Bescheinigung nach dem Luganer Übereinkommen!?

  • Guten Morgen ich brauche eure Hilfe. Ich habe hier eine Zivilakte die mir etwas Kopfzerbrechen bereitet.

    Es ist ein KFB ergangen worauf mir der Gläubigervertreter schreibt, dass der Schuldner in der Schweiz wohnt (vollständige Anschrift dabei) und nun eine Bescheinigung im Sinne der Artikel 54 und 58 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung über Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Luganer Übereinkommen) beantragt.

    In den genannten Artikeln steht aber lediglich etwas zu Prozessvergleichen!? Und bin ich dafür überhaupt zuständig? Wenn ja, was muss ich tun?
    Ich bin ziemlich ratlos...

  • Also wäre dafür der UdG zuständig der ja auch für die Erteilung von vollstreckbaren Ausfertigungen zurständig ist!? Also habe ich nichts weiter zu veranlassen als das zuständigkeitshalber abzuschieben?

  • Zuständig ist der UdG.
    Gemeint ist wohl vom Rechtsanwalt: Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung gem. Art. 54 LugÜ II zum Kostenfestsetzungsbeschluss.
    Die Bescheinigung benötigt der Gläubiger für das Vollstreckbarerklärungsverfahren in der Schweiz.
    Um aus dem inl. Kostenfestsetzungsbeschluss in der Schweiz vollstrecken zu können, bedarf der Gläubiger zuvor der Vollstreckbarerklärung.

  • Derzeit werden inl. Entscheidungen/inl. Vergleiche noch nicht automatisch in einem anderen Vertragsstaat anerkannt.
    Die Gläubigerpartei muss zunächst ein bes. Zwischenverfahren für die Anerkennung in den anderen Vertragsstaaten (bekannt als "Exequaturverfahren") beantragen.
    Mit anderen Worten:
    Die Vollstreckung aus dem inl. Kostenfestsetzungsbeschluss in der Schweiz ist erst möglich, nachdem das schweizerische Gericht erklärt hat, dass der inländische Kostenfestsetzungsbeschluss in der Schweiz vollstreckbar ist.
    Die Gläubigerpartei benötigt für die Zwangsvollstreckung in der Schweiz folgende Unterlagen:
    (vollstr.) Ausfertigung des inl. Kostenfestsetzungsbeschlusses mit Zustellungsvermerk und ggfs. Rechtskraftvermerk,
    eine Bescheinigung des inländischen Gerichts unter Verwendung des Formblatts in Anhang V Lugano II-Übereinkommen (LugÜ II),
    die Vollstreckungsbarerklärung des inländischen Kostenfestsetzungsbeschlusses durch das schweizerische Gericht mit Zustellungsbescheinigung.

    Die begehrte Bescheinigung gem. Art. 54 LugÜ II ist zu dem inl. Kostenfestsetzungsbeschluss zu erteilen.
    Für die Erteilung der Bescheinigung gem. Art. 54 LUgÜ II ist der Rechtspfleger oder der/die Mitarbeiter/in in der Serviceeinheit zuständig;
    sie obliegt demjenigen, dem die Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels obliegt.
    Hinsichtlich der grenzüberschreitenden Zwangsvollstreckung wird auf die Internetseiten des
    Amtsgerichts Warendorf Bezug genommen:
    http://www.ag-warendorf.nrw.de/servi...land/index.php
    Weitere Einzelheiten können der entsprechenden Info des Amtsgerichts Warendorf zum Lugano II-Übereinkommen entnommen werden:
    http://www.ag-warendorf.nrw.de/servi...d/lug___II.pdf
    Aus der vorgenannten Info ergeben sich insbes. die im Vollstreckbarerklärungsverfahren gegenüber dem schweizerischen Gericht vorzulegenden Unterlagen:
    vollstr. Ausfertigung des inl. Kostenfestsetzungsbeschlusses - ggfs. mit Zustellungsbescheinigung und Rechtskraftvermerk -,
    Bescheinigung des inl. Gerichts unter Verwendung des Formblatts gem. Art. 54 (Anhang V) Lugano II-Übereinkommens (LugÜ II).

    Einmal editiert, zuletzt von rolli (18. November 2016 um 00:18)

  • Ich kenne das so, dass trotz deutschem Titel in der Schweiz beim zuständigen Betreibungsamt (wie auch sonst) ein Betreibungsbegehren einzuleiten ist und der diesem zugrunde liegende deutsche Titel im Falle eines Rechtsvorschlags des Schuldners (so eine Art Einspruch/Widerspruch gegen den Zahlungsbefehl) lediglich ein definitiver Rechtsöffnungstitel im Sinne des Art. 80 SchKG ist.

    Ist die Betreibung nicht durch Rechtsvorschlag oder durch gerichtlichen Entscheid eingestellt worden, so kann der Gläubiger frühestens 20 Tage nach der Zustellung des Zahlungsbefehls das Fortsetzungsbegehren (das entspricht in etwa unserem Vollstreckungsauftrag) stellen.
    Dieses Recht erlischt ein Jahr nach der Zustellung des Zahlungsbefehls. Ist Rechtsvorschlag erhoben worden, so steht diese Frist zwischen der Einleitung und der Erledigung eines dadurch veranlassten Gerichts- oder Verwaltungsverfahren still.

    Eine Forderungssumme in fremder Währung kann auf Begehren des Gläubigers nach dem Kurs am Tage des Fortsetzungsbegehrens erneut in die Landeswährung umgerechnet werden.

    Gemäss Art. 38 Abs. 3 SchKG entscheidet das Betreibungsamt, ob das Konkurs- oder das Pfändungsverfahren zur Anwendung gelangt.

  • Die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und Urkunden, die auf Zahlung von Geld gerichtet sind, ist in der Schweiz einheitlich durch das Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) geregelt.
    Inländische Entscheidungen und inl. Urkunden, werden in der Schweiz nach den Vorschriften des SchKG - wie Urteile aus anderen Kantonen der Schweiz - in einem summarischen Verfahren (Rechtsöffnungsverfahren) zur Vollstreckung zugelassen (vergl. Art. 81 III SchKG).
    Ein besonderes Exequaturverfahren findet nicht statt.
    Die Schuldbetreibung nach dem SchKG beginnt mit einem Betreibungsbegehren an das Betreibungsamt, in dessen Bezirk die Schuldnerpartei ihren Wohnsitz oder Aufenthalt hat.
    Das Betreibungsamt erläßt hierauf ohne weitere sachliche Prüfung einen Zahlungsbefehl, gegen den die Schuldnerpartei Rechtsvorschlag (Widerspruch) erheben kann.
    Durch den Rechtsvorschlag (Widerspruch) wird die Betreibung gehemmt und darf erst nach gerichtlicher Entscheidung fortgesetzt werden.
    Besitzt die Gläubigerpartei jedoch bereits einen inländischen vollstreckbaren Titel, so kann sie gerichtliche Rechtsöffnung verlangen.
    In dem summarischen Rechtsöffnungsverfahren wird lediglich geprüft, ob die Voraussetzungen des deutsch-schweizerischen Vollstreckungsabkommens für die Anerkennung und Vollstreckung des inländischen Titels erfüllt sind.
    Außerdem kann die Schuldnerpartei gem. Art. 81 SchKG einwenden, dass die titulierte Forderung nach Erlass der Entscheidung getilgt, gestundet oder verjährt ist.
    Wird die Rechtsöffnung gewährt, so nimmt die Schuldbetreibung mit Pfändung und ggfs. Konkurseröffnung ihren Fortgang.


    Verfahrensablauf:
    Betreibungsbegehren der Gläubigerpartei an das Betreibungsamt,
    Inhalt des Begehrens: Art. 67 SchKG;

    Erlass eines Zahlungsbefehls durch das zuständige Betreibungsamt,
    Art. 69 ff. SchKG;

    Schulder hat Möglichkeit, gegen den Zahlungsbefehl Rechtsvorschlag (Widerspruch) zu erheben, Art. 74, 75 SchKG;

    Rechtsvorschlag bewirkt Einstellung der Betreibung, Art. 78 SchKG;

    Da die Forderung auf einer vollstreckbaren inländischen Entscheidung beruht, kann die Gläubigerpartei beim zuständigen Rechtsöffnungsrichter in der Schweiz die Aufhebung des Rechtsvorschlags (definitive Rechtsöffnung) verlangen, Art. 80 SchKG;

    Frühestens 20 Tage nach Zustellung des Zahlungsbefehls kann die Gläubigerpartei das Fortsetzungsbegehren stellen, Art. 88 SchKG;

    Betreibung und Pfändung erfolgt sodann nach Art. 89 ff. SchKG


    Fazit:
    Zunächst ist von der Gläubigerpartei ein Betreibungsbegehren an das zuständige Betreibungsamt zu stellen unter Beifügung einer vollstr. Ausfertigung des Kostenfestsetzungsbeschlusses nebst Zustellungsbescheinigung u. Rechtskraftvermerk.


    Muster eines Betreibungsbegehrens und eines Fortsetzungsbegehren (Begehren um Fortsetzung der Betreibung) befinden sich bereits online im Internet.

    Nach erfolgter Zustellung des Zahlungsbefehls ist von der Gläubigerpartei ein Fortsetzungsbegehren an das zuständige Betreibungsamt zu stellen (jedoch frühestens 20 Tage nach Zustellung des Zahlungsbefehls).

    Musterformulare hinsichtlich eines Betreibungsbegehrens bzw. eines Begehrens um Fortsetzung der Betreibung befinden sich online u. a. auf der Internetseite des Verbandes der Betreibungs- und Konkursbeamten sowie der Bereichsleiter Inkasso Steuerverwaltung des Kantons Bern (VBKBIS);
    Internet-URL: http://www.schkg-be.ch

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