alte Rechte ohne Berechtigten

  • Guten Morgen,

    ich habe im Grundbuch Rechte gefunden, bei denen kein Berechtigter eingetragen ist.

    Recht 1 lautet: "Erhaltung der Mauer soweit sie sein Gehöft begrenzt. Eingetragen am x.x.1879."
    Recht 2 lautet: "Eigentümerbeschränkung gemäß Contract vom x.x.1844."

    Die Grundstücke liegen in preußischem Gebiet. War es damals möglich, Rechte ohne Eigentümer und ohne Inhaltsangabe einzutragen oder sind die Rechte inhaltlich unzulässig? Ich kann ja nicht einmal ein Verfahren §§ 84 GBO ff. durchführen, da ich den Berechtigten nicht kenne. Unterlagen gibt es natürlich nicht mehr. Es steht die Neufassung an und ich möchte diese Rechte bereinigen. Hat irgendwer eine Idee?

  • Gemeint ist sicherlich, dass die Rechte im Eintragungstext keinen Berechtigten ausweisen


    Fehlt ein Berechtigter ist die Eintragung inhaltlich unzulässig, BGH Rpfleger 1970,280

    Aber zuvor würde ich versuchen, sämtliche früheren Eintragungen beider Rechte in den Vorgängergrundbüchern nachzulesen, vielleicht ist bloß irgendwann einmal bei einer Grundbuchumstellung oder Übertragung der Eintragungstext "verstümmelt" worden.


    Die Aussage "Unterlagen gibt es natürlich nicht mehr" würde ich sehr kritisch sehen, denn wir haben z.B. schon oft Verträge (Contracte) von 1873 usw. nach langer Rückverfolgung der Grundbuchblattbezeichnungen gefunden.

    Deine alten Verträge sind sicherlich auch irgendwo abgeheftet, die Schwierigkeit ist oftmals, die alten Akten/Bände, in denen die Urkunden sind, herauszufinden und dann auch noch diese Urkunden zu lesen.

  • Guten Morgen,

    ich habe im Grundbuch Rechte gefunden, bei denen kein Berechtigter eingetragen ist.

    Recht 1 lautet: "Erhaltung der Mauer soweit sie sein Gehöft begrenzt. Eingetragen am x.x.1879."
    Recht 2 lautet: "Eigentümerbeschränkung gemäß Contract vom x.x.1844."

    Die Grundstücke liegen in preußischem Gebiet. War es damals möglich, Rechte ohne Eigentümer und ohne Inhaltsangabe einzutragen oder sind die Rechte inhaltlich unzulässig? .....

    Helfen da nicht die Ausführungen des KG im B. vom 09.08.2012, Randziffern 12, 13 ? siehe hier:

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post824781

    ..“12 b) Die verfahrensgegenständlichen Belastungen sind als Grundgerechtigkeiten gemäß preuss. ALR §§ 11ff I 22 wirksam begründet und ab dem 1. Januar 1900 als Grunddienstbarkeiten nach §§ 1020 ff BGB bestehen geblieben, Art. 184 EGBGB. Grundgerechtigkeiten konnten u.a. durch rechtsgültige Willenserklärungen, die der schriftlichen Form bedurften, eingeräumt werden,
    preuss. ALR § 13 I 22, § 135 I 5. Die Eintragung im Hypothekenbuch hatte für die Begründung
    der Grundgerechtigkeit und deren Bestand grundsätzlich keine Bedeutung (Förster, Theorie
    und Praxis des heutigen gemeinen preußischen Privatrechts, 1868, Band III, S. 310). Daran hat
    auch die Einführung des Grundbuchs in Preußen nichts geändert, vgl. § 12 Abs. 2 des Gesetzes
    über den Eigenthumserwerb und die dingliche Belastung der Grundstücke, Bergwerke und selbständigen Gerechtigkeiten vom 5. Mai 1872 (PrGS 1872, 433; RGZ 56, 378, 379; Turnau, Grundbuchordnung vom 5. Mai 1872, 1888, Band I, § 12 Gesetz über den Eigenthumserwerb, S. 696; Förster/Eccius, Preußisches Privatrecht, 7. Aufl., 1896, Band III, S. 394f).
    13 Maßgeblich für den Inhalt der Belastungen sind damit die Erklärungen in dem notariellen Abkommen vom 16. Januar 1869, § 27 I 22 ALR. Danach haben die damaligen Eigentümer der zu parzellierenden Grundstücke und insbesondere der Gutsbesitzer Kielgan als der Eigentümer
    des größten Grundstücks zweifellos gegenseitige Grundgerechtigkeiten auf den neu gebildeten
    Grundstücken in der Form negativer Servitute (vgl. Förster/Eccius, a.a.O., S. 387) begründet…“

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Helfen da nicht die Ausführungen des KG im B. vom 09.08.2012, Randziffern 12, 13 ?

    Die Ausführungen helfen nur insoweit, dass Rechte, die vor Inkrafttreten des BGB bestellt worden sind, bestehen bleiben. Das hilft aber nicht bei der Frage, ob nicht auch damals ein Berechtigter erkennbar sein musste.

    Alle GBO-Kommentare sprechen immer nur von Amtslöschung bei fehlendem Berechtigten. Es wird nicht unterschieden zwischen BGB-Rechten und Alt-Rechten.

  • Die Aussage "Unterlagen gibt es natürlich nicht mehr" würde ich sehr kritisch sehen, denn wir haben z.B. schon oft Verträge (Contracte) von 1873 usw. nach langer Rückverfolgung der Grundbuchblattbezeichnungen gefunden. Deine alten Verträge sind sicherlich auch irgendwo abgeheftet, die Schwierigkeit ist oftmals, die alten Akten/Bände, in denen die Urkunden sind, herauszufinden und dann auch noch diese Urkunden zu lesen.

    Das fängt schon damit an, dass die Grundbücher sich nicht rückverfolgen lassen, da es keine Vermerke in der Grundakte und keine Listen gibt, welche Blattnummer der Grundbesitz früher hatte (Problem der doppelten Blattnummern durch die Zurückführung auf das Einheitskataster). Ohne die alte Blattnummer brauche ich im Archiv nicht anzufragen. Bei manchen Gemarkungen wurden sämtliche Akten auch durch Kriegseinwirkung zerstört. Die Suche nach diesen Unterlagen ist aussichtslos.

  • Kann dir dein Katasteramt auch nicht weiterhelfen?
    Wir haben hier zwar ziemlich vollständige Umstellungslisten, haben uns aber vor Jahren zudem auch die alten dicken Bücher der Eigentümerverzeichnisse des Katasters abgelichtet. Diese sind hier so geführt worden, dass bis in die "Neuzeit" hinein jeweils die neuen LGB-Nummern beigefügt worden sind. Das (Durch-)Suchen ist zwar mühselig, aber doch oft erfolgreich.

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  • [quote='abc','RE: alte Rechte ohne Berechtigten']

    ...Die Ausführungen helfen nur insoweit, dass Rechte, die vor Inkrafttreten des BGB bestellt worden sind, bestehen bleiben. Das hilft aber nicht bei der Frage, ob nicht auch damals ein Berechtigter erkennbar sein musste.
    ...QUOTE]

    Bei altrechtlichen Dienstbarkeiten sind die Voraussetzungen für die Angabe des Berechtigten andere, als bei denjenigen, die unter Geltung des BGB begründet wurden. Der Berechtigte muss nicht expressis verbis genannt worden sein, sondern kann sich aus den Umständen ergeben. So führt das BayObLG in BayObLGZ 1991, 139 ff zum dortigen Recht aus:

    …“Da das Partikularrecht des Hochstifts Kempten keine eigenen Bestimmungen über die Bestellung von Servituten enthielt (Weber Darstellung der sämtlichen Provinzial- und Statutarrechte des Königreichs Bayern 1841 Band IV Teil I Seite 43/112), war insoweit das Gemeine Recht maßgebend. Danach konnten die Dienstbarkeiten durch vertragliche Übereinkunft begründet werden, die seit 1.7.1862 notariell beurkundet sein mußte; die Eintragung in das damals bestehende Hypothekenbuch war zur Begründung einer Dienstbarkeit nicht erforderlich; das Recht entstand vielmehr mit Errichtung der notariellen Urkunde (BayObLGZ 1970, 226/229 m. w. Nachw.). Der Bestellungsvertrag mußte von dem Berechtigten der Dienstbarkeit und sämtlichen Miteigentümern des belasteten Grundstücks geschlossen werden. Davon kann hier aufgrund der notariellen Verträge vom 23.2.1876 und 5.2.1877 bei Beachtung der maßgebenden Auslegungsgrundsätze des Gemeinen Rechts (vgl. hierzu BayObLGZ 1970, 226/234) ausgegangen werden; die Zuordnung der in diesen Urkunden angeführten Hausnummern zu den jeweiligen Grundstücken ergibt sich aus den Schreiben des Vermessungsamts. …. Das Grundbuchamt hat das Recht zutreffend als Grunddienstbarkeit und nicht als beschränkte persönliche Dienstbarkeit ausgelegt. Auch das Gemeine Recht unterschied zwischen Prädialservituten (Grunddienstbarkeiten) und Personalservituten (beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten). Im Hinblick auf den in den notariellen Urkunden verwendeten Wortlaut, wonach das Recht für alle Zeiten gelten solle, begegnet die Auslegung als Grunddienstbarkeit keinen rechtlichen Bedenken (vgl. hierzu BayObLGZ 1970, 226/232 ff.)…“

    Auch das OLG Karlsruhe, Rpfleger 2002, 304, kommt im Wege der Auslegung zur Angabe des Berechtigten (…“daß diese Gasse "beiden Bauern gelassen" werden soll, so daß Andreas Schätzle "ungehindert hin- und herfahren" kann. Jedoch erscheint schon als durchaus zweifelhaft, ob das von Mathias Burger dem Andreas Schätzle eingeräumte Wegerecht überhaupt als Grunddienstbarkeit und nicht als beschränkte persönliche Dienstbarkeit auszulegen ist. Die Zweifel ergeben sich daraus, daß Berechtigter und Verpflichteter nur namentlich und nicht auch als Grundstückseigentümer benannt sind und nicht davon die Rede ist, daß Berechtigung und Verpflichtung auch auf die jeweiligen Rechtsnachfolger übergehen sollen (zur Auslegung eines in vorgrundbuchlicher Zeit eingeräumten Wegenutzungsrechts als Grunddienstbarkeit oder als persönliche Dienstbarkeit vgl. BayObLGZ 1991, S. 139 ff., 143 f.; allgemein zur Qualifizierung als Grunddienstbarkeit oder als persönliche Dienstbarkeit eingehend BayObLGZ 1970, S. 226 ff., 232 ff…..)“

    Zum Badischen Landrecht führt das OLG akrlsruhe in seinem Beschluss vom 30.03.2006, 11 WX 124/2004 = BWNotZ 2007, 31
    http://www.notare-wuerttemberg.de/nachrichten_in…OTZ_02_2007.pdf
    aus…. „nach dem Landrechtssatz 686 ist eine Dienstbarkeit, die den Berechtigten benennt, aber an das Eigentum am Grundstück anknüpft, als Grunddienstbarkeit zu verstehen….
    „Der Wortlaut der Eintragung im Lagerbuch zeigt, dass die Vertragsbestimmung -obwohl die Beteiligten dort namentlich genannt wurden -nicht als persönliche Dienstbarkeit verstanden worden ist….“

    Wenn die Person des Berechtigten anhand der Eintragung zu ermitteln ist, handelt es nicht um eine inhaltlich unzulässige Eintragung (RG v. 11.11.11, WarnRspr. 1912, Nr. 79; KG v. 11.7.1918, KGJ 51,244). Deshalb wäre ich bei Eintragungen (zumal von Altrechten vor dem 1.1.1900) mit der Löschung sehr vorsichtig.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

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