Auszahlung an Nachlasspfleger?

  • Es wurde Geld für die Erben von Herrn X bzw. dessen Rechtsnachfolger hinterlegt.
    Danach bestellt das Nachlassgericht einen Nachlasspfleger.
    Ist der Nachlasspfleger jetzt Empfangsberechtigt?

    Vielen Dank im Voraus.

  • Die Erben des Herrn X werden nach der Nachlasspflegerbestellung von diesem vertreten.

    Der Nachlasspfleger ist der gesetzliche Vertreter der (unbekannten) Erben.

    Er bedarf zur Herausforderung des Hinterlegten Geldes keiner nachlassgerichtlichen Genehmigung.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • siehe aber Jochum/Pohl
    Nachlasspflegschaft Randnummer 541 folgende:
    Der NL Pfleger hat die nlgerichtl Genehmigung zur Annahme der hinterlegten Gegenstände zu beantragen,soweit WErt 3000 EUR übersteigt.

  • Das mag prinzipiell richtich sein aber ich vertrete die Auffassung (wie manche Gerichte bei ähnlichen Fragen in dieser Richtung auch), dass der Anwendungsbereich des §§ 1812, 1813 BGB über § 1915 BGB bei Nachlasspflegschaften nicht 1 zu 1 gelten kann.

    So wie bei der Kündigung einer Mietwohnung ein Betreuer eine gerichtliche Genehmigung bedarf, ist diese jedoch bei einem Nachlasspfleger nicht erforderlich, weil es sich bei einer Nachlasspflegschaft eben nicht um eine echte Vormundschaft (für eine lebende Person) handelt.

    Was will denn der Gesetzgeber mit den Auflösungs- und Verfügungsgenehmigungen erreichen? Er will, dass der Betreuer nicht über Gelder verfügen kann, von denen das Gericht keine Kenntnis hat.

    Hat nun aber die Hinterlegungsstelle den Nachlass des Verstorbenen angenommen, dann hat man dort sicherlich auch eine Anzeige über die Hinterlegung an das Nachlassgericht gemacht. Noch besser, wenn die Hinterlegung erst auf Anordnung des Nachlassgerichts erfolgte.

    Wo also soll das Problem sein? Warum auf biegen und brechen wegen vielleicht 5.000 Euro hinterlegtem Geld eine nachlassgerichtliche Genehmigung fordern, wenn der Nachlasspfleger gleichzeitig über § 1813 I Nr. 3 BGB vielleicht über das zigfache des Betrages verfügen kann, nur weil dieser auf einem Girokonto liegt? Das ist doch unsinnig.

    So ist im Hinblick auf das formale Genehmigungsverfahren nach dem FAmFG der Anwendungsbereich des § 1812 restriktiv zu behandeln um den Nachlasspfleger nicht in seinerBewegungsfreiheit/Handlungsfreiheit zu behindern. (Schulz/Hamberger, Handbuch Nachlasspflegschaft § 5 Rn 10; Palandt/Dieterichsen, § 1812 Rn. 4).

    Ich meine man muss nicht alles und jede Handlung des Nachlasspflegers einer Genehmigungspflicht unterwerfen. Aber auch das kenne ich, denn es gibt durchaus Gerichte, die jede 3,30 € Verfügung des Pflegers im Laufe seiner Tätigkeit genehmigen (wollen) und sich so die Nachlassakte mit 100ten von Seiten zuschießen und dann über zuviel Arbeit jammern bzw. davon berichten, dass ja eine Nachlasspflegschaft dem Gericht ach soviel Arbeit macht.

    Aber selbst wenn bei mir die Hinterlegungsstelle eine nachlassgerichtliche Genehmigung haben wollte, würde ich diese nicht beantragen sondern eher das Nachlassgericht bitten, ein Herausgabeersuchen an die HL-Stelle zu richten. Das ist schneller und einfacher.

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  • Danke!

    :oops:

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  • Ich möchte in diesem Zusammenhang noch auf das Urteil des LG Hamburg v. 16.07.2010 - 317 O 77/10 verweisen (NJW-RR 2011, 513) in dessen Begründung sich das LG wunderschön mit der Gefahr der Veruntreuung durch den (Nachlass-)Pfleger auseinandergesetzt hat. Wenn man das mal gelesen hat, dann wird man, was die Frage der Genehmigungen bei solchen Geschäften anbelangt, etwas "lockerer".

    Hier noch dazu eine Diskussion im Unterforum "Betreuung":

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…r-k%C3%BCndigen

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    Einmal editiert, zuletzt von TL (15. Mai 2014 um 14:11)

  • Und ich habe noch mehr "Munition" gefunden:

    Der Nachlasspfleger hat neben der Ermittlung der Erben den Nachlass zu sichern und dazu den Nachlass ansich zu nehmen. Dabei kann er von jedem, der Nachlassgegenstände in Besitz hat, deren Herausgabe verlangen, was dem Nachlasspfleger erst dessen Verwaltung ermöglicht. Deshalb verbietet sich eine entsprechende Anwendung des § 1812 BGB auf das Herausgabeverlangen.

    OLG Karlsruhe, Urteil vom 27. Juni 2007 · Az. 7 U 248/06
    NJW-RR 2008, 313

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  • Und ich habe noch mehr "Munition" gefunden:

    Der Nachlasspfleger hat neben der Ermittlung der Erben den Nachlass zu sichern und dazu den Nachlass ansich zu nehmen. Dabei kann er von jedem, der Nachlassgegenstände in Besitz hat, deren Herausgabe verlangen, was dem Nachlasspfleger erst dessen Verwaltung ermöglicht. Deshalb verbietet sich eine entsprechende Anwendung des § 1812 BGB auf das Herausgabeverlangen.

    OLG Karlsruhe, Urteil vom 27. Juni 2007 · Az. 7 U 248/06
    NJW-RR 2008, 313

    Ich klink mich hier mit meinem aktuellen Fall mal an:

    Nachlasspflegschaft ist angeordnet.

    Zum Nachlass gehört eine Lebensversicherung (Bezugsrecht: Erben). Höhe der Versicherungsleistung: ca. € 50.000,00.

    Die Lebensversicherung schreibt an den Nachlasspfleger:

    "Bitte senden Sie uns zur Auszahlung:
    Die Zustimmung des zuständigen Gerichts, da die Freigrenze von 3.000,00 EUR überschritten ist."

    Der -artige- Nachlasspfleger beantragt die nachlassgerichtliche Genehmigung.

    Hatte vor vielen Jahren schon mal einen gleichen Fall. Damals hat meine Prüfung ergeben, dass die Genehmigung erforderlich sei (ich glaube auch im Palandt/MüKo/Staudinger stand das damals so geschrieben).

    Nunmehr ist mir die Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 27.06.2007 -7 U 248/06- in die Finger gekommen. Dort wird ausgeführt: "Diese Funktion und der Umstand, dass es sich hier nicht um die Verwaltung des Vermögens handelt, sondern um die Herbeischaffung des Vermögens, die dem Nachlasspfleger erst dessen Verwaltung ermöglicht, verbietet eine entsprechende Anwendung des § 1812 BGB auf das Herausgabeverlangen".

    Im entschiedenen Fall wurde das ohne Genehmigung herausverlangte Vermögen sogar unterschlagen.

    Frage:
    Ist in meinem Fall die Genehmigung des Nachlassgerichts nach § 1812 BGB erforderlich?

    Ich denke nein.

    Ist eine Genehmigung aber nicht erforderlich, kann ich eine solche Genehmigung (wegen des Rechtsscheins) auch nicht erteilen. Ich müsste den Antrag des Nachlasspflegers zurückweisen und würde das auch tun.


  • ...
    Ist eine Genehmigung aber nicht erforderlich, kann ich eine solche Genehmigung (wegen des Rechtsscheins) auch nicht erteilen. Ich müsste den Antrag des Nachlasspflegers zurückweisen und würde das auch tun.

    Könnte man da nicht lieber ein Negativattest erteilen? Dadurch hätte man dasgleiche zum Ausdruck gebracht, und mit dem Ergebnis könnten alle arbeiten. Wenn der Pfleger auf eine rechtsmittelfähige Entscheidung besteht, kann man immer noch zurückweisen.

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