Türkischer Nachlass

  • A (türk. Staatsangehöriger) ist verstorben. Er hat nur den volljährigen Sohn B (türk. Staatsangehöriger) hinterlassen, keine Ehefrau.
    Der Nachlass besteht aus Geldvermögen, beweglichen Sachen und einer Eigentumswohnung, alles in Deutschland. Im Ausland befinden sich keine Nachlassgegenstände.

    B möchte jetzt einen Erbschein als Alleinerbe beantragen.
    Kann er dies für den gesamten Nachlass beantragen ?

  • Im Ergebnis wird er zwar immer Alleinerbe, allerdings muss aus dem Erbschein ersichtlich sein, ob er nach deutschem Recht ausschließlich für den Grundbesitz oder nach türk. Recht für den beweglichen Nachlass erteilt wird. Natürlich kann man auch in einen Erbschein zusammenfassen, dann muss sich aber eindeutig ergeben, dass es nach deutschem und türkischem Recht erteilt wird.

  • (1) Deutsch-türkischer Konsularvertrag
    Zur Anwendung deutschen Rechts können der deutsch-türkische Konsularvertrag vom 28.5.1929 und der deutsch-sowjetische Konsularvertrag vom 25.4.1958 führen. Der deutsch-türkische Konsularvertrag enthält folgende erbrechtliche Kollisionsregel:

    § 14 der Anlage zu Art. 20 des Konsularvertrags (Nachlassabkommen):

    (1) Die erbrechtlichen Verhältnisse bestimmen sich in Ansehung des beweglichen Nachlasses nach den Gesetzen des Landes, dem der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes angehörte.

    (2) Die erbrechtlichen Verhältnisse in Ansehung des unbeweglichen Nachlasses bestimmen sich nach den Gesetzen des Landes, in dem dieser Nachlass liegt, und zwar in der gleichen Weise, wie wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes Angehöriger dieses Landes gewesen wäre.

    Nachdem dieser Staatsvertrag hinsichtlich des beweglichen Nachlasses auf die Staatsangehörigkeit und hinsichtlich des unbeweglichen Nachlasses auf die Belegenheit („lex rei sitae”) abstellt, kann Nachlassspaltung eintreten, wenn ein Türke mit Grundbesitz in Deutschland oder ein Deutscher mit Grundbesitz in der Türkei verstirbt. Hinsichtlich seines Grundbesitzes in Deutschland wird ein türkischer Staatsangehöriger demnach nach deutschem Recht beerbt.

    Kroiß in Kroiß/Ann/Mayer, BGB | Erbrecht, NK-BGB, Bd 5, § 2369 Rn 16-20
    3. Auflage 2010

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Vielen Dank für die Hinweise !

    Kann der Erbschein für den beweglichen Nachlass auch vom deutschen Nachlassgericht erteilt werden oder ist hierzu das türk. Konsulat zuständig ?

    Wie würdet Ihr den Erbschein formulieren ?

  • Ja. Auch deutsche Gerichte können einen Erbschein erteilen:

    § 17. Dt-Türkischer-Konsularvertrag:
    Ein Zeugnis über ein erbrechtliches Verhältnis, insbesondere über das Recht des Erben oder eines Testamentsvollstreckers, das von der zuständigen Behörde des Staates, dem der Erblasser angehörte, nach dessen Gesetzen ausgestellt ist, genügt, soweit es sich um beweglichen Nachlaß handelt, zum Nachweis dieser Rechtsverhältnisse auch für das Gebiet des anderen Staates. Zum Beweise der Echtheit genügt die Beglaubigung durch einen Konsul oder einen diplomatischen Vertreter des Staates, dem der Erblasser angehörte


    Muster für Erbschein:
    Der am....in...zul. wh. verstorbene türkische Staatsangehörige.....wird hinsichtlich des in Deutschland befindlichen beweglichen Nachlasses in Anwendung türkischen Rechts und hinsichtlich des in Deutschland befindlichen unbeweglichen Nachlasses in Anwendung deutschen Rechts alleine beerbt von....

    (sofern unterschiedliche Personen erben geht das natürlich so nicht)

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  • Ich knüpfe mal hier an...

    Ich stehe im Moment auf dem Schlauch. Der Erblasser und seine Ehefrau sind deutsche Staatsangehörige. Sie haben ein gemeinschaftliches notarielles Testament hinterlassen, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt haben. Schlußerben sind die gemeinsamen Kinder.
    Der Erblasser hinterlässt Grundbesitz in der Türkei. Es findet also türkisches Erbrecht Anwendung. Die türkischen Behörden erkennen das notarielle Testament nicht an und wollen einen Erbschein. Muss die Ehefrau den Erbschein in der Türkei beantragen?

  • Ich habe zwar schon gehört, dass ein deutsches Nachlassgericht ausschließlich für im Ausland belegenes Grundeigentum einen Erbschein erteilen könne (war Frankreich) ohne dass ein Erbschein für das im Inland belegene Vermögen beantragt ist, kann mir aber nicht vorstellen, dass die türkischen Behörden einen deutschen Erbschein ausschließlich für türk. Grundeigentum unter Beachtung türk. Erbrecht anerkennen.

    Folge: Erbschein in der Türkei beantragen.

  • Nach § 17 zu Art. 20 des Konsularvertrages besagt ja nur, dass der deutsche Erbschein genügt, soweit es sich um beweglichen Nachlass handelt. Im Umkehrschluss müsste das doch bedeuten, dass der deutsche Erbschein für den Grundbesitz in der Türkei nicht ausreicht.

  • Ich häng mich mal hier ran.
    Ich habe einen deutschen Erblasser mit Immobilie in der Türkei. Ist zwar hier wohl egal, Sterbefall war aber vor der EUErbVO.

    Für die türkische Immobilie braucht der Erbe einen türkischen Erbschein - so weit alles klar. Für die Beantragung des türkischen Erbscheins braucht er nach Auskunft seines RA einen deutschen Erbschein. Ob das so richtig ist, lassen wir mal dahingestellt; wenn er einen Erbschein beantragen will, kann ich ihn nicht daran hindern.

    Die Frage ist nun, wie dieser Erbschein ausschauen soll. Wenn ich richtig nachgelesen habe, vertreten manche die Meinung, der Erbschein müsse auf das inländische Vermögen beschränkt werden. Das halte ich für so nicht ganz richtig, da ja auch Vermögen im Ausland vorhanden sein kann, für das der Erschein sehr wohl gilt. Wie wäre dann der Erbschein zu beantragen bzw. dann zu erlassen?
    Vermerk mit Unwirksamkeit im Hinblick auf in der Türkei belegenes unbewegliches Vermögen?

  • Die Frage ist nun, wie dieser Erbschein ausschauen soll. Wenn ich richtig nachgelesen habe, vertreten manche die Meinung, der Erbschein müsse auf das inländische Vermögen beschränkt werden. Das halte ich für so nicht ganz richtig, da ja auch Vermögen im Ausland vorhanden sein kann, für das der Erschein sehr wohl gilt. Wie wäre dann der Erbschein zu beantragen bzw. dann zu erlassen?
    Vermerk mit Unwirksamkeit im Hinblick auf in der Türkei belegenes unbewegliches Vermögen?

    "Dieser Erbschein bescheinigt nicht das Erbrecht der Erben in Bezug auf den in der Türkei belegenen unbeweglichen Nachlass."

  • Darüber lässt sich mit Fug und Recht streiten, weil ein Erbschein, der im Hinblick auf das angewendete Erbstatut "schweigt", stets nur die Erbfolge nach deutschem Erbstatut bezeugt und der in der Türkei belegene unbewegliche Nachlass diesem Statut ohnehin nicht unterliegt. Neben dieser rein rechtlichen Sicht der Dinge richtet ein solcher Vermerk aber jedenfalls keinen Schaden an.

  • Danke für die Antworten.
    Dann kann ich quasi ja nichts falsch machen.:D

    Ich wollte mich nur vorab mal schlau machen... Da hier auf jeden Fall ausländisches Recht mit hineinspielt, werde ich wohl mal den Richter behelligen wie er es denn gerne hätte.

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