Vorschuss trotz PKH

  • Hallo, bei mir sprechen vermehrt Leute vor, die beim ersten Termin beim RA zunächst einen Vorschuss zahlen müssen, obwohl sie VKH beantragen wollen. Die RA begründen dies mit ihrem Kostenrisiko ("was wir haben, haben wir").
    Müssen die Leute den Vorschuss zahlen? Muss der RA dies dann, wenn VKH bewilligt ist, dem Gericht mitteilen, auch wenn VKH ohne Ratenzahlung besteht und der RA die Wahlanwaltsvergütung nicht bekommt?

  • Wenn die Leute keinen Vorschuss zahlen wollen/können, müssen sie sich vom Gericht halt einen Beratungshilfeschein holen.

    Den sie nicht kriegen wenn sie sagen dass sie auf jeden Fall klagen wollen.
    Und fürs gerichtliche Verfahren hilft der auch nicht.

    Alles Gute im Leben ist entweder illegal, unmoralisch oder macht dick. (Murphys Gesetz)

  • Hallo, bei mir sprechen vermehrt Leute vor, die beim ersten Termin beim RA zunächst einen Vorschuss zahlen müssen, obwohl sie VKH beantragen wollen. Die RA begründen dies mit ihrem Kostenrisiko ("was wir haben, haben wir").
    Müssen die Leute den Vorschuss zahlen? Muss der RA dies dann, wenn VKH bewilligt ist, dem Gericht mitteilen, auch wenn VKH ohne Ratenzahlung besteht und der RA die Wahlanwaltsvergütung nicht bekommt?

    das ist evtl. etwas unglücklich formuliert, weil der Vorschuss eigentlich für das VKH Prüfungsverfahren anfällt (Nr. 3335 VV RVG). Unser Problem ist doch, dass wir eine vollständige Begründung für die Bewilligung der VKH erstellen müssen und bei Ablehung der VKH nichts bekommen. (Thema hatten wir irgendwo schon mal - ist aber schon etwas länger her:gruebel:)

    Mitteilen muss er das auf jeden Fall und angerechnet wird die Gebühr ja auch vollständig, weil es eine Angelegenheit ist (§ 16 Nr. 2 RVG)

  • Ich habe gestern noch einmal mit einer RAin telefoniert. Jetzt weiß ich, wie es in der Praxis bei den meisten Anwälten läuft und wir nicht mehr Herr der Lage in den Beratungshilfesachen werden. Im Prinzip wälzen die Rae ihr Kostenrisiko auf die Bürger bzw. den Staat ab.
    Der Bürger geht zum RA und schildert sein Problem. Der RA sagt, bevor irgendetwas zum Sachverhalt erläutert wird, bringe mir "Schein" (Beratungshilfe) oder "Schein" (Geld). Deswegen kommen hier jeden Tag dutzende Leute und beantragen Beratungshilfe. Es werden die Leute pauschal zum Gericht geschickt, egal ob eigentlich gleich geklagt werden lkönnte, damit die 99,96 € auf jeden Fall erstmal vom RA eingenommen werden. Bekommen die Leute Beratungshilfe nicht, zahlen Sie beim RA einen Vorschuss in Raten, obwohl sie bedürftig sind. Zahlt das Gericht dann schnell die VKH-Vergütung aus, können die Leute die Vorschussratenzahlungen einstellen. Die Vorschusszahlung muss durch den RA ja nur angegeben werden, wenn er die Wahlanwaltsvergütung erhalten könnte.

    Kann das alles so rechtens sein? Benachteiligt wären ja die RAe, die keinen Vorschuss verlangen.

  • Ich habe gestern noch einmal mit einer RAin telefoniert. Jetzt weiß ich, wie es in der Praxis bei den meisten Anwälten läuft und wir nicht mehr Herr der Lage in den Beratungshilfesachen werden. Im Prinzip wälzen die Rae ihr Kostenrisiko auf die Bürger bzw. den Staat ab.
    Der Bürger geht zum RA und schildert sein Problem. Der RA sagt, bevor irgendetwas zum Sachverhalt erläutert wird, bringe mir "Schein" (Beratungshilfe) oder "Schein" (Geld). Deswegen kommen hier jeden Tag dutzende Leute und beantragen Beratungshilfe. Es werden die Leute pauschal zum Gericht geschickt, egal ob eigentlich gleich geklagt werden lkönnte, damit die 99,96 € auf jeden Fall erstmal vom RA eingenommen werden. Bekommen die Leute Beratungshilfe nicht, zahlen Sie beim RA einen Vorschuss in Raten, obwohl sie bedürftig sind. Zahlt das Gericht dann schnell die VKH-Vergütung aus, können die Leute die Vorschussratenzahlungen einstellen. Die Vorschusszahlung muss durch den RA ja nur angegeben werden, wenn er die Wahlanwaltsvergütung erhalten könnte.

    Kann das alles so rechtens sein? Benachteiligt wären ja die RAe, die keinen Vorschuss verlangen.

    Och, nicht schon wieder diese Leier...

    Ehrgeiz ist die letzte Zuflucht des Versagers. (Oscar Wilde)

  • Die Vorschusszahlung muss durch den RA ja nur angegeben werden, wenn er die Wahlanwaltsvergütung erhalten könnte.

    Nein, jegliche Zahlungen sind anzugeben.

    und ansonsten kann ich mich nur Skugga anschließen, weil andersherum gesehen "wir" umsonst arbeiten, weil (entweder) nachträglich kein Ber.Schein erteilt wird oder bei direkt eingereichter Klage (ohne die 99 euro brutto, die zT angerechnet wird...), die dann vorzeitig erledigt wird oder sonstwie vor Bewilligung endet (möglichweise sogar noch ein PKH-Prüfungstermin stattfindet!), bekommt der Anwalt (und damit auch ich) nullkommanull.

    Die andere Seite (alleinerziehende Mutter von 10 Kindern usw.) sehe ich sehr wohl auch und dass dann der Anwalt auch (möglicherweise) mal umsonst arbeitet (aus moralischer Verpflichtung seiner Stellung in der Gesellschaft usw.) ist auch ok.

  • ...
    Im Prinzip wälzen die Rae ihr Kostenrisiko auf die Bürger bzw. den Staat ab.
    ...


    Was ist DAS denn?

    Wenn ich einkaufen gehe, muß ich auch bezahlen. Keiner beschwert sich, weil der Verkäufer seine Unkosten - inklusive Wareneinkaufspreis - auf den Käufer "abwälzt"...

  • ...
    Im Prinzip wälzen die Rae ihr Kostenrisiko auf die Bürger bzw. den Staat ab.
    ...


    Was ist DAS denn?

    Wenn ich einkaufen gehe, muß ich auch bezahlen. Keiner beschwert sich, weil der Verkäufer seine Unkosten - inklusive Wareneinkaufspreis - auf den Käufer "abwälzt"...

    Das kannst du doch nicht vergleichen. Da kriegt man doch was materielles.
    Vom Rechtsanwalt kriegt man doch bloooooooooooooooß ne Auskunft.
    :ironie:

    Alles Gute im Leben ist entweder illegal, unmoralisch oder macht dick. (Murphys Gesetz)

  • Hallo, bei mir sprechen vermehrt Leute vor, die beim ersten Termin beim RA zunächst einen Vorschuss zahlen müssen, obwohl sie VKH beantragen wollen. [...]

    das ist evtl. etwas unglücklich formuliert, weil der Vorschuss eigentlich für das VKH Prüfungsverfahren anfällt (Nr. 3335 VV RVG).
    Unser Problem ist doch, dass wir eine vollständige Begründung für die Bewilligung der VKH erstellen müssen und bei Ablehung der VKH nichts bekommen. [...]

    Ich verfolge den Thread interessiert, weil ich aktuell einen Beratungshilfeantrag zur folgender Angelegenheit habe:


    Der Antragsteller hatte bereits am 09.09.2010 einen Berechtigungsschein für Beratungshilfe für die Angelegenheit "Durchsetzung eines Herausgabeanspruchs bezüglich persönlichen Mobiliars, Hausrats und Haushaltsgegenständen des Antragstellers gegenüber der xxxxxx GmbH, xxxxxxxxxxxx" erhalten. Daraufhin hatten die Rechtsanwälte xxxxxxxxx & xxxxxxx den Antragsteller außergerichtlich beraten und vertreten.


    Nun soll laut den Rechtsanwälten eine Schadensersatzklage vorbereitet werden, für die nach deren Auffassung wohl auch Prozesskostenhilfe bewilligt werden würde. Die Anwälte fordern nun allerdings Wahlanwaltsgebühren in Höhe von 1.268,54 EUR (u.a. Nr. 3335 VV RVG) für das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren, da (laut Anwälten) "hierfür keine Kosten übernommen werden, auch nicht über Beratungshilfe".


    Der Antragsteller bittet um Prüfung, ob nicht doch Beratungshilfe in Betracht kommt und ggf. Erteilung eines Berechtigungsscheins.


    Gebietet Art. 3 GG, diese Lücke zwischen Abschluss der außergerichtlichen Tätigkeit und Einreichung des Klage-Entwurfs mit PKH-Antrag bei Gericht durch Beratungshilfe zu schließen?
    Für den tatsächlich Mittelosen wäre der geforderte Kostenvorschuss für das Prozesskosetnhilfeprüfungsverfahren jedenfalls ein unüberwindbares Hindernis.

  • Ich stelle mal die kühne These auf, das vor 25 Jahren jeder RA froh war, wenn es kein BerH- bzw. PKH-Mandat wurde. Grund: Man konnte die "normale" Vergütung in Rechnung stellen.

    Heute ist irgendwie jeder RA enttäuscht, wenn die Voraussetzungen für die BerH oder PKH nicht vorliegen.

    Rhetorische Frage: Woher kommt der Sinneswandel? Das Problem, dass Mandanten sich die normale Vergütung nicht leisten konnten, bestand von 25 Jahren auch schon... Und ich würde auch behaupten, dass vor 25 Jahren weit weniger Mandanten eine Rechtsschutzversicherung hatten, als heut zu Tage.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."


  • Gebietet Art. 3 GG, diese Lücke zwischen Abschluss der außergerichtlichen Tätigkeit und Einreichung des Klage-Entwurfs mit PKH-Antrag bei Gericht durch Beratungshilfe zu schließen?
    Für den tatsächlich Mittelosen wäre der geforderte Kostenvorschuss für das Prozesskosetnhilfeprüfungsverfahren jedenfalls ein unüberwindbares Hindernis.

    ich tendiere (ohne weitere Prüfung) zu einem ziemlich klaren Nein.

    Mein Suchansatz wäre über § 19 Nr. 1 RVG, nämlich, dass die Vorbereitung der Klage zum Rechtszug gehört und damit keine "Geschäftsgebühr" (also auch keine 2503 o.ä.) anfallen kann. Damit fällt für mich (gedanklich) auch BerHi weg.

    Den Schritt, den ich nicht nachvollziehen kann ist, dass sie außergerichtlich bereits beraten und vertreten haben und dann über ein Prüfungsverfahren argumentieren. Wenn doch die Erfolgsaussichten schon geprüft wurden und die 3335 vollständig auf die spätere 3100 angerechnet wird, entsteht für mich die Gebühr nur in einer logischen Sekunde.

    ich würde bei einer Scheidung niemals an ein Prüfungsverfahren denken, weil die VKH Bewilligung (bei bereits geprüfter Vorraussetzung) bislang noch nie im Raum stand.

    Ich find es - wie sooft - schwierig allgemeine Lösungen zu finden.

    @ ErnstP: BerHi kannste behalten :D

  • ...
    Im Prinzip wälzen die Rae ihr Kostenrisiko auf die Bürger bzw. den Staat ab.
    ...


    Was ist DAS denn?

    Wenn ich einkaufen gehe, muß ich auch bezahlen. Keiner beschwert sich, weil der Verkäufer seine Unkosten - inklusive Wareneinkaufspreis - auf den Käufer "abwälzt"...

    Ich hatte "Kostenrisiko" gesagt. Der Mandant, dem dann doch keine Beratungshilfe oder VKH bewilligt wird, müsste ja dann den RA aus eigener Tasche bezahlen. Und dieses Risiko wollen die RA nicht tragen, deshalb wird jedem Klageverfahren noch eine Beratung über Beratungshilfe vorgeschalten, auch wenn der Bürger gleich klagen würde. So läuft das hier in unserem Sprengel meiner Meinung nach ab. Wir haben hier echt Probleme noch Herr der Lage zu werden. Innerhalb weniger Jahre haben sich die Eingangszahlen verachtfacht.

  • [...] wird jedem Klageverfahren noch eine Beratung über Beratungshilfe vorgeschalten, auch wenn der Bürger gleich klagen würde. So läuft das hier in unserem Sprengel meiner Meinung nach ab. Wir haben hier echt Probleme noch Herr der Lage zu werden. Innerhalb weniger Jahre haben sich die Eingangszahlen verachtfacht.

    Ein weiteres Beispiel aus der wunderbaren Welt der Beratungshilfe:

    Keinem Bemittelten Scheidungswilligen werden Rechtsanwaltsgebühren für die außergerichtliche (besser: vorgerichtliche) Beratung in Rechnung gestellt.
    Dies gehört bei Anwälten Bemittelter zu den selbstverständlichen Vorbereitungstätigkeiten im Sinne von § 19 Abs. 1 RVG.

    Bei Mittellosen greifen (einige? viele?) Anwälte hingegen zusätzlich, weil das BerHG dies ermöglicht, immer wieder gern auch die (Beratungshilfe-)Beratungsgebühr ab.
    (Vielleicht fällt ja jemand für "abgreifen" eine weniger Streit-auslösende Vokabel ein.)

    Gleichstellung oder Besserstellung Mittelloser?

    3 Mal editiert, zuletzt von z.w.V. (25. Mai 2012 um 11:22)


  • Ein weiteres Beispiel aus der wunderbaren Welt der Beratungshilfe:

    Keinem Bemittelten Scheidungswilligen werden Rechtsanwaltsgebühren für die außergerichtliche (besser: vorgerichtliche) Beratung in Rechnung gestellt.
    Dies gehört bei Anwälten Bemittelter zu den selbstverständlichen Vorbereitungstätigkeiten im Sinne von § 19 Abs. 1 RVG.

    neeee, ganz so einfach ist das dann auch wieder nicht.

    In der Praxis läuft das doch so: Telefonanruf: "*heul*, mein Mann ist mit der Tochter der Nachbarin durchgebrannt" - *Taschentuch durch den Hörer schick*: "kommse mal vorbei"

    Dann ist das Trennungsjahr noch nicht rum und damit kann überhaupt keine Scheidung eingereicht werden bzw. vorbereitet werden. Die braucht neben den tröstenden Worten auch praktische Hilfe, nämlich konkret: was passiert jetzt als nächstes. Kündigung des Hauses - ja/nein; Unterhalt der 10 Kinder und ihr als betreuende Mutter; hat sie überhaupt ein eigenes Konto? usw.
    Wir sind zu dem Zeitpunkt immer im Beratungsbereich - egal ob BerHi oder außergerichtl. GeschGeb oder... - auf keinen Fall kann das eine Scheidungsvorbereitung sein und damit kommt auch § 19 nicht zum Tragen.

    Wenn du aber den Fall meinst, dass jemand ruhig anruft und sagt: "wir haben alles in Ruhe geklärt. Sind seit 10 Monaten getrennt und wollen jetzt alles auch rechtl. klären."
    Dann haste Recht, das ist der typische Fall von wir reichen morgen Scheidung ein und es besteht kein Problem damit, dass 10 Monate nicht 12 sind

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!