank Cromwell für den überzeugenden Eintrag.

  • Hallo,

    Testament lautet:

    "Wir, M und F, möchten hiermit testamentarisch festlegen, dass beim Ableben eines Ehepartners erst einmal der andere Ehepartner alles erbt. Solange er nicht heiratet. Nach dem Ableben des anderen Ehepartners sind dann die zwei Töchter erbberechtigt."

    Meine Richterin geht von Vor- und Nacherbschaft aus. Argument wäre sicherlich die Formulierung "erst einmal".

    Ich tendiere dennoch eher zu bedingter Voll- und Vorerbschaft der Ehefrau, ohne es jedoch an einer Formulierung festmachen zu können ... :gruebel:

  • Auslegungsfrage.

    Ich würde dazu tendieren, nur eine bedingte (befreite) Nacherbfolge für den Fall der Wiederverheiratung und des weiteren eine Schlusserbeneinsetzung des überlebenden Ehegatten anzunehmen.

    Aber man kann die Witwe im Termin ja fragen, was sich die Eheleute bei der Abfassung des Testaments vorgestellt haben. Dann Anhörung der Kinder hierzu und wenn keine Einwendungen kommen ...

  • Ich würde dazu tendieren, nur eine bedingte (befreite) Nacherbfolge für den Fall der Wiederverheiratung und des weiteren eine Schlusserbeneinsetzung des überlebenden Ehegatten anzunehmen. So würde ich es auch auslegen.

    Aber man kann die Witwe im Termin ja fragen, was sich die Eheleute bei der Abfassung des Testaments vorgestellt haben. Dann Anhörung der Kinder hierzu und wenn keine Einwendungen kommen ...

    Natürlich wird man die Witwe fragen, aber sie haben damals eben nichts gedacht (das Problem nicht erkannt).

  • Hallo,

    Testament lautet:

    "Wir, M und F, möchten hiermit testamentarisch festlegen, dass beim Ableben eines Ehepartners erst einmal der andere Ehepartner alles erbt. Solange er nicht heiratet. Nach dem Ableben des anderen Ehepartners sind dann die zwei Töchter erbberechtigt."

    Meine Richterin geht von Vor- und Nacherbschaft aus. Argument wäre sicherlich die Formulierung "erst einmal".

    Ich tendiere dennoch eher zu bedingter Voll- und Vorerbschaft der Ehefrau, ohne es jedoch an einer Formulierung festmachen zu können ... :gruebel:


    Für mich ebenfalls ein klarer Fall einer ausschließlich bedingten Vor- und Nacherbschaft für den Fall der Wiederverheiratung, wobei die Überlebende befreiter Vorerbe ist.

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